Inhaltsverzeichnis
Insgesamt 33 bis 34 Wirbel bilden die Wirbelsäule des Menschen. Ihr komplexer Aufbau bietet umfassende Bewegungsmuster, birgt jedoch auch das Risiko für Erkrankungen und Verletzungen. Der folgende Artikel beschreibt Struktur und Funktion der Wirbel genauer.
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Wirbel – Definition
Als Wirbel werden die einzelnen knöchernen Funktionseinheiten der Wirbelsäule bezeichnet. Sie werden von oben nach unten durchnummeriert, wobei an den Übergängen zu Brustkorb, Lendenbereich, Kreuzbein und Steißbein jeweils ein neuer Abschnitt beginnt.
Der Grundaufbau der Wirbel ist ähnlich, jedoch gibt es in jedem Abschnitt der Wirbelsäule regionale Besonderheiten. Die ersten beiden Halswirbel, Atlas und Axis, haben eine stark abgewandelte Struktur, um die Mobilität des Kopfes zu gewährleisten.
Wirbel – Aufbau und Lage
Wirbel haben verschiedene Bestandteile, die ihnen ihre einzigartige Form verleihen. Als Teil der Wirbelsäule sind sie im Körper über den gesamten Rücken verteilt, angefangen beim Kopf bis hin zum unteren Rücken. Um Aufbau und Funktion des Wirbels besser zu verstehen, sind ihre einzelnen Komponenten in den folgenden Absätzen im Detail aufgelistet und erklärt.
Wirbelkörper
Die Wirbelkörper, Corpora vertebrae, befinden sich als kreisförmige Platten ventral (an der Vorderseite der Wirbel). Sie besitzen Deckplatten an den Ober- und Bodenplatten an den Unterseiten, an denen sie jeweils über eine Bandscheibe aus straffem Bindegewebe und Faserknorpel mit den angrenzenden Wirbelkörpern in Kontakt stehen. Als tragendes System fangen sie das Gewicht des Körpers ab, daher nimmt ihre Größe zum Steiß hin immer weiter zu.
Wirbelbogen
An den Wirbelkörper schließt sich nach hinten der Wirbelbogen, Arcus vertebrae, an. Gemeinsam bilden Corpus und Arcus einen Ring, das Wirbelloch (Foramen vertebrale). In der Gesamtheit schließen sich die übereinander liegenden Wirbellöcher zum Canalis vertebralis zusammen, in dem gut geschützt das Rückenmark verläuft.
Die Wirbelbögen sind über sogenannte Facettengelenke mit ihrem jeweiligen Nachbarn ober- und unterhalb verbunden.
Querfortsatz
Zu beiden Seiten hin besitzen die meisten Wirbel einen Querfortsatz, Processus transversus, der auch als Diaphyse bezeichnet wird. Hier setzen Bänder an, die über die gesamte Wirbelsäule verlaufen, und im Bereich der Brustwirbelsäule zudem die Rippen in den Rippen-Wirbel-Gelenke (Articulatio costovertebralis).
Auf Höhe der Halswirbelsäule finden sich Löcher in den Querfortsätzen, die Foramina transversaria, durch welche die Arteria vertebralis verläuft.
Dornfortsatz
An der Rückseite der Wirbel liegt der Dornfortsatz, Processus spinosus. Er ist am siebten Halswirbel besonders stark ausgeprägt (sogenannter Vertebra prominens). Die Dornfortsätze der Brustwirbelsäule liegen dachziegelartig übereinander und schränken die Beweglichkeit auf der Rückseite der Wirbelsäule ein.
Gelenkfortsätze
Im hinteren Bereich der Wirbelbögen finden sich je zwei Fortsätze an der Ober- und Unterseite, über welche die Wirbel mit den entsprechenden Fortsätzen ihrer Nachbarn verbunden sind. Die oberen Gelenkflächen werden Processus articulares superiores oder Präzygapophysen genannt, die unteren Processus articulares inferiores oder Postzygapophysen.
Zitzenfortsätze
An den Wirbeln der Brust- und Lendenwirbelsäule findet sich zusätzlich an beiden Seiten im hinteren Bereich des Wirbelbogens ein Zitzenfortsatz, der Processus mamillaris, an dem kleinere Muskeln ansetzen.
Zusätzlicher Fortsatz
Auf Höhe der Lendenwirbelsäule findet sich zudem je ein Processus accessorius beidseits zwischen den großen seitlichen Processus costales und dem Dornfortsatz an der Wirbelrückseite.
Optisch ähneln die Processus costales der Lendenwirbelkörper den Querfortsätzen der übrigen Wirbel. Allerdings handelt es sich bei ihnen tatsächlich um rudimentäre, also zurückgebildete, Rippen, was auch ihren Namen erklärt (von lat.: Costa, Rippe). Die echten Querfortsätze sind die hinter den Processus costales gelegenen Processus accessorii.
Wirbelarten
Während die Wirbel in ihrem Aufbau verschiedene Merkmale haben, die ihnen gemeinsam sind, gibt es doch auch Unterschiede, die sich bei Betrachtung der Wirbelarten zeigen. Diese sind hier genauer erklärt.
Halswirbel
Sieben Halswirbel bilden den obersten Abschnitt der Wirbelsäule. Ihre Dornfortsätze sind an der Spitze zweigezackt. Die Querfortsätze besitzen (mit Ausnahme des siebten Halswirbels) ein Loch, Foramen transversarium, durch welches die Arteria vertebralis in Richtung des Schädels zieht.
Der Atlaswirbel besitzt keinen Wirbelkörper, dafür zwei seitliche Verdickungen, die Massae laterales, über die er mit dem Hinterhaupt beziehungsweise dem Axis verbunden ist. Dabei befindet sich an der Innenseite seines Foramen vertebrale vorne eine Einkerbung. In diese schiebt sich der Dens axis, ein nach oben gerichteter Fortsatz des zweiten Halswirbels, um welchen sich der Atlaswirbel bewegen kann.
Brustwirbel
Insgesamt zwölf Brustwirbel mit jeweils einem Processus costalis links und rechts zur Verbindung mit den Rippen bilden gemeinsam die Brustwirbelsäule.
Lendenwirbel
Je nach Entwicklung liegen meist fünf, gelegentlich sechs Lendenwirbel vor (sofern einer der Kreuzbeinwirbel sich von diesem gelöst entwickelt hat). Umgekehrt kann ein Lendenwirbel ins Kreuzbein integriert sein. Die Lendenwirbel fallen durch ihre plumpe Form und die großen Processus accessorii auf.
Sakralwirbel
Das Kreuzbein besteht aus fünf, selten sechs Wirbeln (wenn sich ein Lendenwirbel dem Kreuzbein angegliedert hat), die im Bereich der Processus spinosi zur Crista sacralis mediana zusammengewachsen sind.
Steißwirbel
Die Steißbeinwirbel sind meist verkümmert, es liegen in der Regel drei bis fünf Wirbel vor.
Bänder
Entlang der Wirbelkörper verlaufen von oben nach unten Ligamentum anterius (vorne) und posterius (hinten), die auch in die Bandscheiben einstrahlen und sich über das Kreuzbein hinaus als Ligamentum sacrococcygeum anterius und Ligamentum sacrococcygeum posterius profundum fortsetzen.
Vom Hinterhaupt kommend zieht das Ligamentum nuchae über die Dornfortsätze der Halswirbelsäule, verläuft dann weiter als Ligamentum interspinale über die Processus spinales bis zum Kreuzbein und bildet im unteren Anteil das Ligamentum sacrococcygeum posterius superficiale.
Je zwei benachbarte Wirbel sind über kurze Bänder zusätzlich miteinander verbunden, was die Beweglichkeit in sämtlichen Richtungen reduziert und die Wirbelsäule stabilisiert. So ziehen die Ligamenta flava von den Gelenkfortsätzen zum Processus spinosus und verstärken die Rückwand des Spinalkanals. Die Ligamenta interspinalia verbinden die Dornfortsätze und die Ligamenta intertransversaria die Querfortsätze. Zwischen Kreuzbein und erstem Steißbeinwirbel verlaufen die Ligamenta sacrococcygea lateralia.
Wirbel – Aufgaben und Funktion
Die Wirbel bilden gemeinsam das knöcherne Gerüst im Rücken, schützen in ihrem Inneren das Rückenmark und dienen als Ansatz für Rippen, Muskeln und Sehnen. In ihrer Gesamtheit bilden sie die Wirbelsäule, die den Rücken beweglich hält, was maßgeblich für den Bewegungsapparat des menschlichen Körpers entscheidend ist.
Wirbel – Beschwerden und Krankheiten
Wirbel sind wichtige Bestandteile des Rückens, sind aber auch anfällig für verschiedene Krankheiten und Beschwerden, die das Leben von Menschen unterschiedlich beeinflussen können, wenn sie auftreten. In den folgenden Abschnitten sind die wichtigsten Wirbel-Erkrankungen genauer geschildert.
Blockierungen der Wirbelkörper
Kommt es zu Verspannungen der Bänder und Sehnen, welche entlang der Wirbelsäule verlaufen, so können sich die Querfortsätze der Wirbel verschieben, wodurch die austretenden Spinalnerven eingeklemmt werden können. Die Folge sind teils erhebliche Schmerzen und auch vor allem sensible Nervenausfälle.
Osteoporose
Bei einer Osteoporose ist der Knochenstoffwechsel gestört, wodurch die Knochenmasse zunehmend ausgedünnt und bruchanfällig wird. Oft reicht in fortgeschrittenem Stadium der Erkrankung ein Bagatelltrauma, also eine leichtgradige Verletzung oder Überbeanspruchung, damit der Knochen bricht. Die Deckplatten der Wirbelkörper stürzen ein, die Wirbel werden flacher und die Betroffenen schrumpfen.
Gleichzeitig bestehen mehr oder weniger stark ausgeprägte Rückenschmerzen. Eine Knochendichtemessung kann die Ausprägung der Erkrankung nachweisen. Therapeutisch werden Vitamin D und Calcium als Basismaßnahmen eingesetzt, im Verlauf zudem Medikamente, die den Knochenumbau verlangsamen oder den Aufbau von neuem Knochengewebe fördern.
Genickbruch
Da sich der Fortsatz des Axis, der Dens, gemeinsam mit dem Rückenmark im Wirbelloch des ersten Halswirbels (Atlas) befindet, kann er sich bei einem Bruch der Halswirbelsäule in das Rückenmark hineindrücken. Wird dabei das Atemzentrum geschädigt, führt die Verletzung binnen kürzester Zeit zum Tode. Besonders gefährlich ist ein unbemerkter Anriss des Dens axis, da dieser dann verspätet im Rahmen eines leichten Traumas vollständig abreißen kann.
Wirbelkörper ersetzen
Bei schwerer Verformung eines Wirbelkörpers durch einen komplizierten Bruch oder auch bei Krebsmetastasen kann es notwendig werden, den Wirbelkörper zu ersetzen. In diesem Falle wird vom Bauchraum aus der defekte Wirbelkörper entfernt, ein zylindrischer Platzhalter eingesetzt und rundum mit Knochenmaterial aufgefüllt, damit das System zu einem „neuen“ Wirbelkörper zusammen wachsen kann.
Häufige Fragen
- Was hilft gegen Rückenschmerzen?
- Wie gefährlich ist Wirbelgleiten?
- Wie fühlt es sich an, wenn der Atlas verschoben ist?
- Wie lange dauert es, bis ein Wirbelbruch geheilt ist?
In den meisten Fällen resultieren Rückenschmerzen aus Verspannungen der Muskulatur oder Bindegewebszüge, die durch ungünstige Bewegungsmuster sowie falsche oder einseitige Belastung des Rückens ausgelöst werden. Hier helfen häufig Mobilisierungsübungen, Wärme und gegebenenfalls die vorübergehende Einnahme von Schmerzmitteln. Bei anhaltenden Beschwerden sollte ärztlicher Rat eingeholt werden, vor allem wenn Ausfallerscheinungen (Lähmungen, Kribbelgefühl) vorliegen, da diese auf einen Bandscheibenvorfall hindeuten können.
Das Wirbelgleiten, Spondylolisthesis, entsteht durch Verschleißprozesse an der Wirbelsäule, die eine zunehmende Instabilität zur Folge haben. Je nach Ausprägung kommt es zu Schmerzen, motorischen Ausfällen oder Gefühlsstörungen im Rücken oder den Beinen. In ausgeprägten Fällen kann als letzte Therapieoption eine operative Versteifung der Wirbelsäule erforderlich werden.
Kleinere Verschiebungen im Bereich des Atlas werden meist durch muskuläre Verspannungen ausgelöst und setzen sich häufig an den Hinterkopf fort, mit dem der Atlas über Bindegewebszüge verbunden ist. Hieraus resultieren vor allem Nacken- und Spannungskopfschmerzen. Letztere können wiederum weitere Symptome wie Tinnitus (Ohrgeräusche) zur Folge haben.
Die Heilungsdauer liegt bei Wirbelbrüchen meist zwischen sechs und zwölf Wochen, wobei sie abhängig ist von Ausprägung und Ort der Verletzung und den anschließenden Bewegungsmustern, da jede Mobilisation eines gebrochenen Knochens den Wiederaufbau stört und verlängert.
Bei einer operativen Versorgung werden die Bruchbestandteile dichter miteinander verbunden, was in einer schnelleren Heilung resultieren kann. Kommt es zu Einbrüchen der Wirbelkörper im Rahmen eines Knochendichteverlusts (Osteoporose), so wird eher nicht operiert oder der Wirbelkörper künstlich wieder aufgebaut.
- Atlaswirbel verschoben, https://www.liebscher-bracht.com/... (Abrufdatum: 05.04.2023)
- Wirbelkörperersatz, https://www.umm.de/... (Abrufdatum: 05.04.2023)