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Die Lippen, lateinisch Labium oris („Lippe des Mundes“) sind ausgebildete Weichteilfalten, die die Mundhöhle gegenüber der Außenwelt abdichten und wichtige Funktionen, wie beispielsweise die Nahrungsaufnahme und Sprachbildung erfüllen.
Wissenswerte Informationen rund um das Thema Lippen, deren Aufbau und Funktionen sowie mögliche Erkrankungen und Veränderungen im folgenden Beitrag.
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Lippen – Definition
Die Lippen bestehen aus Ober- und Unterlippe und stellen ein stets paarweises vorkommendes Organ am Mund des Menschen dar.
Kompetente und inkompetente Lippen
In der Kieferorthopädie wird zwischen kompetenten und inkompetenten Lippen unterschieden. Kompetente Lippen können hierbei den Mund im entspannten Zustand versiegeln während sich inkompetente Lippe negativ auf die Zahn- und Kiefergesundheit auswirken. Bei inkompetenten Varianten ist hingegen eine überdurchschnittlich hohe Muskelanspannung erforderlich, um den Mund beispielsweise beim Kauen vollständig zu verschließen.
Lippen – Anatomie und Aufbau
Unterschieden werden Ober- (Labium superius) und Unterlippe (Labium inferius). Die Oberlippe weist in der Mitte eine geschwungene Einbuchtung auf, welche auch als Amorbogen oder Lippenherz bezeichnet wird. Zwischen Amorbogen und Nase befindet sich eine vertikale Rinne, das Philtrum. Der obere Teil des Philtrums befindet sich dabei am Übergang zum Nasensteg und bildet den sogenannten nasolabialen Winkel, welcher bei Männern durchschnittlich 90 bis 95 Grad und bei Frauen 100 bis 105 Grad weit ist.
Die Unterlippe fällt, verglichen mit der Oberlippe, meist etwas größer aus. An der Innenseite von Ober- und Unterlippe befindet sich eine kleine Schleimhautfalte, die als Lippenbändchen (Frenulum labii superioris bzw. inferioris) bezeichnet wird. Die muskuläre Grundlage bildet der Musculus orbicularis oris.
Histologischer Aufbau
Histologisch lassen sie sich in drei Abschnitte unterteilen: Lippenaußenseite (Pars cutanea), Lippenrot (Pars intermedia) und Lippeninnenseite (Pars mucosa). Diese Abschnitte sind nicht scharf voneinander begrenzt, sondern gehen fließend ineinander über. Im Folgenden werden die einzelnen Abschnitte dabei näher erläutert:
- Pars cutanea: Die Außenseite ist mit Haut überzogen und stellt ein mehrschichtiges, verhorntes Plattenepithel dar. Hier befinden sich Haare, Schweißdrüsen sowie Talgdrüsen.
- Pars intermedia: Dieses ist die Übergangszone zwischen Außen- und Innenseite der Lippen und ist überzogen von einem verhornendem, nicht pigmentierten, dünnen Plattenepithel, in welches Bindegewebspapillen hineinreichen. Die darin gelegenen Kapillarschlingen verleihen den Lippen die rote Farbe und können in Abhängigkeit des Sauerstoffgehalts ihre Farbe verändern und sich blau färben (Zyanose).
- Pars mucosa: Die Innenseite der Lippen, die Mundschleimhaut, ist von einem unverhornten Plattenepithel überzogen. Der Übergang von Lippenrot zur Lippeninnenseite ist hierbei fließend. In der Mundschleimhaut befinden sich dabei mehrere Speicheldrüsen, Gefäße, Nerven und Fettzellen.
Versorgung
Die arterielle Blutversorgung erfolgt durch die Arteria labialis superior und die Arteria labialis inferior – beide Arterien sind dabei Äste der Arteria facialis. Der venöse Abfluss findet über mehrere kleine Venen in die Vena facialis statt.
Motorisch innerviert werden die Lippen durch den Nervus facialis. Die sensible Innervation der Oberlippe erfolgt durch den Nervus maxillaris und die der Unterlippe durch den Nervus mandibularis – sowohl Nervus maxillaris als auch Nervus mandibularis sind Äste des fünften Hirnnervs, des Nervus trigeminus.
Lippen – Funktion
Die Lippen erfüllen wichtige Aufgaben, zu denen die Nahrungsaufnahme, die Sprachbildung, die Mimik sowie die Funktion als Tastorgan gehören. Auch im Zusammenhang mit der Sexualität haben sie eine gewisse Funktion. Im Folgenden werden diese einzelnen Funktionen näher erläutert.
- Nahrungsaufnahme: Die Lippen stellen den Ein- und Ausgang der Mundhöhle dar. Durch die Beweglichkeit der Lippen können Nahrung und Flüssigkeit zwischen die Zahnreihen und in die Mundhöhle weiterbefördert werden.
- Sprachbildung: Sie haben eine wichtige Funktion für eine korrekte Sprachbildung und sind für die Bildung der Lippenlaute von Bedeutung.
- Mimik: Die Bewegung der Lippen erlaubt es, Einfluss auf die mimische Muskulatur zu nehmen und dient der Vermittlung von Emotionen. Emotionale Ausdrücke sind hier beispielsweise ein sogenannter Schmollmund, das Verziehen der Mundwinkel nach oben bei einem Lächeln und nach unten bei Traurigkeit.
- Tastorgan: Die Lippen verfügen über viele Nervenenden und sind ein Teil des Tastsinns, sodass sie empfindlich auf Berührungen, Wärme und Kälte reagieren und insbesondere für Kleinkinder von Bedeutung sind, wenn unbekannte Gegenstände mit dem Mund untersucht werden.
- Sexualität: Die Lippen sind auch ein Organ, welches sexuelle Erregung vermitteln kann (zum Beispiel beim Küssen).
Lippen – Erkrankungen und Veränderungen
Die Lippen können bestimmte Veränderungen oder auch Erkrankungen aufweisen. Zu einer der häufigsten Veränderungen zählt dabei beispielsweise die Blaufärbung, die bedingt durch einen geringen Sauerstoffgehalt im Blut (Zyanose) auftritt. Sofern das Blut zu wenig Sauerstoff enthält, wird es dunkelrot bis blau und scheint daher durch die dünne Haut in diesem Bereich hindurch. Auch bei Kälte kann es zu einer Zyanose kommen, bei der die Lippen blass oder bläulich erscheinen.
Eine weitere Veränderung, die bei den Lippen auftreten kann, ist das (temporäre) Anschwellen, beispielsweise durch unerwünschte Nebenwirkungen von Medikamenten oder bei allergischen Reaktionen.
Fehlbildungen
Folgende Fehlbildungen können auftreten:
- Alkoholembryopathie: Eine Alkoholembryopathie kann sich bei Embryonen bedingt durch den Alkoholismus einer schwangeren Frau entwickeln. Typisch ist hier ein schwach bis gar nicht ausgeprägtes Philtrum („wenig Relief“) sowie eine noch dünnere Lippenhaut als gewöhnlich, retrahiertes Lippenrot und ein schwach ausgebildeter bis gar nicht vorhandener Amorbogen.
- Habsburger Unterlippe: Als Habsburger Unterlippe wird eine stark ausgeprägte Unterlippe bezeichnet, die durch eine Überentwicklung des Unterkiefers zustande kommt. Es handelt sich hierbei um eine erblich bedingte Besonderheit, die nach dem deutschen Fürstenhaus Habsburg benannt wurde – das erbliche Merkmal war innerhalb dieser Familie weit verbreitet.
Krankheiten
An den Lippen können unter anderem Lippenherpes (Herpes labialis) und Karzinome entstehen. Bei Lippenherpes handelt es sich um eine Viruserkrankung, die mit der Bildung von schmerzhaften Bläschen einhergeht. Übermäßiger Tabakkonsum und starke Belastung mit UV-Strahlung können zur Karzinomentstehung führen.
Verletzungen
Die Lippen sind aufgrund der dünnen Haut außerdem sehr empfindlich, sodass Verletzungen entstehen können. Hierzu gehören unter anderem:
- Rhagaden: Rhagaden sind Einrisse in den Mundwinkeln, die durch Trockenheit, Frost, Krankheiten wie Neurodermitis oder Anämie entstehen können
- Sprödigkeit und Risse: Bei Kälte und Frost neigen die Lippen dazu, spröde und rissig zu werden. Hautcremes auf Fettbasis können hier Linderung verschaffen
- Schnitt- oder Platzwunden: Im Fall einer Schnitt- oder Platzwunde bluten die Lippen sehr stark, weshalb eine ausreichende Kompression zur Blutstillung erforderlich ist.
Anpassungen
Neben Erkrankungen und Veränderungen können in der plastischen Chirurgie auch Lippenkorrekturen durchgeführt werden. So kann beispielsweise Fett aus einem anderen Gewebe des Körpers entnommen und mittels Fetttransfer die Lippen aufgespritzt werden. Auch angeborene Fehlbildungen wie die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte können in der rekonstruktiven Chirurgie behoben werden.
- Lippen, Wangen, Gaumen: Histologie, https://viamedici.thieme.de/... (Abrufdatum: 26.05.2023)