Lebenslanges Lernen ist mittlerweile eine Selbstverständlichkeit: Auch nach der Schulausbildung gilt es im Berufsleben, sich stetig weiterzubilden. Was aber, wenn Kinder bereits große Probleme beim Schreiben oder Rechnen haben? Hier setzt das Berufsbild Lerntherapeut/in an, indem die Lernfähigkeit von Kindern und teils auch Erwachsenen verbessert wird. Untersuchungen zufolge sind etwa 5 bis 10 % alle Kinder von Lese-Rechtschreibschwierigkeiten betroffen, sodass dieser Beruf eine hohe soziale Relevanz aufweist. Ziel der Unterstützung ist es, die Lernfähigkeit von Kindern zu verbessern, wofür auch das Lernumfeld verändert werden muss.
Was machen Lerntherapeuten/-innen?
Professionelle Lerntherapien kommen zum Einsatz, wenn bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen Lese- oder Rechtschreibschwächen vermutet werden. Rechenstörungen fallen ebenfalls in den Kompetenzbereich der Lerntherapie. Dabei werden die Lernstrukturen analysiert und bewertet. Auf Basis einer individuellen Diagnostik entsteht ein Therapieplan, um die Schwächen gezielt zu verbessern. Lernschwierigkeiten müssen, so weit wie möglich überwunden werden, damit Kinder und Jugendliche keine gravierenden Probleme bei der Schulausbildung haben und Erwachsene im Berufsleben gut zurechtkommen können.
Weiterbildung als Lerntherapeut/in
Wichtig zu wissen ist, dass es sich bei der Lerntherapie um eine Weiterbildung handelt, die bereits auf einer vorhandenen Grundqualifikation basiert. Es gibt keinen klassischen Ausbildungsberuf, der zum Abschluss Lerntherapeut/in führt.
Voraussetzungen für die Weiterbildung
Die meisten Anbieter für eine Weiterbildung im Bereich der Lerntherapie setzen eine therapeutische Berufsausbildung oder einen Hochschulabschluss voraus, oft im Bereich Psychologie oder Pädagogik. Durch den zunehmenden Fachkräftemangel stehen auch immer mehr Quereinsteigern Wege für eine Weiterbildung in diesem Bereich offen.
Ablauf und Dauer der Weiterbildung
In den letzten Jahren ist das Angebot für Weiterbildungen im Bereich Lerntherapie unübersichtlich geworden. Hinzu kommt, dass es keine offiziellen staatlichen Vorgaben gibt. Das hat zur Folge, dass Ausbildungsdauer, Inhalte und vor allem auch die Qualität erheblich schwanken können. Bei der Wahl einer geeigneten Fortbildung sollte man zwingend darauf achten, dass die drei Hauptthemen Lese-Rechtschreibschwäche, Rechenschwäche und ADHS abgedeckt werden. Wer Lerntherapeut/in werden möchte, sollte sich daher informieren und verschiedene Angebote vergleichen. Grundlegend ist der Ausbildungsablauf bei allen Anbietern ähnlich aufgebaut:
- Lernschwache Kinder und Jugendliche mit Hilfe lerntherapeutischer Diagnostikinstrumente erkennen
- Therapieverfahren kennenlernen
- Lernen, wie man bewährte Therapieverfahren einsetzt
Wer nach einem integrativen Ansatz arbeiten möchte, sollte zudem darauf achten, dass Themen wie Hochbegabung, Prüfungsangst, Entspannung, Bewegung, Lernspiele und Wahrnehmung im Curriculum enthalten sind. Der Fachverband für integrative Lerntherapie (FiL) gewährleistet, dass ein hoher Weiterbildungsstandard mit einer FiL-Zertifizierung erfüllt wurde. Interessenten/-innen sollten bei der Auswahl der Weiterbildung auf diese Zertifizierung achten.
Weiterbildungsinhalte für Lerntherapeuten/-innen
Zwingend erforderlich sind: Lese-Rechtschreibschwäche, ADHS und Rechenschwäche.
Viele Weiterbildungen dauern um die 24 Monate, einige auch länger. Berufsbegleitende Teilzeitvarianten können 3 Jahre oder länger dauern, bieten aber auch ein hohes Maß an Flexibilität bei der beruflichen Weiterbildung.
Weiterbildungsinhalte als Lerntherapeut/in
Die Ausbildungsinhalte in der Tabelle wurden dem Institut für integrative Lerntherapie und Weiterbildung in Kleinmachnow entnommen und stehen exemplarisch für alle Weiterbildungsinhalte zum/-r Lerntherapeut/in mit FiL-Zertifizierung.
Curriculum | Lerninhalte |
Eltern- und Familienarbeit | Erkennen von Möglichkeiten und Grenzen, Arbeitstechniken, Einflussfaktoren auf den Lernprozess |
Selbstwertgefühl als Lernvoraussetzung | Selbstwertgefühl verstehen, beeinflussen lernen und Auswirkungen begreifen, Förderung des Selbstwertgefühls |
Lernmotivation und Förderung | Intrinsische und extrinsische Motivation, Denkblockaden und erlernte Hilflosigkeit, Motivationssteigerungsmaßnahmen |
Verankern von Lerninhalten im Gedächtnis | Lernstrategien und Tipps, Funktionsweise des Gehirns, Bedeutung von Automatisierungsprozessen, Lerninhalte verinnerlichen |
Prävention von Leserechtschreibschwäche | Phasen des Schrifterwerbs, diagnostische Instrumente der Früherkennung, phonologisches Bewusstsein |
Diagnostik und Therapie von Leserechtschreibschwäche | Legasthenieformen, standardisierte Rechtschreib- und Lesetests, Interventionen bei Auffälligkeiten kennenlernen |
Legasthenie in einer Fremdsprache | Besondere Schwierigkeiten der englischen Sprache, wissenschaftliche Erkenntnisse der Fremdsprachenlegasthenie, Förderprogramme |
Diagnostik von Dyskalkulie | Diagnostische Verfahren |
Anschauungsmaterial bei Dyskalkulie | Ursachen von Lernschwächen, Phasen der Entwicklung mathematischen Denkens, Typische Fehlerarten, handelndes Lernen |
Therapie von Dyskalkulie | Unterschied zu Nachhilfeunterricht, Förder- und Trainingsprogramme, Grenzen elterlicher Mitwirkungsmöglichkeiten |
ADHS | ADHS-Diagnostik auf Grundlage DSM-IV und ICD-10, Ursachen und Therapiemöglichkeiten bei Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom und Hyperaktivität |
Hochbegabung | Erkennung und Diagnostik, Underachievement |
Spielerisch lernen | Bewegungs-, Konzentrations-, Wahrnehmungs-, Entspannungs-, und Sprachspiele |
Bewegungserfahrungen und Wahrnehmungsförderung | Auswirkungen von Bewegung auf das Lernen, Störungen der Sinnessysteme, sensorische Integration |
Kinesiologie | Pädagogische Kinesiologie |
Neurolinguistisches Programmieren (NLP) | Methoden |
Behandlung von Schul- und Prüfungsangst | Angstsymptome bei Kindern, Erhebungsinstrumente der Angstdiagnostik, Therapiemöglichkeiten |
Entspannungsverfahren | Stress und die körperlichen Auswirkungen, Entspannungsübungen, Verfahren um Ängste und Stress zu reduzieren |
Was verdient man während der Weiterbildung?
Da es sich um eine Weiterbildung handelt, gibt es keine Ausbildungsvergütung. Die Weiterbildung ist mit Kosten in unterschiedlicher Höhe (abhängig vom Anbieter) verbunden. Da viele angehende Lerntherapeuten/-innen bereits bzw. während der Ausbildung einer Tätigkeit nachgehen, kann diese als Vergütung während dieser Zeit angesehen werden. Zu prüfen ist, ob sich der Arbeitgeber an den Weiterbildungskosten beteiligt.
Passt die Weiterbildung als Lerntherapeut/in zu mir?
Die Weiterbildung als Lerntherapeut/in passt, wenn:
- man viel Geduld, Ideenreichtum und Flexibilität an den Tag legt
- andere motivieren kann
- man gerne Verantwortung für andere Personen übernimmt
- einem der Umgang mit problembehafteten Menschen liegt
- man den Umgang mit Kindern- und Jugendlichen schätzt
Die Weiterbildung als Lerntherapeut/in passt nicht, wenn:
- man ungeduldig und wenig organisiert ist
- man nicht mit Kinder- und Jugendlichen arbeiten möchte
- einen die Probleme anderer Menschen nicht interessieren
- man keine Verantwortung für andere übernehmen möchte
Wie sieht der Berufsalltag als Lerntherapeut/in aus?
Je nach gewählter Spezialisierung und Arbeitsumfeld kann der Berufsalltag als Lerntherapeut/in variieren. Im Allgemeinen umfasst ein typischer Tag die Diagnostik, um die individuellen Lernschwierigkeiten und Bedürfnisse zu identifizieren, gefolgt von der Erstellung eines individuellen Förderplans. Dieser basiert auf der Diagnostik und umfasst spezifische Ziele, Methoden und Materialien. In der Einzeltherapie werden verschiedene pädagogische und therapeutische Methoden angewandt, um die Lernschwierigkeiten anzugehen. Elternarbeit gehört ebenfalls zum Berufsalltag. Hier werden die Eltern über Therapieprozesse informiert, erhalten Ratschläge oder Unterstützung bei der Leseförderung. Letztendlich dokumentiert und evaluiert der/die Lerntherapeut/in den Therapieverlauf und Fortschritt.
Arbeitsfelder des/der Lerntherapeuten/-innen
Analysieren und bewerten Lernstrukturen, diagnostizieren Lernschwächen und helfen dabei diese zu überwinden.
Aufgaben als Lerntherapeut/in
Zu Beginn erfolgen der Anamnese Test, um eine zielfokussierte Diagnostik stellen zu können. Bei diesem Test wird durch Erfragen und die Aufzeichnung der Beschwerden eine individuelle Diagnostik erstellt. Auf dieser Basis entwickeln die Experten/-innen individuelle Therapiepläne, um die festgestellten Lernprobleme überwinden zu können. Regelmäßiges Training und die Vermittlung von Strategien sollen Schüler/innen und Erwachsene in die Lage versetzen, mit unterschiedlichen Lern- und letztlich auch Lebenssituationen besser klarkommen zu können. Je nach Ausprägung der Lese-, Rechtschreib- bzw. Lernschwäche kann die Therapie auf viele Monate angelegt sein. Die Zusammenarbeit mit Lehrer/innen und ggf. anderen Therapeut/innen und Gespräche mit den Eltern spielen im Arbeitsalltag eine zentrale Rolle. Hinzu kommt die notwendige Dokumentation, um Transparenz für den gesamten Prozess sicherstellen zu können.
Wo kann man als Lerntherapeut/in arbeiten?
Da sich viele Lerntherapeuten/-innen selbstständig machen, spielt der Aspekt der Vernetzung eine wichtige Rolle. Sie arbeiten vor allem mit Kinderärzten und Ärztinnen, Logopäden/-innen, Lehrer/innen, Jugend- und Schulpsychologen/-innen zusammen. Eine Anstellung im Schulbereich oder bei Therapeuten/-innen ist ebenso denkbar wie eine Anstellung in Kinderheimen, Beratungsstellen oder in Kliniken.
Lerntherapeut/in Stellenangebote
Arbeitszeiten als Lerntherapeut/in
Grundsätzlich ist mit geregelten Arbeitszeiten zu rechnen, da vor allem Schüler/innen zu den Klienten gehören werden. Wer eine eigene Praxis für Lerntherapie eröffnet, kann seine Arbeitszeiten selber gestalten.
Was verdient man als Lerntherapeut/in?
Laut renommierten Gehaltsportalen liegt der Verdienst pro Monat zwischen 2.900 und bis zu 3.700 Euro brutto. Wer sich mit einer eigenen Praxis selbstständig macht, wird auch deutlich über diesen Rahmen hinaus verdienen können. Im Einzelfall sind die Auslastung und die Kostenstruktur der Praxis entscheidend.
Weiterbildung und Berufsperspektiven als Lerntherapeut/in
Die Lerntherapie ist mit ihren 25 Jahren eine sehr junge Therapieform, die gemessen an der Zahl der Kinder und Jugendlichen, die einen lerntherapeutischen Förderbedarf haben, in der es zu wenig Fachpersonal gibt. Arbeitsorte sind demnach Schulen, Kindertagesstätten oder Praxen.
Weiterbildung und Fortbildung
Je nach Ausbildung haben Lerntherapeuten die Möglichkeit, sich auf ein Teilgebiet der Lerntherapie zu spezialisieren. So ist es beispielsweise möglich, sich lediglich auf die Rechenschwäche zu konzentrieren. Lerntherapeuten, die zuvor eine Ausbildung als Ergotherapeut/in absolviert haben, haben die Möglichkeit ein ergotherapeutisches Gesamtkonzept in Form einer sensorischen Integrationstherapie anzubieten. Besonders hervorzuheben ist die Weiterbildung der integrativen Lerntherapie, die es den Lerntherepeuten/-innen ermöglicht eine Vielzahl unterschiedlicher Möglichkeiten anzubieten. Wer nach der Ausbildung studieren möchte, hat die Möglichkeit ein Studium im Bereich der integrativen Lerntherapie, im Bereich Pädagogik oder Psychologie zu absolvieren.
Berufsperspektiven und Zukunftsaussichten
Die Chancen nach der Aus- bzw. Weiterbildung sind sehr gut. Viele Lerntherapeuten machen sich mit einer eigenen Praxis selbstständig, da an vielen Standorten mit einer guten Auslastung zu rechnen ist. Mit dem Schritt in die berufliche Selbstständigkeit lassen sich die Arbeitszeiten besser steuern und Beruf und Familie im Idealfall vereinen. Aber auch Anstellungen als Inklusionsassistent/in, Schulsozialarbeiter/in, integrative Schul- und Lernbegleitung oder bei Logopäden/-innen sind Einsatzbereiche.
Wie findet man passende Jobs als Lerntherapeut/in?
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