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Pflegetheorien bilden die Basis des pflegerischen Handelns. Richtig angewandt können sie helfen, die Versorgung Pflegebedürftiger stetig zu verbessern und an immer neue Herausforderungen anzupassen. Was genau Pflegetheorien thematisieren und welche verschiedenen Modelle aus ihnen abgeleitet werden können, erläutert dieser Artikel.
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Pflegetheorien – Definition
Pflegetheorien wurden entwickelt, um allgemeine Begebenheiten in der Pflege zu beschreiben und zu erklären. Als theoretische Konzepte bilden sie die Grundlage für Handlungsempfehlungen in der Pflegepraxis, die in Form von Pflegemodellen weiter ausgearbeitet werden.
Theorien mit großer Reichweite beziehen sich auf die Pflegethematik im Allgemeinen, während Theorien mittlerer bzw. geringer Reichweite immer spezifischer auf umschriebene Pflegesituationen und -probleme eingehen. Neben der Umsetzung im pflegerischen Alltag stellen die Pflegetheorien einen elementaren Bestandteil der Pflegewissenschaften dar.
Abgrenzung zu Pflegemodellen
Pflegemodelle bauen auf den Pflegetheorien auf. Während die Theorie die groben Zusammenhänge definiert, vertieft das Modell deren Inhalte und schlägt so den Bogen zur Pflegepraxis. Pflegemodelle fassen die konkreten Aufgaben der Pflegenden zusammen, weisen Pflegeziele aus und dienen somit als Grundlage für die Erstellung einer situationsangepassten Pflegeplanung.
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Pflegetheorien – Zielsetzung und Aufgabenstellung
Pflegetheorien veranschaulichen die Bedürfnisse der zu pflegenden Personen und erläutern die generellen und individuellen Hintergründe dieser Bedürfnisse. Zudem zeigen Sie Probleme und Chancen der interpersonellen Beziehungen auf und definieren mögliche Pflegeziele. Durch diese Erläuterungen und Zusammenfassung versuchen sie, eine wissenschaftlich fundierte Basis zu schaffen, auf der die Pflegehandlungen aufgebaut werden können. Pflegenden soll hierdurch ein tieferes Verständnis für ihre Tätigkeit und ihre Verantwortung ermöglicht werden.
Pflegetheorien – Geschichtlicher Hintergrund
Die Vorläufer der heutigen Pflegetheorien entstanden in Großbritannien und den USA der 50er-Jahre, als Pflegewissenschaftler erstmals mit der systematischen Entwicklung von Konzepten für Abläufe in der Pflege begannen. Es stellte sich bald heraus, dass eine allgemeine Pflegetheorie der Individualität der Pflegenden und der Pflegebedürftigen nicht ausreichend Rechnung trägt. In der Folge summierten sich die Ideen und Handlungsweisen, die in verschiedene Themenschwerpunkte eingruppiert wurden. Die verschiedenen Pflegetheorien lassen sich meist auf eine oder mehrere bedeutende Persönlichkeiten aus der Pflegewissenschaft zurückführen.
Den Wag nach Deutschland fanden die Pflegetheorien etwas verzögert. Schließlich entstand im Jahr 1987 an der Fachhochschule Osnabrück die erste Professur für Pflegewissenschaften.
Pflegetheorien – Beispiele
Entsprechend ihres Hauptfokus lassen sich die Pflegetheorien in mehrere Themenschwerpunkte untergliedern. Dabei tauchen vor allem drei große Modelle auf, die mit bedeutenden Persönlichkeiten aus der Historie der Pflege verknüpft sind. Diese erklären die folgenden Abschnitte nochmals genauer.
Unterteilung in 3 Modelle
Die Kernaspekte der drei wichtigsten Pflegemodelle betreffen die Bedürfnisse, die interpersonellen Beziehungen und das Pflegeergebnis. Man untergliedert sie in die folgenden drei Gruppen.
Bedürfnismodelle
- zielen auf die Bedürfnisse der zu pflegenden Personen ab
- Ermittlung der Bedürfnisse durch die pflegende Person
- Unterstützung der pflegebedürftigen Person, damit diese bestenfalls befähigt ist, ihre Bedürfnisse selbst zu befriedigen
Interaktionsmodelle
- beziehen sich auf das Beziehungsgeflecht der Beteiligten untereinander
- die pflegende und die pflegebedürftige Person bleiben im Austausch über die Ziele der Pflegehandlungen und ermitteln gemeinsam Wege zu deren Erreichung
- soziale Rollenerfüllung der pflegebedürftigen Person steht im Vordergrund
Pflegeergebnismodelle
- beinhalten Ansätze, die ein bestimmtes Pflegeergebnis anstreben
- konzentrieren sich nicht auf Krankheit, sondern Wege zur Gesundheit, Teilhabe und Selbstständigkeit der pflegebedürftigen Person
Madeleine Leininger – Transkulturelle Pflegetheorie
Die aus Nebraska stammende Krankenschwester und spätere Pflegewissenschaftlerin entwickelte im Jahr 1966 eine Pflegetheorie mit Fokus auf den kulturellen Hintergrund und die daraus resultierenden Bedürfnisse der pflegebedürftigen Person. Somit legte sie gleichzeitig einen der Grundsteine für die Bedürfnismodelle innerhalb der Pflegetheorien.
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Dorothea Orem – Selbstpflege-Defizit-Theorie
Dorothea Orem leitete als Pflegewissenschaftlerin eine Beratungsfirma für Pflegethemen. Ihre Theorie des Selbstpflege-Defizits, die sie 1971 in einem ihrer Ratgeber veröffentlichte, thematisiert eine durch Krankheiten oder andere Umstände reduzierte Selbstpflege- und somit Selbstfürsorge-Kompetenz der Pflegebedürftigen. Dabei ist der ursächliche Umstand hierfür nicht ausschließlich in Krankheiten zu suchen.
Ihr Konzept gliedert sich in die Auffassung der Selbstpflege als erlernte Tätigkeit, die Feststellung des Selbstpflegedefizits und die Suche nach dem passenden System, durch welches das Defizit kompensiert werden kann. Kann die betroffene Person selbst mit Unterstützung nicht mehr zur Selbstpflege befähigt werden, so über nimmt die pflegende Person diese Tätigkeiten.
Die Theorie von Orem bezieht sich somit ebenfalls auf die Bedürfnismodelle.
Hildegard Peplau – Psychodynamische Krankenpflege
Die von Hildegard Peplau 1952 veröffentlichte Theorie der interpersonellen Beziehung legte den Grundstein für die Entwicklung des Psychodynamischen Krankenpflegemodells. Dieses setzt sich mit dem Beziehungsaufbau der am Pflegeprozess beteiligten Personen auseinander und beschreibt hierbei die Rollenaufgaben der Pflegekraft.
Virginia Henderson – Modell der 14 Grundbedürfnisse
Virginia Henderson entwickelte eine Pflegetheorie, die auf 14 grundlegende Bedürfnisse des Menschen abzielt. Aufgabe der pflegenden Person ist es, den Pflegebedürftigen bestmöglich zu unterstützen, damit sich dieser selbst seine Bedürfnisse erfüllen kann. Zu den Grundbedürfnissen nach diesem Modell zählen unter anderem körperliche Aspekte wie Atmung, Ernährung und Ausscheidung, aber auch psychosoziale und spirituelle Faktoren. So wird das Nachgehen der eigenen religiösen Überzeugungen ebenso aufgeführt wie soziale Teilhabe und die Kommunikation von Gefühlen und Nöten im Umgang mit Anderen.
Pflegetheorien – Pro und Contra
Pflegetheorien können vor allem in den ersten Jahren der Pflegetätigkeit Sicherheit vermitteln und den Pflegenden helfen, erste eigene Handlungskonzepte zu entwickeln. Zudem bieten sie die Grundlage des Studiengangs der Pflegewissenschaften. Auf diese Weise können, weit über die individuellen Pflegebeziehungen hinaus, neue Ideen eingebracht und komplexe Behandlungssituationen auch länderübergreifend bearbeitet werden. Dies kommt unzähligen Pflegebedürftigen und ihren Pflegenden zugute.
Limitierend bei der Entwicklung der Pflegetheorien ist der Umstand, dass durch die individuellen Hintergründe und Lebensumstände der Beteiligten in der Pflegesituation nie exakt die lehrbuchhaften Situationen vorliegen, auf denen die Theorien und Modelle basieren. Kommunikationsschwierigkeiten und eigene Erfahrungswerte und Normen können zu einer Fehleinschätzung der Bedürfnisse des Gegenübers führen. Die Auswirkungen reichen dabei von einer Störung der Pflegebeziehung bis hin zu einer völligen Verfehlung des angestrebten Pflegeergebnisses.
Fazit
Im passenden Kontext stellen Pflegetheorien und die daraus abgeleiteten Modelle eine elementare Grundlage für das Verständnis der Pflegesituation und die kontinuierliche Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege dar. Die Pflegenden sollten sie allerdings nie als absolute Handlungsweisung ansehen, sondern stets mit Bedacht anwenden.
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Häufige Fragen
- Welche Pflegetheorien und Pflegemodelle gibt es?
- Welchen Nutzen haben Pflegetheorien in der Praxis?
- Warum sind Pflegetheorien wichtig?
- Welche Ziele verfolgen Pflegetheorien?
Es gibt eine ganze Reihe von Pflegetheorien. Zu den bekanntesten gehören beispielsweise die Transkulturelle Pflegetheorie von Madeleine Leininger und die Selbstpflege-Defizit-Theorie von Dorothea Orem.
Die drei elementaren Pflegemodelle betreffen die Bedürfnisse der Pflegenden (Bedürfnismodelle), den zwischenmenschlichen Kontakt (Interaktionsmodelle) und die angestrebten Ergebnisse der Pflege (Pflegeergebnismodelle).
Pflegetheorien können eine gute Orientierung über wichtige und grundlegende Themen und Probleme im pflegerischen Alltag bieten. Sie werden dabei allerdings nicht direkt in die Praxis übernommen, da sie für die individuelle Anwendung zu allgemein gehalten sind. Vielmehr können aus ihnen Pflegemodelle abgeleitet werden, die bei der konkreten Pflegeplanung für den Pflegebedürftigen in seiner individuellen Situation zum Einsatz kommen.
Pflegetheorien bieten die Möglichkeit, sich sowohl im wissenschaftlichen Kontext als auch überregional über die Kernthemen der Pflege auszutauschen und dabei neue Erkenntnisse zu sammeln. Ohne diese übergeordnete Diskussion wäre eine Anpassung an die sich stetig verändernde Gesellschaft und deren jeweilige Situation und Struktur nicht möglich.
Pflegetheorien wollen eine Orientierung über die relevanten Belange in der Pflege bieten, aus der sich konkrete Handlungskonzepte und Modelle entwickeln lassen. Sie sollen von einer großen Menschengruppe zur Diskussion genutzt werden und somit die Möglichkeit bieten, sowohl für Pflegende als auch für die Pflegebedürftigen eine bestmögliche Pflegesituation zu erzielen.
- Pflegetheorien und Pflegemodelle, https://www.thieme.de/... (Abrufdatum: 31. Januar 2024)