Inhaltsverzeichnis
Die Rachenmandel (Tonsilla pharyngealis) befindet sich als unpaariges Organ am Rachendach im Bereich hinter der Nase (Nasopharynx) und ist ein Teil des körpereigenen Abwehrsystems. Eine Vergrößerung der Rachenmandel tritt häufig im Kindesalter auf und kann je nach Ausmaß zu Folgeerkrankungen und Entwicklungsverzögerungen führen. Mehr zum Thema Rachenmandel (Tonsilla pharyngealis) im folgenden Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
Rachenmandel – Definition
Die Rachenmandel ist Teil des lymphatischen Gewebes im hinteren Teil des Nasopharynx. Sie befindet sich oberhalb des Rachens und spielt eine Rolle im Immunsystem, indem sie Krankheitserreger filtert. Eine vergrößerte Rachenmandel kann Atembeschwerden, Schnarchen und Probleme mit der Nasenatmung verursachen und kann bei wiederholten Infektionen entfernt werden.
Rachenmandel – Anatomie und Histologie
Die unpaare Rachenmandel ist mittig direkt unter dem Rachendach (Fornix pharyngis), im Bereich hinter der Nase, gelegen. Sie kann durch eine Nasenspiegelung sichtbar gemacht werden.
Einige Kurzfakten im Überblick:
Gefäßversorgung und Innervation:
- Arterien: Arteria pharyngea ascendens
- Venen: Plexus pharyngeus venosus
- Innervation: Nervus glossopharyngeus und Nervus vagus
Histologische Besonderheiten der Rachenmandel
Die Rachenmandel ist von einem respiratorischem Flimmerepithel ausgekleidet und enthält kleine spaltförmige Einbuchtungen (Krypten) mit Mündung gemischter Drüsen. Die spaltförmigen Einbuchtungen verleihen ein „zerklüftetes“ Aussehen. In diesen Spalten sammeln sich geringe Mengen Speiseresten sowie Bakterien und weitere Krankheitserreger an, mit denen die weißen Blutkörperchen in Kontakt treten. Die Rachenmandel ist im Vergleich zu den Gaumenmandeln nicht so stark „zerklüftet“.
Rachenmandel – Funktion
Die Rachenmandel ist ein Teil des körpereigenen Abwehrsystems. Die Aufgabe besteht in der immunologischen Überwachung von durch Atemluft oder Nahrung aufgenommenen Krankheitserregern (Antigene). Sie entspricht – zusammen mit den anderen in der Mundhöhle gelegenen Mandeln (Tonsillen) – einem immunologischen Frühwarnsystem. Das restliche Immunsystem kann frühzeitig alarmiert werden.
Was ist der Waldeyer Rachenring?
Im Eingangsbereich von Mund- und Nasenhöhle zum Übergang in den Rachen (Pharynx) hin befindet sich das lymphatische Gewebe mit den Mandeln (Tonsillen). In ihrer Gesamtheit spricht man vom sogenannten Waldeyer-Rachenring oder Lymphatischer Rachenring, welcher aus folgenden Strukturen besteht:
- Tonsilla pharyngealis (Rachenmandel)
- Tonsilla palatina (Gaumenmandel), paarig
- Tonsilla lingualis (Zungenmandel)
- Tonsilla tubaria (Tubenmandel), paarig
- seitliche Seitenstränge
Über die Mandeln (Tonsillen) und den seitlichen Seitensträngen, in welchen sich weitere Abwehrzellen befinden, werden Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien abgefangen, die über den Mund oder die Nase in die oberen Atemwege einzudringen versuchen und in den Körper gelangen können. Die in den Mandeln (Tonsillen) enthaltenen weißen Blutkörperchen (Leukozyten) können Krankheitserreger eliminieren.
Ferner tragen die Mandeln (Tonsillen) zu einem immunologischen Gedächtnis bei und können sich „Krankheitskeime“ merken. Das immunologische Gedächtnis ist in der frühen Kindheit im Alter von ca. 6 Jahren abgeschlossen. Aus diesem Grund wird nicht empfohlen, die Mandeln (Tonsillen) vor Aufbau des immunologischen Gedächtnisses operativ zu entfernen.
Rachenmandel – Beschwerden und Vergrößerung
Eine vergrößerte Rachenmandel tritt häufig im Kindesalter auf und kann – solange keine Beschwerden auftreten – beobachtet werden. Vergrößerungen (Hyperplasie) der Rachenmandel werden umgangssprachlich Polypen genannt – medizinischen Fachjargon als Adenoide bezeichnet. Je nach Ausmaß der Vergrößerung kann es zu Folgeerscheinungen führen. Bei vielen Kindern ist der Nasen-Rachen-Raum infolgedessen so verengt, dass verschiedene Erkrankungen im Hals-Nasen-Ohren-Bereich begünstigt werden können.
Folgende Folgeerkrankungen können unter anderem genannt werden:
Chronische Tubenbelüftungsstörung
Durch die Verlegung des Eingangs in die Ohrtrompete (Tuba auditiva), welche Mittelohr und Rachen verbindet, kann es zu einer chronischen Tubenbelüftungsstörung führen.
Behinderung der Nasenatmung
Die Rachenmandel ist so groß, dass Kinder nicht mehr durch die Nase atmen können – sie müssen kontinuierlich durch den offenen Mund atmen. Kinder entwickeln dann den „Gesichtsausdruck eines Mundatmers“ (Facies adenoida).
Schwerhörigkeit und Sprachentwicklungsstörungen
Durch die Belüftungsstörung der Tuba auditiva ist nicht nur die Nasenatmung eingeschränkt, sondern auch die Hörfähigkeit – Kinder können nicht gut hören und lernen daher auch nicht richtig zu sprechen.
Chronische Mittelohrentzündungen bis hin zur chronischen Knochenentzündung sowie Allgemeine Entwicklungsverzögerung
Darüber hinaus können chronische Mittelohrentzündungen bis hin zur chronischen Knochenentzündung sowie allgemeine Entwicklungsverzögerungen die Folge einer vergrößerten Rachenmandel sein. In diesem Fall ist eine Behandlung indiziert. Zu den Behandlungsmöglichkeiten stehen eine medikamentöse Therapie sowie – bei schweren Verläufen – eine operative Therapie zur Verfügung.
Obstruktives Schlafapnoe-Syndrom (OSAS)
Ferner gilt eine vergrößerte Rachenmandel als häufigste Ursache für das sogenannte obstruktive Schlafapnoe-Syndrom (OSAS). Durch die Verengung/Verlegung der Atemwege kann es während des Schlafs zu einer Verringerung oder kompletten Aussetzung der Atmung führen. Die Behinderung der Atmung kann Schlafstörungen verursachen.
Differentialdiagnose: Akute vs. chronische Tubenbelüftungsstörung
Bei Kindern ist die Ohrtrompete (Tuba auditiva) noch klein und kurz. Im Rahmen von Infekten kann es daher auch leichter zu einer akuten Entzündung mit Tubenventilationsstörung kommen. Akute Entzündungen sind von chronischen Belüftungsstörungen des Mittelohrs – bedingt durch eine vergrößerte Rachenmandel – abzugrenzen.
Häufige Fragen
- Wie häufig tritt eine vergrößerte Rachenmandel auf?
- Welche Symptome treten bei einer vergrößerten Rachenmandel auf?
- Warum sollte eine vergrößerte Rachenmandel bei Beschwerden behandelt werden?
- Welche Bedeutung hat der lymphatische Rachenring im Erwachsenenalter?
Kinder aller Altersgruppen, einschließlich Neugeborenen, können von einer vergrößerten Rachenmandel betroffen sein. Schätzungsweise 20 Prozent aller Kleinkinder haben wiederholte Infektionen der oberen Atemwege – bei vielen von ihnen besteht ein Zusammenhang mit einer Vergrößerung der Rachenmandel.
Typische Symptome einer vergrößerten Rachenmandel sind unter anderem eine nasale Stimme, eine ständige Mundatmung sowie eine verstopfte/laufende Nase mit schleimig, eitrigem Sekret. Häufige Infekte der oberen und unteren Atemwege sowie wiederkehrende Mittelohrentzündungen, nächtliches Husten und Schnarchen mit Atemaussetzern und Schlafstörungen können auftreten. Darüber hinaus sind bei schweren Verläufen Hör-, Sprachentwicklungs- und Gedeihstörungen zu befürchten.
Eine vergrößerte Rachenmandel sollte behandelt werden, wenn sie Beschwerden verursacht. Ziel der Behandlung ist insbesondere Folgeerkrankungen, wie Sprach- und Sprechentwicklungsstörungen durch eingeschränktes Hören zu verhindern. Medikamentös können kortisonhaltige Nasensprays verwendet werden, die die Vergrößerung verringert. Ein operativer Eingriff mit Verkleinerung oder Entfernung der Rachenmandel ist indiziert, wenn häufig Infekte auftreten oder bereits Entwicklungsverzögerungen zu beobachten sind.
Der lymphatische Rachenring verliert – nach abgeschlossener Entwicklung des immunologischen Gedächtnisses – etwa ab dem 8. Lebensjahr seine Bedeutung für das Immunsystem. Eine Restaktivität kann trotz allem auch noch bis ins hohe Alter bestehen. Mit Eintritt der Pubertät bilden sich vergrößerte Mandeln zurück. Im Erwachsenenalter sind die Gaumenmandeln nur noch sehr klein und die Rachenmandel fast verschwunden.
- vgl. Karl Zilles, Bernhard Tillmann: Anatomie – Springer-Lehrbuch, Seite 371
- vgl. Sobotta, Atlas der Anatomie des Menschen Band 3: Kopf, Hals und Neuroanatomie, Seite 181
- vgl. https://www.gesundheitsinformation.de/... (Abrufdatum: 15.03.2024)
- vgl. https://www.hno-aerzte-im-netz.de/... (Abrufdatum: 15.03.2024)