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Das Paravasat zählt zu den ernsten Komplikationen bei Chemo- und Immuntherapien. Es kann in vielfältiger Ausprägung von leichten Verläufen bis hin zu schwersten Gewebeschäden auftreten.
Dieser Artikel erklärt, was Paravasate sind, wie sie entstehen und welche Optionen es zur Behandlung gibt.
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Was ist ein Paravasat?
Ein Paravasat ist eine unbeabsichtigt eingetretene Flüssigkeitsansammlung im Gewebe in der Nachbarschaft eines Blutgefäßes. Die Paravasation, also das Austreten der Flüssigkeit, findet in Verbindung mit der Gabe von Medikamenten oder Infusionen statt.
Paravasat – Ursache
Häufig tritt ein Paravasat durch Verrutschen eines Venenzugangs auf. Auch eine Wandschwäche der Vene und ein zu hoher Druck bei der Infusion sind Risikofaktoren. Zentrale Venenkatheter wie Port-Zugänge können durch falsche Nadeln verschoben oder geschädigt werden, was lebensbedrohliche Paravasate im Brustkorb auslösen kann.
Paravasat – Symptome
Typische Symptome, die auf ein Paravasat hindeuten, sind schmerzhafte Gewebeschwellungen und ein stockender Fluss der Infusion. Gelegentlich tritt eine begleitende Entzündungsreaktion auf. Dabei gibt es selbst im Falle sehr gewebetoxischer Substanzen anfangs nicht immer Schmerzen, sodass man die Symptome häufig verkennt. Schwere Gewebezerstörungen (Nekrosen) mit teils tödlichen Folgen treten vor allem nach Paravasation von Chemotherapeutika auf und können sich über Monate entwickeln.
Grundsätzlich sollte man alle Beschwerden, die von Patienten während einer Infusion oder Medikamentengabe geschildert werden, ernst nehmen. Sie erfordern eine gründliche Abklärung. Dabei muss man auch Differentialdiagnosen wie Entzündungen und Überempfindlichkeit bedenken.
Recall-Phänomen
Bei einem Recall-Phänomen (auch Recall-Dermatitis) treten im Bereich eines früheren Paravasats nach Gabe desselben Medikaments Beschwerden auf, obwohl die Infusion nun an einer anderen Stelle liegt. Auch bei ehemaliger Bestrahlung kann sich noch Jahre später eine Recall-Dermatitis entwickeln, wenn eine erneute Bestrahlung an anderen Körperstellen erfolgt. Als Auslöser nimmt man ein erhöhtes Aufkommen von Zytokinen an der ursprünglich geschädigten Stelle an, die den Trigger wiedererkennen und die Reaktion verursachen. Die Behandlung erfolgt durch lokale Steroide.
Paravasat – Häufigkeit
Wie häufig ein Paravasat im klinischen Alltag auftritt, ist durch die fehlende Aufzeichnungspflicht schwer einzuschätzen. Aus Studien leitet man eine Inzidenz von bis zu sechs Prozent ab, die Dunkelziffer dürfte aber höher sein.
Paravasat – Ausmaß des Schadens
Der Schaden durch ein Paravasat hängt von vielen Faktoren wie der Gewebetoxizität der Substanz, der Menge und der Einwirkzeit des Paravasats ab.
Besonders aggressiv verhalten sich Anthrazykline, die als Chemotherapeutika die Zellteilung hemmen. Sie zerstören Bindegewebe, lösen Thrombosen kleiner Blutgefäße aus und erzeugen tiefe Geschwüre mit dem Risiko bakterieller Superinfektionen. Eine Ausheilung nach Anthrazyklin-Paravasat dauert viele Monate lang und geht mit Verhärtungen des Gewebes und Bewegungseinschränkungen einher. Dies ist vor allem an Gelenken stark beeinträchtigend und kann zur Gliedmaßenamputation führen.
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Paravasation behandeln und vorbeugen
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, ein Paravasat zu behandeln. Dennoch sollten Paravasationen primär durch präventive Maßnahmen verhindert werden.
Allgemeine Maßnahmen
Bei Verdacht auf ein Paravasat müssen medizinische Fachkräfte sofort die Infusion beenden. Wenn vorhanden, sollte man ein Paravasat-Set mit Materialien und Angaben zum Vorgehen bereitlegen. Ohne Druck auf das Paravasat zu geben, zieht der Behandler mit einer neuen Spritze so viel Flüssigkeit wie möglich über den Zugang aus dem Gewebe und entfernt ihn erst danach. Je nach Substanz sind anschließend Kühlung, Wärmeanwendung oder die Gabe von Schmerzmitteln sinnvoll. Es erfolgen die Wunddokumentation in Text und Bild und eine Verlaufsbeobachtung. Ist ein neuer Zugang erforderlich, so wird er an der Gegenseite gelegt.
Spezifische Maßnahmen
Bei Paravasaten nicht-liposomaler Anthrazyklinen kann die wiederholte Gabe von Dexrazoxan an der nicht betroffenen Extremität Nekrosen wirksam verhindern. Allerdings ist diese Maßnahme nicht frei von Nebenwirkungen und sollte nach gewisssenhafter Indikationsstellung erfolgen. Weitere Methoden, das Gewebe vor ausgetretenen Chemotherapeutika zu schützen, sind die äußerliche Anwendung von DMSO über mehrere Wochen und die lokale Injektion von Hyaluronidase in die Ränder des Paravasates.
Bei großflächigen Ulzerationen oder Vernarbungen ist eine chirurgische Sanierung erforderlich, daher empfiehlt sich eine konsiliarische plastisch-chirurgische Untersuchung.
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Prävention
Insbesondere bei Chemotherapeutika muss die sichere intravenöse Lage des einwandfreien Zugangs nachgewiesen werden. Vor allem Mehrfachgaben erfordern häufig die Anlage eines zentralen Zugangs wie dem Port-System. Dieses sollte nur von geschultem Personal bedient und allgemein jeder Zugang nach der Infusion gut gespült werden, damit nicht Reste der Infusion beim Ziehen des Zugangs ins Gewebe austreten. Wichtig ist zudem die Aufklärung der Patienten über das Risiko und die Folgen eines Paravasats.
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- de Vit, M. (8. Dezember 2021). Paravasate – eine Alltagskomplikation? Im Fokus Onkologie, S. 32-37.
- Pavic, M. e. (2016). Ein nicht so seltenes, jedoch häufig verkanntes Phänomen. Swiss MEdical Forum, S. 573-574.