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Inhaltsverzeichnis
Ein tiefer Schnitt mit einem Messer, ein Verkehrsunfall oder ein Arbeitsunfall mit schwerer Maschinerie – in vielen Situationen der ersten Hilfe muss man einen Druckverband anlegen. Dieser Artikel bietet eine einfache und genaue Anleitung, wie der Ersthelfer oder Rettungssanitäter bei einem Notfall den Verband anlegen kann. Außerdem erfolgt eine Übersicht, wann und wo man Druckverbände benutzt und welche Materialien notwendig sind.
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Was ist ein Druckverband?
Ein Druckverband dient der Versorgung von stark blutenden Wunden und zählt damit zu den Erste-Hilfe-Maßnahmen. Es existieren diverse Möglichkeiten, diesen anzulegen, die sich je nach verfügbaren Material unterscheiden.
Je nach verletztem Körperteil ist allerdings Vorsicht geboten. An Extremitäten, also Armen und Beinen, kann der Ersthelfer oder Rettungssanitäter einen Druckverband in der Regel in jeder Situation anlegen.
Kritischer ist es am Kopf, Hals und Rumpf. Am Kopf und Hals darf man niemals einen Druckverband anlegen! Besonders am Hals kann der Verband einerseits die Luftröhre (Trachea) eindrücken und somit die Atmung behindern. Andererseits verlaufen an dieser Stelle auch die wichtigen Blutgefäße, die den Kopf und das Gehirn versorgen, die beidseitige Arteria carotis communis (Halsarterie). Eine starke Kompression kann eine Synkope (kurzzeitige Bewusstlosigkeit) auslösen.
An Kopf und Rumpf ist meistens keine sinnvolle Möglichkeit gegeben, um den Druckverband anzulegen. Er verrutscht zu leicht und erfüllt damit seine Aufgabe nicht mehr. Besser ist es, direkt mit der Hand Druck auszuüben.
Notwendigkeit
Wozu ist der Druckverband eigentlich nötig? Der Körper kann sehr starke Blutungen selbst nicht schnell genug stillen, sondern braucht Hilfe von außen. Der Mensch kann nur einen gewissen Blutverlust verkraften und gerät sonst in Lebensgefahr.
Kinder verkraften den Blutverlust noch viel weniger als ein Erwachsener. Der Druckverband soll das demnach bestmöglich verhindern. Außerdem schützt er vor Krankheitserregern, die sonst über die Wunde eindringen können, indem er die Fläche von der Umgebung abschirmt.
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Druckverband anlegen – Materialien
Das Anlegen des Druckverbandes beginnt mit dem Zurechtlegen der nötigen Materialien. Das kurze Zusammensuchen von diesen spart Zeit beim Vorgang und gibt einen Moment Zeit, um sich in der Notfallsituation zurechtzufinden.
Für den Druckverband benötigt man folgendes:
- Schutzhandschuhe
- sterile Wundauflage (Kompresse)
- Mullbinde / Fixierbinde oder alternativ ein Dreiecktuch
- Druckpolster
Der Erste-Hilfe-Kasten oder ein Verbandskasten enthält alles aufgezählte. Deshalb ist es wichtig, dass die Lage im Auto, zuhause oder auf der Arbeit bekannt ist, um schnell reagieren zu können.
Das Druckpolster ist im Idealfall eine vorzugsweise in Plastik eingepackte Fixierbinde, da so das Blut das Material nicht aufweichen kann. Wenn es schnell gehen muss, eignet sich aber jeder einigermaßen harte Gegenstand in der Umgebung, beispielsweise eine Packung Taschentücher oder der Geldbeutel. Das Polster muss nicht steril sein, weil die Kompresse unterhalb des Gegenstandes die Wunde schützt.
In einigen Verbandskästen sind Verbandspäckchen enthalten, Mullbinden, die bereits eine Kompresse eingenäht haben. Sie sind steril und erleichtern die Handhabung des Druckverbands. Hier ist keine extra Kompresse notwendig.
Steril bedeutet grundlegend, dass ein Material keimfrei ist und keine lebensfähigen Organismen darauf vorkommen. Somit ist sichergestellt, dass sie keine Infektion hervorrufen, was besonders bei offenen Wunden wichtig ist. Was ist steril?
Ein steriles Produkt erkennt man einerseits an der Beschriftung, allerdings gilt die Grundregel, dass alles in Papier verpackte steril ist. Das kann in der Notsituation helfen, zum richtigen Verband zu greifen, ohne viel Zeit zu verlieren.
Druckverband anlegen – Schritt für Schritt
Jeder kann auch ohne medizinische Vorkenntnisse einen Druckverband anlegen. Wie genau das funktioniert, ist im Folgenden schrittweise erklärt. Wichtig ist dabei, den Verletzten zu beruhigen und zu erklären, wie man vorgeht. Das fokussiert auch den Ersthelfer und bringt Struktur in den Vorgang.
- Eigenschutz beachten: Bevor der Ersthelfer oder Rettungssanitäter die verletzte Person anfasst, muss sie aus Eigenschutz immer zuerst Handschuhe überziehen. Das verhindert den direkten Kontakt zu Blut oder anderen Körpersekreten und minimiert somit das Risiko, sich mit ansteckenden Krankheiten zu infizieren. Dazu zählt beispielsweise Hepatitis C.
- Lagern der verletzten Person: Bevor man beginnt, den Verband anzulegen, sollte der Verletzte auf dem Boden liegen. Bei Blutverlust ist es möglich, dass die Person das Bewusstsein verliert. Mit der Lagerung kann der Ersthelfer weiteren Verletzungen vorbeugen. Möglicherweise ist auch eine Schocklage angebracht, bei der die Beine in Rückenlage um etwa 30 Grad erhöht werden.
- Hochlagern der verletzten Stelle: Durch die Schwerkraft fließt weniger Blut an die Verletzung, der Blutfluss verlangsamt sich und der Blutverlust sinkt.
- Abdrücken der zuführenden Gefäße: Je nach Lage der Verletzung kann es hilfreich sein, die Blutzufuhr mit der Hand abzudrücken. Die Verwendung von Tourniquets ist für Laien und ungeschultes Personal nicht anzuraten, da hierbei eine hohe Verletzungsgefahr und das Risiko von Folgeschäden besteht. Besteht die Wunde am Arm, kann der Ersthelfer die Arterie zwischen Bizeps und Trizeps abdrücken. Bei einer Blutung am Bein kann die Leistenarterie komprimiert werden. Dieser Schritt ist jedoch nicht zwingend nötig.
- Kompresse auflegen: Als erstes legt die behandelnde Person die sterile Kompresse (Wundauflage) auf die Wunde.
- Kompresse befestigen: Anschließend hilft das Umwickeln der Stelle mit einer Fixierbinde, die Kompresse zu befestigen. Hierbei ist nicht die komplette Binde zu benutzen, zwei oder drei Umrundungen reichen aus.
- Druckpolster direkt auf der Wunde platzieren: Auf die blutende Stelle setzt der Ersthelfer nun das Druckpolster.
- Druckpolster fixieren: Jetzt wickelt der Ersthelfer den Rest der Fixierbinde um das Polster. Dabei ist wichtig, dass er auf ausreichend Zug achtet, um genügend Druck zur Blutstillung aufzubauen. Ist das Ende der Binde erreicht, erfolgt zur Befestigung ein Knoten auf dem Druckpolster für zusätzlichen Druck.
- Weiterhin hochlagern: Das betroffene Körperteil sollte weiterhin hochgelagert werden. Dabei kann der Ersthelfer die verletzte Person unterstützen.
- Rettungsdienst rufen: Wenn nicht bereits erfolgt, sollte spätestens jetzt die 112 alarmiert werden. Das kann auch bereits parallel zum Anlegen des Druckverbandes erfolgen, indem der Ersthelfer das Handy mit Lautsprecher neben sich positioniert oder eine zweite Person den Anruf übernimmt.
Eine neue Variante stellt der israelische Druckverband dar, auch Notverband genannt. Besonders in der Verwundeten-Versorgung in der taktischen Medizin kommt er häufig zum Einsatz. Israeli-Bandage
In den Verband ist ein Plastikbügel integriert, der sehr effektiv Druck auf die Wunde erzeugt. Gleichzeitig vermeidet er unnötigen Druck auf das restliche Gewebe, sodass die Gefahr von Nervenschädigungen und einem kompletten Verlust der Blutversorgung minimiert wird.
Alternative Dreieckstuch
Anstelle der Fixierbinde kann der Ersthelfer auch ein Dreiecktuch verwenden, welches sich ebenfalls im Verbandskasten befinden. Dafür faltet man das Dreieckstuch zu einer “Krawatte”, was durch das einfache Einschlagen des Tuches auf eine Breite von etwa fünf Zentimeter gelingt. Diese Krawatte legt man nun mittig auf die Wunde und führt beide Enden um die verletzte Extremität herum. Hinten überkreuzt man das Dreieckstuch und führt es wieder nach vorne, woraufhin das Druckpolster untergelegt und umschlossen wird.
Dieser Vorgang wiederholt der Ersthelfer oder Sanitäter bis das Dreeicktuch sein Ende erreicht. Das Tuch verknotet man zum Schluss mit einem Doppelknoten über dem Polster.
Druckverband anlegen – Risiken
Beim Druckverband muss der Ersthelfer darauf achten, nicht zu viel Druck auszuüben, da der Verband sonst die komplette Blutversorgung unterbricht und eventuelle Nerven schädigen kann. Einen zu festen Verband erkennt man daran, dass das umgebende Gewebe, beziehungsweise die Finger oder Zehen, sehr blass oder kalt sind. Dann sollte der Verband gelockert werden.
Zur Überprüfung eines Druckverbands an einem Arm eignet sich beispielsweise der Recap-Test. Dafür drückt man für etwa zwei Sekunden den Nagel eines Fingers ein, woraufhin sich das Nagelbett weiß färbt. Lässt man los, sollte sich die typische rosa Färbung innerhalb weniger Sekunden wieder einstellen. Ist das nicht der Fall, sitzt der Verband zu fest.
Steckt noch ein Gegenstand in der Wunde, darf der Ersthelfer diesen unter keinen Umständen entfernen. Die Gefahr, neue Verletzungen hinzuzufügen oder die Wunde zu vergrößern, ist zu hoch. Gleichzeitig wirkt der Gegenstand wie ein Stöpsel auf einem Brunnen, sodass kein Blut verloren geht. Hier sollte kein direkter Druck auf die Wunde erfolgen, sondern der Gegenstand lediglich mit einem Tuch und Binde fixiert werden, sodass er nicht verrutscht.
Trotz dieser Risiken, sollte niemand sich davor scheuen, einen Druckverband anzulegen. In der ersten Hilfe kann man nichts falsch machen, außer nichts zu tun!
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Häufige Fragen
- Wie lange darf ein Druckverband drauf bleiben?
- Wann braucht man einen Druckverband?
- Wann muss man einen Druckverband erneuern?
- Warum kein Druckverband am Kopf?
Grundsätzlich gilt für den Ersthelfer, dass der Druckverband so lange drauf bleibt, bis der Arzt oder präklinisch der Rettungsdienst weitere Maßnahmen einleiten kann. Der Verband sollte jedoch regelmäßig kontrolliert werden.
Blutet die Wunde weiter, reicht ein Verband nicht aus und es muss ein weiter Druckverband auf die gleiche Stelle platziert werden. Zeigen sich Symptome, dass der Verband zu fest sitzt, muss er gelockert werden. Dafür ist der Recap-Test sinnvoll.
Ein Druckverband ist notwenig, wenn eine Person sehr stark aus einer Wunde blutet. Er hilft, diese Blutung zu stoppen und so den Blutverlust zu minimieren und ist vor allem an den Extremitäten (Arme und Beine) sinnvoll. Am Rumpf oder Kopf ist es besser, mit der Hand manuell Druck auszuüben und dafür ein Verbandstuch zu benutzen.
Ein Druckverband muss in der Regel nicht erneuert werden, da er ein Mittel in der Ersten Hilfe ist. Selbst wenn sehr viel Blut den Verband aufweicht, sollte in der Notsituation stattdessen lediglich ein neuer Verband auf den alten platziert werden.
Am Kopf ist es meist nicht möglich, einen Druckverband sinnvoll anzulegen. Er verrutscht sehr leicht und übt so nicht genügend Druck aus, um die Blutung zu stoppen. Besser ist es, mit der Hand und einem sterilen Verbandstuch auf die Wunde zu drücken.
- Neitzel C et. al., Taktische Medizin (Notfallmedizin und Einsatzmedizin), 2. Auflage, Springer
- Notfallmanagement – Critical Bleeding, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 18.07.2024)
- Wound packing and pressure bandage, https://tccc.org.ua/... , (Abrufdatum: 18.07.2024)