Inhaltsverzeichnis
Kraftpaket Oberschenkelmuskulatur – es erscheint beinahe unglaublich, welche Leistung die Oberschenkelmuskeln vollbringen können, sei es beim Sport oder im Alltag. Verantwortlich dafür sind drei große Muskelpakete, die den Oberschenkelknochen umhüllen. Welche Muskeln genau dazu zählen und welche Anatomie dahinter steckt, ist Thema dieses Artikels. Außerdem gibt es einige Übungstipps, um die Muskulatur des Oberschenkels optimal zu stärken.
Inhaltsverzeichnis
Oberschenkelmuskulatur – Definition
Die Oberschenkelmuskulatur umfasst alle Skelettmuskeln am Oberschenkel. Sie liegen um den Oberschenkelknochen (Femur) und verbinden ihn mit der Hüfte und dem Unterschenkel.
Oberschenkelmuskulatur – Anatomie und Funktion
Die Einteilung der Oberschenkelmuskeln erfolgt in eine vordere (ventrale) Gruppe, die Oberschenkelextensoren und eine hintere (dorsale) Gruppe, die Oberschenkelflexoren. Sie wirken im Kniegelenk und ermöglichen die Beugung (Flexion) oder Streckung (Extension). Die dritte Gruppe, die Oberschenkeladduktoren, finden sich in der Innenseite des Oberschenkels. Ihre Zuordnung zu der Oberschenkelmuskulatur ist nicht einheitlich, da sie vorwiegend am Hüftgelenk wirken. Sie werden trotzdem in diesem Artikel mit einbezogen.
Oberschenkelextensoren – vordere Gruppe
Der prominenteste Muskel des Oberschenkels ist der M. quadriceps femoris, auch Quadrizeps genannt. Er ist der einzige Strecker im Kniegelenk und liegt gemeinsam mit dem M. sartorius an der vorderen Seite des Oberschenkels. Dieser wiederum ist auch als “Schneidermuskel” bekannt, da er die Bewegungen im Kniegelenk ausführt, die für den Schneidersitz nötig sind – gebeugtes Knie und Hüfte, das Knie ist nach innen rotiert, die Hüfte nach außen und abduziert. Wie der M. gracilis der Adduktorengruppe setzt der M. sartorius am Pes anserinus superficialis an. Er entspringt der Spina iliaca anterior superior.
Der M. quadriceps femoris ist ein vierköpfiger Muskel des Oberschenkels. Er hat demnach vier Anteile:
- M. rectus femoris: Neben der Extension im Knie bewirkt dieser Muskel eine Flexion im Hüftgelenk. Er entspringt der Spina iliaca anterior inferior.
- M. vastus medialis: Ursprung ist die Linea aspera an der Rückseite des Femurs.
- M. vastus intermedius: Er hat seinen Ursprung an der Femurvorderseite.
- M. vastus lateralis: Er entspringt an der lateralen Fläche der Linea aspera und am Trochanter major.
All diese Anteile des Quadrizeps vereinigen sich an der Tuberositas tibia mit einem gemeinsamen Sehnenansatz. Das ist ein Vorsprung an der Tibia (Schienbein). Die Sehne zieht über die Patella und benutzt diese als Hypomochlion (Sesambein). Hier ist auch der Patellarsehnenreflex auslösbar.
Beide Muskeln werden vom Nervus femoralis innerviert.
Oberschenkelflexoren – hintere Gruppe
Dorsal (hinten) am Oberschenkel finden sich weitere vier Muskeln. Mit einer Ausnahme innerviert der Nervus tibialis diese. Sie alle führen eine Flexion im Kniegelenk durch und teilweise eine Extension im Hüftgelenk.
Folgende Muskeln sind Inhalt der Flexorengruppe:
- M. biceps femoris mit dem Caput breve und Caput longum: Das Caput breve wird vom Nervus fibularis innerviert als Ausnahme und entspringt an der Linea aspera. Ansatz beider Köpfe ist der Kopf der Fibula (Wadenbein).
- M. semitendinosus: Gemeinsam mit dem M. gracilis (Adduktor) und dem M. sartorius (Extensor) setzt er am Pes anserinus superficialis an.
- M. semimembranosus: Er hat seinen Ansatz am Pes anserinus profundus.
- M. popliteus: Er hat seinen Ursprung am Condylus lateralis femoris (außen am Femur) und zieht zur Rückseite der Tibia.
Das Caput longum des M. biceps femoris, der M. semitendinosus und der M. semimembranosus werden aufgrund ihres gemeinsamen Ursprungs am Tuber ischiadicum auch als ischiokrurale Muskulatur bezeichnet. Sie setzen alle am Unterschenkel an.
Der M. biceps femoris ist der wichtigste Außenrotator im Kniegelenk, während die Mm. semimembranosus und semitendinosus essentiell für die Innenrotation sind.
Oberschenkeladduktoren – seitliche Gruppe
Zu den Adduktoren zählen insgesamt sieben Muskeln. Der Nervus obturatorius innerviert alle von ihnen und sie führen eine Adduktion im Hüftgelenk aus. Zwei von ihnen sind doppelt innerviert, der Musculus adductor magnus und der Musculus pectineus, ersterer zusätzlich durch den Nervus tibialis, letzterer durch den Nervus femoralis.
Auch wenn die Ursprünge unterschiedlich sind, setzen sie fast alle an der Rückseite des Femur an, an der Linea pectinea. Sie entspringen auch alle unterhalb des Os pubis (Schambein) und Os ischiadicum (Sitzbein).
Die Gruppe umfasst folgende Muskeln mit ihren jeweiligen Ursprüngen:
- M. pectineus: Pecten ossis pubis
- M. obturatorius externus: Membrana obturatoria mit besonderem Ansatz an der Fossa trochanterica
- M. adductor longus: Ramus superior ossis pubis und Symphyse
- M. adductor brevis: Ramus inferior ossis pubis
- M. adductor magnus: Ramus inferior ossis pubis und Tuber ischiadicum
- M. adductor minimus: Ramus inferior ossis pubis
- M. gracilis: Ramus inferior ossis pubis mit besonderem Ansatz am Pes anserinus superficialis (mediales Kniegelenk). Er bewirkt zusätzlich eine Flexion und Innenrotation des Kniegelenks.
Um die Adduktoren im Gedächtnis zu behalten eignet sich der folgende Merkspruch: Petra liegt gerne beim Ex Mini-Magnus. Er soll in der Reihenfolge an den M. pectineus, M. adductor longus, M. gracilis, M. adductor brevis, M. obturatorius externus, M. adductor minimus und den M. adductor magnus erinnern.Merkhilfe der Adduktoren
M. tensor fasciae latae und Tractus iliotibialis
Am Oberschenkel findet sich neben den bisher erwähnten Muskeln noch eine Bandstruktur aus festem Bindegewebe, die Fascia lata. Sie zieht vom Os ilium zum Unterschenkel, wobei der Tractus iliotibialis sie am lateralen Oberschenkel stützt. Er wirkt den auf den Femur einwirkenden Beugekräften entgegen. Sie entstehen dadurch, dass der Femur schräg zur Körperachse liegt. Der Tractus iliotibialis erfüllt damit das Zuggurtungsprinzip und besteht aus der Faszie des Oberschenkels, sowie Sehnen des M. gluteus maximus und des M. tensor fasciae latae.
Oberschenkelmuskulatur – Klinik und Schmerzen
Klinisch können die Oberschenkelmuskeln unter anderem durch Läsionen und Beschädigungen der innervierenden Nerven betroffen sein. Ein einprägsames Beispiel dafür ist die Nervus-femoralis-Läsion. Sie kann beispielsweise durch ein Psoashämatom verursacht werden und bewirkt bezogen auf den Oberschenkel den motorischen Ausfall des Quadrizeps. Dadurch ist die Extension im Kniegelenk nicht mehr möglich. Außerdem innerviert der Nerv noch den M. iliopsoas im Hüftgelenk, der die Beugung der Hüfte ermöglicht. Fällt beides aus, kann das Knie beim Laufen nicht mehr stabil gehalten werden und es knickt ein.
Durch Zerrungen und übermäßige Belastung kann es zu Muskelschmerzen kommen. Strahlen Schmerzen in die hintere Oberschenkelmuskulatur aus, sollte man an den Nervus ischiadicus denken, der im Hüftbereich eingeklemmt werden kann. An der Außenseite des Oberschenkels kann die sogenannte Meralgia paraesthetica auftreten, die durch eine Kompression des Nervus cutaneus femoris lateralis am Ligamentum inguinale verursacht wird. Symptome davon sind Schmerzen und Sensibilitätsausfälle am lateralen Oberschenkel.
Oberschenkelmuskulatur – Übungsvorschläge
Eine Stärkung der Oberschenkel Muskeln kann vor allem durch Krafttraining erfolgen. Gute Übungen hierfür sind das klassische Kreuzheben, besonders für den M. quadriceps femoris, Kniebeugen mit oder ohne Langhantel, Good Mornings, Hip Thrusts oder Beinbeuge-Übungen in vielfältigen Varianten. Eine ausgebildete Trainingsperson oder Physiotherapiekraft kann bei der Ausführung und Übungsauswahl individuell unterstützen und so muskuläre Schwachstellen ausgleichen.
- Schünke M et. al., Prometheus LernAtlas der Anatomie (Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem), 5. Auflage, Thieme
- Oberschenkel und Knie, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 02.08.2024)
- Periphere Nervenläsionen, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 02.08.2024)