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Sehnen und Knochen funktionieren nicht immer ohne Probleme miteinander – durch viel Reibung zwischen den beiden können die Strukturen degenerieren. Um das zu verhindern und die bestmögliche Kraftwirkung zu erhalten, gibt es das Sesambein. Was genau man darunter versteht, wo im Körper es zu finden ist und welche Erkrankungen auftreten können, ist Thema dieses Artikels.
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Sesambein – Definition
Ein Sesambein ist grundlegend ein kleiner Knochen, was sich im lateinischen Namen als Os sesamoideum widerspiegelt. Er ist meistens in eine Sehne eingebettet oder eingewachsen und befindet sich in der Nähe eines Gelenks. Es zählt neben dem Retinaculum, das bandhafte Strukturen umfasst, zu den Widerlagern (Hypomochlien) des Körpers.
Sesambein – Funktionsweise
Das Sesambein erfüllt mehrere Funktionen. Einerseits erhält es einen gewissen Abstand zwischen Sehne und dem umliegenden Knochen aufrecht. Dadurch verhindert es eine Druckschädigung der Sehne, die über das zugehörige Gelenk gleitet.
Andererseits wirkt es als Umlenkrolle (Hypomochlion), wodurch sich die Hebelwirkung verbessert. Die Sehne wirkt dann nicht mehr in Richtung des Muskels und wird deshalb als Gleitsehne bezeichnet. Das Sesambein ermöglicht diese Ablenkung von der Zugrichtung und schafft einen größeren Ansatzwinkel, indem es die Sehnen anhebt.
Sesambein – Vorkommen
Sesambeine kommen an unterschiedlichen Stellen des Körpers vor, die großen Druckspannungen ausgesetzt sind. Das größte Sesambein im Menschen ist die Patella (Kniescheibe), die bei allen Menschen vorkommt. Die restlichen Sesambeine sind eher akzessorische Knochen, die nicht bei jeder Person vorhanden sind.
Hals
Am Hals gibt es meist nur das Sesambein im Ligamentum nuchae, dem elastischen Bindegewebe im Halsbereich. Es liegt entweder zwischen dem fünften und sechsten oder dem sechsten und siebten Halswirbel und tritt meist einzeln auf. Es handelt sich hierbei um eine anatomische Variante des Ligamentum nuchae, die bei etwa acht Prozent der Bevölkerung auftritt und meist keine Symptome verursacht.
Hand
An der Hand wirkt das Os pisiforme (Erbsenbein) als Hypomochlion für den Musculus flexor carpi ulnaris. Der Knochen zählte zu der Handwurzel und liegt am nächsten an der Ulna (Elle) von den in der Nähe liegenden Knochen.
Neben diesem Knochen finden sich oft zwei weitere Sesambeine an der Hand. Sie liegen fast immer im Bereich des ersten Metacarpophalangeal-Gelenks, also am ersten Fingergrundgelenk zwischen den Metacarpalknochen der Mittelhand und den körpernahen (proximalen) Phalangen der Finger. Sie können aber auch am Daumenendgelenk oder den anderen Fingergrundgelenken vorkommen.
Untere Extremität
An der unteren Extremität gibt es neben der Patella vier weitere Lokalisationen für Sesambeine.
Die Fabella ist klein und bohnenförmig. Sie kommt bei etwa zehn bis dreißig Prozent der Menschen für, etwas häufiger bei Frauen als Männern. Dieses Sesambein befindet sich im lateralen Kopf des Musculus gastrocnemius (Wadenmuskel), wobei es mit dem Condylus lateralis femoris artikulieren kann.
Die Cyamella liegt als akzessorischer Knochen in der Sehne des Musculus popliteus und damit hinten und seitlich am Kniegelenk. Am Menschen ist sie sehr selten und gilt als evolutionäres Überbleibsel, allerdings kommt sie bei Katzen oder Hunden häufig vor.
Das Os peroneum befindet sich am Fuß und dient der Umlenkung der Sehne des Musculus peroneus longus, der an der äußeren Seite des Os cuboideum verläuft. Hierbei handelt es sich um eine sehr häufige anatomische Variante, die etwa 26 Prozent der Menschen betrifft. Mit ihm ist das Os peroneum-Syndrom assoziiert.
Unter diese Bezeichnung fallen Schmerzen im lateralen Fuß, die mit dem Os peroneum assoziiert sind. Mögliche Ursachen sind eine Fraktur, eine Zerrung, Ruptur oder eine Kallusbildung.Os peroneum-Syndrom
Ebenfalls am Fuß befinden sich die Sesamoide des Hallux (Großzehe), die Ossa sesamoidea pedis. Sie liegen medial und lateral der Sehne des Musculus flexor hallucis brevis, etwa in der Nähe des Os metatarsale I. Ein Band verbindet die beiden Sesamoide, das Ligamentum intersesamoidale, und bildet damit den Boden des Sehnenkanals für den Musculus flexor hallucis longus. Dieser verläuft zwischen den beiden Sesambeinen.
Sesambein – Klinik
Klinisch sind die Sesambeine fast immer asymptomatisch. Sie fallen nur als Zufallsbefund bei bildgebenden Verfahren auf und bedürfen keiner Behandlung. Doch die Sesamoide können sich auch entzünden, was als Sesamoiditis bezeichnet wird. Meistens ist das tibiale oder fibulare Sesambein mitsamt des umgebenden Gewebes betroffen. Eine Sesamoiditis entwicklet sich vor allem bei Sportlern und Sportlerinnen, besonders bei Sportarten, die sehr lauf- und sprunglastig sind. Andere betroffene Bevölkerungsgruppen sind Personen mit anatomischen Varianten, die zu erhöhter Belastung führen oder bei denen degenerative Veränderungen sowie rheumatische Erkrankungen auftreten.
Diagnostisch erfolgt nach der klinischen Untersuchung eine radiologische Untersuchung mittels Röntgen oder MRT. Die Therapie besteht aus einer Sportkarenz und schmerzadaptierter Vollbelastung.
Eine weitere mögliche Erkrankung ist die Sesambeinfraktur, ein Bruch des Sesambeins. Er kommt nur sehr selten vor, aber vorwiegend bei Personen, die beruflich eine hohe körperliche Belastung ertragen müssen. Symptomatisch zeigen sich belastungsabhängige Beschwerden, sowie Druckschmerz an der Fußsohle. Die Diagnostik erfolgt ebenfalls mittels Röntgen, aber unter Belastung. Die Therapie kann konservativ mit Ruhigstellung erfolgen oder operativ versorgt werden. Auch eine Entfernung ist bei Therapieresistenz denkbar.
Differenzialdiagnostisch ist das bipartite Sesambein von der Fraktur abzugrenzen. Das ist eine anatomische Variante, bei der ein zweigeteiltes Sesamoid vorliegt. Eine Stimmgabel hilft bei der Unterscheidung – das Vibrieren verursacht nur bei Frakturen Schmerzen.
- Aumüller G et. al., Duale Reihe Anatomie, 5. Auflage, Thieme
- Allgemeine Anatomie, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 08.08.2024)
- Hand, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 08.08.2024)
- Vorfußfrakturen, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 08.08.2024)