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Der grundlegende Baustein von Haaren, Nägeln und anderen festen Substanzen ist Keratin, auch als Hornsubstanz bekannt. In vielen Pflegeprodukten ist Keratin vorhanden, das angeblich die Struktur stärken soll. Dieser Artikel geht auf die anatomischen und medizinischen Grundlagen ein, wirft einen Blick auf die Subtypen und spricht die Sinnhaftigkeit von Produkten an, die sich durch Keratin vermarkten.
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Keratin – Definition und Vorkommen
Keratin beschreibt eine Gruppe von faserbildenden Strukturproteinen, die Intermediärfilamente bilden können. Diese sind stabilisierende Strukturproteine in Zellen, die sich größenmäßig zwischen den Aktinfilamenten und den Mikrotubuli einordnen lassen. Durch diese Eigenschaft bieten Keratine mechanische Stabilität. Die frühere Bezeichnung als Zytokeratin gilt mittlerweile als veraltet, wird jedoch im klinischen Alltag noch immer genutzt.
Diese Strukturproteine bilden Teile des Zytoskeletts in allen Epithelgeweben. Außerdem dient Keratin als molekulare Bausubstanz von Nägeln, Haaren und der Hornhaut der Epidermis (Stratum corneum). Bei anderen Tieren sind Keratine Bestandteile von Federn, Klauen, Hörnern oder Schuppen.
Keratin – Aufbau und Funktionen
Insgesamt gibt es etwa 20 verschiedene Subtypen von Keratin, die neben ihren Unterschieden aber auch einige gemeinsame Merkmale aufweisen. Das Molekulargewicht befindet sich im Durchschnitt etwa zwischen 40.000 und 68.000 Dalton. Außerdem enthalten alle Typen viel Cystein, eine Aminosäure, die Schwefel in Thiolgruppen enthält. Darüber bilden sich zwischen zwei Cysteinmolekülen Disulfidbrücken aus, die für die charakteristische Stabilität sorgen. Verbrennt Kreatin, entsteht durch die Auflösung der Disulfidbrücken der charakteristische Schwefelgeruch.
Der ultrastrukturelle Aufbau zählt ebenfalls zu den Gemeinsamkeiten. Jedes Keratinmolekül besteht zentral aus einer alpha-helikalen Domäne, die aus 300 bis 350 Aminosäuren gebildet wird, flankiert von einer nicht-helikalen Kopf- und Schwanzregion. Die hydrophoben, wasserabweisenden Reste innerhalb dieser Helix sind besonders angeordnet, was eine spontane Zusammenlagerung der Helices zu Dimeren ermöglicht. Zwei Dimere lagern sich zu einem Tetramer zusammen, welches also aus vier alpha-Helices besteht. Reihen sich viele dieser Tetramere hintereinander, bilden sie ein sogenanntes Protofilament. Acht Protofilamente wiederum lagern sich zu einem Intermediärfilament zusammen.
Dieser stufenweise Aufbau geht noch einen Schritt weiter: Verbindungsproteine bündeln mehrere Intermediärfilamente zu Fibrillen, die in aufsteigender Größe und Ordnung angeordnet sind. Dadurch entstehen erst Mikrofibrillen, welche sich zu Makrofibrillen zusammenlegen. Diese Form des Keratins füllt schlussendlich beinahe das gesamte Zytoplasma von Hornzellen in Haaren und Nägeln aus.
Funktion
Allgemein dienen Keratine als Intermediärfilamente und beteiligen sich in dieser Form am Zytoskelett aller Epithelzellen. Auch bei den Zell-Zell-Kontakten spielen sie eine Rolle, da sie ein wichtiger Bestandteil von Desmosomen (Macula adhaerens) und Hemidesmosomen sind. Beide sorgen für eine Verankerung der Zelle, wobei Desmosomen Verbindungen zu Nachbarzellen sind, die die Intermediärfilamente zwei nebeneinander liegender Zellen verankern. Deshalb kommen sie vorwiegend in Zellen mit hoher mechanischer Belastung vor, wie den Epithelzellen. Hemidesmosome verbinden die Epithelzelle mit der darunter liegenden Basalmembran und stellen dadurch eine Verbindung und Verankerung zum Extrazellulärraum dar.
In den Haaren und den Nägeln nimmt Keratin noch eine besondere Funktion ein. Wie beim Aufbau beschrieben, liegt es hier in Form von Makrofibrillen vor, die die Zellen fast komplett ausfüllen. Die Besonderheit hierbei ist, dass die Keratintypen sehr hart sind, da sie viel Cystein enthalten. Dadurch können sie noch mehr Disulfidbrücken bilden und bieten mehr Stabilität. Cystein macht in diesen Typen bis zu 20 Prozent der Aminosäuren aus.
Keratin – Einteilung und Subtypen
Es existieren etwa 20 unterschiedliche Keratintypen, die von CK1 bis CK20 nummeriert sind. Diese sind Intermediärfilamente und damit Bestandteile des Zytoskeletts und lassen sich in zwei Untergruppen einteilen. Die Keratine CK1 bis CK8 zählen zur neutral-basischen Typ-II-Subfamilie, während die Keratine CK9 bis CK20 zur sauren Typ-I-Subfamilie gehören.
Dabei lagern sich immer ein Typ-I-Keratin mit einem Typ-II-Keratin zu einem Heterodimer zusammen. Die weitere antiparallele Anlagerung ergibt dann ein Protofilament.
Bedeutung der Typ-I-Keratine
Ein wichtiger Vertreter der Typ-I-Subfamilie ist das Keratin 19 (CK19, KRT19), das kleinste Keratin. Dieses Protein wird als Tumormarker bei einigen malignen Tumoren (bösartigen) eingesetzt, besonders bei Adenokarzinomen, Plattenepithelkarzinomen und Urothelkarzinomen. Tumormarker sind Substanzen, die das Vorhandensein und die Schwere eines Tumors anzeigen können.
Auch das Keratin 20 (CK20, KRT20) dient als Tumormarker. Mittels der Immunhistochemie werden Antikörper gegen diesen Typ genutzt, um von Epithelzellen abstammende Adenokarzinome zu identifizieren. Beim kolorektalen Karzinom, Merkelzellkarzinom und Transitionalkarzinom ist das Protein nachweisbar. KRT20 kommt vorwiegend in der Magen- und Darmmukosa vor.
Bedeutung der Typ-II-Keratine
Im Mund und Ösophagus findet sich vorwiegend Keratin 4 (CK4, KRT4), das mit Keratin 13 dimerisiert. Eine Mutation im codierenden Gen für dieses Keratin ist die Ursache für den Naevus spongiosus albus mucosae, der weiße Schleimhautnävus. Die Erkrankung ist sehr selten und zählt zu den Verhornungsstörungen der Schleimhaut. Typisch für Betroffene ist der Naevus mit einer grau-weißen, runzligen gefalteten Oberfläche, die unscharf begrenzt und schwammartig aufgequollen ist. Diese Veränderung verursacht in der Regel keine Symptome und tritt vorwiegend in der Mundhöhle auf, aber auch in der Nase, Ösophagus, Vagina oder der analen Schleimhaut. Therapeutisch erfolgt lediglich ein Ausschluss der Malignität, sodass sichergestellt ist, dass es sich nicht um Tumorgewebe handelt.
Kreatin 5 (CK5, KRT5) dimerisiert mit Kreatin 14 und bildet das Zytoskelett von Basalzellen. Besonders vertreten ist es in den Keratinozyten der Epidermis, wo es für die wichtige Zellstabilität sorgt. Die K5/K14-Dimere sind vorwiegend an Zellkontakten beteiligt und sorgen damit für eine mechanische Verbindung mit der Basalmembran und den Nachbarzellen. Mutiert das Gen des Keratin 5, kommt es zu der Epidermolysis bullosa simplex (EBS). Dabei bilden sich auf der Haut Blasen und die Epithelschicht löst sich von ihrer Unterlage ab. Außerdem gilt Keratin 5 als Tumormarker für maligne Tumore, wie etwa das Mammakarzinom und das Bronchialkarzinom. Es ist demnach klinisch relevant.
Kreatin 7 (CK7,KRT7) gehört ebenfalls zu den Tumormarkern, mit denen man Rückschlüsse auf die Herkunft des Tumors ziehen kann. Aber auch die Abwesenheit kann einiges aussagen: sie ist bei Prostata- und Kolonkarzinomen relevant.
Keratin – Bildung von Keratin und Prozess der Verhornung (Keratinisation)
Bevor der Artikel auf den Prozess der Verhornung eingeht, muss zunächst geklärt werden, wie Keratin gebildet wird. In der Haut übernehmen die Keratinozyten diese Aufgabe, wobei es sich um Keratin bildende Epithelzellen handelt. Je nach Differenzierungsgrad unterscheidet man fünf Schichten innerhalb der Epidermis. Die Keratinozyten starten basal und wandern Richtung Oberfläche (superficial). Auf dem Weg dorthin vollziehen sie ihre Reifung, wodurch sich die fünf Zellschichten ergeben.
Die Basalzellschicht (Stratum basale) ist die unterste Schicht, die aus iso- bis hochprismatischen Zellen besteht. An sie schließt sich die Stachelzellschicht (Stratum spinosum) an, deren Zellen durch ihren polygonalen Zellleib leicht erkennbar sind. Die Zellmembran zeigt sich stachelartig, da die Desmosomenkontakte zwischen den Zellen gut sichtbar sind.
Die Körnerzellschicht (Stratum granulosum) bildet die dritte Schicht der Epidermis. Im Zytoplasma der spindelförmigen Zellen finden sich viele Keratohyalingranula, die Körnern ähneln. Keratohyalin beschreibt große Proteinkomplexe, die aus Keratinvorläuferproteinen und Profilaggrin bestehen. Profilagrin bewirkt die Vernetzung der Keratinfilamente über die Disulfidbrücken. Die vierte Schicht bildet die Glanzschicht (Stratum lucidum), die nur in der Leistenhaut sichtbar ist.
Die Hornzellschicht (Stratum corneum) bildet den Abschluss der Epidermis. Diese Zellen sind komplett verhornt und avital und besitzen keinen Zellkern oder Zellorganelen. Sie werden auch als Korneozyten oder Hornzellen bezeichnet.
Die Hornzellschicht weist einen besonderen Aufbau auf, der mit dem "Ziegelstein-Mörtel"-Modell erklärt werden kann. Die Hornzellen stellen die Ziegel dar, während sich polare Lipide zwischen ihnen verteilen, wie Mörtel. Sie versiegeln damit den Interzellularraum gegenüber Wasser und anderen hydrophilen, wasserliebenden Substanzen. Die polaren Lipide sind auch als Ceramide bekannt. Die einzelnen Zellen werden durch Tight-Junctions abgedichtet.Ziegelstein-Mörtel-Modell
Keratinisierung
Der Schritt von der dritten beziehungsweise vierten Schicht der Epidermis zur Hornzellschicht umfasst die Verhornung (Keratinisierung). Dabei wandeln sich Keratinozyten in tote und kernlose Hornzellen um, die nur noch aus Keratin bestehen und keinerlei Organellen mehr besitzen. Der Vorgang dient an der Haut als Schutzbarriere, wobei besondere Belastung oder UV-Strahlung die Verhornung fördern kann. Das erklärt Hornhaut an Händen und Füßen bei hoher mechanischer Belastung. An den Hautanhangsgebilden wie Nägeln und Haaren dient die Verhornung dem Längenwachstum.
Für den ersten Schritt müssen sich die Keratinozyten ständig teilen, um für regelmäßigen Nachschub an Zellen zu sorgen. Dieser Vorgang der Mitose findet je nach Lokalisation in anderen Zellschichten statt. In der Haut vollzieht sich die Mitose im Stratum basale, während sie in Haaren und Nägeln in der Wurzelmatrix stattfindet. Anschließend erfolgt die Keratinsynthese ab der keratogenen Zone, die im Haar zwischen Wurzel und Schaft und im Nagel in der Lunula liegt. Die Lunula ist der Nagelhalbmond, der mit dem Auge sichtbar ist. In der Zone bilden die Zellen intrazellulär große Mengen an Keratin.
Danach folgt die Migration der Zellen nach distal, wobei ihr Keratingehalt stetig steigt. Schließlich sterben die Zellen ab und ihr Zellkern und ihre Zellorganellen werden abgebaut. Keratin füllt den neu gewonnen Platz aus und die Keratinisierung ist abgeschlossen.
Keratin – Sinnvoll in Pflegeprodukten?
In der Schönheitsindustrie ist vieles nur auf Geld ausgelegt und wenige Studien zeigen, dass Behandlungen etwas bewirken. Besonders beim Thema Haare ist Keratin ein gern benutztes Mittel, obwohl der Körper im Normalfall selbst genug Keratin produziert. Leidet man allerdings unter beschädigtem Haar, so kann der Griff zu Keratinshampoos oder -behandlungen schnell erfolgen.
Tatsächlich haben einige Studien gezeigt, dass eine Behandlung mit dem Keratin des Menschen zu weicherem und glänzenderem Haar führt. Besondern Keratin K31, ein Keratin der sauren Familie, brachte positive Ergebnisse. Andere Keratinarten, die aus Wolle oder Hühnerfedern gewonnen werden, zeigen keine komplette Übereinstimmung mit dem menschlichen Kreatin, weshalb sie kaum Wirkung zeigen. Besonders dieser Typ ist jedoch in den handelsüblichen Produkten enthalten.
Um eine Wirkung zu erzielen, muss das Keratin aber entweder durch Hitze oder andere Chemikalien, wie Formaldehyd, aktiviert werden, sodass es mit der Haarstruktur interagieren kann. Besonders dieser Punkt muss beim Einsatz von Keratinmitteln beachtet werden. Formaldehyd kann als Nebenwirkungen zu Übelkeit, Nasenbluten und Hautreizungen führen. Produkte mit Formaldehyd sollten demnach mit Vorsicht verwendet werden. Aber auch andere Inhaltstoffe können gefährlich werden, weshalb Rücksprache mit dem Friseur über die Inhaltsstoffe gehalten werden sollte, bevor ein Produkt verwendet wird.
Häufige Fragen
- Was ist Keratin?
- Was macht Keratin?
- Wie viel kostet eine Keratin Glättung?
- Wie lange hält eine Keratin Glättung?
Keratine beschreiben eine Gruppe von faserbildenden Strukturproteinen. Einfach gesagt handelt es sich bei ihnen um Eiweißproteine, die für den Aufbau des Zellgerüstes, das Zytoskelett, zuständig sind. Keratin kommt beim Menschen in den Haaren und Nägeln, sowie in der Epidermis (Oberhaut) vor. Bei Tieren findet es sich in Federn, Klauen, Hörnern oder Schuppen.
Keratin erfüllt im Körper mehrere Aufgaben, vor allem stellt es aber sicher, dass die Zelle ausreichend stabil ist. Das schaff Kreatin über seinen Anteil am Zellskelett. Keratin bildet sogenannte Intermediärfilamente, wobei es sich im Eiweiße handelt, die viel Stabilität und Form bieten und deshalb Hauptbestandteil des Zellskeletts sind. Außerdem verankern Keratine die Zelle in ihrer Umgebung über Desmosomen und Hemidesmosomen. In der Form als Makrofibrillen bildet es die Grundsubstanz von Haaren und Nägeln.
Eine Keratin Glättung ist vergleichsweise kostspielig. Zuerst muss das Haar gewaschen werden, um Rückstände von anderen Produkten zu entfernen. Dann wird die Tinktur eingeklemmt, wonach sie einige Minuten einwirken muss. Zum Schluss erfolgt das Föhnen und Glätten, um das Keratin zu aktivieren. Professionell gemacht bedeutet das einen Kostenaufwand zwischen 200 und 450 Euro. Produkte für zuhause gibt es schon ab 20 Euro.
Die Dauer hängt vom verwendeten Produkt und der Qualität ab, die Zeitspanne reicht von etwa einem Monat bis zu sechs Monaten. Danach kann die Behandlung erneut durchgeführt werden.
- Haut und Hautanhangsgebilde, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 11.08.2024)
- Die Zelle, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 11.08.2024)
- Health improvement of human hair and their reshaping using recombinant keratin K31, https://www.ncbi.nlm.nih.gov/... , (Abrufdatum: 11.08.2024)
- Keratin, https://my.clevelandclinic.org/... , (Abrufdatum: 11.08.2024)