Inhaltsverzeichnis
Zellen liegen in einer besonderen Flüssigkeit. Sie nennt sich extrazelluläre Matrix, erfüllt viele verschiedene Funktionen und zählt zum Bindegewebe. Dafür enthält die Matrix unterschiedliche Bestandteile, die Thema dieses Artikels sind. Außerdem wirft er einen Blick auf den Nutzen und die Krankheitsbilder im Zusammenhang mit dem Extrazellulärraum.
Inhaltsverzeichnis
Extrazelluläre Matrix – Definition
Die extrazelluläre Matrix, auch Interzellularmatrix genannt, beschreibt ein komplexes, dreidimensionales Netzwerk aus unterschiedlichen großen Molekülen. Die genaue Zusammensetzung aus Makromolekülen bestimmt dabei maßgeblich die Funktion und die biomechanischen Eigenschaften des Bindegewebes.
Das Netzwerk befindet sich im Interzellularraum, der Raum zwischen den Körperzellen. Vereinfacht gesagt kann man die Extrazellulärmatrix als Bestandteile von Gewebe, die sich außerhalb einer Zelle befinden, bezeichnen. Diese Gewebeanteile umfassen zum einen verschiedene Fasern und zum anderen eine Grundsubstanz, die viele Bestandteile enthält. Durch das entstehende Gerüst ergibt sich die Hauptaufgabe der Matrix: Sie sorgt für die Verankerung der Zellen und für eine gewisse Formstabilität des Gewebes.
Extrazelluläre Matrix – Bindegewebsfasern
Die Extrazellulärmatrix enthält drei Fasertypen. Dazu zählen kollagene, retikuläre und elastische Fasern. Jeder Typ besteht aus mehreren Tausend aneinandergereihten Proteinmolekülen, wobei man zwischen Kollagen und Elastin unterscheidet.
Kollagene als Proteine bilden die kollagenen und retikulären Fasern, während Elastinproteine die elastischen Fasern bilden.
Kollagen und Elastin
Kollagen ist ein Glykoprotein, welches von Fibroblasten freigesetzt wird. Sobald es aus der Zelle gelangt, lagert es sich zu Polymeren zusammen. Das sind langkettige und teilweise faserbildende Makromoleküle. Im Allgemeinen sind Kollagenmoleküle wasserunlöslich, wobei man zusätzlich zwischen fibrillären (faserbildenden) und nicht fibrillären (nicht faserbildenden) Kollagentypen unterscheidet. Zu ersterem zählen vor allem die Kollagentypen I, II, III, V und XI, zu letzterem die Typen IV, VIII und X.
Elastin ist ebenfalls faserbildend, wobei mehrere Moleküle miteinander vernetzt werden und somit polymerisieren, sodass sie elastische Faserbündel bilden. Elastin enthält einen hohen Anteil der Aminosäuren Glycin und Prolin und verleiht Bindegewebe seine elastische Eigenschaft. Das ist besonders bei der Haut oder Blutgefäßen wichtig. Wie beim Kollagen erfolgt die Bündelung extrazellulär.
Kollagene Fasern
Kollagen vom Typ I bilden kollagene Fasern, die sich vor allem durch ihre Zugfestigkeit kennzeichnen. Sie kommen durchgehend (ubiquitär) in der extrazellulären Matrix vor, besonders aber im straffen kollagenen Bindegewebe wie in Sehnen und Bändern, sowie in lockerem kollagenen Bindegewebe. Grundsätzlich gilt, je mehr kollagene Fasern ein Gewebe hat, desto höher ist dessen Zugfestigkeit.
Mikroskopisch betrachtet handelt es sich bei den kollagenen Fasern um die größten mit einem Durchmesser von zwei bis zwanzig Mikrometern. Die Fasern lassen sich leicht anfärben und sind somit in der Standardfärbung mikroskopisch sichtbar. Besser ist jedoch noch die Darstellung mit Spezialfärbungen, wie etwa der van-Gieson-Färbung.
Ist die Kollagensynthese gestört, kann sich das in verschiedenen Krankheitsbildern äußern. Ein Beispiel dafür ist das Ehlers-Danlos-Syndrom, ein Gruppe von genetisch bedingten Störungen der Kollagenbiosynthese. Kennzeichnend ist eine abnorme gummiartige Dehnbarkeit der Haut, da die Kollagenfasern fehlen, aber die elastischen Fasern vorhanden sind. Außerdem sind die Gelenke abnorm beweglich. Liegen kollagene Fasern pathologisch vermehrt vor, spricht man von einer Sklerose oder Fibrose.Klinische Bedeutung der Kollagenfasern
Elastische Fasern
Elastische Fasern bestehen aus Elastinmolekülen, die durch das Enzym Lysyloxidase kovalent über die Lysin-Seitenketten verknüpft werden. Das Hauptmerkmal ist ihre außerordentliche Elastizität, eine reversible Dehnbarkeit von Geweben, die nicht zu einer Schädigung führt. Die Fasern kommen deshalb vor allem in Geweben mit hoher Elastizität vor, wie der Aorta, Lunge, Haut und den Stimmbändern. Hierbei gilt, je höher der Anteil an elastischen Fasern in der Matrix ist, desto dehnbarer ist das Gewebe.
An die elastischen Fasern sind Proteine angelagert, die dabei helfen, ein dreidimensionales Netzwerk aufzubauen. Dazu gehört Fibrillin, das extrazellulär Mikrofibrillen bildet, die wiederum als Vorlage (Matrize) für die Zusammenlagerung der Elastinmoleküle dienen. Außerdem ist Fibulin-5 assoziiert, das elastisch Fasern mit den Integrinen der Zellmembran verbinden kann. Somit kann sich die Extrazellulärmatrix mit der Zelle vernetzen.
Größenmäßig ordnet sich dieser Fasertyp zwischen den kollagenen und retikulären Fasern ein mit einem Durchmesser von etwa zwei Mikrometern. Mikroskopisch kann man die Fasern teilweise in der Standardfärbung erkennen, besser ist aber die Darstellung mittels Spezialfärbung wie der Elastika-van-Gieson- oder der Resorcin-Fuchsin-Färbung.
Retikuläre Fasern
Die retikulären Fasern bilden eine Mischung aus den kollagenen und elastischen Fasern. Sie bieten durch ihren Aufbau aus Typ III Kollagen eine Zugfestigkeit mit begrenzter Dehnbarkeit. Im retikulären Bindegewebe sind sie regulär anzutreffen, des Weiteren bilden sie die Grundsubstanz der Basalmembran. Deshalb liegen ihnen auch Basalmembran-assoziierte Glykoproteine an.
Sie ist der kleinste Typ der drei Fasern mit einem Durchmesser unter einem Mikrometer. Deshalb kann man sie mikroskopisch lediglich mit einer Spezialfärbung betrachten, zum Beispiel mit der Versilberung nach Gomori oder der PAS-Färbung. Selbst mit diesen ist eine direkte Darstellung der Fasern nicht möglich, viel mehr wirken die Farbstoffe auf die assoziierten Proteine.
Extrazelluläre Matrix – Bestandteile der Grundsubstanz
Wasser und Elektrolyte wie Natrium oder Kalium bilden die Basis der Grundsubstanz. In ihr befinden sich außerdem Glykosaminoglykane, Proteoglykane und Adhäsionsproteine beziehungsweise Glykoproteine.
Glyskosaminoglykane
Lange Kohlenhydratketten, die aus sich wiederholenden Disaccharideinheiten ohne Proteine bestehen, nennt man Glykosaminoglykane. Sie sind stark negativ geladen und haben volumenmäßig den größten Anteil an der extrazellulären Matrix. Diese Moleküle binden Wasser im Bindegewebe und üben so eine Polsterfunktion aus: das Wasser kann kurzzeitig verformt werden, aber nicht dauerhaft komprimiert. Es nimmt also nach einiger Zeit wieder seinen Ausgangszustand an. Außerdem sind Glykosaminoglykane Bestandteil von den Proteoglykanen.
Man unterscheidet vier Hauptgruppen, das Hyaluronat, das Chondroitinsulfat, das Heparin oder Heparansulfat und das Keratansulfat. Sie unterscheiden sich in ihren Zuckermolekülen. Hyaluronat kommt vorwiegend in der Haut, in der Gelenksflüssigkeit, der Nabelschnur und im Glaskörper des Auges vor. In der Haut beteiligt es sich auch an der Wundheilung.
Chondroitinsulfate kommen je nach Subtyp im Knorpel und der Aorta oder den Herzklappen, Blutgefäßen und der Haut vor. In Epithelgeweben und in der Basallamina findet sich Heparansulfat. Keratansulfat kommt in der Cornea, im Knorpel und Knochen sowie im Nucleus pulposus, dem Kern der Bandscheibe, vor.
Proteoglykane
Verknüpfen sich viele Glykosaminoglykan-Seitenketten an einen Proteinkern, entsteht ein Protein, das Proteoglykan. Im Gegensatz zu Glykoproteinen bestehen Proteoglykane hauptsächlich aus Kohlenhydraten. Sie üben mechanische und regulatorische Funktionen aus und sind an der Zellkommunikation beteiligt.
Mechanisch binden sie wie die Glykosaminoglykane Wasser, wodurch sie dämpfend und stützend wirken. Das ist beispielsweise im Knorpelgewebe besonders wichtig. Außerdem binden sie an Integrine und Kollagen und wirken so an Zell-Zell- oder Zell-Matrix-Kontakten mit. Regulatorisch können sie extrazelluläre Enzyme wie Proteasen binden und damit inaktivieren. Außerdem binden proinflammatorische Chemokine aus dem Blut an Proteoglykane, sodass die Konzentration am Entzündungsort steigt, wodurch Leukozyten in die extrazelluläre Matrix gelockt werden. Dieser Vorgang heißt Chemotaxis. Im Sinne der Zellkommunikation binden sie von anderen Zellen sezernierte Signalmoleküle oder Wachstumsfaktoren.
Es existieren drei besondere Vertreter der Proteoglykane:
- Aggrecan: Dieser Typ kommt vor allem im Knorpel vor und aggregiert mit Hyalorunat. Zusammen wirken sie sehr dämpfend.
- Decorin: Es bindet Kollagen und beeinflusst damit die Fibrillogenese des Kollagens.
- Perlecan: Es kommt nur in der Basallamina vor und übt dort eine Filterfunktion aus, indem es an der Porenbildung beteiligt ist. So kann die Selektion nach Größe und Ladung erfolgen.
Glykoproteine
Glykoproteine beschreiben Proteine, denen kurze Kohlenhydratketten angehängt sind, wodurch sie sich chemisch betrachtet wie Proteine verhalten. In der Extrazellulärmatrix finden sich verschiedene Typen von Glykoproteinen, wovon die wichtigsten Fibronektin und Laminin sind.
Fibronektin liegt als Dimer vor, welches durch alternatives Spleißen in verschiedenen Isoformen auftreten kann. Es führt verschiedene Funktionen aus, zum Beispiel wirkt es als Verbindungsprotein. Es kann einmal an Kollagen binden und verbindet so die einzelnen Komponenten der Extrazellulärmatrix, oder es bindet an Integrine und verbindet damit die Extrazellulärmatrix mit der Zelle. Weiterhin steuert Fibronektin in der Embryonalentwicklung die Migration von Zellen. In der Hämostase (Blutgerinnung) vernetzt Fibronektin die Fibrinmoleküle, die das Blutgerinnsel ausmachen, mit der Membran von den beteiligten Thrombozyten und Fibroblasten.
Laminin ist ein heterotrimeres Protein, das ebenfalls in verschiedenen Isoformen vorliegt, aber immer drei Untereinheiten aufweist. Funktionell ist es Bestandteil der Basallamina und wirkt ebenfalls als Verbindungsprotein. Dabei bindet es an Integrine und bewirkt so den Zusammenhalt zwischen Basallamina und Zelle oder es bindet an Kollagen vom Typ IV und Perlecan, wodurch die Basallamina sich mit anderen Komponenten der Extrazellulärmatrix vernetzen kann.
Extrazelluläre Matrix – Haptotaxis
Die Strukturen der extrazellulären Matrix sind neben den bisher genannten Funktionen auch für die Haptotaxis essentiell. Darunter versteht man eine gerichtete Zellbewegung, die auf einem Gradienten von strukturgebundenen Adhäsionsstellen oder Signalmolekülen basiert. Diese Zellbewegung ist wichtig bei der Wundheilung, der Neubildung von Gefäßen (Angiogenese) und von Nerven (Axogenese). Bei der Invasion von Tumorzellen ist sie auch pathologisch zu erkennen.
Den Vorgang kann man sich vereinfacht folgendermaßen vorstellen: Zellen wandern entlang der Strukturen in Richtung der stärksten Verankerungsmöglichkeit. Im Unterschied zur Chemotaxis wird die Haptotaxis durch gebundene Strukturen ausgelöst, während die chemotaktische Zellmigration auf einem Gradienten von gelösten Stoffen basiert. Die beiden Prozesse liegen jedoch keinesfalls getrennt vor, sondern ergänzen sich.
Die Haptotaxis orientiert sich an Fibronektin, Vitronektin, Lamininen und Typ-I-Kollagenen.
- Ulig N., Kurzlehrbuch Histologie, 5. Auflage, Thieme
- Bindegewebe, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 12.08.2024)