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Die Atemtherapie umfasst vielseitig einsetzbare Techniken, die nicht nur zur Behandlung bei Lungenkranken, sondern auch zur Entspannung und Leistungssteigerung bei Gesunden zum Einsatz kommen. Dieser Artikel fasst die wichtigsten Effekte der Atemtherapie zusammen und beschreibt einige Übungen, die sich bequem in den Alltag integrieren lassen.
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Atemtherapie – Definition
Der Begriff Atemtherapie steht für die Zusammenfassung verschiedener Techniken, die einer Optimierung der Atembewegung und der Körperhaltung dienen oder auf die körperlichen Effekte einer effizienteren Atemarbeit abzielen. Während die Ruheatmung in der Regel unbewusst geschieht, handelt es sich der Atemtherapie um einen aktiven und bewussten Prozess.
Atemtherapie wird der Physiotherapie zugeschrieben und entsprechend von Physiotherapeuten oder von verwandten Berufsgruppen mit Weiterbildung zum Atemtherapeuten angeleitet. Die spätere Anwendung der Atemtechniken durch den Betroffenen wird ebenfalls als Atemtherapie bezeichnet.
Gründe für Atemtherapie
Eine Atemtherapie wird erforderlich, wenn eine Erkrankung der Atmungsorgane oder des Skelettmuskelsystems zu einer unzureichenden Belüftung der Lunge führt. Dies kann beispielsweise eine chronisch-obstruktive Bronchitis oder eine Mukoviszidose sein. Bei diesen Krankheitsbildern sammelt sich zäher Schleim in der Lunge an, der nur schwer abzuhusten ist.
Werden kleinere Lungenabschnitte unzureichend belüftet oder Sekret nicht abtransportiert, so können sich Infektionen bilden, die zu einer Lungenentzündung führen. Um dies zu verhindern, sollten Patienten mit neurologischen Krankheiten wie der ALS (Amyotrophe Lateralsklerose) oder nach einem Schlaganfall, bettlägerige Menschen und frisch Operierte regelmäßig bewusst und tief durchatmen und den Brustkorb aufweiten. Dies unterstützt die Lungenreinigung und dient zudem der Linderung von Schmerzen.
Auch nach länger andauernder maschineller Beatmung empfiehlt sich Atemtherapie, um die häufig ungünstigen Atemmuster durch die geschwächte Atemmuskulatur auszugleichen.
Weitere Anwendungsgebiete für die Atemtherapie sind die fortgeschrittene Schwangerschaft und die Geburt, bei der die Atmung helfen kann, den Beckenboden zu entspannen, außerdem der Leistungssport, der eine bestmögliche Sauerstoffaufnahme erfordert.
Atemtherapie und Operationen
Das Erlernen bestimmter Atemtechniken ist nicht nur im Anschluss an Operationen, sondern häufig auch schon zu deren Vorbereitung sinnvoll. So lassen sich durch eine gezielte Atemsteuerung oft emotionale Anspannungen und Ängste lindern. Zudem ist der Körper in den Tagen vor dem Eingriff bestens mit Sauerstoff versorgt. Die Organfunktion wird optimiert, was die postoperative Regeneration unterstützt. Unmittelbar nach dem Eingriff können die Patienten die Schmerzlinderung durch den gezielten Einsatz der Atemtechniken unterstützen.
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Atemtherapie – Wirkung
Richtig eingesetzt fördern die Techniken der Atemtherapie eine tiefere, bewusstere Atmung und helfen, die Atemwege offen und sauber zu halten. Die Patienten fühle sich entspannt, haben weniger Luftnot und sind belastbarer.
Atemtherapie – Varianten und Zwecke
Es gibt verschiedene Varianten der Atemtherapie, die abhängig vom Behandlungskontext und Therapieziel Einsatz finden. Neben den täglich anzuwendenden Atemstrategien gibt es zudem einige Atemtechniken, die bei akuter Luftnot vom Patienten eingesetzt werden können. Hierzu zählt die Anwendung der Lippenbremse bei einer Spastik der Bronchien, wie sie für den Asthma-Anfall charakteristisch ist.
Manchmal kommen im Rahmen einer Atemtherapie auch Trainingsgeräte, sogenannte Atemtrainer, zum Einsatz. So sollen die Patienten beispielsweise verschiedene Bälle in einem Röhrensystem in Bewegung versetzen, indem sie an einem daran angebrachten Mundstück saugen oder Luft hineinblasen. Dies verstärkt die Intensität der Übung und visualisiert gleichzeitig deren Erfolg für die Betroffenen.
Verbesserung der Beweglichkeit
Viele Techniken aus der Atemtherapie verbessern neben der Atmung selbst auch die Beweglichkeit. Hierzu zählen Übungen im Vierfüßlerstand auf Händen und Knien, bei denen zunächst die Wirbelsäule stark gerundet und der Kopf auf die Brust gebracht wird, um im Anschluss den Brustkorb durch eine Überstreckung und Holzkreuzbildung maximal aufzudehnen. Zielt die Übung auf die Brustwirbelsäule ab, so werden die Hände dabei möglichst nah vor den Knien aufgestellt. Zur Mobilisation der Lendenwirbelsäule wird die Übung mit aufgestützten Unterarmen ausgeführt, wodurch der Oberkörper abgesenkt wird.
Alternativ können durch den Therapeuten begleitete Dehnungen eingeübt werden, bei denen der Patient möglichst entspannt in Rückenlage liegt und die Arme und Hände wie ein „U“ über dem Kopf positioniert. Im Anschluss erfolgen Rotationen der Wirbelsäule, indem die angewinkelten Knie und der Kopf in die entgegengesetzte Richtung abgelegt werden.
Verbesserung der Atembewegung
Atemtherapie kann die Atembewegung verbessern und effizienter gestalten. Entsprechende Übungen zielen zunächst darauf ab, den Atemvorgang bewusst zu machen, etwa indem der Patient langsam und tief einatmen soll, dabei nur ein Nasenloch nutzt oder die Atembewegung mehrfach unterbricht und „schnüffelt“.
Das Ausatmen lässt sich gut steuern, wenn der Prozess durch die Atmung gegen einen Spiegel oder eine andere Oberfläche visualisiert wird. Um die Wahrnehmung hierfür zu steigern, kann der Behandler beim Ausatmen einen leichten Druck auf den Brustkorb ausüben.
Verbesserung des Atemrhythmus
Ein flüssiger und gleichmäßiger Atemrhythmus lässt sich durch aktive oder passive Dehnung und Anspannung unterstützen. Dabei achtet der Patient darauf, während der Übungen durchgehend im Atemfluss zu bleiben und diesen nicht zu unterbrechen.
Ist eine aktive Dehnung nicht möglich, so kann auch eine passive Dehnung durch den Therapeuten durchgeführt werden, während der Patient die ruhige Ein- und Ausatmung beibehält.
Kräftigung der Atemmuskulatur
Eine gut trainierte Atemmuskulatur ist unentbehrlich für eine gute Belüftung der Lunge. Die Atmung in Bauchlage ist eine gute Möglichkeit, die Muskulatur zu stärken, denn durch den Druck auf die Lunge ist eine vermehrte Muskelarbeit vonnöten, deren Effekte zudem direkt während der Übung spürbar sind.
Gezielte Techniken zur Aktivierung der Atemmuskeln und ihr Einsatz in Form akuter Impulse können helfen, Schleimansammlungen zu mobilisieren. Dies ist etwa durch das forcierte Ausstoßen von Luft zusammen mit den Lauten „P“, „T“ oder „K“ oder durch lautes Summen des Buchstaben „M“ bei der Ausatmung möglich.
Reinigung und Weithalten der Atemwege
Die Reinigung und Weithaltung der Atemwege steht bei chronischen Krankheiten mit vermehrter Schleimbildung im Fokus. Sie kann unterstützt werden durch eine aufrechte oder nach hinten auf die Arme gestützte Körperhaltung, welche den Brustkorb aufdehnt, und begleitende gezielte Hustentechniken.
Entspannung
Während Entspannung häufig zu einer langsameren und effizienteren Atmung führt, kann man umgekehrt einige Atemübungen gezielt nutzen, um einen Entspannungseffekt auszulösen.
Eine Möglichkeit hierzu ist die ruhige Atmung in Rückenlage oder im Sitzen, wobei die Hände langsam über den Bauch beziehungsweise die Rippen streichen. Auch Schüttelungen, bei denen der Behandler den Patienten mobilisiert, können eine entspannende Wirkung haben.
Atemtherapie – Übungen für den Alltag
Die Atemtherapie hält eine Fülle von Techniken bereit, die im Alltag leicht umsetzbar sind. Teils wendet man sie sogar bereits regelmäßig unbewusst an. Mit geringem Aufwand lässt sich der positive Effekt durch ein Bewusstmachen der Bewegungsabläufe verstärken.
Gähnen
Gähnen dient der Entspannung und nahezu vollständigen Belüftung der Lunge. Durch den intensiven Gasaustausch kann die Lunge dem Körper eine große Menge Sauerstoff zuführen, was den Zellstoffwechsel fördert und einen weckenden Effekt hat. Gleichzeitiges Strecken des Oberkörpers intensiviert den Gasaustausch.
Pranayama
Eine aus dem Altindischen übernommene Atemtechnik ist das Pranayama, eine entspannende Übung. Hierbei liegt der Daumen auf dem rechten Nasenflügel, Ringfinger und kleiner Finger auf dem linken. Im Wechsel wird nun jeweils durch ein Nasenloch ein- und durch das andere ausgeatmet, wobei jeweils die Gegenseite durch sanften Druck verschlossen ist. Auf die Ausatmung folgt die Einatmung stets auf derselben Seite. Nach etwa fünf Minuten ist die Übung beendet.
Kutschersitz
Eine Übung, die vor allem nach Belastung hilfreich ist, ist der sogenannte Kutschersitz. Dabei werden im bequemen Sitzen auf einem Stuhl die Füße satt auf dem Boden aufgesetzt und die Ellenbogen auf die Knie gelegt. Die Arme stützen dabei den Oberkörper, ohne dass der Rücken gerundet wird.
In dieser Position wird der Brustkorb gut aufgeweitet, was die tiefe Atmung erleichtert. Besteht Luftnot, etwa bei einem Asthma-Anfall, so kann die Übung um die Lippenbremse ergänzt werden.
Nach extremer sportlicher Belastung nehmen viele Menschen automatisch eine dem Kutschersitz verwandte Position ein, indem sie die Hände im Stehen auf die Oberschenkel aufstützen und so den Brustkorb für einige tiefe Atemzüge öffnen. Diese auch als „Torwarthaltung“ bezeichnete Übung kann durch eine bewusste, langsame Atmung unterstützt werden.
Lippenbremse
Diese Übung dient dem Offenhalten der unteren Atemwege bei der Ausatmung. Vor allem bei chronisch die Atemwege verengenden Erkrankungen wie COPD oder Asthma kollabieren die Atemwege häufig bereits bei Beginn der Ausatmung, sodass der Gasaustausch in der Lunge beeinträchtigt ist.
Langsames, dosiertes Ausatmen durch die fast vollständig verschlossenen Lippen steigert den Druck in den Atemwegen und verhindert so den Kollaps der unteren Atemwege, wodurch die Lunge mehr Zeit erhält.
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Häufige Fragen
- Wer darf Atemtherapie durchführen?
- Wird Atemtherapie von der Krankenkasse bezahlt?
- Welche Arten der Atemtherapie gibt es?
- Was macht man bei einer Atemtherapie?
Je nach Bundesland gibt es unterschiedliche Vorgaben, nach denen die Atemtherapie angeboten werden darf. In den meisten Fällen sind Physiotherapeuten zur Durchführung der Therapie befugt. Darüber hinaus gibt es eine spezielle Weiterbildung Atemtherapie, die auch verwandten Berufen wie beispielsweise der Logopädie den Zugang zur Beratung eröffnen. Für die Behandlung spezieller Krankheitsbilder wie der Mukoviszidose wird in manchen Teilen Deutschlands zudem eine gesonderte Qualifikation mit Fokus auf diese Erkrankungen gefordert.
Besteht eine medizinische Begründung der Notwendigkeit einer Atemtherapie, etwa bei einer fortschreitenden Erkrankung der Atemwege, so werden die Kosten nach ärztlicher Verordnung von den Krankenkassen übernommen. Jedoch kann Atemtherapie durchaus auch für gesunde Menschen sinnvoll sein, etwa zur Optimierung der Atemtechniken im Leistungssport oder in der Schwangerschaft.
Atemtherapie kann, je nach Therapieziel, in verschiedenen Formen angeboten werden. Die bekannteste ist die Atemgymnastik, zu der auch Hustenübungen gezählt werden. Darüber hinaus findet die Atementspannung häufig Anwendung im Rahmen der Schmerztherapie und kommt in abgewandelter Form auch bei vielen meditativen Sportarten wie Yoga zum Einsatz. Eine weitere Art der Atemtherapie ist die Atemrhythmik.
Bei einer Atemtherapie erlernt der Patient unter therapeutischer Anleitung Atemtechniken, die eine Verbesserung der Lungenreinigung und Belüftung zur Folge haben. Darüber hinaus zielt die Atemtherapie häufig auf eine Leistungssteigerung, eine Schmerzlinderung oder eine Entspannungsreaktion ab.
- Bona Lingua, Atemtherapie – für eine bessere Atmung und mehr Lebensqualität, https://hannover-logopaedie.de/... (Abrufdatum: 04.08.2024)
- AOK, Atemtherapie – wie Sie mit einfachen Übungen das Atmen entspannen, https://www.aok.de/... (Abrufdatum: 04.08.2024)