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Am Übergang des Mundes zum Rachen findet sich das Gaumensegel, anatomisch korrekt als Velum palatinum bezeichnet. Wie es anatomisch aufgebaut ist und welche Funktionen es ausübt. beschreibt dieser Artikel ausführlich. Außerdem geht er auf die Erkrankungen der anatomischen Struktur ein, die sich im klinischen Alltag präsentieren können.
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Gaumensegel – Definition
Das Gaumensegel (Velum palatinum) ist auch als weicher Gaumen oder Palatum molle bekannt und schließt sich dem harten Gaumen an. Grundlegend ist es eine bewegliche Weichteilfalte, die aus Muskeln, Bindegewebe und Schleimhaut besteht. Anatomisch bildet sie den oberen (kranialen) Rand des Übergang der Mundhöhle in den Rachenraum, der als Isthmus faucium bezeichnet wird.
Gaumensegel – Anatomie
Die sogenannte Gaumenaponeurose bildet das Grundgerüst des Gaumensegels. Dabei handelt es sich um eine faserreiche Bindegewebsplatte, in das die Muskulatur des Gaumens einstrahlt. Neuere Erkenntnisse haben ergeben, dass es sich bei der Aponeurose weniger um die Verlängerung der Sehnen zwei spezieller Muskeln handelt, sondern viel mehr eine Verlängerung des Periost des umliegenden Knochen darstellt.
Das Gaumensegel bildet an seinem hinteren Rand die Form eines abgerundeten M, ähnlich wie das McDonalds-Symbol. In der Mitte davon befindet sich das Gaumenzäpfchen (Uvula).
In der Zahnmedizin spricht man von der Ah-Linie, wenn man die Grenzlinie zwischen dem harten und weichen Gaumen meint. Sie tritt beim sogenannten Nasenblasversuch auf, bei dem sich der weiche Gaumen senkt. Sie ist wichtig für die Anpassung der Prothesenbasis einer Vollprothese.Ah-Linie
Seitlich vom Gaumensegel gehen zwei Bögen ab, die man als Gaumenbögen bezeichnet. Dazu zählen der Arcus palatopharyngeus als hinterer und der Arcus palatoglossus als vorderer Gaumenbogen. Sie bilden den eigentlichen Übergang vom Mundraum in den Rachen (Pharynx). Der vordere Gaumenmuskel wird vom Musculus palatoglossus gebildet und verläuft vom Gaumensegel zum Zungengrund. Der hintere Gaumensegel hat als Grundlage den Musculus palatopharyngeus, welches vom Gaumensegel zum Pharynx zieht.
Muskulatur
Der weiche Gaumen ist im Grunde genommen eine komplexe Struktur aus vielen einzelnen Muskeln, die er für seine Funktion benötigt und die ihm die Beweglichkeit ermöglichen.
Als erstes gibt es den Musculus tensor veli palatini. Er entspringt der Tuba auditiva und der Ala major des Keilbeins (Os sphenoidale) des Schädels. Seinen Ansatz findet der Muskel anschließend an der Gaumenaponeurose (Aponeurosis palatina), wobei der Hamulus pterygoideus als Hypomochlion dient. Seine Aufgabe liegt in der Hebung und Spannung des Gaumensegels, was beim Schluckakt beispielsweise von Nöten ist. Außerdem erweitert er die Tuba auditiva.
Ebenfalls an der Gaumenaponeurose setzt der Musculus levator veli palatini an. Seinen Ursprung findet er am Os petrosum und der Cartilago tubae auditiva. Da er auf beiden Seiten des Rachens vorkommt, verbindet sich der Muskel mit seinem gegenüberliegenden Gegenstück zu einem Bogen. In seiner Funktion ähnelt er dem Musculus tensor veli palatini, sein Fokus liegt aber auf dem Anheben des Gaumensegels, wie sein Name (levator) beschreibt.
Der Musculus palatoglossus entspringt an der Gaumenaponeurose und zieht zu seinem Ansatz am Musculus transversus linguae, ein innerer Zungenmuskel. Funktionell zieht er das Gaumensegel nach unten und den Zungengrund nach oben, wodurch er im Endeffekt die Schlundenge (Isthmus faucium) verschließt.
Der Musculus palatopharyngeus erfüllt die gleiche Aufgabe wie der Musculus palatoglossus, wobei er zusätzlich den Kehlkopf anheben kann, da er am Schildknorpel ansetzt. Er entspringt der Gaumenaponeurose und dem Hamulus pterygoideus des Os sphenoidale und zieht neben seinem Anteil am Kehlkopf auch zur Rückseite des Rachens.
Der Musculus uvulae entspringt am harten Gaumen und zieht zum Ansatz an der Spitze des Zäpfchens. Neben seiner Mitwirkung am Verschluss der Schlundenge verkürzt er die Uvula, wodurch er gleichzeitig die Speicheldrüsen des Gaumensegels auspresst. Diese kleinen exokrinen Drüsen liegen in der Mundschleimhaut eingebettet und setzen muköses Sekret frei.
Innervation und Gefäßversorgung
Die Muskulatur des Gaumensegels wird von dem Plexus pharyngeus innerviert. Dieser enthält Fasern des neunten Hirnnervs, dem Nervus glossopharyngeus, und des zehnten Hirnnervs, dem Nervus vagus. Ausnahme hierbei ist der Musculus tensor veli palatini, den der Nervus musculis tensoris veli palatini innerviert. Hierbei handelt es sich um einen Abgang des Nervus mandibularis, dem dritten Hauptast des Nervus trigeminus.
Zwei Arterien versorgen das Gaumensegel mit Blut, die Arteria palatina descendens und die Arteria palatina ascendens.
Gaumensegel – Funktion und Physiologie
Gemeinsam mit dem Zungengrund liegt die erste Aufgabe des Gaumensegels in der Abgrenzung der Mundhöhle zum Rachen. Während des Schluckens drückt der Musculus constrictor pharyngis, ein Rachenmuskel, das Gaumensegel an die Hinterwand des Rachens. Dadurch dichtet es die Mundhöhle zum oberen Rachen und der Nasenhaupthöhle ab. Dieser Verschluss ist extrem wichtig, damit keine Flüssigkeit oder Speisereste in die Nasenhöhle gelangen.
Die zweite Aufgabe des Gaumens liegt in der Lautbildung, der Artikulation. Dabei hat es Einfluss auf orale, nasale und nasalierte Vokale.
Eine Hebung des Gaumensegels verursacht orale Laute. Die Nasenhöhle trennt sich dabei von der Mundhöhle, wodurch der Phonationsstrom aus der Lunge ungehindert durch den Rachen und den Mund gleiten kann.
Rein nasale Laute umfassen beispielsweise Konsonanten. Zunge und Gaumensegel verschließen die Mundhöhle, wodurch der Phonationsstrom nur durch die Nasenhöhle abfließen kann.
Nimmt das Gaumensegel eine Mittelstellung dieser beiden Extreme ein, entstehen nasalierte Laute und Vokale. Hierbei fließt der Phonationsstrom sowohl durch die Nasehöhle als auch durch den Mundraum ab.
Gaumensegel – Klinik und Fehlbildungen
Klinisch bedeutsam ist das Gaumensegel einerseits bei der Entstehung des Schnarchens und andererseits in Form der Lippen-Kiefer-Gaumenspalten.
Die Pathogenese des Schnarchens ist sehr komplex und multifaktoriell. Der weiche Gaumen spielt dabei deshalb nur eine untergeordnete Rolle. Klar ist allerdings, dass das Gaumensegel oder die Uvula in Schwingung geraten und dadurch den Ton erzeugen.
Bei einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte kann das Gaumensegel gespalten sein. Dabei handelt es sich im Allgemeinen um eine der häufigsten Fehlbildungen, die auch im Rahmen von Syndromen wie dem Pätau-Syndrom (Trisomie 13) oder dem Edwards-Syndrom (Trisomie 18) auftreten kann. Die Spalte kann entweder ein- oder doppelseitig auftreten und dabei entweder verdeckt, partiell oder total vorliegen. Für die Therapie sollte möglichst früh eine kieferorthopädische Behandlung erfolgen, beispielsweise im Rahmen einer Gaumenplatte, um die Mund- und Nasenhöhle zu trennen. Dadurch wird das normale Wachstum stimuliert und die Nahrungsaufnahme erleichtert. Je nach Defekt erfolgt im Verlauf der operative Verschluss der Spalte.
Uvulapalatopharyngoplastik (UPPP)
Bei dem obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom handelt es sich um nächtliche Atemstörungen, die Beschwerden und gesundheitliche Risiken verursachen. Dabei kollabiert die Schlundmuskulatur während des Schlafens und verlegt dadurch die oberen Atemwege. Gleichzeitig bleibt der Atemantrieb und die Atembewegung erhalten. Betroffene klagen unter anderem über nächtliches Erwachen, starke Tagesschläfrigkeit, Depressivität und Konzentrationsstörungen.
Die Uvulapalatopharyngoplastik stellt eine Möglichkeit der operativen Behandlung dieses Syndroms dar. Dabei wird der weiche Gaumen gestrafft, die Uvula gekürzt und die Tonsillen entfernt. Diese Methode ist lediglich eine therapeutische Ergänzung oder eine Alternative, wobei vor einem operativen Eingriff zunächst die konservativen Therapien versucht werden. Ziel der UPPP ist es, die Obstruktion der Atemwege zu vermindern.
- Schünke M et. al., Prometheus LernAtlas der Anatomie (Hals, Kopf und Neuroanatomie), 5. Auflage, Thieme
- Mundhöhle, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 21.08.2024)
- Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 21.08.2024)
- Schlafbezogene Atemstörungen, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 20.08.2024)