Inhaltsverzeichnis
Im Bauchraum befindet sich das Mesenterium, eine Platte aus Bindegewebe und Fettgewebe, die die Gefäße der intraperitonealen Organe führt und sie an der Bauchwand befestigt und ihnen Halt gibt. Dieser Artikel befasst sich ausführlich mit der Anatomie der Mesenterien sowie deren Einteilung und Funktion. Außerdem wirft er einen Blick auf die Entwicklung in der Embryonalzeit.
Inhaltsverzeichnis
Mesenterium – Definition
Das Mesenterium, kurz Meso oder Gekröse genannt, beschreibt eine Peritonealduplikatur, welche die intraperitoneal liegenden Organe an der Rückwand der Bauchhöhle befestigt. Im engeren Sinne betrachtet, bezeichnet das Mesenterium lediglich die Befestigung von Jejunum und Ileum, während es im weiteren Sinne den gesamten Halteapparat der intraperitonealen Organe umfasst.
Eine Peritonealduplikatur beschreibt eine Verdoppelung des Peritoneums (Bauchfell), eine seröse Haut, die mit zwei Blättern die Peritonealhöhle auskleidet. Sie sorgt durch ihre direkte Lage auf dem Organ für eine gute Verschieblichkeit.
Die Begriffe extra- und intraperitoneal können schnell für Verwirrung sorgen. Intraperitoneale Organe beschreiben solche, die von Peritonealduplikaturen aufgehängt oder von Peritoneum komplett umschlossen sind. Extraperitoneale Organe liegen ebenfalls im Bauch, aber hinter dem Bauchfell (retroperitoneal) oder unter dem Bauchfell (subperitoneal). Der Subperitoneal- und Retroperitonealraum bilden gemeinsam den Extraperitonealraum.Extraperitoneal versus intraperitoneal
Mesenterium – Anatomie und Funktion
Grundlegend kann man das Masenterium als Platte aus Bindegewebe sehen, das beidseits von viszeralem Peritoneum überzogen ist. Beim Bindegewebe handelt es sich um lockeres Bindegewebe, welches mit Fettgewebe durchzogen ist. In diesem Gewebe verlaufen jedwede Leitungsbahnen des Darmes, sowohl Blutgefäße, Lymphgefäße und Lymphknoten, als auch Nervenendigungen. Die Gefäße werden durch den Verlauf als Mesenterialgefäße bezeichnet und erhalten Stabilität und Schutz durch die Lage im Bindegewebe. Durch die vorhandenen Nerven ist das Mesenterium schmerzempfindlich. Zur Rückwand des Bauchraums hin geht das Bindegewebe fließend in das Bindegewebe des Retroperitonealraums über.
Topographie
Das Mesenterium spannt sich vom Dünndarm über den Dickdarm und bildet im Verband ein zusammenhängendes Organ. Seinen Ursprung findet es an der Radix mesenterii (Gekrösewurzel), an der die Leitungsbahnen aus dem Retroperitonealraum eintreten. Hier geht außerdem das Peritoneum viscerale des Mesos in das Peritoneum parietale der Bauchhöhle über. Die Radix mesenterii beginnt an der Flexura duodenojejunalis, dem Übergang von dem Zwölffingerdarm (Duodenum) zum Jejunum (Leerdarm), und zieht nach rechts unten an die Ileozäkalklappe. Dabei handelt es sich um den Übergang vom Ileum (Krummdarm) zum Zäkum (Blinddarm). Im engeren Sinn handelt es sich bei der Radix mesenterii also um den Ursprung des Mesenteriums von Ileum und Jejunum.
Wie ein Fächer spannt sich das Meso anschließend auf und erfasst und stützt die Darmorgane. Das Meso selbst liegt extraperitoneal und windet sich spiralförmig in der Bauchhöhle. Es ist am Dünndarm relativ frei beweglich, am Colon wird es gegen die Bauchwand gedrückt.
Funktion
Das Gekröse erfüllt zwei wesentliche Funktionen. Zum einen schränkt es den Bewegungsumfang der Bauchorgane ein, sodass sie im Raum nicht frei umher bandeln oder ins Becken fallen. Außerdem dient es als Leitstruktur für die Blutgefäße, Lymphbahnen und Nerven der intraperitonealen Organe.
Auch im biochemischen und physiologischen Sinne erfüllt das Mesenterium verschiedene Funktionen. Es ist der hauptsächliche Produktionsort für das C-reaktive Proteine (CRP), welches als akute-Phase-Protein der Erkennung von entzündlichen Prozessen dient. Außerdem trägt das Meso zur Regulation des Wasser- und Säure-Base-Haushalts bei. Dafür befinden sich an der kranial gelegenen Seite Osmosensoren, welche auf Änderungen des Wasserhaushalts und Säure-Basen-Haushalts reagieren kann. Die Abläufe sind noch nicht vollständig geklärt, allerdings kann durch diese Regulationsfähigkeit die Ausscheidung oder die Rückresorption von Wasser in der Niere reguliert werden.
Mesenterium – Embryologie und Histologie
Das Meso besteht aus histologischer Sicht aus drei Bestandteilen:
- einem flachen einschichtigen Epithelgewebe, dem Mesothel
- einer lockeren Bindegewebsschicht, der Lamina propria
- Fettgewebe, welches in diese Lamina propria eingebettet ist
Zusätzlich gibt es Areale, an denen das Colon stark gegen die Rückwand gepresst wird, wodurch sich hier Verbindungen ausbilden, die Faszien ähneln. Eine nennenswerte ist dabei die Toldt’sche Faszie, die das Mesenterium entlang des Colon ascendens durchzieht. Ebenfalls wichtig ist, dass im Mesothel Stammzellen zur Zellregeneration liegen.
Der histologische Überblick ist essentiell, um die Funktion des Mesos detaillierter verstehen zu können. Es existieren Bereiche, an denen das Mesothel des Mesenteriums in die Serosa des jeweiligen Organs übergeht. Diese Serosaschicht wiederum bildet Ausläufer in die tieferen Schichten der Organwand, sodass die Last der Aufhängung auf die gesamte Organwand übertragen wird und nicht nur an der obersten Schicht hängt. Außerdem resultiert daraus, dass man nicht eindeutig zwischen Serosa und Organ unterscheiden kann und das Meso mit dem Organ durch seine Anatomie funktionell verbunden ist. Weiterhin lässt sich über diese Verbindung der Verlauf der Gefäße erklären. Durch die Septen der Serosa gelangen die Gefäße in tiefer gelegene Schichten.
Embryologie
Das Meso entsteht embryologisch betrachtet aus dem Mesoderm. Die Anlage für das Mesenterium liegt im Bereich der Gefäße. Sie reift durch Längenwachstum heran und ist abhängig von der Drehung des Darmrohres, woraus die endgültige spiralige Lage des Mesenteriums entsteht.
Mesenterium – Einteilung
Die Benennung der Mesenterien erfolgt nach dem Organ, welches sie an der Bauchwand befestigen, und der Vorsilbe Meso-. Befindet sich ein Meso zwischen zwei Organen, spricht man von einem Ligament, wie etwa das Ligamentum latum uteri. Einige Strukturen sind nur während der embryonalen Entwicklung vorhanden und bilden sich im Verlauf wieder zurück.
Mesogastrium und Mesoduodenum
Während der Embryonalzeit besitzt der Magen zwei Mesenterien, die als Mesogastrien bezeichnet werden: das Mesogastrium dorsale und das Mesogastrium ventrale. Das Mesogastrium dorsale beschreibt das hintere Mesogastrium, in dem die Anlage für die Milz entsteht. Aus ihm entwickeln sich folgende Strukturen:
- Omentum majus, aus welchem das Ligamentum gastrophrenicum, gastrosplenicum und gastrocolicum entstehen: Diese Mesos verbinden den Magen (Gaster) mit dem Zwerchfell, der Milz und dem Colon. Sie enthalten die Arteriae gastricae breves in dem Ligamentum gastrophrenicum, sowie die Arteriae gastroomentales dextra und sinistra in den anderen beiden Mesos.
- Ligamentum splenorenale: Hierdurch wird die Milz mit der Niere verbunden. Das Meso führt die Arteria und Vena splenica.
Das vordere Gekröse wird als Mesogastricum ventrale bezeichnet. Im ersten Schritt entwickelt es sich zum Mesohepaticum ventrale und dorsale. Aus dem Mesohepaticum ventrale entsteht das Ligamentum falciforme hepatis, welches die obliterierte Vena umbilicalis nach Geburt führt und das Ligamentum teres hepatis enthält. Das Mesohepaticum dorsale entwickelt sich zum Omentum minus, welches sich in zwei Bänder teilt:
- Ligamentum hepatogastricum: Die Verbindung zwischen Leber und Magen enthält die Arteriae gastricae dextra und sinistra.
- Ligamentum hepatoduodenale: Das Meso verbindet die Leber mit dem Duodenum und führt neben der Arteria hepatica propria und der Vena portae hepatis auch den Ductus choledochus.
Das Mesoduodenum beschreibt die zwei Mesenterien des Zwölffingerdarms in der Embryonalzeit. Nach der abgeschlossenen Entwicklung liegt das Duodenum zum Großteil retroperitoneal und besitzt an diesen Abschnitten kein eigenes Meso mehr. Man unterscheidet hierbei das Mesoduodenum dorsale vom Mesoduodenum ventrale. Das Mesoduodenum dorsale ist das hintere Meso, in dem sich die Anlage für das Pankreas entwickelt und das im späteren Verlauf mit der Rückseite der Bauchwand verwächst.
Das Mesoduodenum ventrale, das vordere Meso, verwächst mit dem Mesogastrium ventrale gemeinsam zum Omentum minus und bildet Anteile im Ligamentum hepatogastricum und Ligamentum hepatoduodenale.
Mesojejunum, Mesoileum, Mesocolon, Mesorektum
Die Peritonealduplikaturen des Jejunums und des Ileums werden als Mesojejunum und Mesoileum bezeichnet. Auf sie trifft die engere Bezeichnung als Mesenterium zu. Sie führen die Arteria mesenterica superior und ihre zahlreichen Äste, besonders die Arteriae und Venae jejunales beziehungsweise ileales.
Das Mesocolon beschreibt das Gekröse des Colons und wird in das Mesocolon transversum, sigmoideum und Mesoappendix eingeteilt. Während der Embryonalentwicklung existieren zudem noch das Mesocolon ascendens und descendes, welche aber schlussendlich mit der hinteren Bauchwand verschmelzen. Das Mesosigmoideum verläuft entlang des Colon sigmoideums und ist an seinen beiden Endpunkten mit Übergang zum Colon descendens und Rektum fest fixiert. In den restlichen Abschnitten ist es sehr beweglich.
In das Mesocolon transversum strahlen drei Bänder ein, das Ligamentum hepatocolicum, das Ligamentum phrenicocolicum und das Ligamentum gastrocolicum. Über diese wird das Colon transversum mit der Leber, dem Zwerchfell und dem Magen verbunden. Es enthält die Arteria colica media und die Vena colica media. Topographisch betrachtet erlaubt das Mesocolon transversum die Einteilung in eine Bauchhöhle und eine Beckenhöhle, da es das Epigastrium (Oberbauch) vom Hypogastrium (Unterbauch) trennt. Außerdem ist es an der Bildung des Recessus inferior der Bursa omentalis beteiligt.
Das Mesenterium des Wurmfortsatzes (Appendix vermiformis) nennt sich Mesoappendix. Das Meso verbindet den Appendix mit dem Ileum und enthält die Arteria und Vena appendicularis.
Eine anatomische Variante ist das Mesenterium des Rektums. In der Klinik umfasst die Bezeichnung als Mesorektum das Fettgewebe, welches um das Rektum liegt. Aus anatomischer Sicht ist das Mesorektum eine seltene Variante, bei der das Rectum mobile intraperitoneal liegt.
Ligamentum latum uteri
Das Ligamentum latum uteri (Mutterband) umfasst einen Teil des Bandapparates der weiblichen Geschlechtsorgane. Es besteht aus drei Anteilen:
- Mesometrium
- Mesosalpinx
- Mesovarium
Das Mesometrium beschreibt das Gekröse, welches die laterale Seite der Gebärmutter (Uterus) an der lateralen Wand des Beckens befestigt. In ihr verläuft zum Beispiel der Ureter (Harnleiter) und die Arteria und Vena uterina. Das Mesometrium liegt intraperitoneal.
Das Mesosalpinx hängt die Tuba uterina (Eileiter) an der Beckenwand auf. Genau genommen ist die Zuteilung der Mesosalpinx zum Ligamentum latum uteri veraltet, da sie mittlerweile als eigene mesenteriale Struktur gilt. Sie führt zwei Überbleibsel der embryonalen Entwicklung des Wolff-Gangs (Ductus mesonephricus): lateral liegt das Epoophoron, medial das Paroophoron.
Das Mesovarium verbindet das Ovar (Eierstock) mit dem Becken. Auch diese Struktur gilt mittlerweile als eigenständig. In ihm verläuft das Epoophoron weiter.
Unterhalb des Ligamentum latum uteri liegt das Ligamentum cardinale. Außerdem ziehen durch das Ligamentum latum uteri das Ligamentum teres uteri von der Einmündung der Tuba uterina in die Gebärmutter, was als Tubenwinkel bezeichnet wird, zu den großen Schamlippen (Labia majora pudendi). Das Ligamentum latum uteri umgibt im Gesamtbild neben dem Ovar und dem Eileiter die Arteria ovarica und Arteria uterina, das Ligamentum ovarii proprium und das Frankenhäuser-Ganglion (kleine Ganglien in der Nähe des Cervix uteri).
Mesorchium und Mesepididymis
Im weiteren Sinne können beim Mann auch das Mesorchium des Hodens und das Mesepididymis des Nebenhodens zu den Mesenterien gezählt werden. Beim Mesorchium handelt es sich um eine Duplikatur der Tunica vaginalis testis. Sie befestigt den Hoden am Hodensack (Skrotum). Von der Tunica vaginalis testis strahlen zwei Blätter ein, das Epiorchium als Lamina visceralis direkt auf dem Hoden, und das Periorchium als Lamina parietalis auf der Innenseite des Skrotums.
Aus dem Mesorchium geht das Gekröse des Nebenhodens hervor, das Mesepididymis. Dadurch handelt es sich bei diesem ebenfalls um eine Duplikatur der Tunica vaginalis testis, die den Nebenhoden fixiert. Durch seine Lage teilt das Mesepididymis das Mesorchium in einen körpernahen (proximalen) und körperfernen (distalen) Anteil.
Mesenterium – Klinik
Klinische Erkrankungen des Mesenteriums können anhand ihrer Ursachen in primäre und sekundäre Mesenteropathien unterteilt werden, wobei primäre Mesopathien ihren Ursprung im Mesenterium selbst haben, während sekundäre durch äußere Einflüsse oder andere Vorgänge entstehen.
Primäre Mesenteropathien
Eine primäre Erkrankung beschreibt der sogenannte Volvulus, bei dem sich die Darmabschnittte verdrehen und dabei auch die Mesenterien mitziehen. In der Folge kommt es zu einer Torsion des gesamten Organs. Die Gefahr hierbei ist ein Darmverschluss (Ileus) und die Abklemmung von den Gefäßen, was bis zur ischämischen Nekrose führen kann. Die Ursache liegt häufig in einer fehlerhaften Drehung des Darms in der Embryonalphase, was in der Bildgebung als “Whirlpool-Zeichen” sichtbar sein kann. Dabei umschlingen sich die Mesenterialgefäße. Die Therapie erfolgt notfallmäßig in einer OP, wobei die Darmschlingen wieder entschlungen werden (Detorquierung).
Liegt das Gegenteil vor, spricht man von einer Malrotation. Hierbei bleibt die Darmdrehung während der Embryogenese aus, was auch die Mesenterien betrifft. In der Folge sind die Organe nicht korrekt und ausreichend an der Bauchwand fixiert, sondern lediglich an ihren Gefäßen befestigt. Es kommt zu hohem mechanischen Stress der Gefäße und des Organs.
Weiterhin können durch Schäden des Mesenteriums Hernien entstehen. Dabei verlagern sich Bestandteile des Bauchraumes durch Lücken nach außen. Die Schäden am Mesenterium können auf atrophischen Prozessen beruhen oder iatrogen, also durch medizinische Maßnahmen, bedingt sein. Auch entzündliche Prozesse, die chronisch zu einer Umwandlung des Gewebes führen, können zur Hernienentstehung beitragen.
Wirft man einen Blick auf die mesenterialen Blutgefäße, so können etwa die Arteria mesenterica superior akut verschlossen sein oder die Vena mesenterica superior von einer Thrombose betroffen sein. Typische Ursache für die Mesenterialvenenthrombose ist eine Thrombophilie. Dadurch verschließt sich das Gefäß akut und durch die venöse Stauung bilden sich Ödeme. Die mesenteriale Mikroperfusion ist dadurch beeinträchtigt und es kommt zur Ischämie. Eine Mesenterialischämie kann chirurgisch behandelt werden.
Sekundäre Mesenteropathien
Für sekundäre Mesopathien spielen systemische oder lokale Erkrankungen eine Rolle. Ein Beispiel dafür ist Morbus Crohn, eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, bei der die Barriere des Epithels im Darm fehlerhaft ist. Das Mesenterium steht damit vermutlich in Zusammenhand. Durch den großen Fettanteil ist auch eine Verbindung mit Adipositas oder Diabetes mellitus Typ II denkbar.
- Schünke M et al., Prometheus LernAtlas der Anatomie (Innere Organe), 5. Auflage, Thieme
- Aumüller G et. al., Duale Reihe Anatomie, 5. Auflage, Thieme
- Bauchhöhle, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 30.08.2024)
- Hernien, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 30.08.2024)
- Mesenteriale Ischämie, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 30.08.2024)