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Die Bauchmuskeln besitzen alle Sehnenplatten, sogenannte Aponeurosen. Diese bilden gemeinsam die Rektusscheide, die einen der Bauchmuskeln umhüllt. Wie genau diese Scheide anatomisch aufgebaut ist und welchen Nutzen sie hat, ist Thema dieses Artikels. Außerdem geht er auf klinische Erkrankungen in diesem Zusammenhang ein.
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Rektusscheide – Definition
Die Rektusscheide (Vagina musculi recti abdominis) bildet sich aus den Sehnenplatten (Aponeurosen) folgender Bauchmuskeln, die zu den seitlichen Bauchmuskeln zählen:
- Musculus transversus abdominis: Transversusaponeurose
- Musculus obliquus internus: Internusaponeurose
- Musculus obliquus externus: Externusaponeurose
Sie umhüllt den Musculus rectus abdominis und stützt ihn damit in seinem Verlauf. Dadurch kann er nicht nach seitlich (lateral) ausweichen.
Unter einer Aponeurose versteht man eine flächige Struktur aus straffem Bindegewebe. Sie können als Ansatzflächen dienen, etwa die Dorsalaponeurose der Finger, oder sie üben schützende oder stabilisierende Funktionen aus. Stabilisierend wirkt etwa die Plantaraponeurose, die das Fußlängsgewölbe sichert, während die Palmaraponeurose zum Beispiel die Gefäße und Nerven des Handtellers schützt.Was ist eine Aponeurose?
Rektusscheide – Aufbau und Anatomie
In ihrem Aufbau kann man die Rektusscheide in zwei Abschnitte einteilen, die durch die Linea arcuata geteilt werden. Diese befindet sich etwa fünf Zentimeter unterhalb des Bauchnabels und entsteht durch den Zusammenschluss aller Aponeurosen der seitlichen Bauchmuskeln, die nach vorne ziehen und dann vor dem Musculus rectus abdominis verschmelzen. Dort, wo die seitlichen Bauchmuskeln zwischen der neunten Rippe und der Symphyse horizontal in die Aponeurosen übergehen, liegt die Linea semilunaris. Anders beschrieben liegt diese Linie lateral des Musculus rectus abdominis und wird auch als Spieghel-Linie bezeichnet.
Anatomie oberhalb der Linea arcuata
Die Rektusscheide besteht oberhalb der Linea arcuata aus einem vorderen Blatt (Lamina anterior) und einem hinterem Blatt (Lamina posterior). Die Lamina anterior besteht aus der Aponeurose des Musculus obliquus externus abdominis, also der Externusaponeurose, und aus den vorderen Anteilen der Aponeurose des Musculus obliquus internus abdominis, also der Internusaponeurose.
Das hintere Blatt bildet sich aus den hinteren Anteilen der Internusaponeurose, sowie der Aponeurose des Musculus transversus abdominis (Transversusaponeurose). Außerdem strahlen die Fascia transversalis und das Peritoneum parietale ein.
Die Fascia transversalis beschreibt eine bindegewebige Hülle (Faszie), die die Innenseite der Bauchwand bedeckt. Sie ist Teil der Rumpffaszie und trennt die Muskeln der vorderen Bauchwand von dem extraperitonealen Fettgewebe. Das Peritoneum parietale umfasst das äußere Blatt des Bauchfells (Peritoneum), welchen über Mesenterien (Umschlagfalten) mit dem inneren Blatt (Peritoneum viscerale) in Verbindung steht.
Anatomie unterhalb der Linea arcuata
Unterhalb der Linea arcuata findet die Verschmelzung der Aponeurosen statt, wodurch ein einzelnes vorderes Blatt entsteht (Lamina exterior). Dieses besteht aus der Internus-, Externus- und Transversusaponeurose.
Das hintere Blatt (Lamina posterior) wird nun ausschließlich von der Fascia transversalis und dem Peritoneum parietale gebildet.
Rektusscheide – Funktion
Die Rektusscheide erfüllt zwei wichtige Funktionen, neben ihrer Hauptaufgabe der Umhüllung und Stabilisierung des geraden Bauchmuskels (Musculus rectus abdominis). Die erste Funktion liegt in der evolutionsbiologisch günstigen Verkürzung der Muskeln. Durch die Rektusscheide verkürzen sich die Muskelfasern der Bauchmuskulatur. Wäre dies nicht der Fall, würden die Musculi transversi abdominis bei maximaler Kontraktion den Bauchraum enorm einengen. Somit wäre kein Platz für die vielen Organe im Bauchraum.
Weiterhin bilden die Bauchmuskeln eine funktionelle Einheit. Die schräge Muskulatur bildet mit den inneren und äußeren schrägen Muskeln ein X, da sie rechtwinklig zueinander verlaufen. Durch die Rektusscheide gelingt der Zusammenschluss des linken inneren mit dem rechten äußeren beziehungsweise dem linken äußeren und rechten inneren Bauchmuskel zu einer funktionellen Einheit.
Rektusscheide – Klinik
Eine mögliche Verletzung der Rektusscheide ist das Rektusscheidenhämatom. Dabei handelt es sich um eine Form der traumatischen Verletzung der Bauchdecke. Das Rektusscheidenhämatom ist die häufigste Lokalisation eines Blutergusses in der Bauchwandmuskulatur, welcher durch Faserrisse des Musculus rectus abdominis oder durch Rupturen von epigastrischen Gefäßen entsteht. Liegt ein einseitig begrenztes Hämatom intramuskulär vor, reicht zur Therapie meist die Kompression und Kühlung der Stelle. Breitet es sich aus oder tritt nach extramuskulär, muss die Gerinnung optimiert werden und unter Umständen die Blutung operativ gestillt werden mit anschließender Hämatomausräumung.
Rektusdiastase
Eine weitere Erkrankung ist die Rektusdiastase. Dabei handelt es sich um eine Ausdünnung und Weitung der Linea alba zwischen den beiden Seiten des Musculus rectus abdominis. Definitionsgemäß spricht man von einer Rektusdiastase, wenn die Faszie intakt ist und die Weitung über zwei Zentimeter beträgt. Physiologisch kann die Diastase beim Säugling innerhalb des ersten Lebensjahres auftreten, sie verschließt sich aber in der Regel spontan. Auch im Wochenbett kann bis zu acht Wochen nach Entbindung eine Rektusdiastase auftreten. Die Rückbildung beginnt postpartal und endet selbstständig innerhalb von acht Wochen.
Die Rektusdiastase kann angeboren sein, beispielsweise durch Veränderungen in der Kollagenstruktur oder als Symptom des Ehlers-Danlos-Syndroms. Als erworbene Ursache gilt eine Dysbalance zwischen dem abdominellen Druck und der Bindegewebsstabilität. Der Druck kann etwa bei Adipositas, Krafttraining oder Husten erhöht sein, während die Stabilität bei Diabetes mellitus oder höherem Lebensalter eingeschränkt wird.
Meist treten keine Symptome auf, auch wenn man eine Lücke im Bereich der Linea alba tasten kann. Es können Bauchschmerzen und Begleithernien auftreten, außerdem wölben sich die Bauchorgane bei angespannter Bauchmuskulatur hervor. Die konservative Therapie umfasst die Stärkung der Rumpfmuskulatur mittels Physiotherapie, unterstützend können Bauchbinden oder Taping sowie eine Gewichtsabnahme wirken. Die chirurgische Therapie wird sehr kontrovers diskutiert, da die Datenlage sehr spärlich ist. Es ist dennoch eine Möglichkeit bei verschiedenen Indikationen.
Spieghel-Hernie
Die Stelle, wo sich Linea arcuata und Linea semilunaris kreuzen, ist sehr schwach mit Bindegewebe gestützt. Hier kann es zu einer lateralen Bauchwandhernie kommen. Sie tritt selten auf, ist immer erworben und betrifft vorwiegend Frauen. Klinisch zeigt sich hierbei eine Vorwölbung im rechten oder linken Unterbauch bei Durchführung des Valsalva-Manövers. Durch die hohe Einklemmungsgefahr ist in der Regel immer eine OP indiziert.
- Aumüller G et. al., Duale Reihe Anatomie, 5. Auflage, Thieme
- Bauchwand, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 31.08.2024)
- Abdominaltrauma, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 31.08.2024)
- Rektusdiastese, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 31.08.2024)
- Hernien, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 31.08.2024)