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Das lebenswichtige Hormon Insulin hat vielfältige Effekte auf den ganzen Organismus. Während einige Wirkungen des Insulins gut verstanden und teils beim therapeutischen Insulineinsatz bewusst herbeigeführt werden, gibt es andere Aspekte, die noch nicht umfänglich verstanden sind. Dieser Artikel erläutert die wichtigsten Effekte des Hormons Insulin und die damit verbundenen Auswirkungen der Insulintherapie.
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Insulin – Definition
Das Hormon Insulin spielt im menschlichen Körper eine Schlüsselrolle bei der Verstoffwechselung von Zucker aus der aufgenommenen Nahrung. Es reguliert die Energieversorgung der Zellen und den Aufbau von Fettreserven, die in Hungerzeiten die Aufrechterhaltung der Körperfunktionen gewährleisten.
Wie es der Name des Insulins bereits andeutet, erfolgt seine Bildung in den sogenannten Inselzellen der Bauchspeicheldrüse, die auch „Langerhans-Zellen“ heißen. Sie schütten etwa die Hälfte der täglich benötigten Insulinmenge durchgehend über den Tag in Intervallen von drei bis sechs Minuten aus und erhalten so den Grundstoffwechsel aufrecht. Zudem kann durch externe Reize, vor allem durch die Aufnahme von Zucker, akut eine deutlich höhere Insulinmenge in die Blutbahn abgegeben werden.
Der Gegenspieler von Insulin ist das ebenfalls aus der Bauchspeicheldrüse stammende Hormon Glukagon, das die Freisetzung von Fett- und Zuckerreserven fördert. Beide Hormone unterdrücken wechselseitig die Ausschüttung des jeweils anderen, sodass sich die Versorgung des gesunden Körpers automatisch an den aktuellen Bedarf anpasst.
Insulin – Wirkung und Funktion
Die wichtigste Funktion von Insulin im Körper ist eine Steigerung der Aufnahme von Glukose, also Einfachzuckern, aus dem Blut in die Zielzellen. Dies sind vorrangig Zellen der Leber, der Muskulatur und des Fettgewebes.
Gelangen mit einer Mahlzeit Mehrfachzucker oder Stärke in den Körper, so werden diese zunächst während der ersten Verdauungsschritte in einzelne Glukosemoleküle zerlegt. Anschließend nehmen Transportproteine in der Darmschleimhaut die Glukose auf und leiten sie in das zirkulierende Blut, womit der Zucker auch in die Bauchspeicheldrüse gelangt. Dort nehmen Rezeptoren den Impuls wahr und veranlassen die Ausschüttung von Insulin in die Blutbahn. Dieses bindet an Zielrezeptoren der Organe und Gewebe und bereitet diese auf die Zuckeraufnahme vor. Die Zelloberflächen steigern kurzfristig ihre Aufnahmekapazität für Glukose, die zur akuten Energieversorgung der Zellen eingesetzt wird oder in Glykogen und Fettbestandteile umgewandelt und eingelagert wird.
Der Blutzuckerspiegel sinkt ab, da der Zucker aus der Blutbahn beseitigt wird. Die Bauchspeicheldrüse drosselt daraufhin die Insulinfreisetzung, zirkulierendes Insulin wird abgebaut.
Liegt über längere Zeit wenig Insulin im Blut vor oder fällt der Blutzuckerspiegel in kritische Bereiche ab, so schüttet die Bauchspeicheldrüse Glukagon aus, das eine Freisetzung von Zucker aus dem Fettgewebe anregt.
Herz-Kreislauf-System
Insulin beeinflusst das Herz-Kreislauf-System in mehrfacher Hinsicht. Einerseits fördert es die Aufnahme von Glukose in die Herzmuskelzellen und trägt zur Aufrechterhaltung des Energiestoffwechsels bei. Gleichzeitig wirkt sich die Blutzuckersenkung günstig auf die Blutgefäße aus.
Demgegenüber steht ein erhöhtes Risiko für Verkalkungen der Blutgefäße, da Insulin ein Wachstumsfaktor ist und eine Verdickung der Gefäßwand anregt. Zudem senken hohe Insulindosen das Ansprechen des Körpers auf weiteres Insulin. Es entsteht eine Insulinresistenz, die immer höhere Hormondosen für die gleiche Wirkung erforderlich macht.
Die Bildung von Speicherfett und die gesteigerte Cholesterinaufnahme in die Zellen führen zu einer Gewichtszunahme. Diese hat direkt negative Auswirkungen auf das Blutgefäßsystem und führt zudem zu Bluthochdruck, einem weiteren Faktor, der die Gefäßwände strapaziert. Darüber hinaus kann Insulin Entzündungsprozesse und die Anlagerung von Gerinnungszellen unterstützen, was die Gefäßverkalkung voranschreiten lässt.
Der therapeutische Einsatz von Insulin bei Patienten mit Diabetes mellitus, der Zuckerkrankheit, muss daher mit Blick auf das Herz-Kreislauf-System sorgsam abgewogen werden. Nachgewiesen ist eine Senkung des Risikos für Schlaganfälle und Herzinfarkte um mehr als 50 Prozent bei Menschen mit Diabetes Typ 1, einer Erkrankung, bei der ein absoluter Insulinmangel besteht. Sie können selbst keine ausreichende Insulinmenge bilden und sind zwingend und oft bereits im jungen Alter auf eine Insulintherapie angewiesen.
Bei Typ-2-Diabetikern und anderen Gruppen, bei denen eine unzureichende Insulinmenge im Verhältnis zum Bedarf gebildet wird, oder bei denen eine Insulinresistenz vorliegt, sind die Effekte weniger deutlich. Bei ihnen besteht vorrangig die Gefahr, dass der Insulinersatz zu wiederkehrenden Unterzuckerungen (Hyperglykämien) führt, die das Langzeitrisiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöhen. Vor allem bei Menschen mit Herzschwäche sollten die Insulinmengen möglichst niedrig gehalten werden. Günstig sind in diesem Zusammenhang viele aktuelle Neuerungen in der Diabetestherapie, die mit einer umfassenden Bandbreite an Medikamenten aufwartet, für die allesamt herz- und gefäßschützende Effekte in Studien nachgewiesen werden konnten.
Zentrales Nervensystem
Das Zentrale Nervensystem besitzt eine eigene Zuckerversorgung und versorgt sich daher hauptsächlich insulinunabhängig, wenngleich es Rezeptoren für das Hormon besitzt. Aktuelle Studiendaten lassen annehmen, dass der Insulineinfluss auf das Gehirn eher eine gewichtsreduzierende Wirkung zur Folge hat, während im Körperkreislauf gegenteilige Effekte bestehen. Weitere Projekte sollen nun klären, ob sich diese Auswirkungen künftig auch therapeutisch nutzen lassen könnten.
Glatte Muskulatur
Die Effekte von Insulin auf die glatten Muskelzellen betreffen vor allem Blutgefäße und das Verdauungssystem. Insulin regt die Freisetzung von Stickstoffmonoxid an, das eine Entspannung der Muskulatur bewirkt und die Gefäße weit werden lässt. Dies führt zu einer Senkung des Blutdrucks. Kommt es zu einer Insulinresistenz, so steigt der Blutdruck an, da das Herz gegen die verengten Gefäße anpumpen muss.
Im Magen-Darm-Trakt regt Insulin die peristaltische Welle der Darmwand an und unterstützt die Verdauung und die Aufnahme der Nährstoffe.
Zu Beginn der Insulinersatztherapie wurde Humaninsulin künstlich nachgebildet, das eine ähnliche Struktur und Wirkung besitzt wie das menschliche Insulin, jedoch umständlich in der Anwendung ist und wenig Flexibilität erlaubt. Die Weiterentwicklung zum Analoginsulin mit einer veränderten Struktur aber ähnlichen Effekten erlaubte eine flexiblere Gestaltung der Spritzabstände und die Wirkung des Insulins hielt länger an, was der Ausschüttung des basalen Insulins im Körper über 24 Stunden wesentlich näher kommt. Derzeit steht die Entwicklung lang wirksamer Insuline im Vordergrund, die bei einmaliger Gabe eine Wirksamkeit von bis zu einer Woche entfalten, sowie von Insulinpumpensystemen, die den akuten Insulinbedarf des Körpers erfassen und in Reaktion hierauf sehr schnell- und kurz wirksame Insuline freisetzen können. Diese Strategien erlauben eine Anpassung an die moderne Lebensweise mit Reisen, wechselnden Arbeitszeiten und phasenweise intensiver körperlicher Aktivität. Zudem fallen vielfach Komplikationen wie Hautschäden durch häufige Insulininjektion weg.Humaninsulin und Insulinanaloga (künstlich hergestelltes Insulin)
Mobilisierung von Energiereserven
Insulin wirkt anabol, also „das Gewebe aufbauend“. Neben der Schaffung von Energiereserven in Form von Glykogen und Fett fördert es das Muskelwachstum. Daher setzen gelegentlich Sportler das Hormon zum Muskelaufbau ein. Kommt es aufgrund erniedrigter Blutzuckerspiegel zu einer Abnahme des Insulingehaltes im Blut, so wird der Abbau der Reserven angestoßen.
Sonstige Effekte
Insulin fördert die Aufnahme von Kalium in die Zellen. Diesen Effekt machen sich Mediziner bei der Behandlung schwerer Nierenfunktionsstörungen zunutze, die mit teils lebensbedrohlich erhöhten Kaliumspiegeln im Blut einhergehen. Betroffene erhalten Insulin und Glukose als Infusion, wodurch der Kaliumspiegel schnell gesenkt werden kann.
Insulin – Abbau
Die Hauptabbauorte von Insulin sind die Leber und den Nieren. Dort zersetzen Enzyme wie die Insulinase das Hormon, das anschließend über den Urin ausgeschieden wird.
Häufige Fragen
- Was ist die Wirkung von Insulin?
- Was erhöht den Insulin-Spiegel?
- Was passiert, wenn der Körper zu viel Insulin hat?
- Wann wird Insulin ausgeschüttet?
Insulin bewirkt eine Aufnahme von Zucker aus der Nahrung in die Organe und Gewebe und regt die Bildung von Energiereserven an. Hohe Insulinspiegel können mit einer Resistenzbildung der Zielstrukturen einhergehen und sollten in der Insulintherapie zugunsten günstigerer Methoden vermieden werden.
Der Insulinspiegel wird durch die Zuckeraufnahme erhöht. Den Reiz hierzu löst eine Erfassung des Blutzuckerspiegels durch Rezeptoren an der Bauchspeicheldrüse aus.
Bei einem medikamentös herbeigeführten Insulinüberschuss oder einer übermäßigen Insulinbildung, die im Rahmen der beginnenden Zuckerkrankheit vorliegt, kann es zu einem massiven Übertritt des Zuckers aus dem Blut in die Organe kommen. Die Folge ist eine akute Unterzuckerung (Hypoglykämie), ein unter Umständen lebensbedrohliches Krankheitsbild. In schweren Fällen können sich Betroffene bei einer Hypoglykämie nicht mehr selbst helfen und benötigen dringend von außen zugeführten Zucker, entweder über den Mund oder als Injektion bzw. Infusion.
Insulin wird ausgeschüttet, wenn der Blutzuckerspiegel ansteigt und eine gute Gelegenheit für die Auffüllung der Zucker- und Fettspeicher vorliegt.
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