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Endorphine sind weithin bekannt als „Glückshormone“. Neben einer euphorisierenden Wirkung können sie viele weitere Effekte auf den Körper ausüben, die im Folgenden erläutert werden. In diesem Zusammenhang erklärt der Artikel auch die Wirkweise einiger Suchtmittel und geht auf die Nutzung des endorphinergen Systems in der Therapie akuter und chronischer Erkrankungen ein.
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Endorphine – Definition
Der Begriff Endorphine ist die Kurzfassung der Bezeichnung „endogene Morphine“. Dabei handelt es sich um Aminosäureverbindungen, die vom Körper selbst synthetisiert werden und an Opioidrezeptoren binden.
Die Bildung der Endorphine erfolgt aus dem Vorläuferprotein POMC, das eine wichtige Rolle bei der Stressregulation spielt und zudem Einfluss auf das Sättigungsgefühl nimmt. Entsprechend übernehmen Endorphine einige wichtige Aufgaben bei der Reaktionsbildung auf Stressoren und greifen darüber hinaus in den Stoffwechsel ein.
Endorphine – Wirkung und Funktion
Endorphine versetzen den Körper in einen Entspannungszustand und sorgen gleichzeitig für eine Einsparung von Energie. Sie hemmen Schmerzen, senken den Blutdruck und entlasten das Herz-Kreislauf-System. Ein ausgeglichener Endorphinspiegel kann sich förderlich auf die Gesundheit und das Wohlbefinden auswirken.
Herz-Kreislauf-System
Durch eine Unterdrückung der Stressachse und eine Hemmung der Cortisolfreisetzung in der Nebenniere senken Endorphine die Muskelspannung in den arteriellen Blutgefäßen. In der Folge sinkt der Blutdruck ab, die Durchblutung der Organe und Gewebe wird verbessert und der Stoffwechsel optimiert. Eine verbesserte Sauerstoffausschöpfung und die niedrigen Cortisolspiegel reduzieren Entzündungsvorgänge im Körper, was durch die immunmodulierenden Effekte der Endorphine unterstützt wird. Gemeinsam sorgen all diese Faktoren für eine Entlastung des Herz-Kreislauf-Systems. Das Risiko für die Entstehung von Kalkablagerungen in den Blutgefäßen verringert sich.
Zentrales Nervensystem
Im Rückenmark, der Verbindungsstelle zwischen dem peripheren Nervensystem des Körpers und dem Gehirn als zentraler Steuereinheit, moduliert die Bindung von Endorphinen an die Opioidrezeptoren die Erfassung und Weiterleitung von Schmerzreizen. Die Impulse kommen so bereits abgeschwächt im Gehirn an.
Ein weiterer Effekt der Endorphine auf das Zentrale Nervensystem betrifft die Belohnungs- und Suchtzentren im Gehirn. Dort bewirken sie eine gesteigerte Freisetzung des Botenstoffs Dopamin. Die Folge ist ein teils sehr intensives und euphorisierendes Glücksgefühl. Mögliche Auslöser hierfür sind beispielsweise lange und intensive Sporteinheiten.
Glatte Muskulatur
Die entspannende Wirkung der Endorphine auf die glatte Muskulatur lässt sich nicht nur an den Blutgefäßen, sondern auch im Magen-Darm-Trakt beobachten. Dort bewirken sie durch Bindung an die Opioid-Rezeptoren eine Verminderung der peristaltischen Welle, die eine Verlangsamung der Darmpassage zur Folge hat. In ausgeprägten Fällen kann hierunter eine belastende Verstopfung entstehen, eine häufige Nebenwirkung bei der Einnahme von Morphinpräparaten. Entsprechend kann der Mechanismus bei der Behandlung von Durchfällen therapeutisch genutzt werden, indem die Opioid-Rezeptoren gezielt aktiviert werden.
In seltenen Fällen können Tumore des Magen-Darm-Traktes Endorphine freisetzen und so zu chronischen Beschwerden führen. Die Diagnosestellung ist in diesem Fall herausfordernd und kann eine Reihe von Untersuchungen erforderlich machen.
Endorphine werden unter anderem bei Stress und Schmerzen vermehrt ausgeschüttet, wobei auch emotionale Belastungen ihre Synthese anregen können. Forscher konnten nachweisen, dass die Betrachtung eines Fotos einer nahestehenden Person oder Lachen nach Animation durch Klinik-Clowns die Cortisolspiegel und das Schmerzempfinden bei Patienten im Krankenhaus senken kann. Die positiven Effekte der Endorphine auf die psychische Verfassung eines Menschen können allerdings ins Negativ umschlagen, wenn die Dopaminausschüttung eine Sucht auslöst und Betroffene beispielsweise durch exzessiven Sport oder die Einnahme von Drogen versuchen, den Endorphinspiegel zu steigern.Endorphine und Auswirkungen auf die Psyche
Mobilisierung von Energiereserven
Die Mobilisierung von Energiereserven beeinflussen die Endorphine eher indirekt. Dabei haben sie eine appetitanregende Wirkung und hemmen den Abbau von Fett- und Zuckerspeichern.
Die Bindung von Endorphinen an die Opioidrezeptoren im Gehirn löst beim Essen eine Belohnungsreaktion aus, die durch die Nahrungszufuhr nicht gebremst wird. Entwickelt sich hierunter ein Abhängigkeitsverhalten, so essen Betroffene immer weiter und bauen dadurch eher weitere Reserven auf, als diese zu verbrauchen. Medikamente, die an Opioidrezeptoren binden und dadurch die Effekte der Endorphine unterdrücken, unterstützen das Abnehmen.
Wiederholte psychische Belastungen können über diese Mechanismen zum Stress-Essen führen. Dies kann aufgrund der negativen Empfindungen nach dem Essen und durch die Angst vor einer Gewichtszunahme in einen Teufelskreis münden, der nur schwer zu durchbrechen ist.
Sonstige Effekte
Endorphine können sich auch auf die Fortpflanzung auswirken. Einerseits scheinen hohe Endorphinspiegel im Bereich der Sexualorgane zu einer verbesserten Ausreifung der Samenzellen beizutragen. Gleichzeitig kommt es unter vermehrter Aktivierung der Opioidrezeptoren zu einer Hemmung von GnRH, einem Hormon, das die Freisetzung von Testosteron und Östrogen fördert.
Diese und viele weitere Effekte der Endorphine sind noch nicht zur Gänze verstanden oder es ist noch unklar, inwieweit sie therapeutisch nutzbar sind.
Endorphine – Abbau
Endorphine werden nach ihrer Ausschüttung in den Synaptischen Spalt der Nervenzellen entweder wieder in die ausschüttende Zelle aufgenommen oder durch abbauende Enzyme in ihre einzelnen Aminosäuren zersetzt.
Häufige Fragen
- Was ist die Wirkung von Endorphinen?
- Was erhöht den Endorphin-Spiegel?
- Was passiert, wenn der Körper zu viel Endorphine hat?
- Wann wird Endorphin ausgeschüttet?
Die wichtigsten Wirkungen von Endorphinen sind eine Schmerzlinderung und eine Steigerung des Glücksgefühls durch die Ausschüttung von Dopamin. Darüber hinaus bremsen sie über Opiatrezeptoren im Verdauungstrakt die Darmpassage, lassen die Atmung flacher werden und reduzieren die Stresshormone, wodurch sie das Herz-Kreislauf-System entlasten.
Die Endorphin-Spiegel steigen unter anderem beim Lachen, beim Genuss leckerer Speisen, im Rahmen intensiver körperlicher Aktivität oder unter Schmerzen an. So kann beispielsweise durch regelmäßigen Ausdauersport bewusst eine vermehrte Endorphinfreisetzung erzielt werden, was sich langfristig gleich auf mehreren Wegen positiv auf den Körper auswirken kann.
Ein Endorphinüberschuss ausschließlich infolge einer vermehrten Synthese im Körper ist selten. Die direkten Auswirkungen eines zu hohen Endorphinspiegels sind euphorische Zustände, die in eine dysphorische Verstimmung und Panikreaktionen umschwenken können, sowie Regulationsstörungen des Herz-Kreislauf-Systems und Störungen der Verdauung.
Reize, die zur Ausschüttung von Endorphin führen, sind einerseits Lachen und die Nahrungsaufnahme, aber auch Schmerzen oder schwere körperliche Anstrengung. Diese Auslöser lassen sich beim Essen scharfer Gerichte gezielt kombinieren, denn dabei wirkt die Schärfe wie ein Schmerzreiz.
o. A. (2024). Stress, endogene Opioide und der Einfluss auf Emotionen und Verhalten. In J. Wiederhofer, Psychoneuroendokrinologie in der psychosozialen und psychotherapeutischen Praxis, S. 112 ff., Springer
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Zertifizierte Fortbildung PHARMAKO-ENDOGEN!: Endorphine – zwischen Energiesparen und Überhitzung, https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/... (25.09.2024)