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Noradrenalin zählt zu den wichtigsten Botenstoffen im Rahmen der Stress- oder Fluchtreaktion. Es regt im Körper eine umfassende Ausschöpfung der vorhandenen Reserven an. Darüber hinaus erzeugt das Hormon viele weitere Effekte, wobei vor allem sein Einfluss auf Lernen und Gedächtnis wenig bekannt ist. Dieser Artikel erläutert die Auswirkungen der Noradrenalin-Freisetzung im Körper und stellt diesen die negativen Folgen chronisch erhöhter Noradrenalin-Spiegel gegenüber.
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Noradrenalin – Definition
Bei Noradrenalin handelt es sich um ein Katecholamin, das als primärer Botenstoff im Sympathischen Nervensystem des Körpers und darüber hinaus als Neurotransmitter im Gehirn wirkt.
Die Synthese erfolgt im Nebennierenmark, sowie in den Nervenzellkörpern der Sympathicus-Neurone in der Pons, einem Teil des Hirnstamms. Sein molekularer Aufbau ähnelt dem von Adrenalin, was der Name „Nor-Adrenalin“ bereits andeutet. Die geringfügigen Unterschiede in der Struktur der beiden Botenstoffe sorgt für teilweise gegensätzliche Effekte von Adrenalin und Noradrenalin im Körper.
Eine weitere Bezeichnung ist „Norepinephrin“. In der Intensiv- und Notfallmedizin, wo es regelmäßig zur Therapie bei Schockzuständen eingesetzt wird, ist vielerorts auch die Verwendung der Handelsnamen von Noradrenalin-Präparaten üblich.
Noradrenalin – Wirkung und Funktion
Es beeinflusst zahlreiche Prozesse im Körper, wobei die akute Steigerung der körperlichen Leistung in Stress- oder Fluchtsituationen im Vordergrund steht. Seine Effekte löst es dabei durch die Aktivierung verschiedener Rezeptoren aus.
Herz-Kreislauf-System
Die Effekte auf das Herz, die Lunge und die Blutgefäße ergänzen sich gegenseitig. Am Herzen bindet es an Beta-Rezeptoren und steigert die Kontraktionskraft des Herzmuskels, dessen Erregbarkeit und die Geschwindigkeit der Erregungsleistung. Die Herzfrequenz nimmt zu.
Die Atemwege ab den Bronchien in der Lunge weiten sich durch die Noradrenalinbindung an Beta-Rezeptoren, was die Sauerstoffausschöpfung verbessert. Ergänzend verengen sich die Blutgefäße, wodurch der Blutdruck steigt und eine Zentralisierung des Blutes mit Fokus auf die lebenswichtigen Organe einsetzt.
An dieser Stelle zeigt sich auch ein gutes Zusammenspiel mit Adrenalin. Während Noradrenalin den Zufluss des Blutes in die Skelettmuskulatur unterstützt, weiten sich die darin befindlichen Gefäße durch die Bindung von Adrenalin.
Die Effekte auf das Herz-Kreislauf-System können bei einer fortgeschrittenen Herzschwäche negative Folgen haben. Diese Erkrankung geht mit einem verminderten Blutauswurf in den Körperkreislauf einher, woraus ein niedriger arterieller Blutdruck resultiert. Dies regt wiederum eine Erhöhung der Noradrenalin-Spiegel im Körper an, was den Körper auf Dauer überlastet.
Eine massive Erhöhung, die beispielsweise im Rahmen eines Katecholamin-produzierenden Tumors (Phäochromozytom) auftritt, zeigen sich die Effekte auf das Herz-Kreislauf-System in Form von Blutdruckentgleisungen und Kopfschmerzen, Schweißausbrüchen und Gesichtsblässe (durch eine Zentralisierung des Blutes), sowie einen zu schnellen Herzschlag (Tachykardie).
Zentrales Nervensystem
Im zentralen Nervensystem bindet es an Adrenerge Rezeptoren der Nervenzellen, deren Aktivität durch den Reiz angeregt wird. In der Folge steigt der Grad der Wachheit, Aufmerksamkeit und Konzentration. Die Fähigkeit zur Entscheidungsfindung und die Reaktionsbereitschaft nehmen zu. Auch die Stimmungslage und die Stressbewältigung lassen sich verbessern, was eine adäquate und zielgerichtete Antwort auf potenzielle Bedrohungen erleichtert. Unterstützt werden diese Effekte durch eine gesteigerte Freisetzung von Glukose unter Einfluss von Noradrenalin, wodurch dem Gehirn mehr Energie zur Verfügung steht.
Es scheint auch Einfluss auf das Lernen in sozialen Kontexten zu nehmen und die Erinnerung an soziale Hinweise und Interaktion zu verstärken. Dies könnte sich maßgeblich auf das Sozialverhalten eines Menschen auswirken.
Noradrenalin steigert die Erregbarkeit von Neuronen im Hippocampus, einem für die Gedächtnisbildung verantwortlichen Gehirnanteil. Zudem regt der Neurotransmitter die Ausbildung neuer Nervenzellkontakte (Synapsen) und die Regeneration von Nervenzellen in diesem wichtigen Teil des Gehirns an, was die Reizverarbeitung und -Speicherung unterstützt. Die Anflutung von Noradrenalin in akuten Stress- oder Belastungssituationen, also auch bei allgemeiner körperlicher Aktivität und Sport, erleichtert die Fokussierung und das Abrufen von Erinnerungen. Auch ein motivationssteigernder Effekt scheint von ihm auszugehen. Viele Beobachtungsstudien vor allem an Schülern konnten entsprechend positive Auswirkungen körperlicher Aktivität auf die Lern- und Gedächtnisleistung der untersuchten Gruppen nachweisen.Beeinflussung von Lernen und Gedächtnis
Glatte Muskulatur
Die glatte Muskulatur der Blutgefäßwände reagiert auf Noradrenalin mit einer verstärkten Kontraktion, wodurch sich die Blutgefäße verengen und der Blutdruck steigt. Eine Ausnahme bilden die Herzkranzgefäße (Koronararterien), die für die Blutversorgung des Herzmuskels zuständig sind und sich unter Einfluss von Noradrenalin erweitern, um eine optimale Versorgung des Herzens zu gewährleisten.
Mobilisierung von Energiereserven
Damit ausreichend Energie für eine schnelle Fluchtreaktion verfügbar ist, regt Noradrenalin über Beta-Adrenozeptoren in der Leber und im Fettgewebe Enzymkaskaden an, die den Abbau von Glykogen zu Glukose und die Freisetzung von Fettsäuren zur Folge haben. Gleichzeitig hemmt Noradrenalin an der Bauchspeicheldrüse die Insulinfreisetzung und verhindert dadurch, dass der Zucker aus der Blutbahn in die Depots abwandert.
Sonstige Effekte
An den Augen bewirkt Noradrenalin eine Erweiterung der Pupillen, was in unübersichtlichen Situationen die Fokussierung erleichtert.
An Blase und Darm hat Noradrenalin eine hemmende Wirkung, da in der akuten Fluchtreaktion die Verdauung und Ausscheidung nachrangig sind. Auch die Blutversorgung wird in diesen Anteilen des Körpers reduziert und zu den zentralen Organen und der Muskulatur hin umgeleitet.
Noradrenalin – Abbau
Der Abbau von Noradrenalin erfolgt im Körper durch eine enzymatische Zersetzung, wobei die Catechol-O-Methyltransferase (COMT) und die Monoaminoxidase (MAO) beteiligt sind. Letztere baut das Noradrenalin zu Vanillinmandelsäure ab, einem Substrat, das zum Nachweis Katecholamin-produzierender Tumoren gezielt in Blut und Urin gemessen wird.
Im Zentralen Nervensystem wird die Wirkung von Noradrenalin durch Wiederaufnahme in die ausschüttende Zelle beendet. Eine erneute Freisetzung des Neurotransmitters ist kurz darauf möglich.
Häufige Fragen
- Was ist die Wirkung von Noradrenalin?
- Was erhöht den Noradrenalin-Spiegel?
- Was passiert, wenn der Körper zu viel Noradrenalin hat?
- Wann wird Noradrenalin ausgeschüttet?
In erster Linie stellt Noradrenalin die Weichen für eine schnelle und effiziente Fluchtreaktion. Es steigert die Leistungsfähigkeit im Herz-Kreislauf-System und optimiert die Sauerstoffversorgung der wichtigsten Organe und der Skelettmuskeln. Zudem stellt es Energiereserven aus den körpereigenen Speichern zur Verfügung und hilft dem Gehirn, sich auf die mögliche Gefahr zu fokussieren und einen erfahrungsbasierten Fluchtplan zu erarbeiten und umzusetzen.
Körperliche Belastungen (Sport, Unterzuckerung, Schlafentzug) und emotionaler Stress aktivieren das sympathische Nervensystem und erhöhen somit den Noradrenalin-Spiegel. Auch Koffein kann die Noradrenalinsynthese und -Ausschüttung fördern.
Bei einem Überangebot an Noradrenalin kommt es zu negativen Effekten an vielen Organsystemen. Das Herz reagiert mit erhöhten Blutdruckwerten und Herzrhythmusstörungen, die Blutzuckerkontrolle entgleitet hin zu einer gestörten Glukosetoleranz, Übergewicht oder gar Zuckerkrankheit. Das Gehirn reagiert mit einer gestörten Schlafarchitektur, Gedächtnisstörungen und depressiver Stimmungslage. Am Magen-Darm-Trakt kann die reduzierte Blutversorgung die Verarbeitung der Nahrung stören, was zu Blähungen und Reizdarm-Symptomatik führen kann.
Noradrenalin wird ausgeschüttet, wenn ein Stress- oder Schmerzreiz eintritt, sowie bei einem akuten Abfall des Blutdrucks oder des Blutzuckers. Auch das Stresshormon Cortisol regt die Noradrenalinfreisetzung an.
Noradrenalin, https://flexikon.doccheck.com/... (11.10.2024)
Noradrenalin, https://de.wikipedia.org/... (11.10.2024)
Sibley, B., & Etnier, J. (2003). The Relationship between Physical Activity and Cognition in Children: A Meta-Analysis. Pediatric Exercise Science