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Die Arteria poplitea ist eine der wichtigsten Arterien der unteren Extremitäten und spielt eine zentrale Rolle in der Durchblutung des Beins. Sie verläuft durch die Kniekehle und bildet eine anatomisch und klinisch bedeutsame Verbindung zwischen der Oberschenkel- und Unterschenkelmuskulatur. Als Fortsetzung der Arteria femoralis versorgt sie die angrenzenden Muskeln, Gelenke und Haut mit Blut und Nährstoffen. Aufgrund ihrer Lage ist sie anfällig für Verletzungen, Aneurysmen und Durchblutungsstörungen. Dieser Artikel beleuchtet die Anatomie, Funktion und klinische Relevanz der Arteria poplitea.
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Arteria poplitea – Definition
Die Arteria poplitea ist eine große Arterie der unteren Extremität, die durch die Kniekehle (Fossa poplitea) verläuft und für die Blutversorgung des Unterschenkels und Fußes von zentraler Bedeutung ist. Sie stellt die Fortsetzung der Arteria femoralis dar, die am Hiatus adductorius, einer Öffnung im M. adductor magnus, in die Kniekehle übergeht.
Arteria femoralis
Die Arteria femoralis entspringt aus der Arteria iliaca externa und verläuft zwischen den Schichten der Oberschenkelmuskulatur bis zur Kniekehle. Sie versorgt unter anderem den Oberschenkel, die äußeren Geschlechtsorgane, die Haut der Bauchwand und Teile des Kniegelenks.
Arteria poplitea – Verlauf und Funktion
Die Arteria poplitea beginnt am Hiatus adductorius, einer Öffnung zwischen den Ansatzstellen des Musculus adductor magnus und dem Oberschenkelknochen (Femur). Die Arterie verläuft durch die Kniekehle in Richtung Unterschenkel. Sie liegt dabei tief im Gewebe, unter der Vena poplitea und dem Nervus tibialis, und wird durch die umgebenden Strukturen wie Muskeln und Faszien geschützt. Nach ihrem nur etwa 15 Zentimeter langem Verlauf zieht sie zwischen die zwei Köpfe des Musculus gastrocnemicus an der Wade.
An der unteren Grenze des M. popliteus teilt sich die Arteria poplitea in ihre beiden Endäste, die Arteria tibialis anterior und die Arteria tibialis posterior, auf. Diese Äste sind essenziell für die Blutversorgung des Unterschenkels und des Fußes.
Funktionell sichert die Arteria poplitea die Versorgung der umgebenden Muskulatur, des Kniegelenks und der darunter liegenden Strukturen. Sie gewährleistet über zahlreiche Äste eine kontinuierliche Durchblutung, selbst bei wechselnden Gelenkpositionen, was besonders in der Kniekehle von großer Bedeutung ist.
Arteria poplitea – Äste
Die Arteria poplitea gibt mehrere wichtige Äste ab, die das Kniegelenk, die umliegenden Muskeln und den Unterschenkel versorgen. Diese Äste sind anatomisch so angeordnet, dass sie die Versorgung auch bei starker Beugung oder Streckung des Knies sicherstellen.
Rete articulare genus
Einige Äste der Arterie bilden Teile des Rete articulare genus, ein Gefäßnetz, das das Kniegelenk und die angrenzenden Strukturen versorgt.
Es gibt fünf Hauptäste:
- Arteria superior medialis genus: Die superiore mediale Arterie zieht vor den Musculi semimembranosus und semitendinosus oberhalb der medialen Epikondyle um das Femur. Im Anschluss spaltet sie sich in zwei Endäste auf. Einer davon bildet im Verlauf eine Anastomose mit der Arteria genus descendens und der Arteria inferior medialis genus. Er versorgt den Musculus vastus medialis. Der andere Ast anastomisiert mit der Arteria superior lateralis genus, die gemeinsam das Kollateralnetzwerk des Kniegelenks mit Blut versorgen.
- Arteria superior lateralis genus: Die zwei superioren Äste versorgen die Gelenkkapsel und die angrenzenden Muskeln oberhalb des Knies. Die laterale Arterie weist einen leicht anderen Verlauf auf. Er zieht am lateralen Kondylus des Femurs entlang und teilt sich ebenfalls in zwei Äste auf. Diese gehen weitere Anastomosen ein und versorgen den unteren Teil des Femurs und die oberen Teile des Kniegelenks genauso wie den Musculus vastus lateralis.
- Arteria media genus: Sie dringt tief in das Kniegelenk ein und versorgt die Kreuzbänder sowie die Synovia. Die Arterie verläuft zwischen den Tibiakondylen und tritt durch das Ligamentum popliteum obliquum sowie die Kniegelenkskapsel. Sie weist einen sehr kurzen Verlauf mit lediglich drei bis fünf Zentimetern auf.
- Arteria inferior medialis genus: Die mediale Arterie verläuft entlang des Musculus popliteus nach kaudal und gibt an ihn Rami musculares ab. Im Anschluss läuft sie um den medialen Kondylus der Tibia. Von dort zieht sie zur Vorderseite des Kniegelenks. Ihre Aufgabe ist die Versorgung der proximalen Tibia. Auch sie bildet Anastomosen zur Speisung des Rete articulare genus aus.
- Arteria inferior lateralis genus: Mit der medialen Arterie sichern die beiden Gefäße die Blutversorgung der Menisken und der Gelenkstrukturen im unteren Bereich des Knies. Die laterale Arterie zieht über den Fibulakopf (Caput fibulae) zur Vorderseite. Ihre Endäste bilden Anastomosen und enden im Rete articulare genus.
Arteriae surales
Die Arteriae surales sind kleine Äste der Arteria poplitea, die die kranialen Teile der Unterschenkelflexoren versorgen. Zu dieser Muskelgruppe zählen der Musculus gastrocnemius, Musculus soleus und der Musculus plantaris. Sie bilden Anastomosen mit anderen Ästen der Arteria poplitea, zum Beispiel mit der Arteria tibialis posterior.
Arteria tibialis anterior
Die Arteria tibialis anterior ist der letzte Abgang der Arteria poplitea. Zwei Venen und im unteren Abschnitt der Nervus peroneus profundus begleiten sie in ihrem Verlauf. Nach dem Durchbruch der Membrana interossea cruris zieht sie lateral des Musculus tibialis anterior auf der Vorderfläche der Membrana interossea entlang. Anschließend unterkreuzt sie die Sehne des Musculus extensor hallucis longus und geht in ihren Endast, die Arteria dorsalis pedis, über.
In ihrem Verlauf gibt sie zahlreiche Äste zur Versorgung des vorderen Unterschenkels und des Fußrückens ab. Als wichtige Anastomosen ist die Verbindung mit der Arteria tibialis posterior auf Höhe des Knöchels zu nennen. Durch die Gefäßverbindung bildet sich am lateralen Knöchel das Rete malleolare laterale und am medialen Knöchel das Rete malleolare mediale.
Arteria tibialis posterior
Nach dem Abgang der Arteria tibialis anterior zieht die Arteria poplitea als Arteria tibialis posterior nach kaudal weiter. Sie verläuft gemeinsam mit dem Nervus tibialis unter dem Wadenkanal hindurch. Anschließend zieht sie unter dem tiefen Blatt der Fascia cruris am Sulcus malleolaris medialis zum medialen Knöchel.
Im Verlauf gibt sie Äste ab, die den hinteren Unterschenkel und die Fußsohle versorgen. Als wichtige Abgänge sind die Arteria fibularis, Arteria plantaris medialis und die Arteria plantaris lateralis zu nennen.
Arteria poplitea – Klinik
Die Arteria poplitea hat durch ihre zentrale Lage in der Kniekehle und ihre funktionelle Bedeutung eine hohe klinische Relevanz. Zu den häufigsten Erkrankungen und Verletzungen zählen folgende Vorkommnisse:
- Popliteales Aneurysma:
Dies ist die häufigste periphere arterielle Aneurysmaform und tritt vor allem bei älteren Männern auf. Definitionsgemäß handelt es sich um ein Aneurysma, wenn die Arterie zum Beispiel um mindestens zwei Zentimeter erweitert ist. Symptomatisch tritt unter Umständen eine Schwellung in der Kniekehle, Schmerzen oder Druck auf benachbarte Nerven und Gefäße auf.
Es besteht die Gefahr, dass ein unbehandeltes Aneurysma durch Thrombose oder Embolie zu schweren Durchblutungsstörungen im Bein führen kann. Therapeutisch kann bei großen oder symptomatischen Aneurysmen eine Gefäßrekonstruktion erfolgen. Dabei legt man einen autologen Venenbypass an oder legt einen Stent ein.
- Gefäßverletzungen:
Verletzungen der Arteria poplitea können bei Knieverletzungen oder Frakturen des Oberschenkel- oder Schienbeinknochens auftreten. Aufgrund ihrer zentralen Lage und der engen Umgebung kann ein Gefäßriss zu schweren Durchblutungsstörungen oder Blutverlust führen.
Die Untersuchung der Arteria poplitea erfolgt häufig mittels Doppler-Ultraschall, CT-Angiografie oder MR-Angiografie. In der Therapie kommen je nach Krankheitsbild minimalinvasive Eingriffe (zum Beispiel Stents), Bypass-Operationen oder in seltenen Fällen auch Amputationen zum Einsatz.
- Popliteales Kompressionssyndrom:
Das popliteale Kompressionssyndrom, auch bekannt als popliteales Entrapmentsyndrom, ist eine seltene Ursache für Gefäßpathologien, insbesondere bei jungen, athletischen Männern mit Claudicatio-Symptomatik. Es resultiert aus einer Kompression der Arteria poplitea durch hypertrophierte Muskulatur oder abweichende Verläufe von Gefäßen sowie umgebenden Muskel- oder Sehnenstrukturen. Diese anatomischen Anomalien können zu einer verminderten Durchblutung des Unterschenkels führen, was sich in belastungsabhängigen Schmerzen äußert. Die Diagnose erfordert eine sorgfältige klinische Untersuchung und bildgebende Verfahren. Therapeutisch ist häufig eine operative Freilegung und Entlastung der Arterie notwendig, um die normale Durchblutung wiederherzustellen und Komplikationen zu vermeiden.
Popliteale Arterienstenose
Durch Arteriosklerose kann es zu einer Verengung der Arteria poplitea kommen, was die Durchblutung des Unterschenkels beeinträchtigt. Der Verschluss kann im Rahmen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) auftreten. Von einer pAVK vom Oberschenkeltyp, worunter etwa 50 Prozent der Erkrankungen fallen, spricht man, wenn die Stenose im Bereich der Arteria femoralis oder der Arteria poplitea auftritt. Der Unterschenkeltyp beschreibt Stenosen unterhalb der Arteria poplitea, zum Beispiel, wenn die Arteria tibialis anterior oder posterior betroffen ist.
Die Erkrankung verläuft in frühen Stadien häufig asymptomatisch. Später können Leitsymptome wie die Claudicatio intermittens auftreten. Dabei handelt es sich um belastungsabhängige krampfartige Ischämieschmerzen, die durch Pausen und Tieflagerung verbessert werden können. Bei einer kritischen Extremitätenischämie kann ein ischämischer Ruheschmerz, trophische Störungen der Haut und kalte, blasse Haut auftreten.
Die Behandlung erfolgt je nach vorliegendem Stadium. Bei einer frühen Erkennung nutzt man konservative Möglichkeiten wie Gehtraining und Nikotinverzicht. Interventionelle und chirurgische Methoden, wie etwa die Angioplastie oder Bypass-Operationen, können den Blutfluss in höheren Stadien wiederherstellen. Bei allen Stadien ist eine medikamentöse Behandlung und das Einstellen des Blutdrucks und Zuckers hilfreich.
- Aumüller G et. al., Duale Reihe Anatomie, 6. Auflage, Thieme
- Kompressionssyndrome, https://www.springermedizin.de/... , (Abrufdatum: 28.11.2024)
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 28.11.2024)
- Aneurysma, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 28.11.2024)
- Leitungsbahnen der unteren Extremität, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 28.11.2024)