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Die menschliche Haut ist ein hochspezialisiertes Sinnesorgan, das eine Vielzahl von Reizen wahrnehmen kann. Eine der wichtigsten Strukturen für die Wahrnehmung von Berührungen sind die Meissner-Tastkörperchen. Diese Mechanorezeptoren sind speziell darauf ausgelegt, leichte Druckveränderungen und Vibrationen wahrzunehmen und tragen maßgeblich zum feinen Tastsinn bei. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei alltäglichen Aufgaben wie dem Erkennen von Oberflächenstrukturen oder dem Lesen von Braille-Schrift. Wo genau sie sich am Körper befinden, wie sie aufgebaut und welche Funktionen sie übernehmen, behandelt dieser Artikel.
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Meissner-Tastkörperchen – Definition
Bei Meissner-Tastkörperchen, die auch als Corpusculum tactus bezeichnet werden, handelt es sich um spezialisierte Mechanorezeptoren der Haut. Sie befinden sich in den oberflächlichen Schichten der Dermis und sind für die Wahrnehmung von leichten Berührungen und niederfrequenten Vibrationen verantwortlich.
Meissner-Tastkörperchen – Lokalisation und Aufbau
Meissner-Tastkörperchen sind vor allem in der Leistenhaut lokalisiert, wo sie im Stratum papillare der Dermis, also in der obersten Schicht der Lederhaut, liegen. Sie finden sich besonders dicht in Bereichen, die für die Feinmotorik und den präzisen Tastsinn entscheidend sind. Dazu gehören die Fingerkuppen, die Handflächen und die Lippen. Diese Hautareale weisen eine hohe Rezeptordichte auf, wodurch sie selbst kleinste Druckveränderungen wahrnehmen können. Zudem kommen sie auch im Bindegewebe von Penis, Anus und Mundschleimhaut vor, wo sie ebenfalls empfindliche Aufgaben erfüllen.
In der behaarten Haut fehlen Meissner-Tastkörperchen. Hier übernehmen Haarfollikel-Sensoren mit ähnlicher Funktion die Wahrnehmung von Berührungsreizen. Diese sind an die Haarwurzeln gekoppelt und reagieren auf Bewegungen der Haare.
Anatomisch sind Meissner-Körperchen längliche, zapfenartige Strukturen mit einer Größe von etwa 80 bis 150 Mikrometern in der Länge und 20 bis 40 Mikrometern in der Breite. Sie bestehen aus einer Bindegewebskapsel, die die Struktur in ihrer Umgebung fixiert und schützt. Innerhalb dieser Kapsel befinden sich abgeflachte Schwann-Zellen, die in einer Art Stapel übereinander angeordnet sind. Diese Anordnung ermöglicht eine effektive Signalübertragung. Ein oder mehrere myelinisierte Nervenfasern treten in das Körperchen ein, verlieren jedoch nach kurzer Strecke ihre Myelinscheide. Die unmyelinisierten Endfasern verzweigen sich weiter und bilden kleine, kolbenförmige Endungen, die empfindlich auf Druckveränderungen reagieren.
Entwicklung der Meissner-Tastkörperchen
Die Entwicklung dieser Rezeptoren wird durch den Wachstumsfaktor BDNF und dessen Rezeptor TrkB gesteuert. Störungen in diesem Signalweg können zu einer Fehlbildung oder einem Mangel an Meissner-Tastkörperchen führen.
Meissner-Tastkörperchen – Funktionen
Meissner-Körperchen gehören zur Gruppe der schnell adaptierenden Mechanorezeptoren. Sie reagieren ausschließlich auf Veränderungen eines mechanischen Reizes und feuern daher nur bei Bewegungen oder Druckveränderungen. Ihre Fähigkeit, selbst minimale Veränderungen wahrzunehmen, ermöglicht es dem Menschen, feine Strukturen zu ertasten und eng benachbarte Reize zu unterscheiden. Die optimale Empfindlichkeit liegt im Frequenzbereich von 20 bis 50 Hertz.
Bedeutung für den Tastsinn
Die Meissner-Tastkörperchen sind für die präzise Wahrnehmung leichter Berührungen und niederfrequenter Vibrationen unverzichtbar. Sie ermöglichen es, feine Unterschiede in Oberflächenstrukturen wahrzunehmen, was insbesondere für Tätigkeiten wie das Ertasten von Objekten, die Nutzung von Werkzeugen oder das Lesen von Braille-Schrift von großer Bedeutung ist. Ihre rezeptiven Felder sind klein und dicht beieinander, wodurch sie eng benachbarte Reize differenzieren können.
Diese hohe Auflösung ist besonders in den Fingerkuppen von Vorteil, wo eine enorme Anzahl an Tastkörperchen vorhanden ist. Durch ihre schnelle Adaptation reagieren sie nur auf Veränderungen der Druckintensität und sind somit ideal, um Bewegungen oder das Gleiten eines Objekts über die Haut wahrzunehmen. Dieser Mechanismus unterstützt eine effiziente und differenzierte Verarbeitung taktiler Reize.
Zusätzlich arbeiten die Meissner-Tastkörperchen eng mit anderen Mechanorezeptoren wie Merkel-Zellen, Ruffini-Körperchen und Vater-Pacini-Körperchen zusammen. Während die Meissner-Tastkörperchen Geschwindigkeitssensoren sind, übernehmen diese anderen Rezeptoren die Wahrnehmung von Druckintensität, Dehnung oder Vibrationen unterschiedlicher Frequenzbereiche. Gemeinsam bilden sie ein fein abgestimmtes System, das eine präzise und vielseitige taktile Wahrnehmung ermöglicht.
Relevanz in der Medizin und Forschung
Die Meissner-Tastkörperchen sind nicht nur für die alltägliche Sinneswahrnehmung von Bedeutung, sondern spielen auch eine wichtige Rolle in der medizinischen Diagnostik und Forschung. Veränderungen ihrer Funktion können auf neurologische Erkrankungen wie Diabetes oder periphere Neuropathien hinweisen. Zudem wird ihr feines Auflösungsvermögen in der Entwicklung taktiler Prothesen und künstlicher Haut nachgeahmt, um Menschen mit sensorischen Einschränkungen eine bessere Lebensqualität zu ermöglichen.
- Lüllmann-Rauch, R et al., Taschenlehrbuch Histologie (Thieme, 6. Auflage, 2019)
- Taktiles System, https://next.amboss.com/... (Abrufdatum: 31.12.2024)