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Die Vena poplitea ist eine tiefe Vene der unteren Extremität und verläuft durch die Kniekehle. Sie ist von besonderer klinischer Relevanz, da sie häufig von tiefen Venenthrombosen (TVT) betroffen ist. Ihre anatomische Lage und enge Beziehung zur Arteria poplitea machen sie auch bei Verletzungen oder chirurgischen Eingriffen zu einer wichtigen Struktur. Der Artikel geht auf die anatomischen Grundlagen ein und beschäftigt sich im Anschluss mit der klinischen Relevanz der Vene.
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Vena poplitea – Definition
Die Vena poplitea ist eine tiefe Vene, die das venöse Blut aus dem Unterschenkel sammelt und in die Vena femoralis weiterleitet.
Sie gehört zum tiefen Venensystem der unteren Extremität und ist essenziell für den venösen Rückfluss zum Herzen. Die Venenklappen verhindern einen Rückfluss des Blutes und ermöglichen gemeinsam mit der Muskelpumpe einen effizienten Transport gegen die Schwerkraft.
Muskelpumpe
Die Muskelpumpe ist ein physiologischer Mechanismus, der den venösen Rückfluss zum Herzen unterstützt, insbesondere in den unteren Extremitäten. Beim Anspannen der Waden- und Oberschenkelmuskulatur, etwa beim Gehen, werden die Venen komprimiert, wodurch das Blut nach proximal in Richtung Herz gedrückt wird. Venenklappen verhindern dabei den Rückfluss in die falsche Richtung. In der Entspannungsphase der Muskeln erweitern sich die Venen wieder, wodurch neues Blut aus den Kapillaren und oberflächlichen Venen angesaugt wird. Dieses zyklische Zusammenspiel aus Muskelkontraktion und Venenklappenfunktion fördert eine effiziente venöse Zirkulation und beugt Blutstauungen sowie Thrombosen vor.
Vena poplitea – Anatomie und Verlauf
Die Vena poplitea entsteht aus dem Zusammenfluss der Venae tibiales anteriores und posteriores auf Höhe der Kniekehle (Fossa poplitea). Zusätzlich münden die Vena fibularis und kleinere begleitende Venen in sie. Sie verläuft durch die Fossa poplitea, eine anatomische Vertiefung an der Rückseite des Kniegelenks.
Die Arteria poplitea verläuft eng benachbart, wobei die Vene meist oberflächlicher liegt. Auch Nervenstrukturen wie der Nervus tibialis und der Nervus fibularis communis befinden sich in unmittelbarer Nähe.
Nach proximalem Verlauf durch die Kniekehle tritt die Vena poplitea durch den Hiatus adductorius (Adduktorenkanal) in den Oberschenkel ein und setzt sich anschließend als Vena femoralis fort.
Anatomische Varianten
In etwa 20 Prozent der Fälle ist die Vena poplitea als anatomische Variante ausgebildet. Die können bei der Diagnostik von Thrombosen, bei chirurgischen Eingriffen und bei Gefäßrekonstruktionen relevant sein.
Man unterscheidet hierbei zwischen Varianten in der Anzahl und Morphologie, Varianten im Verlauf, sowie Varianten im Bezug auf die Arteria poplitea.
Zu ersterer Gruppe zählen zum Beispiel dublikate (doppelte) oder triplikate (dreifache) Vene vorliegen kann. Der Blutfluss kann sich zwischen den Gefäßen ungleich verteilen, was eine Thromboseentstehung begünstigen kann. In seltenen Fällen kommt es zu einer unterentwickelten (hypoplastischen) oder fehlenden (aplastischen) Vene. Dann übernehmen Kollateralvenen, wie die Vena saphena parva oder der Venenplexus um das Kniegelenk die Drainage.
Im Verlauf kann die Vene entweder höher oder tiefer entspringen. Liegt ein hoher Ursprung vor, entsteht sie proximaler als üblich, etwa am Übergang zum Oberschenkel. Bei einem tiefen Ursprung fließt sie tiefer als normal zusammen. Außerdem können die Seitenäste in ihrer Einmündung variieren.
Selten kommt es vor, dass die Vene tiefer als die Arteria poplitea liegt oder sie ringförmig umschließt. Dann ist die Gefahr von Stenosen und Gefäßkompressionen insbesondere bei Kniebewegungen erhöht.
Vena poplitea – Physiologische Funktion
Die Vena poplitea spielt eine Schlüsselrolle im venösen Rückstrom aus dem Unterschenkel zum Herzen. Durch die Aktivität der Wadenmuskelpumpe wird der Blutfluss unterstützt.
Die Venenklappen verhindern einen Rückfluss des Blutes und sichern einen gerichteten Fluss nach proximal. Eine Insuffizienz dieser Klappen kann langfristig zu venösen Erkrankungen wie der chronisch venösen Insuffizienz (CVI) führen.
Die Vena poplitea verbindet außerdem das tiefe Venensystem mit oberflächlichen Venen wie der Vena saphena parva, die über Perforansvenen in sie einmündet.
Vena poplitea – Klinische Bedeutung
Die popliteale tiefe Venenthrombose (TVT) ist ein gefährliches Krankheitsbild mit Bezug zur Vena poplitea. Eine tiefe Venenthrombose in der Vena poplitea kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden. Dazu zählen zum Beispiel lange Immobilisation (etwa nach Operationen oder langen Reisen), vorhandene Gerinnungsstörungen (zum Beispiel eine Faktor-V-Leiden-Mutation), andere hormonelle Einflüsse (orale Kontrazeptiva, Schwangerschaft) oder eine traumatische Gefäßverletzung.
Als Therapieoptionen stehen neben der Antikoagulation (Blutverdünnung) mit Heparin oder DOAKs (direkte orale Antikoagulanzien) die Kompressionstherapie zur Reduktion von Ödemen oder in schweren Fällen eine Thrombektomie oder kathetergestützte Lysetherapie zur Verfügung.
Als eine seltene, aber schwerwiegende Form der TVT kann die Phlegmasia cerulea dolens auftreten. Sie kennzeichnet sich mit einer massiven venösen Stase, Ödemen und drohendem Gewebeuntergang. Eine Notfallbehandlung mit Thrombolyse oder einer mechanischen Thrombektomie muss umgehend erfolgen. Bei einer poplieatlen Thrombose liegt außerdem ein mittleres bis hohes Risiko vor, eine Lungenembolie zu entwickeln, weshalb eine frühzeitige Antikoagulation essenziell ist.
Popliteale Venenkompression
Die anatomischen Engstellen in der Kniekehle, etwa durch den Musculus gastrocnemicus oder eine Baker-Zyste, begünstigen eine TVT und chronische venöse Stauungen.
Chronische venöse Insuffizienz (CVI)
Eine Insuffizienz der Venenklappen der Vena poplitea kann langfristig zu einer chronischen venösen Insuffizienz führen. Symptome umfassen neben Ödemen eine Hyperpigmentierung der Haut und ein mögliches Ulcus cruris venosum (offenes Bein).
Verletzungen der Vena poplitea
Durch ihre tiefe Lage wird die Vene selten isoliert verletzt. Allerdings können Knieverletzungen, Luxationen oder chirurgische Eingriffe zu Schäden führen. Akute Verletzungen erfordern eine schnelle Diagnostik, etwa mittels der Sonografie oder einer Angiographie und gegebenenfalls eine operative Versorgung.
Vena poplitea – Bedeutung für die Praxis
Bei Risikopatienten ist die Prävention von Thrombosen von hoher Bedeutung. Dazu zählen Patienten mit Gerinnungsstörungen, Personen, die orale Antikonzeptiva einnehmen oder bettlägerige Patienten nach einer Operation oder im Rahme einer Pflegebedürftigkeit.
Zur Prävention eignet sich vor allem die regelmäßige Bewegung zur Aktivierung der Muskelpumpe, die Kompressionstherapie zur Unterstützung des venösen Rückflusses und eine Antikoagulation bei Risikopatienten.
- Aust G et. al., Duale Reihe Anatomie (Thieme, 6. Auflage, 2024)
- Leitungsbahnen der unteren Extremität, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 08.02.2025)
- Unterschenkel, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 08.02.2025)
- Oberschenkel und Knie, https://next.amboss.com/... , (Abrufdatum: 08.02.2025)