Junge Pflegekräfte wandern nach der Ausbildung ins akademische Studium ab, Intensivpflegekräfte verlassen nach wenigen Jahren den Beruf: Der Personalmangel in den Kliniken nimmt zu.
Eine aktuelle Umfrage geht jetzt der Altersstruktur der Pflegekräfte in den deutschen Kliniken und Krankenhäusern nach und kommt zu dem Ergebnis, dass gerade in der Altersgruppe der 20- bis 30-jährigen zu wenige examinierte Pflegekräfte vorhanden sind.
Umfrage unter mehr als 50.000 Pflegekräften
Die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) wollte wissen, wie sich die Altersstruktur der Pflegekräfte in den kommenden Jahren entwickelt. Um dieser Frage nachzugehen, haben die Forscher 111 Krankenhäuser angeschrieben und Antworten von 53.339 Pflegekräften erhalten.
In der Altersgruppe der 30- bis 60-jährigen liegt die Zahl der Pflegekräfte dabei relativ konstant bei knapp unter 10.000 Personen. Darüber hinaus gibt es eine hohe Zahl von Auszubildenden, die mehr als die Hälfte der Pflegekräfte unter 30 Jahren ausmachen. Am geringsten ist die Anzahl von Pflegekräften über 60 Jahren mit knapp 2.500 Personen, was sich unter anderem auf die hohe Arbeitsbelastung zurückführen lässt.
37 Prozent aller Intensivpflegekräfte planen den Beruf zu verlassen
Die unter 30-jährigen sind zwar zahlenmäßig die größte Gruppe, mit rund 13.500 Personen, machen insgesamt aber nur 13 Prozent aller Pflegekräfte aus. Das zeigt eine aktuelle Erhebung der Landespflegekammer Schleswig-Holstein. Insbesondere die Zahl der examinierten Pflegekräfte in diesem Alter liegt weit unter der Zahl in anderen Altersgruppen. Um auch in Zukunft eine angemessene Versorgung aufrechtzuerhalten, werden aber gerade viele examinierte Pflegekräfte im Alter von 20 bis 30 Jahren benötigt. In den Altersgruppen darüber kommt es nämlich zu einer hohen Fluktuation.
Beispielhaft zeigt das eine Umfrage unter Intensivpflegekräften, die im Deutschen Ärzteblatt erschienen ist. Demnach planen 37 Prozent der Intensivpflegekräfte, in den nächsten fünf Jahren den Beruf zu wechseln. Weitere 33 Prozent möchten ihre Arbeitszeit reduzieren. Auch allgemein ist die Bereitschaft, den Pflegeberuf zu verlassen, gestiegen. Im Jahr 2015 konnten sich bereits 40 Prozent aller Pflegekräfte vorstellen, den Beruf zu verlassen. In den Jahren 1999/2000 waren es nur 17 Prozent.
Ursachen für die hohe Fluktuation
Wo liegen die Ursachen für die Unzufriedenheit mit dem Pflegeberuf und die damit einhergehende hohe Fluktuation? Die Umfrage unter den Intensivpflegekräften nennt vor allem die immer höhere Arbeitsbelastung bei geringer Entlohnung und fehlender Perspektive als Grund. Die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen lässt sich unter anderem auf den steigenden ökonomischen Druck zurückführen, dem Krankenhäuser ausgesetzt sind.
Hinzu kommt ein zunehmender Drang zur Akademisierung. Jüngere Menschen lassen sich zum Beispiel zur Pflegefachkraft ausbilden, während sie auf einen Studienplatz im Bereich Humanmedizin warten.
Wie lässt sich dem Pflegenotstand vorbeugen?
Die hohe Fluktuationsrate und ein leerer Arbeitsmarkt führen dazu, dass im Bereich der Intensiv- und Notfallmedizin bereits jetzt nicht mehr alle Betten betrieben werden können, die in den vergangenen Jahren aufgebaut worden sind. Im europäischen Vergleich hat Deutschland zwar das drittmeiste Pflegepersonal pro Einwohner, allerdings auch das wenigste Pflegepersonal pro stationärem Fall. Pflegekräfte gibt es also in Deutschland genug, insbesondere in der Intensivpflege sind diese aber häufig in der außerklinischen Betreuung gebunden, beispielsweise in der Heim-Beatmung von Patienten.
Um einem Pflegenotstand vorzubeugen, müssen Krankenhäuser daher vor allem den Personalschlüssel für Pflegekräfte und Ärzte überdenken. Das könnte auch mit der Schließung von Betten und der Zusammenlegung von Krankenhäusern einhergehen. Zudem muss sich die Work-Life-Balance des Pflegeberufs verbessern, damit dieser wieder interessanter wird und Pflegekräfte den Beruf nicht vorzeitig verlassen.