Seit Jahren klagt die Pflegebranche, dass sich nur wenige junge Menschen für eine Ausbildung in diesem Berufszweig entscheiden. Sogar von einem Pflegenotstand ist die Rede, wenn man die stagnierende bis rückläufige Entwicklung der Pflegeberufsanfänger betrachtet. Mittlerweile befindet sich die Situation im Wandel und Pflegeberufe gewinnen an Attraktivität zurück, dennoch gibt es noch viel zu tun, bis der Pflegenotstand beendet ist.
Ein Berufsbild im Wandel
Gesundheits- und Krankenpfleger arbeiten nicht nur in Krankenhäusern und Facharztpraxen, sondern auch in Pflegeheimen, Sanatorien und bei ambulanten Pflegediensten. Sie unterstützen bei den Behandlungen nach ärztlicher Anweisung, leisten Betreuung, führen Pflegemaßnahmen aus und dokumentieren diese. Das anspruchsvolle Aufgabenfeld in Pflegeberufen umfasst gründliches, konzentriertes Arbeiten unter Zeitdruck. Aber auch Empathie für Hilfsbedürftige sowie Verantwortungsbewusstsein und hohe soziale Intelligenz sind untrennbar mit Pflegeberufen verbunden.
Während Pflegeberufe bis noch vor wenigen Jahren als fast ausschließliche Frauendomäne galten, hat sich das Berufsfeld heute etwas weiter geöffnet. Wo junge Frauen in ihrer Entscheidung für einen Pflegeberuf oft vom Umfeld bestärkt werden, erfahren interessierte junge Männer eher weniger wohlwollende Resonanz. Geschlechterklischees, die sich an dieser Stelle noch hartnäckig halten, müssen endlich durchbrochen werden, um dieses anspruchsvolle Berufsbild auch für junge Männer zur Option zu machen. Gerade, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf betrifft, kommen Pflegeberufe schlecht weg. Weil immer noch meistens Frauen in Pflegeberufen arbeiten, ist Teilzeitarbeit weit verbreitet.
Warum sind Pflegeberufe so unattraktiv?
Der massive Fachkräftemangel in Pflegeberufen sorgt für Stellen, die nur nach langer Suche wieder wieder besetzt werden können. Für ausgeschriebene Krankenpfleger-Stellen beträgt die Vakanzdauer durchschnittlich 149 Tage, bei Altenpfleger-Stellen sind es sogar 186 Tage. In der Altenpflege sieht es besonders schlecht aus: Hier haben durchschnittlich 26 Bewerber die Wahl aus 100 offenen Stellen. Nachwuchs gibt es in Pflegeberufen kaum, denn seit 2012 ist kein Anstieg der Auszubildenden in Pflegeberufen zu verzeichnen.
Ohne Frage spielen die Arbeitsbedingungen in Pflegeberufen eine große Rolle für die abnehmende Attraktivität. Der Arbeitsalltag in der Pflege ist gekennzeichnet von hoher körperlicher wie psychischer Belastung. Der Stress, welcher den Arbeitsalltag prägt, schlägt sich allerdings im Gegensatz zu anderen Berufszweigen keineswegs positiv in der Bezahlung nieder. Nur etwa 20 Prozent der Altenpflegerstellen werden tarifgebunden bezahlt. Aber auch andere Pflegeberufe sind im Vergleich schlecht bezahlt und mit nur geringer Wertschätzung belegt.
Wie können Pflegeberufe in Zukunft attraktiver werden?
Weil der Pflegenotstand bereits heute ein Ausmaß angenommen hat, das die Versorgung von Hilfebedürftigen kaum noch gewährleisten kann, ist der Handlungsbedarf dringlich. Dazu gehört zum einen die Verbesserung der Aus- und Weiterbildung. Hier wurden eine Ausweitung der Weiterbildungseinrichtungen sowie der Schul- und Studienplätze beschlossen. Geplant ist auch, bis zum Jahr 2023 mindestens 5000 Plätze zur Weiterbildung zur Pflegehelferin zu schaffen. Diese Maßnahme ist besonders bedeutsam für Quereinsteiger, die einen Pflegeberuf erlernen möchten. Für bereits ausgebildete Pflegekräfte, die in ihren Beruf zurückkehren möchten, sollen Nachqualifizierungen geschaffen werden.
Anders als in vielen anderen Berufen gab es bislang in Pflegeberufen kaum Aufstiegschancen. Mit einem Programm zur Weiterqualifizierung, der bis zur examinierten Pflegefachkraft reicht, soll sich das ändern.
Angemessene Bezahlung wäre ein wichtiges Signal
Dass sich einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitus Sinus zufolge im Frühjahr 2020 bereits jeder fünfte Jugendliche das Ausüben eines Pflegeberufs vorstellen kann, ermutigt vor dem Hintergrund der Baustellen, die es in diesem Berufszweig noch gibt. Aber auch die Bestrebungen zur besseren Qualifizierung von Pflegepersonal sorgen für steigende Attraktivität. Je besser die Qualifizierung einer Pflegekraft, desto besser ist schließlich auch die Versorgung der Patienten. Aber nicht nur die Art und Weise der Qualifizierung spielt eine Rolle. Gerade die Bezahlung in Pflegeberufen sieht sich nach wie vor scharfer Kritik ausgesetzt. Hier einen Ausgleich zu schaffen und eine der hohen Qualifizierung und Belastung angemessene Bezahlung festzuschreiben wäre sicherlich ein wichtiges – und überfälliges – Signal.