Es ist ein gängiges Vorurteil: Altenpfleger verdienen grundsätzlich schlecht. Eine aktuelle Studie des Sinus-Instituts zeigt, dass der erwartete geringe Verdienst viele junge Leute davon abhält, eine Ausbildung im Bereich der Altenpflege zu beginnen. Eine Umfrage unter den einzelnen Trägern hat nun ermittelt, wie hoch das Gehalt von Altenpflegern tatsächlich ausfällt – und liefert überraschende Ergebnisse.
Sind Pflegeberufe wirklich schlecht bezahlt?
Im Juli 2020 hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) die Ergebnisse der Studie “Kindertagesbetreuung & Pflege – Attraktive Berufe?” des Sinus-Instituts für Markt- und Sozialforschung vorgestellt. Demnach finden viele Jugendliche Pflegeberufe durchaus attraktiv. 21 Prozent der Befragten im Alter zwischen 14 und 20 Jahren könnten sich vorstellen, in der Pflege zu arbeiten. Die Tätigkeit wird als anspruchsvoll und abwechslungsreich wahrgenommen. Doch nur ein Bruchteil entscheidet sich tatsächlich für eine Ausbildung in der Altenpflege. Die Gründe: Viele Jugendliche gehen davon aus, in der Pflege nur ein geringes Gehalt zu verdienen. Außerdem erscheinen ihnen die Weiterentwicklungs- und Karrieremöglichkeiten unattraktiv.
Doch verdienen Altenpflegekräfte wirklich so schlecht? Der Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit zeigt ein anderes Bild. Demnach erhält eine Altenpflegehelferin nach einjähriger Ausbildung ein durchschnittliches Gehalt von 2.035 Euro brutto im Monat. Das ist deutlich mehr, als beispielsweise eine Frisörin mit dreijähriger Ausbildung bekommt. Diese verdient im bundesweiten Schnitt nur 1.626 Euro im Monat.
Eine examinierte Altenpflegefachkraft mit dreijähriger Ausbildung kommt sogar auf durchschnittlich 2.877 Euro brutto im Monat – und verdient damit mehr als eine Fachgehilfin für Steuer- und Wirtschaftsberatung (2.760 Euro). Wer sich zur Pflegedienstleitung (PDL) weiterqualifiziert, erreicht ein durchschnittliches Bruttogehalt von 3.921 Euro im Monat. Das entspricht in etwa dem Gehalt eines Grundschullehrers.
Bei diesen Trägern verdienen Altenpfleger überdurchschnittlich gut
Bei diesen Zahlen handelt es sich allerdings nur um reine Durchschnittswerte. Das konkrete Gehalt unterscheidet sich nicht nur je nach Bundesland, sondern vor allem auch von Träger zu Träger. Das Portal pflege-online.de hat bei den verschiedenen Trägern von Altenpflegeeinrichtungen in Deutschland nachgefragt und um eine differenzierte Aufstellung der Gehälter gebeten.
Nicht alle Anbieter antworteten auf die Anfrage. Am Ende legten fünf Träger ihre Gehaltsstrukturen offen: die Diakonie, die Caritas, die Johanniter-Unfallhilfe e.V., die Agaplesion gAG und die Evangelische Heimstiftung GmbH aus Stuttgart. Bei allen fünf Trägern verdienen Altenpflegekräfte überdurchschnittlich gut.
Grundgehalt für Pflegehilfskräfte
Dieses Grundgehalt erhält etwa eine Altenpflegehelferin mit fünfjähriger Berufserfahrung bei den einzelnen Trägern (jeweils Bruttoverdienst im Monat):
Träger | Gehalt |
Evangelische Heimstiftung | 2.760 Euro |
Caritas | 2.700 Euro |
Diakonie | 2.630 Euro |
Johanniter | 2.540 Euro |
Agaplesion | 2.363 Euro |
Mit zehn Jahren Berufserfahrung sind für eine Hilfskraft die folgenden Grundgehälter möglich:
Träger | Gehalt |
Caritas | 3.000 Euro |
Diakonie | 2.760 Euro |
Johanniter | 2.660 Euro |
Agaplesion | 2.433 Euro |
Grundgehalt für examinierte Altenpflegekräfte
Eine höhere Qualifizierung sichert auch ein höheres Gehalt. Eine Fachkraft mit fünf Jahren Berufserfahrung kann mit diesem Grundgehalt rechnen:
Träger | Gehalt |
Evangelische Heimstiftung | ca. 3.360 Euro |
Caritas | 3.000 Euro |
Diakonie | 3.355 Euro |
Johanniter | 3.090 Euro |
Agaplesion | 2.940 Euro |
Bei der Diakonie fällt der Gehaltssprung von der Hilfskraft zur examinierten Fachkraft mit etwa 725 Euro am größten aus. Bei der Caritas ist er mit etwa 300 Euro am geringsten.
Eine Fachkraft mit zehn Jahren Berufserfahrung bringt es auf das folgende Grundgehalt:
Träger | Gehalt |
Evangelische Heimstiftung | ca. 3.680 Euro |
Caritas | 3.270 Euro |
Diakonie | 3.516 Euro |
Johanniter | 3.240 Euro |
Agaplesion | 3.092 Euro |
Eine PDL kann bis zu 5.460 Euro verdienen
Bei der Diakonie kann eine PDL ein Bruttomonatsgehalt von bis zu 5.460 Euro erzielen. Der konkrete Verdienst hängt allerdings von der Größe der Organisationseinheit ab. In einer kleinen Einheit erhält eine PDL mit zehn Jahren Berufserfahrung nur 4.230 Euro. Bei den Johannitern verdienen PDL etwa 300 bis 400 Euro weniger.
Bei den Gehältern macht sich dabei auch ein Nord-Süd- sowie ein Ost-West-Gefälle sichtbar. Die Evangelische Heimstiftung ist im Stuttgarter Raum tätig, wo auch die Lebenshaltungskosten relativ hoch sind, und zahlt entsprechend hohe Gehälter. Bei der Agaplesion gAG aus Berlin fallen die Grundgehälter deutlich geringer aus.
5 bis 10 Prozent Zuschläge auf das Grundgehalt
Zum Grundgehalt kommen noch Zuschläge für Schicht- und Nachtdienst, Sonntagsarbeit sowie Kinderzulagen hinzu. Auf diese Weise erhöht sich das Bruttogehalt noch einmal um mindestens fünf bis zehn Prozent. Bei der Evangelischen Heimstiftung erhält eine Hilfskraft mit fünf Jahren Berufserfahrung inklusive Zuschläge zum Beispiel ein Bruttomonatsgehalt von 2.806,62 Euro. Eine Pflegefachkraft verdient mit fünf Jahren Berufserfahrung inklusive Zuschläge 3.877,96 Euro brutto im Monat. Und eine PDL bringt es nach fünf Jahren im Beruf inklusive Zuschläge auf 4.398,09 Euro.
Bei der Caritas erhalten Beschäftigte darüber hinaus eine “Sonderjahresvergütung”, die im November ausbezahlt wird. Für Hilfs- und Fachkräfte beträgt diese Sondervergütung 86 Prozent des Monatsgehalts, für Wohnbereichs- und Pflegedienstleitungen 76 Prozent. Bei Agaplesion bekommen Beschäftigte eine Jahressonderzahlung in Höhe von 98 Prozent ihrer Bruttovergütung ausbezahlt, Azubis 80 Prozent. Diakonie und Johanniter zahlen sogar ein ganzes Bruttomonatsgehalt.
So viel verdienen Auszubildende in der Altenpflege
Auch Auszubildende im Bereich der Altenpflege verdienen relativ gut. Im ersten Jahr liegt das Ausbildungsgehalt bei 1.100 Euro, im zweiten bei 1.200 Euro und im dritten bei 1.300 Euro brutto im Monat. Die Evangelische Heimstiftung zahlt inklusive Zuschlägen sogar etwa 100 Euro mehr. Bei Agaplesion liegt bereits die Grundvergütung bei 1.200 Euro, 1.300 Euro und 1.400 Euro im Monat.
Laut einer Auswertung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung verdienen Auszubildende in der Pflege mehr als Azubis in anderen Bereichen. Im ersten Ausbildungsjahr kommen Pflege-Azubis im bundesweiten Schnitt auf einen Bruttomonatslohn von 1.161 Euro, im dritten Ausbildungsjahr auf 1.333 Euro. Damit verdienen sie deutlich mehr als Frisöre in Ausbildung oder Azubis im Handwerk, wo im ersten Jahr Gehälter von 325 Euro bzw. zwischen 550 und 850 Euro üblich sind.
Wie ist es um die Arbeitsbedingungen bestellt?
Das Gehalt für Altenpfleger fällt also je nach Träger höher aus, als viele erwarten. Doch wie ist es um die Arbeitsbedingungen bestellt? Bei der Diakonie, der Evangelischen Heimstiftung und der Caritas gilt jeweils eine 39-Stunden-Woche. Standard sind zudem 30 Urlaubstage im Jahr.
Die Johanniter haben 40 Arbeitsstunden pro Woche festgelegt, bei 29 Urlaubstagen. Ab dem 55. Lebensjahr erhalten Beschäftigte allerdings fünf Tage Sonderurlaub. Und ab Januar 2021 steigt das Tarifgehalt bei den Johannitern um 3,1 Prozent.