Nicht nur körperliche Erkrankungen hindern Menschen daran, Arbeitstätigkeit und Alltag zu erfüllen. Gerade psychische Leiden kristallisieren sich als gewichtiger Faktor heraus, wenn es um Fehltage und Ausfallzeiten von Mitarbeitern geht. Eine Untersuchung der DAK bestätigt einen seit Jahren anhaltenden, unerfreulichen Trend.
Psychische Gesundheit – ein vernachlässigter Faktor
Lange waren psychische Erkrankungen gesellschaftlich stark stigmatisiert. Betroffene fühlten sich ausgeschlossen oder für “verrückt” erklärt, wenn nicht offen gesellschaftlich geächtet. Auch, wenn sich das Sprechen über psychische Erkrankungen noch lange nicht auf einem ähnlichen Niveau normalisiert hat, wie das Sprechen über körperliche Leiden, ist man heute schon einen Schritt weiter als noch vor zehn Jahren. Das Eingeständnis, für ein psychisches Problem Hilfe zu benötigen, trifft heute bei den meisten Menschen auf Mitgefühl, nicht mehr auf Distanz. Auch Arbeitgeber haben längst erkannt, dass die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter einen großen Einfluss auf deren Leistungsfähigkeit hat. Denn in einem Arbeitsalltag, der von hoher Belastung, wechselnden Herausforderungen und zunehmender Unsicherheit geprägt ist, gedeihen psychische Erkrankungen mitunter sehr gut.
Fehltage wegen psychischer Erkrankungen steigen
Natürlich müssen Mitarbeiter, die unter körperlichen Beschwerden, die eine Arbeitstätigkeit verhindern, zuhause bleiben. Zunehmend fallen aber auch Mitarbeiter wegen psychischen Problemen aus. Eine von der Krankenkasse DAK unternommene Untersuchung der Krankmeldungen für das Jahr 2019 ergab ein durchaus beunruhigendes Bild. Die Analyse basiert auf anonymisierten Daten von etwa 2 Millionen erwerbstätigen Versicherten. Pro 100 Beschäftigte fehlten im Jahr 2019 durchschnittlich 2,6 Mitarbeiter allein wegen psychischer Probleme. Krankheitsfälle wegen psychischer Erkrankungen stiegen ebenfalls an. Hier ist ein Zuwachs von 7,0 für 2018 auf 7,4 für 2019 zu verzeichnen. Auch, wenn die Zahl von 2,6 Arbeitstagen pro 100 Mitarbeiter zunächst nicht beeindruckend klingt, muss bedacht werden, dass längst nicht jeder Betroffene sich mit dieser Diagnose krankschreiben lässt. Ebenfalls Signalwirkung hat die Tatsache, dass die Krankheitsfälle, die auf psychische Probleme zurückzuführen sind, nach wie vor ansteigen. Im Jahr 1997 hatte dieser Wert bei 2,5 gelegen.
Welche psychischen Erkrankungen sorgen für Fehltage?
An der Spitze der psychischen Erkrankungen, die für Ausfallzeiten bei Mitarbeitern sorgen, liegt die Depression. Die oft als heimliche Volkskrankheit bezeichnete Erkrankung war im Rahmen der DAK-Studie für 105 Fehltage auf 100 Versicherte verantwortlich. Mit knapp der Hälfte an Fehltagen folgt an Platz zwei das Feld der Anpassungsstörungen und Reaktionen auf schwere Belastungen. Diese sind für 59 Fehltage auf 100 Versicherte verantwortlich. Nachfolgend verursachen die neurotischen Störungen 26 Fehltage auf 100 Versicherte, die Angststörungen sorgen für 19 Fehltage.
Zu bemerken ist, dass die Geschlechterverteilung bei der Krankschreibung wegen psychischer Probleme sehr unterschiedlich ausfällt. Frauen sind im Durchschnitt mit 328 Fehltagen auf 100 Versicherte wesentlich häufiger wegen psychischer Probleme krankgeschrieben als Männer. Diese kommen auf lediglich 203 Fehltage. Festzustellen sind ebenfalls Branchenunterschiede bei den Krankschreibungen wegen psychischer Probleme. In der öffentlichen Verwaltung und im Gesundheitswesen ergaben sich 382 bzw. 338 Fehltage pro 100 Versicherte. In Verkehr, Lagerei und Kurierdiensten waren es 249, im Handel mit 248 fast genauso viele Fehltage. Ähnlich sah es auch in Bildung, Kultur und Medien aus. Hier wurden 244 Fehltage pro 100 Versicherte festgestellt. Das Schlusslicht im positiven Sinn bildet die Baubranche. Hier wurden lediglich 154 Fehltage pro 100 Versicherte wegen psychischer Probleme festgestellt.
Weitere Faktoren, welche bei der Krankschreibung wegen seelischer Erkrankungen eine Rolle spielten, waren unter anderem das Bundesland des Wohnorts. Für das Saarland wurde der Spitzenwert von 340 Fehltagen pro 100 Versicherte ermittelt, in Baden-Württemberg hingegen lediglich ein Wert von 207.
Arbeitgeber in der Pflicht
Stress am Arbeitsplatz mag eine normale Erscheinung sein, dass dieser jedoch dauerhaft krankmacht, darf nicht sein. Genauso, wie Arbeitgeber in der Pflicht sind, eine ergonomische Arbeitsplatzeinrichtung zur Verfügung zu stellen, genauso sollten sie auch für ein Arbeitsklima sorgen, das den seelischen Bedürfnissen der Mitarbeiter Sorge trägt. Eine Präventions-Mentalität wird immer wichtiger, damit Mitarbeiter am Arbeitsplatz nachhaltig gesund bleiben. Aber auch die Bundesregierung will aktiv gegen diesen Negativtrend vorgehen. Die “Offensive für psychische Gesundheit” soll unter anderem das Tabu, welches psychische Erkrankungen umgibt, mit einer Aufklärungskampagne weiter bekämpfen.