Festanstellung gegen Zeitarbeit in der Pflege

Bessere Arbeitsbedingungen, mehr innere Distanz und zuverlässige Dienstpläne  — Zeitarbeit in der Pflege verspricht einige Vorteile. Warum viele Pflegekräfte trotzdem eine Festanstellung bevorzugen und worauf es bei der Entscheidung für Festanstellung vs. Zeitarbeit wirklich ankommt, behandelt dieser Artikel.

Festanstellung – Vorteile

Es ist kein Geheimnis: Gerade in der Pflegebranche ist die Nachfrage nach ausgebildeten Pflegefachkräften in den letzten Jahren massiv gestiegen. Die Gründe liegen auf der Hand. Medizinische Fortschritte machen ein längeres Überleben auch bei chronischen Krankheiten möglich, der demografische Wandel tut sein Übriges. 

Gerade deshalb ist der Pflegeberuf ein Beruf mit Zukunft. Und auf dem sich schnell wandelnden Arbeitsmarkt gilt eine Festanstellung immer noch als Garant für Sicherheit und Beständigkeit. Wir werfen zu Beginn einen Blick auf diese und weitere Gründe, die für eine Festanstellung sprechen.

Beständigkeit durch Routine

Beständigkeit ist wohl das stärkste Argument für die Entscheidung, eine Festanstellung in der Pflege anzustreben. Dabei spielt vor allem die persönliche Situation eine große Rolle. Wer eine Familie hat, möchte sich schließlich nicht alle paar Monate an einen anderen Arbeitsweg, ein neues Team und unterschiedliche Arbeitsabläufe gewöhnen. 

Zugehörigkeitsgefühl

Ein vollwertiges Mitglied in einem eingespielten Team zu sein, stärkt das Zugehörigkeitsgefühl. Denn wer kennt es nicht: Wenn mit den Kollegen die Chemie stimmt, geht man einfach gerne zur Arbeit. Außerdem kennt in der Stammbelegschaft jeder seine Aufgaben und Abläufe. Das erleichtert eine reibungslose Zusammenarbeit. 

Im Gegensatz zur auf Dauer angelegten Festanstellung ist bei Angestellten von Zeitarbeitsfirmen von vornherein klar, dass sie nur für wenige Monate an der Einrichtung bleiben werden. Das kann dazu führen, dass die Eingewöhnung beiden Seiten schwerer fällt. 

Größere Aufstiegsmöglichkeiten

Wer immer wieder Herausforderungen meistert, sich engagiert und sich professionell weiterbildet, hat in einer Festanstellung gute Chancen auf Aufstiegsmöglichkeiten. Als Teil der Stammbelegschaft ist es oft leichter, durch Engagement bei Vorgesetzten und Kollegen positiv aufzufallen und sich so deren Wertschätzung zu verdienen. 

Immer derselbe Arbeitsweg

Für Pflegekräfte in Festanstellung ist der immer gleiche, tägliche Arbeitsweg Routine. Ein klarer Vorteil gegenüber Zeitarbeit, bei der oft viel Zeit durch lange Anfahrtswege verloren geht  — die sich zudem aufgrund der kurzen Einsätze immer wieder ändern. Bei einer Festanstellung hilft der Aspekt der Planbarkeit, sich bei einem langen Arbeitsweg einen Umzug zu überlegen. Weil sich der Einsatzort bei Leiharbeitern häufig ändert, ist ein Umzug in die Nähe der Zeitarbeitsstelle dagegen meist keine Option.

Festanstellung – Nachteile

Eine Festanstellung in der Pflege ist für die meisten Pflegefachpersonen immer noch die erste Wahl. Doch mit ihr gehen auch einige Nachteile einher, die mit der Zeit zu Unzufriedenheit und Frustration führen können. 

Spontanes Einspringen

Wer in der Pflege beschäftigt ist, kann oft ein Lied von dem moralischen Druck singen, der innerhalb der Einrichtungen auf Mitarbeiter ausgeübt wird. Als Teil der Stammbelegschaft fühlt man sich verpflichtet, zur Stelle zu sein, wenn man mal wieder mit einem Anruf kurzfristig aus dem Frei geholt wird, weil ein Kollege ausfällt. Überstunden, Doppelschichten, Zeitdruck und dazu die hohen Erwartungen des Arbeitgebers an die Festangestellten wirken zusätzlich belastend. 

Höhere Belastung

Stichwort Belastung. Wenn unzuverlässige Dienstpläne sowie kurzfristige Absagen von Weiterbildungsmaßnahmen und Urlaubszeiten fast schon zum Alltag gehören, ist es kein Wunder, dass immer mehr Pflegekräfte aus der Festanstellung zur Zeitarbeit mit ihren klaren Arbeitsbedingungen überwechseln. Viele Arbeitgeber wollen das Fehlen von Ressourcen mit zusätzlichen Anforderungen an ihre Mitarbeiter kompensieren. Dabei bleibt die Work-Life-Balance der Arbeitnehmer leider oft genug auf der Strecke.

Zeitarbeit – Vorteile

Unter diesen Umständen ist es nachvollziehbar, warum (laut dem Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe) die Berufsgruppe der Pflegenden gemessen an der Gesamtbeschäftigung zwischen 2014 und 2018 mit 0,7 Prozentpunkten den stärksten Zuwachs an Leiharbeit verzeichnen konnte  — Tendenz steigend.

Vor allem hoch qualifizierte junge Menschen, die in Bezug auf Einsatzort und -dauer flexibel sind, erkennen die Vorteile der Zeitarbeit immer mehr für sich. Wir haben einige davon zusammengestellt.

Höheres Gehalt

Personaldienstleister handeln für die von ihnen gestellten Leiharbeiter oft übertarifliche Löhne aus. Das führt in vielen Einrichtungen zu der paradoxen Situation, dass die Pflegefachkräfte in Festanstellung weniger verdienen, als ihre Kollegen aus der Zeitarbeit. Und das, obwohl die Leiharbeiter oft weniger Arbeitszeit haben und ihnen (im Gegensatz zu vielen Festangestellten) viel Mitbestimmung in Bezug auf Dienstpläne eingeräumt wird. 

Zuverlässige Dienstpläne

Personaldienstleister bieten den durch sie vermittelten Pflegefachkräften Mitspracherecht beim Dienstplan und sorgen somit für bessere Planbarkeit und Flexibilität für ihre Mitarbeiter. Leiharbeiter können sich ihre Dienste deshalb oft nach Wunsch und lange im Voraus aussuchen, sowie ihre Urlaubspläne eigenständig gestalten. So lässt sich sogar ein Studium neben der beruflichen Tätigkeit realisieren. Die feste Planbarkeit schafft eine ideale Grundlage für die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und verhindert den häufig vorkommenden Burnout in der Pflege.

Ein wunder Punkt für Festangestellte, bei denen ein ständiger Wechsel im Dienstplan und die Erwartung, immer verfügbar sein zu müssen, oft genug zur Tagesordnung gehören.

Weniger Verantwortung

Weil die Einsätze selten länger als ein paar Monate dauern, werden Leiharbeitern oft Routineaufgaben mit wenig Verantwortung zugeteilt, bei denen auf eine intensive Einarbeitung verzichtet werden kann. Das hilft, eine innere Distanz zum Berufsalltag zu wahren und besser abschalten zu können. Trotzdem wird gerade von Mitarbeitern aus der Zeitarbeit erwartet, dass sie sich schnell in neue Prozesse und Strukturen einfügen können, ohne den Betrieb aufzuhalten.

Viele Unternehmen und Arbeitsweisen kennenlernen

Bei guter Bezahlung verschiedene Teams und Einrichtungen kennenzulernen, sehen viele Pflegefachkräfte als großen Vorteil der Zeitarbeit. Leiharbeiter können vielfältige Erfahrungen sammeln, unterschiedliche Abläufe und Arbeitsweisen kennenlernen und so ihr Profil als professionell Pflegende zusätzlich schärfen. Aus den Eindrücken können Pflegende wertvolle Impulse für die berufliche Weiterentwicklung gewinnen und gleichzeitig ausloten, wo Karrieresprünge möglich sind.

Gerade im Hinblick auf die Lage auf dem Arbeitsmarkt sind das gute Voraussetzungen  — die auch einen zukünftigen Wechsel zur Festanstellung möglich machen.

Zeitarbeit – Nachteile

Auch für die Zeitarbeit gibt es einige Faktoren, bei denen Pflegekräfte gegenüber einer Festanstellung Nachteile in Kauf nehmen müssen, denn die gewohnten alltäglichen Strukturen, die eine Festanstellung mit sich bringt, fehlen bei diesem Arbeitsmodell.

Teils lange Arbeitswege

Auch für Leiharbeitnehmer kann die Entscheidung für Zeitarbeit Nachteile mit sich bringen. Der häufige Wechsel des Einsatzortes verlangt Pflegefachkräften viel Flexibilität ab. Ein deutschlandweiter Einsatz ist zwar eher unüblich, doch auch innerhalb eines Bundeslandes müssen oft lange Arbeitswege in Kauf genommen werden. 

Ständig neu Einarbeiten

Das Kennenlernen einrichtungsspezifischer Prozesse und Routinen muss gerade in der Zeitarbeit schnell gehen. Reibungslose Arbeitsabläufe und schnelles, situationsgemäßes Reagieren sind vor allem im Hinblick auf die Bedürfnisse der Patienten in der Pflegebranche besonders wichtig. Wer als Leiharbeiter mehrmals im Jahr die Einrichtung wechseln muss, kann die ständige Umgewöhnung schnell als frustrierend empfinden. 

Häufige Wechsel

Beständigkeit ist vielleicht der größte Vorteil einer Festanstellung  — und das Fehlen derselben umgekehrt für viele das größte Manko an der Zeitarbeit. Während es zu Beginn aufregend sein kann, immer wieder neue Träger und Arbeitsweisen kennenzulernen, wünschen viele Leiharbeiter sich irgendwann mehr langfristige Planbarkeit im Berufsleben. Für Pflegefachkräfte mit Familie ist Zeitarbeit auf die Dauer deshalb oft nicht ideal.

Vor- und Nachteile für Kliniken und Pflegeheime

Auch für Kliniken, Pflegeheime und andere Einrichtungen der Pflegebranche können durch den Einsatz von Leiharbeitern Nachteile entstehen. 

• Organisatorischer Mehraufwand durch Überprüfung von Qualifikation und Eignung der Leiharbeiter
• Konflikte mit der Stammbelegschaft, falls Leiharbeiter nicht erscheinen und kurzfristig Ersatz gefunden werden muss
• der Rückgriff auf Zeitarbeitsfirmen verursacht hohe Zusatzkosten
• mögliche Sogwirkung der Zeitarbeit auf das Stammpersonal und damit Verlust an Arbeitnehmerattraktivität

Welchen Weg sollten Pflegeeinrichtungen nun einschlagen? Hier die verschiedenen Argumente zu Festanstellung vs. Zeitarbeit in der Pflege.

Das spricht für die Festanstellung:

• Sicherstellung einer konstanten und hohen Versorgungsqualität 
• Möglichkeit, ein gutes Betriebsklima zu entwickeln
• Stammbelegschaft garantiert sicheren Umgang mit Medizin-Equipment und kennt tägliche Abläufe
• Kosteneinsparung, da auf teure Personaldienstleister verzichtet werden kann

Das spricht für Zeitarbeit:

• kurzfristige Überbrückung in dringenden Bedarfsphasen
• hoher Personalmangel kann schnell kompensiert werden
• Leiharbeiter sind oft hochmotiviert, sich schnell ins Team zu integrieren und neue Prozesse kennenzulernen

Fazit

Sowohl für Pflegeeinrichtungen, als auch für Pflegefachkräfte ist das Thema Festanstellung gegen Zeitarbeit eine Frage, an der sich die Geister scheiden. Aus Sicht der Arbeitnehmer bietet eine Beschäftigung über Zeitarbeit zunächst einige Vorteile. Doch dafür wird den Pflegepersonen viel Flexibilität abverlangt. Das überzeugendste Argument für eine Festanstellung ist dagegen wohl Beständigkeit. 

Letztendlich werden qualifizierte Pflegekräfte ihre Entscheidung daran orientieren, welche Variante die besten Arbeitsbedingungen für sie bietet. Wer als Arbeitgeber hohe Zusatzkosten durch Leiharbeiter verhindern möchte, sollte dies als Appell für eine Umstellung verstehen und durch geeignete Maßnahmen die Mitarbeiterbindung in der Festanstellung erhöhen.

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