Seit Anfang 2020 erfolgt die Pflegeausbildung in Deutschland auf der Grundlage des Pflegeberufegesetzes. Der Ausbildungsberuf soll dadurch attraktiver werden. Tatsächlich haben sich laut Angaben der Bundesregierung im letzten Jahr 57.000 überwiegend junge Menschen für den neuen Ausbildungsgang zum Pflegefachmann/zur Pflegefachfrau entschieden, 13,5 Prozent mehr als zuvor. Inzwischen mehren sich Klagen über hohe Abbruchquoten. Aber das Bild ist widersprüchlich. Wir versuchen mehr Klarheit zu gewinnen.
Pflegeausbildung – Generalistisches Modell seit 2020
Mit der Reform wurden die früher getrennten Pflegeausbildungen zum/r Gesundheits- und Krankenpfleger/in, Altenpfleger/in und Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in zusammengeführt. Die Grundidee: alle Auszubildenden durchlaufen zunächst zwei Jahre lang eine gemeinsame, generalistisch ausgerichtete Ausbildung. Sie können sich dann entscheiden, ob sie diese generalistische Ausbildung auch im dritten Ausbildungsjahr fortsetzen möchten oder sich in Richtung Altenpflege oder Gesundheits- und Kinderkrankenpflege spezialisieren. Am Ende der Ausbildung erhalten sie jedoch alle die Berufsbezeichnung Pflegefachmann oder Pflegefachfrau.
Mit der stärkeren Betonung der generalistischen Ausbildung wollte man den angehenden Pflegefachkräften länger Zeit geben, Überblick über den Pflegeberuf zu gewinnen und sich auf einer bereits fundierten Wissens- und Erfahrungsbasis für eine Spezialisierung bzw. berufliche Ausrichtung zu entscheiden. Die Abschaffung des Schulgeldes und die Einführung von Ausbildungsvergütungen gehörten zu den materiellen Verbesserungen der neuen Ausbildung.
Welche Abbruchquote gilt – Vorsicht bei Vergleichen
Da überrascht es, wenn jetzt Meldungen von hohen Abbruchquoten die Runde machen. Von bis zu 30 Prozent ist die Rede. Besonders zu Beginn sollen viele Auszubildende das Handtuch werfen. 15 bis 20 Prozent geben bereits im ersten Ausbildungsjahr auf, so der Geschäftsführer der Akademie der Gesundheit Berlin/Brandenburg in einem Interview. Relativiert wird die Aussage allerdings von der zuständigen Gesundheitsministerin in Brandenburg. Sie weist darauf hin, dass die durchschnittliche Abbruchsquote bei der neuen Ausbildungsordnung 15,4 Prozent betrage. Die 30 Prozent-Aussage könne daher nicht bestätigt werden.
Auflösen lässt sich dieser scheinbare Widerspruch, wenn man bedenkt, dass die neue Pflegeausbildung erst gut 20 Monate existiert. Abbrecher können hier überwiegend nur in der ersten Ausbildungshälfte entstanden sein. Die 15,4 Prozent der Ministerin sind daher mit den 15 bis 20 Prozent Anfangs-Abbrechern laut Akademie-Geschäftsführer zu vergleichen. Diese Zahlen sind durchaus kompatibel. Die 30 Prozent nach der neuen Ausbildungsordnung können noch erreicht werden, wenn der erste Jahrgang die volle Ausbildung durchlaufen hat.
Pflegeausbildung – Wenn Erwartungen auf die Realität treffen
Nun kennt man hohe Abbruchquoten auch von anderen Ausbildungs- und Studiengängen. Gerade am Anfang prallen – die oft unrealistischen – Erwartungen und die Realität hart aufeinander. Daraus entsteht Frust und das erklärt viele Abbrüche. Bei der Pflegeausbildung kommen wohl noch besondere Faktoren hinzu: Ein Knackpunkt ist der akute Mangel an Pflegepersonal. Er führt dazu, das Pflege-Azubis in ihren Praxis-Stationen sofort als vollwertige Pflegekräfte eingesetzt werden – vielfach eine Überforderung. Ein anderer Grund: verschärfte Prüfungs-Anforderungen. In der Ausbildungsreform wird mehr Wert auf Notenvergabe gelegt. Zuvor waren Vornoten und Jahreszeugnisse unüblich.
Im Übrigen waren auch schon bei den alten Ausbildungsgängen die Abbruchquoten hoch. In der Kinderkrankenpflege lag die Quote bei 24 Prozent, in der Krankenpflege bei 29 Prozent. Für eine definitive Bewertung der neuen Ausbildung ist es jedoch noch zu früh.
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