Telerobotik in der Pflege könnte in wenigen Jahren in Deutschland eine zukunftsweisende Rolle spielen, auch wenn sich Pflegeroboter noch nach Science-Fiction anhören mögen. Die Alterung der Gesellschaft und der enorme Fachkräftemangel werden aber dafür sorgen, dass Robotik und künstliche Intelligenz in der Zukunft eine wichtige Rolle im Kampf gegen den Pflegenotstand spielen werden. Expertenschätzungen zufolge werden im Jahr 2035 etwa 500.000 Pflegekräfte fehlen. Aktuelle Forschungsprojekte sollen klären, inwieweit und mit welchen Funktionen man diese Lücke mit Telerobotik füllen kann.
Telerobotik als Antwort auf den Pflegenotstand?
So jedenfalls lautet die zukunftsorientierte Devise eine Forschungsprojekts, das Antworten für die aufgeworfene Frage finden möchte. Es geht darum, dass das Pflegepersonal mit Virtual-Reality-Technik einen Teleroboter steuert, der unterstützend in viele Abläufe eingreifen kann. Im Fokus des auf drei Jahre angesetzten Forschungsprojektes stehen so genannte Robodies, also menschenähnliche Teleroboter. Sie sollen in die Lage versetzt werden, Menschen in Heimen oder ambulant daheim bei der Körperpflege und Alltagsaufgaben gezielt zu unterstützen.
Nicht zu vergessen ist der soziale Aspekt: Solche Robodies können auch sprechen und für Unterhaltung sorgen. Insofern müssen sich Technik und soziale Funktionen keineswegs ausspielen. Forscher sehen in diesem Bereich noch ein großes Entwicklungspotenzial für künstliche Intelligenz. Sie betonen im Rahmen dieses Projekts, dass trotz aller Technisierung das Menschliche nicht zu kurz kommen darf.
Ziel ist es, das Pflegepersonal bei Routineaufgaben zu entlasten
Die Technik soll die Pflegefachkräfte bei Routineaufgaben entlasten. Roboter können Heimbewohner/innen z. B. darin erinnern oder sie dabei unterstützen, sich anzuziehen. Sie könnten das Essen auf die Zimmer fahren und Pflegekräfte durch das “Anreichen” von Utensilien unterstützen. Robodies könnten von Raum zu Raum fahren und prüfen, ob alles in Ordnung ist.
Zwischen autonom agierenden Pflegerobotern und vom Personal gesteuerten Robodies ist alles denkbar. Bei der Programmierung besteht die Möglichkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Einsatzgebietes gezielt zu berücksichtigen.
Japan als Vorbild für Telerobotik in der Altenpflege
Wer Telerobotik noch für ferne Zukunft hält, sollte einen Blick nach Japan riskieren. Dort schreitet der demografische Wandel noch schneller voran, was einen dramatischen Pflegenotstand in wenigen Jahren zur Folge haben wird. In Japan wird daher bereits jetzt schon verstärkt auf Telerobotik in der Pflege gesetzt. Man verfolgt dort den Ansatz so genannter zweibeiniger Humanoide, die pflegebedürftige Menschen im Lebensalltag gezielt unter die Arme greifen. Da der Markt noch wächst und viel im Bereich künstlicher Intelligenz geforscht wird, rufen eingesetzte Pflegeroboter aber längst noch nicht das gesamte Potenzial ab.
In Japans Pflegeheimen sind jetzt schon Tausende von Pflegerobotern eine alltägliche Hilfe: Es gibt Aufsteh- und Geh-Assistenten, futuristische Gehhilfen, Roboter als Gesprächspartner und künstliche Robben zum Kuscheln. Derzeit wird daran geforscht, dass Roboter die Bedürfnisse von Menschen besser verstehen oder sogar voraussehen können (z. B. wann der nächste Gang zur Toilette ansteht). Auch im Erkennen von Gefühlen und einer zielgerichteten Kommunikation liegt ein großes Potenzial von Pflegerobotern.
Mögliche Einsatzgebiete in der Pflege
Experten/-innen erhoffen sich von modernster Spracherfassung, dass Pflegeroboter bei der Dokumentation eine erhebliche Entlastung ermöglichen. So würden neue Ressourcen frei, die Pflegekräfte direkt am Menschen nutzen könnten. Im Idealfall übertragen Roboter Patientendaten automatisiert in die entsprechende Akte.
Forscher/innen arbeiten intensiv daran, wie man Roboter mit Tablets oder Kameras gezielt für die Sturzprävention einsetzen könnte, ggf. auch als moderne Form der Gehhilfe. Roboter könnten Daten für jede/n Bewohner/in sammeln, aus denen das Pflegepersonal gezielte Maßnahmen für die Sturzprävention ableiten könnte. Verhindert werden könnten auch Stürze aus dem Bett, wenn spezielle Kameras entsprechende Bewegungsmuster registrieren und dann Alarm schlagen. Hier zeigt sich, dass die Technik sehr effizient Kontrollfunktionen zum Wohle der Pflegebedürftigen ausüben könnte.
Ein enormes Unterstützungspotenzial sehen Forscher/innen für Telerobotik in der Pflege mit Blick auf Routinearbeiten. Größere Robodies könnten die körperliche Arbeit erleichtern, indem sie mit speziellen Armen beim Heben und beim Lagern der Pflegefachkraft erleichternd unter die Arme greifen.
Nachfolgend einige Beispiele, wie Pflegeroboter im Alltag Hilfestellungen leisten könnten:
- Durchführung bzw. Begleitung von Reha-Übungen (ggf. auch mit einem auf einem/-r Bildschirm zugeschalteten Experten/-in)
- Hilfestellungen im Alltag: Türen öffnen, Gegenstände holen, Führen kurzer Gespräche, Begleitung zur Toilette etc.
- Durchführung von ärztlichen Kontrolluntersuchungen im Rahmen der Telemedizin (durch Steuerung könnte ein/e Arzt/Ärztin auch aus der Ferne in der Zukunft den Blutdruck messen oder das Herz abhören)
- Erinnerung, ausreichende Mengen zu trinken oder die Medikamente einzunehmen
Ausblick: künstliche Intelligenz eröffnet ungeahnte Möglichkeiten
In Kombination mit Telemedizin könnten Roboter in der Pflege zu einem funktionalen Hinzugewinn werden, der sich unmittelbar auf die Lebens- und Versorgungsqualität von Pflegebedürftigen auswirkt. Auch wenn das aktuelle Forschungsprojekt noch läuft, ist die nächste Generation von Robodies für die Pflege schon in Arbeit.
Die Forschungsgruppe Geriatrie der renommierten Charité in Berlin möchte bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz die Erfassung von menschlichen Bedürfnissen stärker in den Fokus rücken. Dazu werden u.a. Interviews mit Pflegebedürftigen geführt, um Wünsche und Erwartungshaltungen bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz noch zielfokussierter einfließen lassen zu können. Roboter sollten das Verhalten von Menschen besser analysieren können und auch selbst sprachlich in vielen Situationen menschlich kommunizieren können.
Hierhin dürfte der Schlüssel zur gesellschaftlichen Akzeptanz von Robotern in der Pflege liegen: Je menschlicher und verständnisvoller diese agieren, desto eher werden sie als wichtiges Mittel im Kampf gegen den Fachkräftemangel akzeptiert.
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