Das Regensburger Modell ist ein Ansatz, um interprofessionelles Arbeiten in der Medizin zu vereinfachen und damit geläufiger zu machen. Es zeigt Wege auf, wie interprofessionelle Zusammenarbeit in Pflege und Medizin funktionieren kann und sollte. Eine Zusammenarbeit zwischen verschiedenen medizinischen Disziplinen bringt bedeutende Vorteile: Von der gesteigerten Qualität der medizinischen Versorgung über wirtschaftliche Einsparungen bis hin zur deutlich höheren Zufriedenheit von Patienten/-innen, ärztlichem und pflegerischem Personal spricht vieles für das Regensburger Modell.
Was es genau ist, wie es funktioniert, wie es bereits praktisch und erfolgreich angewendet wird und vor allem die Perspektiven für Pflegekräfte dazu, gibt es in diesem Text.
Was ist das Regensburger Modell?
Das Regensburger Modell soll die Beziehungen zwischen Pflege und Medizin verbessern und im Interesse der Patienten/-innen die interdisziplinäre Kommunikation erleichtern. Denn oft erschweren unterschiedliche Arbeitsabläufe, Prioritäten oder Kommunikationsprobleme die Zusammenarbeit von Ärzten/Ärztinnen und Pflegefachkräften, was zu beidseitiger Frustration führt. Ein professionelles Verhältnis und reibungslose Kommunikation zwischen pflegerischem und medizinischem Personal ist jedoch von größter Bedeutung für die Versorgungsqualität. Hier setzt das Regensburger Modell an.
Den interprofessionellen Teamansatz macht aus, dass alle Disziplinen zusammenarbeiten. Das Ziel aller beteiligten Berufsgruppen (Ärzteschaft, Pflege und Verwaltung) ist die beste fachliche und menschliche Versorgung der Patienten/-innen. Dies wird gewährleistet durch gemeinsame interprofessionelle Tafelbesprechungen und Visiten sowie eine Synchronisierung des ärztlichen und pflegerischen Klinikalltags, der im herkömmlichen Modell „nebeneinander her läuft“. So will man größtmögliche Synergieeffekte schaffen, die alle Beteiligten im Krankenhaus mit einbeziehen: Von der Klinikapotheke über die Klinikseelsorge, die Physiotherapie und den psychiatrischen Dienst bis hin zum Referat für Personalentwicklung ziehen alle an einem Strang.
Entstehung
Der Ursprung des Regensburger Modells liegt in dem zukunftsorientierten Ausbildungsprogramm „Interprofessionalität als Exzellenzmodell – die A-STAR“ der Universitätsklinik Regensburg. In sogenannten interprofessionellen Ausbildungsstationen etablierte die Klinik im Oktober 2016 das Modell mit dem Ziel, die Führungskräfte von morgen bestmöglich auf ihre zukünftigen ärztlichen oder pflegerischen Tätigkeiten vorzubereiten.
Der interprofessionelle Gedanke soll den Auszubildenden und Studierenden bereits während der Ausbildung bzw. des Studiums vermittelt werden. Man trennt nicht nach Disziplinen, sondern zukünftige Ärzte/Ärztinnen und Gesundheits- und Krankenpfleger/-innen lernen gemeinsam. Bei Visiten lernen alle damit nicht nur ihr eigenes Fachgebiet, sondern auch das der anderen medizinischen Disziplinen kennen. Dies schafft Verständnis für die anderen und etabliert wichtige Kommunikationswege für später.
Herangehensweise
Effektive Patientenversorgung kann nur dann funktionieren, wenn alle zusammenarbeiten. Dazu tragen synchronisierte Tagesabläufe von Medizinern/-innen und Pflegenden bei. Das Prinzip der bereits bekannten Schichtübergabe wird somit erweitert: Nicht nur Stationsärzte/-ärztinnen und Pflegende nehmen daran teil, sondern alle an der Patientenversorgung beteiligten Berufsgruppen (z.B. Physiotherapeuten/-therapeutinnen, Psychologen/Psychologinnen, Krankenhausapotheke etc.). Ergänzend werden in regelmäßigen Abständen Fallbesprechungen und Gespräche zur Pflegeethik, Team-Time-Outs und Morbiditätskonferenzen einberufen. Damit kann man Missverständnisse vermeiden, Bedenken vorbringen, Meinungsverschiedenheiten klären und einen gemeinsamen Konsens finden.
Außerdem absolvieren alle neuen Ärzte/Ärztinnen auf Station einen Pflegetag zu Beginn ihrer Tätigkeit. Dabei begleiten sie (sog. „shadowing“) einen Tag lang eine erfahrene Pflegekraft, um die Prozesse und Standards sowie die Mitarbeitenden und Räumlichkeiten kennenzulernen.
Talentförderung durch Unterstützung der fachlichen und persönlichen Entwicklung aller Mitarbeitenden ist ein weiteres Stichwort. So werden z.B. Lehrveranstaltungen für Medizinstudierende auch für Pflegeauszubildende eröffnet. Durch diese interdisziplinäre und interprofessionelle Herangehensweise profitieren beide Berufsgruppen: Pflegeauszubildende entdecken vielleicht ihr Interesse an einem Medizinstudium und Medizinstudierende lernen die Pflegekräfte zu verstehen und zu schätzen. Diese Synergieeffekte sind für die spätere Zusammenarbeit von großer Bedeutung.
Ziele
Das Hauptziel des Regensburger Modells ist eine verbesserte Patientenversorgung durch die o.g. Direktabsprachen zwischen den einzelnen Disziplinen einerseits und Synergieeffekte unter den Berufsgruppen andererseits:
- Die Patienten/Patientinnen profitieren von einem eng zusammenarbeitenden Team, in dem jeder weiß, was der/die andere tut.
- Die Krankenhausverwaltung profitiert von den durch eine effektivere Behandlung verkürzten Liegezeiten und einer sinnvolleren Anwendung nutzbringender Therapien und Ressourcen.
- Die Pflegenden profitieren von deutlichen Anweisungen von Ärzten/Ärztinnen und Therapeuten/-innen, die sich nicht widersprechen, sondern einander sinnvoll ergänzen.
- Die Ärzte/Ärztinnen und Therapeuten/-innen profitieren von klaren Absprachen untereinander, die kein Machtgerangel beinhalten.
- Alle gemeinsam profitieren durch eine verbesserte interne Kommunikation und Wertschätzungskultur.
Nutzen
Der Nutzen dieser neuen Motivations- und Mitarbeiterkultur in Form dieses interprofessionellen Miteinanders hat entscheidend zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit und Effizienz durch Transparenz und Kommunikation innerhalb aller Hierarchieebenen beigetragen. Die bestmögliche Patientenversorgung durch hohe Patientensicherheit sowie die Förderung und Erhaltung der Gesundheitskompetenz der Patienten/-innen steht im Mittelpunkt. Ergänzt wird dies durch eine kontinuierliche Motivation und Weiterentwicklung aller Mitarbeitenden.
Praktische Umsetzung: Paradebeispiel Universitätsklinik Regensburg
Paradebeispiel für die praktische Umsetzung des Regensburger Modells ist die namensgebende Universitätsklinik Regensburg, wo das Modell erfolgreich praktiziert wird. Die praktischen Erfahrungen der Ärzteschaft und Pflegekräfte sind durchweg positiv. „Interprofessionelle Zusammenarbeit rettet Leben“, fassen Prof. Dr. med. Martina Müller-Schilling (Klinikdirektorin und Lehrstuhlinhaberin der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I) und Anna Mahnke (Pflegedienstleitung des Pflegezentrums 4) vom Universitätsklinikum Regensburg ihr Konzept zusammen. Sie haben das Regensburger Modell gemeinsam entwickelt, konzipiert und initiiert. Das interprofessionelle Konzept verbindet Forschung, Lehre und Klinikablauf mit Management und Personalentwicklung: „Wir arbeiten, forschen, lehren und managen gemeinsam.“
Dadurch haben alle Mitarbeiter/innen ein größeres Spektrum und einen höheren Schweregrad von Krankheitsbildern kennengelernt. Die Kommunikation untereinander hat sich seither deutlich verbessert, ebenso die Kommunikation gegenüber den Patienten/-innen und Angehörigen. Da sich alle untereinander absprechen, kann jede/r fundierte Auskünfte über den Heilungsablauf geben.
Typische Reibungspunkte zwischen Ärzten/Ärztinnen und Pflegekräften wurden durch Abstimmung der Arbeitsabläufe auf beide Professionen eliminiert. So wurden z.B. Visitenzeiten geändert, damit ein gemeinsamer Austausch stattfinden kann, der z.B. auch Case Management, Krankenhausapotheke und Physiotherapie mit einbezieht.
Das Regensburger Modell hat auch die Wirtschaftlichkeit durch Kostenminimierung verbessert. Der sog. Case Mix Index (Schweregrad der Erkrankung der Patienten /-innen) ist am Uniklinikum nach der Verbesserung der Interprofessionalität stetig gestiegen. Aufgrund dieser höheren Nachfrage konnte das Uniklinikum sowohl seine Erlöse steigern als auch mehr und schwerer erkrankte Patienten/Patientinnen zu fast identischen Kosten behandeln.
Auch in der Ausbildung der Pflegekräfte und Ärzte/Ärztinnen gab es deutliche Verbesserungen durch das gemeinsame Lernmodell. Da angehende Pflegekräfte und Ärzte/Ärztinnen während ihrer Ausbildung auf interprofessionellen Stationen zusammenarbeiten, verbesserten sich bei beiden Berufsgruppen nachweislich Lernkurven und Leistungen. Zusätzlich wurden interprofessionelle Begleitprogramme wie z.B. Vorträge zu Kommunikation, Resilienz und Self-Care integriert, die sich ebenfalls positiv niedergeschlagen haben.
Passende Stellenangebote für Pflegekräfte
Wer aktuell noch auf der Suche nach einem passenden Stellenangebot im Bereich Pflege ist, findet bei Medi-Karriere eine große Auswahl, beispielsweise Jobs für Kinderkrankenschwestern, Stellenanzeigen für Altenpfleger/innen und Stellenangebote für Pflegefachfrauen/-männer. Darüber hinaus gibt es auch zahlreiche Stellenangebote für Ärztinnen und Ärzte.
1. www.ukrjobs.de/berufe/pflegedienst/regensburger-modell (Abrufdatum: 20.04.2022)
2. www.gesundheitskongresse.de/berlin/2021/programm/kurse/07_regensburgermodell.php (Abrufdatum: 20.04.2022)
3. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34025040/ (Abrufdatum: 21.04.2022)
4. www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8122199/ (Abrufdatum: 21.04.2022)
5. Interprofessionell arbeiten: Das Regensburger Modell, www.springerpflege.de (Abrufdatum: 21.04.2022)
6. link.springer.com/article/10.1007/s41906-021-1045-3 (Abrufdatum: 22.04.2022)
7. Besonderheit des „Regensburger Modells“ ist der interprofessionelle Teamansatz, christophlohfert-stiftung.de/ (Abrufdatum: 22.04.2022)
8. medinfoweb.de/detail.html/herausragender-zweiter-platz-fuer-regensburger-modell.62113 (Abrufdatum: 22.04.2022)