Die Arbeit als Pflegekraft ist anstrengend – deswegen sollen künftig Entlastungstage für ältere Pflegekräfte eingeführt werden. Somit sollen die Mitarbeiter/innen wieder Kraft tanken können und gleichzeitig die Qualität der Patientenversorgung gewährleistet bleiben.
Dem Deutschen Krankenhausinstitut (DKI) zufolge sind fast die Hälfte aller ausgebildeten Pflegekräfte, die in Allgemeinkrankenhäusern mit mindestens 100 Betten beschäftigt sind, 45 Jahre oder älter. Tendenz steigend. Denn: Immer weniger junge ausgebildete Pflegekräfte bleiben auf Dauer in ihrem Beruf. Wissenswertes zum Thema Entlastungstage für ältere Pflegekräfte im folgenden Beitrag.
Entlastungstage für ältere Pflegekräfte – Definition
Die Einführung von Entlastungstagen (ET) dient dazu, dem zu erwartenden höheren Regenerationsbedarf älterer Pflegekräfte gerecht zu werden. Mit den Entlastungstagen erhalten die Beschäftigten zusätzlich freie Tage. Damit können sie sich eine Auszeit von der zunehmend belastenden Arbeit nehmen und sich stärker dem Privatleben widmen. Die Einführung von Entlastungstagen soll zur Steigerung der Attraktivität der Gesundheitsberufe beitragen und zudem ermöglichen, dass die Pflegefachkräfte möglichst lange gesund bleiben.
Ab einem bestimmten Anspruchsalter gibt es neben den Urlaubstagen zusätzliche Entlastungstage. Hierbei ist wichtig: Entlastungstage sind keine Urlaubstage und können demzufolge auch nicht als solche behandelt werden. Das heißt, dass Entlastungstage nur im laufenden Kalenderjahr genommen und nicht ins Folgejahr übertragen werden können. Sofern man an einem genehmigten Entlastungstag erkrankt, verfällt dieser und kann nicht – im Vergleich zu einem Urlaubstag – gut geschrieben werden.
Bislang gibt es für die sogenannten Entlastungstage für ältere Pflegekräfte keine bundesweite Regelung. Vorreiter hierfür sind in Niedersachsen die Diakonie und das Klinikum Region Hannover. Diese setzen sich für den Erhalt von Entlastungstagen für ältere Pflegekräfte ein und zeigen, wie man diese auch in den Tarifvertrag integriert.
Gründe für den Einsatz von Entlastungstagen
In Deutschland herrscht seit vielen Jahren ein Pflegenotstand: Aktuell arbeiten 1,4 Millionen Pflegekräfte in der Bundesrepublik. Die Pflegenotstand-Statistik zeigt aber eine Lücke von 120.000 Pflegekräften. Darüber hinaus hat die Corona-Pandemie den Pflegenotstand noch einmal verschärft und zu einer enormen Belastung des bestehenden Pflegepersonals geführt.
Dem Deutschen Krankenhausinstitut (DKI) zufolge sind fast die Hälfte aller ausgebildeten Pflegekräfte, die in Allgemeinkrankenhäusern mit mindestens 100 Betten arbeiten, 45 Jahre oder älter. Laut Expertenmeinung verstärke sich dieser Trend, da immer weniger junge ausgebildete Pflegekräfte langfristig in ihrem Beruf bleiben und sich anderen Bereichen widmen. Daher bestehe die zunehmende Dringlichkeit, die erschöpften älteren Pflegekräfte zu entlasten und diesen die Möglichkeit zur Regeneration zu bieten.
Entlastungstage für ältere Pflegekräfte – Welche Modelle gibt es?
Arbeitnehmerfreundliche Leistungen für ältere Beschäftigte sind weder in den Tarifverträgen AVR (kirchliche Träger) noch beim TdL (Unikliniken) oder dem TVöD (kommunale Träger) schriftlich festgelegt. Der Tarifvertrag Diakonie Niedersachsen (TV DN) und das Pilotprojekt des Klinikums Region Hannover bilden dabei die Ausnahmen. Hier die beiden Modelle im Vergleich.
Tarifvertrag Diakonie Niedersachsen (TV DN)
Der Tarifvertrag Diakonie Niedersachsen (TV DN) beinhaltet in Paragraf 12 Absatz 3 den Erhalt von Entlastungstagen für ältere Pflegekräfte:
- Pflegekräfte ab dem 58. Lebensjahr: Erhalt von sieben Entlastungstagen pro Kalenderjahr
- Inanspruchnahme von Entlastungstagen für Pflegekräfte ab 56 Jahren, sofern diese in den vergangenen fünf Jahren im Schichtbetrieb oder nachts arbeiten mussten
- die Entlastungstage sind gleichmäßig auf das Jahr verteilt ( immer zwei Entlastungstage am Stück) zu nehmen
Gewerkschaft Verdi und das Klinikum Region Hannover (KRH)
Ein weiteres beispielhaftes Modell, um Entlastungstage in den Arbeitsalltag zu integrieren, ist das Pilotprojekt von der Gewerkschaft Verdi und dem Klinikum Region Hannover (KRH). Dort gilt die folgende Regelung:
- seit 2020: Pflegekräfte, die älter sind als 50 Jahren, haben Anspruch auf drei Entlastungstage pro Kalenderjahr
- seit 2021: Pflegekräfte, die älter sind als 45 Jahren, erhalten auch drei Entlastungstage pro Kalenderjahr
Schwierigkeiten der Umsetzung – Das Allgemeine Behandlungsgesetz
Der Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen bei älteren Pflegekräften ist für viele Beschäftigte Wünschenswert, aber in der Umsetzung noch erschwerlich. Grund hierfür ist das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, auch als Antidiskriminierungsgesetz bezeichnet. Es sieht vor, dass in Deutschland niemand aufgrund von Geschlecht, Religion, ethnischer Herkunft, Behinderung, sexueller Identität und Alter benachteiligt wird. Einer bestimmten Gruppe von Mitarbeitern/-innen aufgrund des Alters der Entlastungstagen zu gewähren, kann man demnach als eine Art Bevorzugung wahrnehmen und als Altersdiskriminierung betrachten.
Den Vorwurf der Altersdiskriminierung könne man allerdings entkräften, wenn man nicht das Alter, sondern die Arbeitsfähigkeit als Differenzierungskriterium berücksichtigt, so auch die Meinung des KRH-Sprechers. Und dass die körperlichen Kräfte mit steigendem Alter abnehmen, ist eine logische Schlussfolgerung, die insbesondere in einem Pflegeberuf vorkommt.
Entlastungstage sollen als Ausgleich zu den körperlich anstrengenden Phasen im Beruf zum Einsatz kommen. Darüber hinaus komme das Antidiskriminierungsgesetz in Paragraf 10 mehr ins Detail und erlaube durchaus eine unterschiedliche Behandlung aufgrund des Alters, „wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist“.
Entlastungstage für ältere Pflegekräfte – Tipps für verbesserte Arbeitsbedingungen
In vielen Kliniken Deutschlands gibt es noch keine Entlastungstage für ältere Pflegekräfte. Trotz allem kann man aber Arbeitsbedingungen dem Alter entsprechend verbessern. Auch Arbeitnehmer/innen können in Eigeninitiative nach internen Regelungen fragen und so erfahren, ob es Lösungen für ältere Beschäftigte gibt.
Auch als Gruppe kann man mehr bewirken als allein: Ein Zusammenschluss mehrerer Pflegekräfte signalisiert, dass das Thema wichtig ist und auch mehrere Personen betrifft. Im Hinblick auf die Erstellung von Dienstplänen kann es zudem helfen, vor Dienstplan-Entwurf Rücksprache zu halten und Wünsche zu äußern. Viele Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen berücksichtigen bereits jetzt familiäre Verhältnisse und berechnen auch das Alter bei der Entwicklung des Dienstplanes mit ein.
Passende Stellenangebote für Pflegekräfte
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1. pflegebox.de/ratgeber/pflege/pflegenotstand-ursache-und-massnahmen/ (Abrufdatum: 25.04.2022)
2. www.krh.de/das-krh/aktuelle-meldungen/verdi-und-klinikum-region-hannover-einigen-sich (Abrufdatum: 25.04.2022)