Dass der Klimawandel kein theoretisches Konstrukt ist, ist lange kein Geheimnis mehr. Schmelzende Eisberge, Waldbrände und Hitzewellen sind nur ein Teil der verheerenden Folgen. Doch auch unsere Gesundheit ist von den Veränderungen stark betroffen. Mögliche gesundheitliche Folgen und Risiken zeigt der nachfolgende Artikel auf.
Entwicklungen der letzten Jahre
Das Jahr 2021 hat den voranschreitenden Klimawandel besonders deutlich werden lassen. Dem zu warmen Juni folgte ein niederschlagsreicher August. Waldbrände im Süden sowie das Jahrhunderthochwasser in West- und Mitteleuropa machten die Auswirkungen der immer weiter steigenden Temperaturen unübersehbar. Doch bereits seit Jahren verändert die Klimakatastrophe das Ökosystem stetig. So breitet sich beispielsweise die wärmeliebende Tiger-Mücke seit 2007 immer weiter in Deutschland aus. Dieses tropische Insekt überträgt bekanntlich mehr als 20 Krankheiten, vor allem bekannte Tropenviren wie das Dengue- oder Chikungunya -Virus. Während es in für die meisten Tropenkrankheiten in unseren Breitengraden (noch) zu kalt ist, wurden in Südeuropa bereits Menschen mit letzteren infiziert.
Steigt mit dem Klimawandel die Temperatur an, steigt auch die Infektionsgefahr. Viele tropische Viren benötigen lange Hitzeperioden von 25 Grad Celsius und höher, um sich in den Mücken vermehren zu können. Werden diese Temperaturen in Deutschland erreicht, können Krankheiten auch über die hier heimischen Mücken übertragen werden, wenn sie sich infizieren. Waren Mückenstiche zuvor nur eine lästige Plage, könnten sie mit dem Klimawandel zu einer echten Gefahr werden.
Klimawandel und Pandemien
Der Klimawandel und das Vordringen des Menschen in natürliche Habitate erzeugen eine immer größer werdende Schnittstelle zwischen Wildtier und Mensch. So sorgten veränderte Temperaturverhältnisse beispielsweise für eine Umverteilung der Fledermauspopulationen weltweit. Die Wälder im Süden Chinas wuchsen zum Übertragungsort des Coronavirus von der Fledermaus auf den Menschen heran.
Auch auf den Verlauf der Pandemie könnte der Klimawandel einen erheblichen Einfluss gehabt haben. Der Zusammenhang zwischen Luftverschmutzung und der Covid-19-Sterblichkeit ist nicht direkt messbar, dennoch ist er naheliegend. Die Komorbidität von Corona und Feinstaubbelastung wird weltweit im Zusammenhang mit 15 Prozent, in Deutschland sogar mit 26 Prozent der Todesfälle durch SARS-CoV-2 vermutet. Über den Rezeptor ACE-2 schädigt Feinstaub nicht nur die Lunge, sondern ermöglicht auch eine erleichterte Aufnahme des Covid-19-Virus in die Zellen.
Wenn man Feinstaub einatmet, gelangt dieser über die Lunge in die Blutgefäße. Dort löst er als Fremdstoff oxidativen Stress und Entzündungen aus. Auch bei der Infektion mit dem Corona-Virus lassen sich ähnliche Folgen erkennen. Beide zusammen schädigen also besonders Lunge, Herz und Gefäße.
Auswirkungen auf die persönliche Gesundheit
Nicht grundlos bezeichnet die Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) den Klimawandel als die eine größte Gesundheitsbedrohung, der die Menschheit gegenübersteht. Die konkreten Folgen für den menschlichen Körper können dabei ganz unterschiedliche sein. Von verstärkten und länger andauernden Allergien bis zu Erkrankungen an Herz und Lunge kann man vieles auf den Klimawandel zurückführen.
Allergisch gegen den Klimawandel
Beispielsweise nehmen die Fälle von Allergien und daraus resultierendes Asthma bronchiale seit Jahren zu. Während Herbst und Winter insgesamt milder werden, sind Frühling und Sommer von längerer Dauer und höheren Temperaturen gekennzeichnet. Insgesamt nimmt dadurch die Blütezeit der Pflanzen zu. Auch die durch den Klimawandel erhöhte CO2-Konzentration steht im Zusammenhang mit der erhöhten Pollenproduktion.
Durch die veränderten klimatischen Bedingungen blühen jedoch nicht nur heimische Pflanzen länger und intensiver. Ebenso wie bei der Fauna, verändern sich auch die Populationsverhältnisse der Flora, also der Tierwelt. Das damit erhöhte Spektrum verschiedener Allergene erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Reaktion.
Folgen für das Herz-Kreislauf-System
Das größte Risiko für die Bevölkerung lösen jedoch durch den Klimawandel verursachte Hitzewellen aus. Besonders Menschen, die durch Risikofaktoren ohnehin ein geschwächtes Herz-Kreislauf-System haben, sind anfällig für die gesundheitlichen Auswirkungen. Dazu zählen demographische, geographische und durch Vorerkrankungen ausgelöste Risiken.
Der menschliche Körper versucht gegen Hitzewellen anzukämpfen. Um die Temperatur zu senken, weiten sich die Blutgefäße und der Blutdruck fällt. Als Resultat muss das Herz mehr Leistung erbringen, um die Organe mit ausreichend sauerstoffhaltigem Blut versorgen zu können. Diese Kompensation kann ein – etwa durch eine Herzinsuffizienz – vorgeschwächtes Herz überlasten. Die immer häufiger auftretenden Hitzewellen bringen Herzinfarkte und Todesfälle mit sich.
Eine weitere Maßnahme zur Regulierung der Körpertemperatur ist die Schweißproduktion. Durch das Verdunsten von Wasser kann über die Haut Wärme abgegeben werden. Bei Hitze und zusätzlicher körperlicher Arbeit kann die Regelbreite des Systems überschritten werden – es kommt zum Hitzekollaps. Zu den Symptomen des Überhitzens zählen Herzrasen, Kopfschmerzen und Schwindel bis hin zur Ohnmacht. Im schlimmsten Fall können die hohen Körpertemperaturen zu einem Herzinfarkt oder Nierenversagen führen. Auch das Risiko für Schlaganfälle, Frühgeburten oder Verschlechterung einer COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) steigt.
In Form von Mangelernährung, Infektionen und Kreislauferkrankungen erwarten Experten/-innen, dass der Klimawandel zwischen 2030 und 2050 jährlich etwa 250.000 zusätzliche Todesfälle verantworten wird. Die zusätzlichen Gesundheitskosten werden ab 2030 auf einen Betrag von 2-4 Milliarden US-Dollar pro Jahr geschätzt.
Hitzeschutz und Prävention
Glücklicherweise lassen sich Gesundheitsschäden durch Hitze(-Wellen) weitgehend vermeiden. Neben strukturellen Maßnahmen, nach denen sich Gesundheitswesen und Stadtplanung besser dem Klimawandel anpassen sollen, empfiehlt die WHO auch Maßnahmen zum persönlichen Schutz. Zu den Empfehlungen gehört vor allem das Kühlen des eigenen Körpers. Meidet man die direkte Hitze, vor allem am Mittag, und hält die eigene Wohnung kühl, kann der Kreislauf entlastet werden. Auch die Abkühlung der Haut in Form einer kalten Dusche oder eines Fußbads schützt vor einem Hitzekollaps. Um Dehydrierung bei erhöhter Schweißproduktion zu vermeiden, hilft viel Flüssigkeitszufuhr. Ohnehin sollte man den Kreislauf belastende Substanzen wie Zucker, Kaffee oder Alkohol bei besonders hohen Temperaturen vermeiden.
Vor allem gesundheitlich Geschwächte müssen bei Hitzewellen auf sich achten. Viele Arzneimittel müssen bei Temperaturen unter 25 Grad Celsius gelagert werden. Symptome für Überhitzung, wie Kopfschmerzen oder Schwindel, sollte man nicht ignorieren und im Zweifelsfall eine/n Arzt/Ärztin aufsuchen. Menschen mit Vorerkrankungen erhalten durch gute Vernetzung und Aufklärung Unterstützung.
Herausforderungen in der Pflege
Auch das Gesundheitssystem steht mit dem Klimawandel vor einer neuen Herausforderung. In Krankenhäuser, Arztpraxen und Pflegeheimen gelten nicht nur die empfohlenen Präventionsmaßnahmen. Die Fachkräfte finden sich auch in der Verantwortung von Aufklärung, Prävention und im Notfall der Ausführung erster Hilfe wieder. Strukturell fordern viele bereits ein meteorologisches Frühwarnsystem für Hitzewellen. Krankenhäuser müssen sich im Sommer gesondert auf Patienten/-innen mit leichten oder moderaten Hitzeerkrankungen, aber auch auf Notfälle vorbereiten. Vermehrte Schlaganfälle, Herzinfarkte und Nierenversagen fordern mehr Plätze auf Intensivstationen.
Da sie sehr eng mit den Menschen zusammenarbeiten, müssen Gesundheits- und Krankenpfleger/innen, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/innen oder Altenpfleger/innen besonders gut mit Symptomen und Folgen von Hitzeschäden vertraut sein. Bereits jetzt werden Fort- und Weiterbildungen für examinierte Pflegefachkräfte angeboten, in denen Wissen über den Umgang mit Hitze, Risikofaktoren und mögliche Nebenwirkungen von Medikamenten gelehrt werden. Dazu kommen etliche hitzebedingte Erkrankungen, etwa Ausschläge, Ödeme oder Ohnmacht.
Klimaschutz ist Gesundheitsschutz
Der Klimawandel zieht seit Jahren seine Spuren nach sich. Schon jetzt sind 85 Prozent der Weltbevölkerung von den Folgen betroffen. Hautkrebs, Kreislaufbeschwerden, Allergien und Infektionskrankheiten sind nur wenige Beispiele für die weitreichenden gesundheitlichen Folgen, die klimabedingt immer höhere Fallzahlen aufweisen. Besonders junge Menschen leiden zunehmend auch unter psychischen Problemen in Form von Klima- oder Zukunftsangst. Noch lässt sich die Katastrophe aber eingrenzen.
Wer Fahrrad fährt oder läuft, anstatt mit dem Auto zu fahren, schützt nicht nur das Klima, sondern auch seinen eigenen Kreislauf. Das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall kann durch tägliches Radfahren bis zu 24 Prozent gesenkt werden. Auch das Krebsrisiko sinkt bei körperlicher Aktivität. Gleichzeitig spart man bei Strecken unter zehn Kilometer mehr als drei Kilogramm Kohlenstoffdioxid täglich.
Die eigene Ernährung spielt beim Klimaschutz ebenfalls eine erhebliche Rolle. So werden bei der Produktion von einem Kilo Rindfleisch etwa 14 Kilogramm Kohlendioxid ausgestoßen. Die Reduktion oder gar der Verzicht von Fleisch hat ebenfalls nicht nur einen positiven Einfluss auf das Klima, sondern ist auch sehr gesund. Ein zu hoher Fleischkonsum erhöht beispielsweise das Risiko für Darmkrebs, koronare Herzerkrankungen und Diabetes. Zusätzlich kann jede/r durch den Kauf regionaler Produkte den persönlichen CO2-Ausstoß reduzieren.
Der Klimawandel in der Zukunft
Letztendlich ist und bleibt der Klimawandel kein regionales Problem und muss dementsprechend behandelt werden. Weltweit müssen Politik und Wissenschaft zusammenarbeiten, um klimafreundliche Alternativen für Energie, Fortbewegung und Ernährung zu etablieren. Obwohl die Klimakatastrophe vielleicht die größte Herausforderung ist, die der Menschheit je gegenüberstand, ist sie nicht unüberwindbar.
Wird das Ziel des Pariser Klimaabkommens von 2015 eingehalten, die Erderwärmung unter 1,5 Grad Celsius zu halten, wären die weltweiten Folgen zwar spürbar, die Konsequenzen aber haltbar.
Passende Stellenangebote für medizinische Berufe
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1. Tropische Stechmücken erobern Deutschland, www.br.de (Abrufdatum 09.05.2022)
2. Luftverschmutzung als Co-Faktor bei Covid-19-Sterbefällen, www.mpg.de (Abrufdatum 09.05.2022)
3. gesund.bund.de/klimawandel-und-allergie#klimawandel (Abrufdatum 11.05.2022)
4. Wie der Klimawandel unsere Gesundheit gefährdet, www.quarks.de (Abrufdatum 11.05.2022)
5. www.who.int/news-room/fact-sheets/detail/climate-change-and-health (Abrufdatum 11.05.2022)
6. www.ndr.de/ratgeber/gesundheit/Wie-ungesund-ist-Fleisch,fleisch564.html (Abrufdatum 12.05.2022)
7. www.spektrum.de/news/gesundheit-wie-der-klimawandel-krank-macht/1948312 (Abrufdatum 12.05.2022)