Als Pflegekraft in Skandinavien arbeiten ist für viele ein Traum. Doch was sind Voraussetzungen und Gegebenheiten in Norwegen, Schweden, Dänemark und Finnland? Das Gesundheitssystem in Skandinavien gilt in Deutschland oft als Vorbild. Hierzulande muss eine Fachkräftelücke von etwa 100.000 Vollzeitstellen geschlossen werden. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Auch für deutsche Pflegekräfte ist die Arbeit in Skandinavien attraktiv. Aber welche Möglichkeiten gibt es für die Tätigkeit in Skandinavien und welche Voraussetzung müssen deutsche Pflegekräfte dafür erfüllen? Antworten darauf gibt es hier.
Pflege in Skandinavien – das Gesundheitssystem im Vergleich
In Skandinavien beruht das Gesundheitssystem auf dem Beveridge Modell, welches sich auf William Henry Beveridge zurückführen lässt. Dieser war ab 1940 Mitglied der liberalen Fraktion des britischen Parlaments und prägte dort maßgeblich die Einführung eines Systems sozialer Sicherheit. Beruhend hierauf bedeutet dies in Skandinavien, dass die Finanzierung des Gesundheitssystems über Steuereinnahmen läuft und eine Vollversorgung somit für alle gleichermaßen zur Verfügung steht. Die Organisation der Pflege wird vom Staat und den einzelnen Kommunen übernommen und beruht weniger auf Privatpersonen beziehungsweise privaten Organisationen.
Im Gegensatz hierzu ist das Gesundheitssystem in Deutschland an das Bismarck-Modell angelehnt, bei welchem finanzielle Gewinne ein primäres Ziel sind. Die Finanzierung läuft dabei über Pflegeversicherungen und Privatpersonen.
Vorteile
Der wohl größte Vorteil des skandinavischen Systems ist die Finanzierung über Steuereinnahmen und einer geringen Selbstbeteiligung der Bürger/innen. Somit beteiligen sich alle gleichermaßen am Gesundheitssystem und jeder kann sich auf eine gesicherte Vollversorgung verlassen. Keine Bevölkerungsgruppe wird vernachlässigt. Auch die Einflussnahme externer Parteien ist durch eine öffentliche Finanzierung erschwert.
Das Gesundheitssystem in Deutschland ist dahingegen deutlich anfälliger für Lobbyismus. Außerdem muss hier mit Patienten/-innen Gewinn gemacht werden, häufig werden die Kosten dann beim Personal eingespart. Möglichst wenig Arbeitskräfte sollen für möglichst viele Patienten/-innen sorgen. Im Vergleich kommen in Deutschland auf eine Pflegekraft etwa 13 Patienten und Patientinnen, wohingegen Pflegekräfte in Skandinavien in der Regel nur für jeweils vier Personen zuständig sind. Eine solche Aufteilung ermöglicht es, besser auf den/die Patienten/-in einzugehen und macht die Arbeit somit auch für das Personal deutlich attraktiver. Hinzu kommt, dass die Unterscheidung zwischen gesetzlicher und privater Versicherung in Deutschland zwei unterschiedliche Klassen der Behandlung fördert.
Nachteile
Die Abhängigkeit des Gesundheitssystems vom Staat hat selbstverständlich nicht nur Vorteile. So ist es dem Staat auch möglich Leistungen zu regulieren. Ist ein Medikament beispielsweise zu teuer, ist es nicht verfügbar. Anders als in Deutschland gibt es vergleichsweise wenig alternative Heilmethoden. Durch die private Finanzierung ist bei uns eine große Auswahl an Therapieformen, Leistungen und Medikamenten verfügbar. Die Finanzierung durch Steuereinnahmen bringt einen weiteren Nachteil für die Bürger/innen. Denn sollten die Steuerinnahmen sinken, steigt zwangsläufig die Selbstbeteiligung.
Als Pflegekraft in Skandinavien arbeiten
Die größtenteils besseren Arbeitsbedingungen, die einen individuelleren Umgang mit den Patienten/-innen ermöglichen, machen die Arbeit in Skandinavien auch für deutsche Pflegekräfte attraktiv. Vor allem Schweden bietet sich hierfür an, da es ein EU-Mitgliedsstaat ist und somit weniger bürokratische Hürden anfallen.
Als Pflegekraft in Skandinavien arbeiten – Voraussetzungen
Doch welche Voraussetzungen müssen deutsche Pflegefachkräfte überhaupt erfüllen, um in Skandinavien arbeiten zu können? Wichtig ist hierbei in erster Linie die fachliche Anerkennung der deutschen Ausbildung. Da die Pflege in Skandinavien ein akademisierter Beruf ist, sind die Anforderungen relativ hoch.
So wird die deutsche Ausbildung zum/-r Altenpfleger/in beispielsweise nicht direkt anerkannt. Bessere Chancen haben hier examinierte Gesundheits- und Krankenpfleger/innen. Diese erhalten in skandinavischen Ländern in der Regel eine Berufserlaubnis. Ideal ist allerdings ein in Deutschland abgeschlossenes Studium, welches dem Ausbildungsstandard in Skandinavien entspricht. Allerdings ist die Pflege in Deutschland immer noch ein typischer Ausbildungsberuf und nur ein geringer Teil der tätigen Pflegefachkräfte besitzt einen Hochschulabschluss.
Neben der fachlichen Qualifizierung müssen deutsche Pflegefachkräfte auch gute Sprachkenntnisse vorweisen, welche mindestens einem C1-Sprachniveau entsprechen. Ohne das Erlernen der Landessprache wäre auch der richtige Umgang mit den skandinavischen Patienten/-innen erheblich erschwert. Die Sprachbarriere würde Vertrauen und Einfühlungsvermögen im Verhältnis zwischen Pflegefachkraft und Patient/in fast unmöglich machen.
In skandinavischen Ländern, die keine EU-Mitgliedsstaaten sind, müssen Pflegefachkräfte zudem rechtzeitig Visa beantragen und sich um eine Arbeitserlaubnis kümmern.
Als Pflegekraft in Skandinavien arbeiten – Gehälter
Ein Faktor, welcher die Arbeit in Skandinavien ebenfalls attraktiver macht, ist der höhere Verdienst für Pflegepersonal. Eine Krankenschwester oder ein Krankenpfleger in der Notfallpflege verdient beispielsweise etwa 3.500 Euro brutto im Monat. Altenpfleger/innen verdienen dort etwa 2.600 Euro brutto im Monat. In Deutschland liegt das Altenpfleger-Gehalt in der Regel deutlich darunter, häufig zwischen 1.900 Euro und maximal 2.600 Euro brutto.
Pflegeausbildung in Skandinavien
Die Pflegeausbildung in Skandinavien beginnt mit einem Bachelorstudiengang, welcher die Hochschulreife voraussetzt. Das Studium dauert, wie auch die deutsche Ausbildung, drei Jahre. Allerdings werden in Skandinavien Alten- und Krankenpflege gleichzeitig erlernt und erst nach dem Grundstudium erfolgt eine spezifische Fachausbildung. Im Anschluss an das Bachelorstudium können Pflegefachkräfte und Krankenschwestern in Skandinavien eine einjährige fachliche Spezialisierung, einem Masterstudium entsprechend, absolvieren. Sogar eine Habilitation ist nach abgeschlossenem Masterstudium möglich. Diese dauert im Normalfall etwa vier Jahre.
Durch die Akademisierung des Pflegeberufs und die damit einhergehende höhere fachliche Qualifizierung von Pflegefachkräften und Krankenschwestern kann eine Pflege auf Augenhöhe stattfinden. Pflegefachkräfte und Krankenschwestern werden in Deutschland deutlich mehr in Entscheidungsprozesse eingebunden, dürfen Medikamente verschreiben und Patienten/-innen an Fachärzte/-ärztinnen überweisen. Hierdurch genießt das Pflegepersonal in skandinavischen Ländern zudem einen angeseheneren Status innerhalb der Gesellschaft, welcher sich auch in Gehältern widerspiegelt.
Pflegeausbildung in Skandinavien – Voraussetzungen
Um in Skandinavien ein Pflegestudium zu absolvieren, müssen deutsche Studierende die Landessprache meist fließend sprechen und verstehen können, da das Krankenpflegestudium in der Regel in der jeweiligen Landessprache erfolgt. Auch die Hochschulreife, also das Abitur, ist für das Krankenpflegestudium in Skandinavien eine Zulassungsvoraussetzung. Zudem gilt auch hier wieder, dass für alle Nicht-EU-Mitgliedstaaten eine Visum benötigt wird. Bei Interesse an einem Krankenpflegestudium in Skandinavien sollte also genug Zeit eingeplant werden, um gegebenenfalls die Sprache zu erlernen und alle bürokratischen Formalien zu erfüllen.
Passende Stellenangebote für Pflegekräfte
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1. www.nordisch.info/schweden/wie-viel-verdient-eine-krankenpflegerin/ (Abrufdatum: 14.06.2022)
2. schoolandtravel.com/de/study-nursing-in-sweden/ (Abrufdatum: 14.06.2022)
3. www.schwedenstube.de/gesundheitssystem/ (Abrufdatum: 14.06.2022)
4. www.jobs-regional.de/ausbildungsguide/gehalt-altenpfleger (Abrufdatum: 14.06.2022)