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Das Stellen von Medikamenten ist ein wichtiger Bestandteil des Alltags von Pflegefachkräften. Was zunächst wie eine einfache Arbeit aussieht, erfordert ein hohes Maß an Konzentration und ist eine verantwortungsvolle Aufgabe. In Pflegeeinrichtungen, wie Altenheimen, Krankenhäusern oder Kliniken müssen zahlreiche Patienten/-innen täglich Medikamente einnehmen. Diese werden vorab bereits in passender Art und Dosierung von Pflegefachkräften bereitgestellt. Fehler beim Medikamente-Stellen können aufgrund dessen schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Daher gibt es konkrete Vorgehensweisen und Regeln, die beim Richten von Medikamenten zu beachten sind.
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Medikamente stellen – Vorbereitung
Der erste Schritt der Vorbereitung beim Stellen von Medikamenten ist die Handdesinfektion und gegebenenfalls das Waschen der Hände. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, die Medikamente direkt anzufassen, sind zusätzlich Handschuhe zu tragen. Alternativ kann auch eine desinfizierte Pinzette bereitgestellt werden. Bevor man mit dem Medikamente-Stellen beginnt, muss außerdem der Arbeitsplatz ordentlich gesäubert und desinfiziert werden.
Weiterhin sollten Pflegefachkräfte auf geeignete Lichtverhältnisse im Raum achten. So lässt sich vermeiden, dass man Auffälligkeiten, abgelaufene Medikamente oder Veränderungen des Präparates, wie zum Beispiel in der Farbe oder Konsistenz, übersieht. Ist der Arbeitsplatz vorbereitet, stellt man Medikamentenschälchen und -dispenser bereit, kontrolliert auf einwandfreie Hygiene und beschriftet diese mit Namen und Zimmernummer des/-r Patienten/-in.
Der Medikamentenplan
Ein Medikamentenplan wird sowohl in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Kliniken als auch in der Privatpflege genutzt. Medikamentenpläne enthalten dabei folgende Informationen:
- Handelsname des Medikaments
- chemische Bezeichnung des Wirkstoffs
- Dosierung
- Zeitpunkt der Einnahme
- Darreichungsform
- Indikation
- voraussichtliches Behandlungsende
- gegebenenfalls weitere Hinweise zur Einnahme, beispielsweise die Einnahme auf nüchternen Magen
Somit bietet der Medikamentenplan eine detaillierte Übersicht für das Medikamente-Stellen. Um das Fehlerrisiko zu minimieren, sollte der Medikamentenplan immer im Original vorliegen. Auf die Übertragung auf ein neues Dokument sollte man lieber verzichten, da dies das Fehlerpotenzial fördert. Wird der Medikamentenplan handschriftlich geführt, sollte man auf eine gut leserliche Schrift achten, damit alle Kollegen/-innen diesen lesen können.
Anspruch auf einen Medikamentenplan
Patienten/-innen, die mindestens drei verordnete Medikamente einnehmen, haben seit 2016 Anspruch auf einen durch eine/n Arzt/Ärztin ausgefüllten Medikamentenplan. Dieser muss einmal jährlich aktualisiert werden, entweder von einem/-r Arzt/Ärztin, einem/-r Apotheker/in oder einem Krankenhaus und kann somit auch in der privaten Pflege genutzt werden.
Außerdem ist ein Medikamentenplan die Grundlage für die Verblisterung von Medikamenten in der Apotheke. Dort findet eine maschinelle Sortierung der verordneten Medikamente statt. Die Verpackung, in der die Medikamente eingeschweißt sind, nennt man Blister.
Darreichungsformen
Bei der Darreichungsform von Medikamenten unterscheidet man zwischen drei Varianten: fest, halbfest und flüssig. Je nach Darreichungsform unterscheidet sich die Vorgehensweise beim Medikamente-Stellen.
Feste Medikamente werden für den Tag oder die ganze Woche in einer Pillendose oder einem Medikamentendispenser gestellt.
Halbfeste Medikamente wendet man direkt während der alltäglichen Pflege an, indem man zum Beispiel eine Salbe oder ein wirkstoffhaltiges Pflaster auf die Haut aufträgt.
Flüssige Medikamente werden dagegen kurz vor der Einnahme auf einem Löffel oder in einem kleinen Becher bereitgestellt. Die nachfolgende Tabelle bietet eine Übersicht der verschiedenen Darreichungsformen:
Fest | Halbfest | Flüssig |
Tabletten | Salbe | Suspension |
Kapseln | Creme | Emulsion |
Dragees | Paste | Lösung |
Granulat | Gel | Tropfen |
Puder | wirkstoffhaltige Pflaster | Sirup |
Zäpfchen | Saft | |
Injektionslösung | ||
Infusionslösung | ||
Tinktur |
Medikamente stellen – Praxisanleitung
Wer Medikamente stellt, trägt ein hohes Maß an Verantwortung und sollte sich daher ausreichend Zeit nehmen und konzentriert Schritt für Schritt dieser Praxisanleitung durchgehen. Es gibt hierbei einige Arbeitsanweisungen und Vorgehensweisen, die Pflegefachkräfte berücksichtigen können, um das Fehlerrisiko zu minimieren. Wer von der Organisation, über die Durchführung bis zum Aufräumen und der Dokumentation folgende Schritte und Tipps befolgt, kann sicher und konzentriert Medikamente stellen.
Organisation
Um Fehler beim Medikamente-Stellen zu vermeiden gibt es einige organisatorische Faktoren und Tipps, die Pflegefachkräfte beachten sollten. Grundsätzlich sollte das Medikamente-Stellen immer in Ruhe und ohne Hektik geschehen. Daher sollte dies zu einem Zeitpunkt erledigt werden, zu dem nicht besonders viel los ist und genug Zeit eingeplant werden kann.
Für die Pflegefachkraft, welche die Medikamente bereitstellt, sollte eine Vertretung eingeplant und beim Pieper oder Telefon eine Umleitung eingerichtet sein. Das Stellen von Medikamenten sollte niemals in der Nachtschicht geschehen. In der Regel sind nicht genügend Pflegekräfte für eine Vertretung da und die Konzentrationsfähigkeit ist nachts eingeschränkter.
Der Platz zum Richten der Medikamente sollte im Idealfall nur wenige Schritte vom Medikamentenschrank entfernt sein. Es kann helfen, den Medikamentendispenser direkt auf dem Dokumentationsblatt mit den Verordnungen abzustellen, da sich durch den direkten Blick Fehler leichter vermeiden lassen. Ein aufgelegtes Lineal kann außerdem, je nach Dokumentationssystem, bei der Orientierung innerhalb der Liste der Verordnungen helfen.
Ein weiterer hilfreicher Tipp ist es die Daten beim Stellen der Medikamente laut vorzulesen, wie Name des/-r Patienten/-in, die Bezeichnung des Präparates und die korrekte Dosierung. Beim Abteilen von Blisterverpackungen sollten Pflegefachkräfte unbedingt darauf achten, dass der Name des Präparates auf jedem Teilstück zu sehen ist. So lassen sich Verwechslungen oder Unklarheiten über das jeweilige Medikament vermeiden.
Wichtige Regeln und Schritte
Um Medikamentensicherheit bieten zu können, gibt es die R-Regel mit fünf, sechs oder zehn Regelbestandteilen. Dieses Konzept schreibt eine Reihe von Punkten vor, welche die korrekte Medikamentenvergabe beim Medikamente-Stellen gewähren soll, und kann auch in der privaten Pflege angewandt werden. Dabei fragt man immer nach der Richtigkeit der einzelnen Schritte. Gilt in einer Einrichtung die 5-R-Regel oder die 6-R-Regel, enden diese dann beispielsweise am fünften oder am sechsten Punkt. Die vollständige 10-R-Regel umfasst folgende Elemente (Die „10-R-Regel zur qualitätsgesicherten Medikamentengabe“ wurde durch das Deutsche Institut Averosa entwickelt (www.averosa.de).):
- Richtige Person
- Richtiges Medikament
- Richtige Dosierung
- Richtige Applikationsart
- Richtiger Zeitpunkt
- Richtige Anwendungsdauer
- Richtige Aufbewahrung
- Richtiges Risikomanagement
- Richtige Dokumentation
- Richtige Entsorgung
Pflegefachkräfte sollten immer den Namen der Patienten/-innen sowie die Bezeichnung und die Dosierung des Medikaments kontrollieren. Es hilft außerdem die Person bei der Vergabe direkt mit dem Namen anzusprechen. Die Applikationsart ist im nächsten Schritt aufgrund der Wirkung des Medikaments von hoher Relevanz. Bei der parenteralen Verabreichung von Medikamenten, beispielsweise durch eine Injektion, umgeht man so gezielt den Verdauungstrakt. Diese Variante wird bei Wirkstoffen angewendet, die durch die Magensäure zerstört werden können und daher intravenös, muskulär oder subkutan verabreicht werden sollten.
Die meisten Medikamente müssen außerdem zu bestimmten Zeiten eingenommen werden, wie zum Beispiel morgens, mittags, abends, vor oder nach dem Essen, auf nüchternen Magen oder zu einer konkreten Uhrzeit. Pflegefachkräfte müssen weiterhin auch darauf achten, dass die Anwendungsdauer korrekt ist. Die Aufbewahrung der Medikamente sollte an einem kühlen, dunklen Ort erfolgen, da viele Medikamente lichtempfindlich sind. Bei besonders empfindlichen Medikamenten wird empfohlen diese in ihrer Originalverpackung aufzubewahren.
Beim Risikomanagement als Bestandteil der 10-R-Regel geht es darum, Fehlerquellen im Prozess frühzeitig zu erkennen und Maßnahmen zur Fehlervermeidung zu entwickeln. Die richtige Dokumentation wiederum ist relevant für Abrechnungen, zur Beurteilung der Pflegestufe und ebenso aus versicherungstechnischen Gründen. Ist ein Medikament abgelaufen muss außerdem die richtige Entsorgung gewährleistet sein. Je nach Medikament und Verpackung müssen hierbei gesonderte Vorgehensweisen zur Entsorgung beachtet werden.
Letzte Schritte
Sind alle Medikamente korrekt gestellt, müssen diese aufgeräumt und wieder zurück in den Medikamentenschrank geräumt werden. Leere Verpackungen werden entsprechend der 10-R-Regel entsorgt. Dabei sind die unterschiedlichen Vorgehensweisen zu beachten. Spritzen müssen im Gegensatz zu regulären Blisterverpackungen zum Beispiel gesondert entsorgt werden. Weiterhin desinfiziert die Pflegefachkraft nach dem Medikamente-Stellen nochmals den Arbeitsplatz und die eigenen Hände.
Medikamenten stellen – Nachkontrolle
Nach dem Stellen der Medikamente sollte nochmals eine Nachkontrolle stattfinden. Das heißt die bereitgestellten Medikamente werden noch einmal mit dem Medikamentenplan abgeglichen. Gegebenenfalls wird nach dem 4-Augen-Prinzip beim Medikamente-Stellen eine zweite Pflegefachkraft hinzugezogen, welche die gesamte Arbeit zusätzlich kontrolliert. Dies minimiert das Fehlerrisiko erheblich.
Dabei hängt die Intensität der Kontrolle von dem Wissensstand der Pflegefachkraft, welche die Medikamente gestellt hat, ab. So dürfen Auszubildende zur/-m Pflegefachfrau / Pflegefachmann ebenfalls das Stellen von Medikamenten übernehmen, jedoch muss eine erfahrene Pflegefachkraft während des gesamten Prozesses anwesend sein. Ob die Kontrolle einer zweiten Person im Sinne des 4-Augen-Prinzips möglich ist, hängt jedoch von dem verfügbaren Personal ab. Aufgrund des häufig herrschenden Personalmangels ist dies leider nicht immer möglich. Im Anschluss kann dann die Medikamentengabe durch eine Pflegekraft erfolgen.
Medikamente stellen – Dokumentation
Die richtige Dokumentation ist ein wichtiger Bestandteil beim Medikamente-Stellen. Zum einen bietet die Dokumentation Medikamentensicherheit, da auch in diesem Schritt eine automatische Kontrolle stattfindet und man Fehler aufdecken kann.
Zum anderen ist die Kontrolle ebenfalls relevant für die Abrechnung, zur Beurteilung der Pflegestufe und für die Versicherung. Mit einer korrekten Dokumentation kann sich die Einrichtung gegen Haftungsansprüche schützen und gewährleistet die Sicherheit und korrekte Versorgung der Patienten/-innen. Dokumentiert werden folgende Daten:
- Arztkontakte und Anordnungen der Ärzte/-innen
- Applikation des Medikaments
- Konzentration und Menge des Medikaments
- Häufigkeit der Einnahme
- Zeitpunkt der Einnahme
- Indikation
- Maximaldosis in 24 Stunden
- Änderungen der Medikation
Stellenangebote für Pflegefachkräfte
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Häufige Fragen
- Wer darf Medikamente stellen?
- Was ist die 6-R-Regel?
- Was ist beim Stellen von Medikamenten zu beachten?
- Wie lange vorab dürfen Tropfen gestellt werden?
Medikamente werden von ausgebildeten Pflegefachkräften gestellt. Auszubildende dürfen diese Aufgaben ebenfalls übernehmen, sofern eine erfahrene Pflegefachkraft anwesend ist und das Stellen der Medikamente kontrolliert.
Die 6-R-Regel ist ein Konzept, das aus einer Reihe von sechs Regeln besteht, welche nach der Richtigkeit der einzelnen Schritte im Ablauf des Medikamente-Stellens fragen. Damit wird sichergestellt, dass beim Stellen von Medikamenten keine Fehler passieren und die richtige Person, die richtigen Medikamente, in der richtigen Dosierung und im richtigen Zeitfenster erhält.
Medikamente sollten immer in Ruhe und mit voller Konzentration auf die Aufgabe gestellt werden. Grundsätzlich müssen Pflegefachkräfte beim Medikamente-Stellen die Hygienevorschriften beachten und auch die richtige Aufbewahrung der Medikamente berücksichtigen. Außerdem sind die Punkte der 5-, 6- oder 10-R-Regel zu beachten.
Tropfen als flüssige Applikationsart dürfen maximal eine Stunde vor der Verabreichung gestellt werden.