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Die Wiedereingliederung nach Krankheit gehört zu den Leistungen der medizinischen Rehabilitation. Sie erleichtert Arbeitnehmer/innen den Wiedereinstieg in den Beruf nach einer langen Erkrankung, da dieser stufenweise erfolgt und man die Belastung langsam erhöht. Ohne Vorbereitung vollständig in den Beruf zurückzukommen ist nicht leicht und kann häufig zu Rückfällen führen. Daher ist es nur sinnvoll, langsam wieder in den Job zurückzukehren und dabei im ständigen Austausch mit Vorgesetzten sowie Kollegen/-innen zu bleiben.
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Wiedereingliederung – Definition
Das Ziel der Wiedereingliederung nach Krankheit ist es, Mitarbeiter/innen langsam wieder in den Beruf zu bringen, sodass die Arbeitsleistung am Ende der Maßnahme wieder vollständig hergestellt ist. Dabei ist die stufenweise Wiedereingliederung nicht zu verwechseln mit dem betrieblichen Wiedereingliederungsmanagement (BEM).
Das Hamburger Modell
Die stufenweise Wiedereingliederung (kurz: StW), auch Hamburger Modell genannt, ist eine freiwillige Maßnahme nach §74 SGB V. Sie hat das Ziel, erkrankte Arbeitnehmer/innen Stück für Stück wieder in den alten Arbeitsplatz zu integrieren. Die Maßnahme verläuft nach einem ärztlich betreuten Stufenplan. Da es sich um vollständig freiwillige Maßnahme handelt, können diese nur durchgeführt werden, wenn alle Parteien der Maßnahme zustimmen.
Betriebliches Wiedereingliederungsmanagement (BEM)
Das betriebliche Wiedereingliederungsmanagement ist seit 2004 für Unternehmen verpflichtend. Sobald ein/e Mitarbeiter/in länger als sechs Wochen im Jahr ausfällt, besteht das Recht auf das BEM. Für die Mitarbeiter/innen ist die Teilnahme allerdings nicht verpflichtend, sondern freiwillig. Im Gegensatz zum Hamburger Modell handelt es sich beim BEM §167 Abs. 2 SGB IX um einen ergebnisoffenen Prozess.
Dabei setzen sich Arbeitgeber/in und Arbeitnehmer/in zusammen und suchen gemeinsam nach einer Lösung für den Einstieg in den Beruf. Die Maßnahmen können auch kombiniert werden. So kann auf das BEM die stufenweise Wiedereingliederung ergänzend folgen.
Wiedereingliederung – Voraussetzungen
Für die stufenweise Wiedereingliederung nach Krankheit müssen die Mitarbeiter/innen weiterhin als arbeitsunfähig gelten. Es müssen sowohl Arbeitnehmer/in, Unternehmensleitung als auch die gesetzliche Krankenkasse der Maßnahme zustimmen. Weiterhin benötigt man eine Bescheinigung von dem/-r behandelnden Arzt/Ärztin, dass eine ausreichende Belastbarkeit vorhanden ist, um die Arbeit teilweise wieder aufzunehmen. Außerdem muss ein Geldleistungsanspruch gegenüber der Krankenkasse oder dem Rehabilitationsträger bestehen, zum Beispiel auf Kranken- oder Übergangsgeld.
Grundsätzlich können nur gesetzlich versicherte Personen die stufenweise Wiedereingliederung in Anspruch nehmen. Wer privat versichert ist, hat lediglich Anspruch auf das BEM.
Wiedereingliederung – Der Stufenplan
Der Stufenplan hält die Ziele und Maßnahmen der Wiedereingliederung fest. Bei der stufenweisen Wiedereingliederung beginnt man in der Regel mit einer geringen Stundenzahl, zum Beispiel zwei oder drei Arbeitsstunden pro Tag als Vollzeitkraft. Im ein- oder zweiwöchigen Rhythmus steigert man die Arbeitszeit Stück für Stück und der oder die behandelnde/r Arzt/Ärztin beobachtet dabei den Verlauf des Wiedereinstiegs in den Beruf.
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Dauer und Inhalt
In der Regel ist der Stufenplan der Wiedereingliederung nach einer Krankheit auf sechs Wochen bis sechs Monate ausgelegt. Die Dauer lässt sich jedoch flexibel anpassen, je nachdem, wie hoch die Belastbarkeit des/-r Mitarbeiters/-in ist. Benötigt man für die Bewältigung der Stufen länger oder kürzer als erwartet, kann man den Plan immer wieder angleichen. Ist ein/e Arbeitnehmer/in nach sechs Wochen noch nicht vollständig einsatzfähig, kann man den Prozess auf bis zu zwölf Monate verlängern.
Der Wiedereingliederungsplan enthält Informationen, wie Beginn und Ende der Maßnahmen sowie konkrete Inhalte der einzelnen Stufen. Dazu gehören zum Beispiel die Wochenstunden und Aufgabenfelder jeder Stufe. Weiterhin enthält der Plan Aufgaben und Belastungen, die vermieden werden sollen und begleitende Maßnahmen, welche am Arbeitsplatz getroffen werden. Auch die Rücktrittsrechte und -gründe werden schriftlich festgehalten.
Wiedereingliederung – Beantragung
Die stufenweise Wiedereingliederung bespricht man zunächst mit dem/-r Arzt/Ärztin und stimmt sie mit dem/der Arbeitgeber/in ab. Daraufhin kann man den Stufenplan bei der Kranken- oder Rentenversicherung beantragen. Soll die Wiedereingliederung innerhalb von vier Wochen im Anschluss an eine Reha-Leistung beginnen, ist die Rentenversicherung zuständig. Stimmt diese nicht zu, kann man sich innerhalb von zwei Wochen an die Krankenkassen wenden. Diese prüft, ob eine Wiedereingliederung sinnvoll ist.
In allen anderen Fällen wendet man sich direkt an die Krankenkasse. Für den Antrag benötigt man die Beginnmitteilung. Diese ist das wichtigste Dokument und enthält die Bestätigung von Arzt/Ärztin und Arbeitgeber/in, die Laufzeit der Wiedereingliederung sowie die definierten Bedingungen des Stufenplans.
Burnout vorbeugen
Burnout ist eine psychische Krankheit, die besonders häufig am Arbeitsplatz entsteht. Begünstigende Faktoren sind Stress, zu hohe Erwartungen und ein schlechtes Klima unter Kollegen/-innen. Damit es gar nicht erst zu einem Burnout kommt, ist es wichtig, mit Gesprächen und genügend persönlichen Auszeiten vorzubeugen. Häufig ist nach einem Burnout eine Wiedereingliederungsmaßnahme notwendig, da die Betroffenen meist so ausgebrannt sind, dass sie mehrere Wochen bis Monate ausfallen. Unter den verschiedenen Berufsgruppen kommt in der Pflege der Burnout besonders häufig vor.
Wiedereingliederung – Rechtliche Grundlagen
Da man als Mitarbeiter/in während der Wiedereingliederung offiziell arbeitsunfähig ist, gibt es einige Dinge zu beachten. So darf die Arbeitszeit nicht elektronisch erfasst werden. Diese wird lediglich mit dem/-r Vorgesetzten und der Personalabteilung besprochen. Weiterhin darf man keinen Urlaub nehmen. Der Urlaubsanspruch wird gesammelt, bis die Arbeitsunfähigkeit offiziell beendet ist. Ändert man den Stufenplan und ändert sich dadurch zum Beispiel Beginn oder Ende der Wiedereingliederung, ist man verpflichtet, die Krankenkasse darüber zu informieren.
Außerdem müssen während der Wiedereingliederung monatliche Folgebescheinigungen von allen Beteiligten unterschrieben werden, damit die finanzielle Unterstützung gewährleistet bleibt. Grundsätzlich haben Mitarbeiter/innen keinen Anspruch auf die vorherige Position. Der Aufgabenbereich kann sich also ändern. Fällt der Arbeitsplatz weg und gibt es keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit oder keinen anderen Arbeitsplatz für den oder die Mitarbeiter/in, besteht die Möglichkeit der betriebsbedingten Kündigung.
Beispiel für eine gute Wiedereingliederung
Für einen gelungenen Wiedereinstieg ins Arbeitsleben spielt insbesondere die zwischenmenschliche Beziehung zwischen Mitarbeiter/in, Personalabteilung sowie Arbeitgeber/in eine erhebliche Rolle. Es ist wichtig, Arbeitnehmer/innen während der Wiedereingliederung zu unterstützen, zu begleiten und auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Idealerweise spricht man so früh wie möglich über die Erwartungen des/-r Mitarbeiters/-in an die Wiedereinkehr und gegebenenfalls die Ursachen der Erkrankung, insbesondere wenn der Beruf die Ursache darstellt, zum Beispiel bei Burnout von Pflegekräften.
Weiterhin sollte regelmäßig überprüft werden, wie die Wiedereingliederung verläuft, ob zum Beispiel das Tempo in Ordnung ist, wie die Atmosphäre unter den Kollegen/-innen ist und wo noch Verbesserungsbedarf herrscht. Somit gibt man dem/-r Mitarbeiter/in das Gefühl, dass ein offenes Ohr für Probleme und Fragen da ist und das Unternehmen hinter dem/-r Mitarbeiter/in steht. Weiterhin ist es hilfreich, wenn alle beteiligten Personen optimistisch bleiben. Die Wiedereingliederung ist ein Neuanfang und bringt die Chance mit, Arbeitsprozesse neu zu gestalten.
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Wiedereingliederung – Gehalt
Während der Wiedereingliederung erhält man in der Regel kein Gehalt. Die gesetzliche Krankenversicherung zahlt ein Krankengeld in Höhe von 70 Prozent des Bruttolohns. Die Rentenversicherung zahlt das Übergangsgeld in Höhe von 68 Prozent des Bruttolohns bei kinderlosen Personen und 75 Prozent bei Versicherten mit Kindern. In Sonderfällen kann auch die Unfallversicherung die Zuständigkeit übernehmen. In diesem Fall erhalten Mitarbeiter/innen ein Verletztengeld in Höhe von 80 Prozent des Bruttolohns.
Überstunden, Akkord- und Schichtzulagen werden nicht bezahlt. Der Einrichtung steht es grundsätzlich frei, einem/-r Mitarbeiter/in während der Wiedereingliederung ein Gehalt für die geleistete Arbeit zu zahlen. Dies führt allerdings zur Kürzung des Krankengeldes, daher sollte man im individuellen Fall absprechen, welche Option die bessere ist.
Wiedereingliederung abbrechen
Der berufliche Wiedereinstieg eines/-r Mitarbeiters/-in kann für maximal sieben Tage unterbrochen werden. Überschreitet die Fehlzeit diese sieben Tage, gilt die Wiedereingliederung in der Regel als gescheitert und wird abgebrochen. Grundsätzlich kann die Maßnahme von allen Beteiligten abgebrochen werden, also Mitarbeiter/in, Arbeitgeber/in, Arzt/Ärztin oder Rehabilitationsträger.
Hat sich der Gesundheitszustand schneller als erwartet verbessert, kann dies ebenso ein Grund für einen Abbruch sein, da die Person wieder vollständig in die Arbeit einsteigt. Gilt man nach Abbruch der Wiedereingliederung weiterhin als arbeitsunfähig, bezieht man weiterhin das Kranken- oder Übergangsgeld für die gesetzlich festgeschriebene Zeit.
Fazit
Die Wiedereingliederung stellt eine hilfreiche Maßnahme für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen dar, die offiziell noch arbeitsunfähig sind, aber bereits belastbar genug sind, um ihre Tätigkeit langsam wieder aufzunehmen. Statt ins kalte Wasser zu springen und einen potenziellen Rückfall zu erleiden, kann man sich langsam rantasten, die Belastbarkeitsgrenzen ausloten und Woche für Woche erweitern.
Durch die regelmäßige Kontrolle eines/-r Arztes/Ärztin wird die Gesundheit der Mitarbeiter/innen priorisiert und die Wahrscheinlichkeit einer langfristigen Genesung erhöht. Weiterhin können im Prozess der Wiedereingliederung Arbeitsprozesse optimiert und somit weitere Ausfälle minimiert werden.
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Häufige Fragen
- Ist Wiedereingliederung nach Krankheit Pflicht?
- Wann ist eine Krankheitsbedingte Kündigung möglich?
- Wer bestimmt in der Wiedereingliederung die Arbeitszeiten?
- Was ist, wenn man in der Wiedereingliederung krank wird?
- Bekommt man bei der Wiedereingliederung Gehalt?
Für Arbeitnehmer/innen besteht keine Pflicht für die Wiedereingliederung nach Krankheit. Oft ist es allerdings sehr sinnvoll für Mitarbeiter/innen, nach einer langen Erkrankung nicht vollständig in den Beruf einzusteigen, sondern die Wiedereingliederungsmaßnahme anzunehmen.
Eine Krankheitsbedingte Kündigung ist möglich, wenn abzusehen ist, dass ein/e Arbeitnehmer/in für einen längeren Zeitraum aufgrund von Krankheit nicht arbeitsfähig ist, dieser Ausfall das wirtschaftliche und betriebliche Interesse der Unternehmensleitung beeinträchtigt und das Interesse des/-r Arbeitgebers/-in überwiegt. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn eine Wiedereingliederung scheitert und keine weiteren Überbrückungsmaßnahmen möglich sind.
Die Arbeitszeiten werden von dem/der Arbeitnehmer/in entsprechend der Belastungsfähigkeit des/der Angestellten festgelegt und im Wiedereingliederungsplan festgehalten.
Die Wiedereingliederung kann generell für sieben Tage unterbrochen werden, also auch im Krankheitsfall. Fällt ein/e Mitarbeiter/in jedoch länger als sieben Tage aus, gilt die Maßnahme in der Regel als beendet.
In der Regel erhalten Mitarbeiter/innen während der Wiedereingliederung kein Gehalt, sondern Krankengeld, Übergangsgeld oder Verletztengeld von Krankenkasse, Rentenversicherung oder Unfallversicherung.
- Kündigung wegen Krankheit, https://www.hensche.de/... (Abrufdatum: 30.11.2022)