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Neben der allgemeinen Atemmuskulatur, die in der Hauptsache aus dem Zwerchfell und der Zwischenrippenmuskulatur (den Musculi intercostales) besteht und bei jedem Atemzug in Ruhe aktiv ist, wird die Atemhilfsmuskulatur eingesetzt, um eine verstärkte Atemarbeit umzusetzen oder einen Ausfall der regulären Atemmuskulatur zu kompensieren.
Alles zu ihrem Aufbau sowie den Aufgaben und Funktionen der Atemhilfsmuskulatur gibt es hier nachzulesen.
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Atemhilfsmuskulatur – Definition
Die Atemhilfsmuskulatur ist eine Gruppe von Muskeln, welche die physiologische Atemarbeit unterstützen können. Dies kann notwendig werden bei sportlicher Betätigung mit erhöhtem Herzzeitvolumen, bei einem Ausfall der eigentlichen Atemmuskulatur durch Lähmungen oder muskuläre Verletzungen und bei internistischen Krankheitsbildern, welche eine vermehrte Atemtätigkeit erfordern, um die Grundfunktionen des Körpers aufrecht zu erhalten.
Kommt die Atemhilfsmuskulatur zum Einsatz, so sprechen wir von einer auxiliären Atmung oder kurz „Auxiliaratmung“.
Atemhilfsmuskulatur – Anatomie und Aufbau
Die Übergänge im Einsatz von regulärer Atemmuskulatur und Atemhilfsmuskulatur sind fließend und nicht klar abgrenzbar. Selbst im Ruhezustand wie dem Schlaf variiert die Tiefe der einzelnen Atemzüge, da jede Form der körperlichen oder emotionalen Aktivität eine dynamische Anpassung der Atmung an den aktuellen Bedarf erforderlich macht.
Generell kann man sagen, dass für die Ruheatmung vor allem das Zwerchfell und die inneren und äußeren Intercostalmuskeln verantwortlich sind. Die ergänzend aktivierbare Atemhilfsmuskulatur teilt man in drei Gruppen ein, die in den folgenden Absätzen näher beschrieben sind.
Inspirationsmuskeln (Inspiratoren)
Der Atemfluss bei der Einatmung erfolgt passiv durch die Erzeugung eines Unterdrucks innerhalb des Brustkorbes, durch welchen die Luft von außen einströmen kann. Die inspiratorischen Atemhilfsmuskeln sind so angeordnet, dass ihre Aktivierung den Brustkorb zu allen Seiten hin aufweitet, was den Unterdruck verstärkt und die Aufnahme von mehr Luft ermöglicht. Zu den inspiratorisch unterstützenden Muskeln zählen:
- Musculus sternocleidomastoideus: Er zieht von Schlüsselbein und Brustbein ausgehend zur Schädelbasis und hebt den Brustkorb an.
- Die Musculi scaleni (anterior, medius und posterior): Sie ziehen von den Halswirbelkörpern zu den oberen Rippen und ziehen den Brustkorb ebenfalls nach oben auf.
- Die Brustmuskeln (M. pectoralis major und minor): sie verbinden den Brustkorb mit dem Schulterblatt und Oberarm und öffnen den Brustkorb zu den Seiten.
- Die Musculi serrati (anterior und posterior): sie verbinden die Übergänge der Brustwirbelsäule zum Hals- und Lendenwirbelbereich mit den Rippen und erweitern die obere und untere Öffnung des Brustkorbes.
Exspirationsmuskeln (Exspiratoren)
Zur Unterstützung der Exspiration, also der Ausatmung, werden Muskeln eingesetzt, welche den Brustkorb zusammen ziehen und somit helfen, die Luft aktiv heraus zu pressen. Dazu gehören:
- sämtliche Anteile der geraden und schrägen Bauchmuskeln
- Musculus latissimus dorsi, der sich über den unteren Rücken aufspannt und insbesondere beim Husten als Hilfsmuskel fungiert, sowie
- Musculus transversus thoracis, welcher das Brustbein und die Rippen miteinander verbindet.
Zwischenrippenmuskeln
Die Ausatmung in Ruhe erfolgt als passiver Ausstrom der Luft, welcher durch die Rückstellkräfte der Lunge verursacht wird. Der zuvor zur Einatmung aktiv erzeugte Unterdruck wird aufgehoben (wobei die kleinsten Atemwege stets ein wenig Luft zurück behalten, damit auch zwischen den einzelnen Atemzügen noch ein Austausch von Sauerstoff und Kohlenstoffdioxid erfolgen kann).
Ziehen sich nun die inneren Anteile der Zwischenrippenmuskeln zusammen, so erhöhen sie den Druck auf die Lunge und unterstützen damit deren Entleerung. Sie übernehmen also die gleiche Funktion wie die exspiratorische Atemhilfsmuskulatur.
Atemhilfsmuskulatur – Aufgaben und Funktion
Die Atemhilfsmuskeln kommen zum Einsatz, wenn die reguläre Atmung nicht ausreicht, um die Sauerstoffversorgung des Körpers aufrecht zu erhalten oder Kohlenstoffdioxid abzuatmen. Die Ursachen hierfür können vielfältig sein. Bei neurologischen Krankheitsbildern wie der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) können unter Umständen Teile der primären Atemmuskulatur nicht mehr angesteuert werden. Das Zwerchfell als größter Atemmuskel fällt aus, wenn der zugehörige Nerv im Rahmen einer Querschnittslähmung oberhalb des vierten Halswirbels geschädigt wird.
Zudem führen verschiedene Krankheitsbilder aus dem Bereich der Inneren Medizin wie Asthma bronchiale oder Chronisch-obstruktive Bronchitis (COPD) zu einem erhöhten Atemwegswiderstand, gegen den dann aktiv angeatmet werden muss.
Chronischer Bronchitis entgegenwirken
Um den Körper bei einer chronischen Lungenentzündung zu entlasten, kann man verschiedene Schritte tun, die ein leichteres und gesünderes Leben ermöglichen. Dazu gehören der Verzicht auf Zigaretten sowie eine gesunde Ernährung, die viel Obst, Gemüse und wenig Fleisch sowie einen reduzierten Konsum von Milchprodukten beinhaltet.
Atemhilfsmuskulatur – Beschwerden und Krankheiten
Die zur Atemhilfsmuskulatur zählenden Muskeln besitzen auch außerhalb ihres Einsatzes bei der Atmung vielfältige Aufgaben, weswegen sich Erkrankungen dieser Muskeln auch auf allgemeine Bewegungsabläufe auswirken. Beispielsweise zieht der Musculus sternocleidomastoideus Schädelbasis und Brustbein zueinander, wodurch sich der Kopf zur Gegenseite neigt. Bei einseitigem Ausfall dieses Muskels resultiert entsprechend eine Schiefhaltung des Kopfes.
Die Bauchmuskulatur stabilisiert die Körpermitte als Gegenspieler zur Rückenmuskulatur. Muskellücken im Bereich der Bauchdecke bilden Bruchpforten, durch die sich im schlimmsten Falle Anteile des Darms oder der inneren Organe bis unter die Haut verschieben, wobei sie abgeklemmt werden können.
Vermehrte Atemarbeit über die Atemhilfsmuskulatur kann zu Muskelkater mit entsprechender Schmerzsymptomatik führen. Weiterhin wird bei Luftnot oft eine aufrechte Haltung eingenommen, welche die Aktivierung der unterstützenden Muskulatur vereinfacht. Hieraus resultieren unter Umständen Fehlhaltungen und Erschöpfung.
Problematisch ist ein Ausfall der Atemhilfsmuskulatur vor allem dann, wenn diese bereits in Ruhe zur Aufrechterhaltung einer ausreichenden Atemtätigkeit benötigt wird, was bei langjähriger COPD oder Lähmungen vorkommen kann. Fällt dann die wichtige Unterstützung durch die ergänzenden Muskelgruppen aus, so ist schnell eine kritische respiratorische Situation erreicht, die bis hin zum Koma und der Notwendigkeit einer maschinellen Beatmung führen kann.
Häufige Fragen
- Was kann man gegen Atemnot tun?
- Wie kann man das Lungenvolumen verbessern?
- Welche Schmerzen hat man bei COPD?
- Können Rückenschmerzen Atemprobleme machen?
Die Behandlung einer akuten Atemnot (Dyspnoe) hängt von deren Ursache ab. Häufige Auslöser sind mechanische Probleme innerhalb oder außerhalb der Lunge und chronische internistische Krankheitsbilder. Es kann sowohl die Einatmung als auch die Ausatmung betroffen sein.
Allgemein sollten enge Kleidung gelockert und frische Luft angeboten werden, auch die Erzeugung eines angenehmen Luftzuges durch einen Handventilator oder geöffnete Fenster können helfen. Bei Erkrankungen wie Asthma bronchiale sollte das Notfallmedikament vorhanden sein.
Bei schwerer Dyspnoe vor allem im Liegen, der sogenannten „Orthopnoe“, nehmen die Betroffenen häufig bereits von selbst eine sitzende Haltung ein und stützen den Oberkörper auf, um die Atemhilfsmuskulatur zur Hilfe nehmen zu können.
Bei chronischen schweren Luftnotzuständen, die aus fortgeschrittenen Erkrankungen der Lunge resultieren, kann neben einer kontinuierlichen Sauerstoffgabe über Nasenbrille oder Maske unter Umständen eine Therapie mit Morphin durchgeführt werden, welches die Wahrnehmung der Luftnot reduziert. Dieses Vorgehen bietet sich vor allem in Kombination mit der Schmerztherapie bei Lungenkrebs an.
Bei muskulären Verspannungen und Fehlhaltungen kann durch Physiotherapie und aktive Atemarbeit eine Verbesserung der Atemmechanik erzielt werden. Emotionale Belastungen führen zu einer Stressreaktion mit beschleunigter und abgeflachter Atmung, welcher mit Entspannungstechniken entgegen gewirkt werden kann. Tiefes Durchatmen entspannt und senkt den Puls, dadurch wird die Effizienz der Atmung gesteigert.
Bei Krankheitsbildern aus dem Bereich der Inneren Medizin, welche die Atemabläufe erschweren (etwa Asthma bronchiale oder Chronisch-Obstruktive Bronchitis, COPD), steht die Therapie der zugrunde liegenden Erkrankungen an erster Stelle.
Bei starren Beeinträchtigungen nach Verletzungen des Brustkorbs oder bei ausgeprägter Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) können operative Verfahren eingesetzt werden. Zudem ist es möglich, unwiederbringlich zerstörtes Lungengewebe zu entfernen, um den gesunden Anteilen der Lunge mehr Platz im Brustkorb zu bieten.
Eine chronisch obstruktive Bronchitis (COPD) führt auf Dauer dazu, dass die Betroffenen nicht mehr ausreichend ausatmen können, da sie ständig gegen einen inneren Atemwegswiderstand arbeiten müssen. Um diesen Widerstand zu überwinden, wird zunehmend auch in Ruhe die Atemhilfsmuskulatur eingesetzt. Dies kann zu muskulären Beschwerden und Fehlhaltung vor allem im Bereich von Kopf, Nacken und Schulter führen und Kopfschmerzen auslösen.
Rückenschmerzen wirken sich vor allem auf die Atmung aus, wenn sie zwischen die Rippen ausstrahlen. Bei dieser sogenannten Interkostalneuralgie ist vor allem die Aufweitung des Brustkorbes bei der Einatmung mit massiven Beschwerden verbunden, sodass die Atemzüge verfrüht abgebrochen werden und eine unzureichende Lungenbelüftung das Ergebnis ist.
- Fanghänel, J., Pera, F., Anderhuber, F., & Nitsch, R. (2003). Waldeyer Anatomie des Menschen. In J. Fanghänel, F. Pera, F. Anderhuber, & R. Nitsch, Waldeyer Anatomie des Menschen (S. 235-239). Berlin: de Gruyter.
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- Atemhilfsmuskeln, https://www.atemmuskeltraining.com/... (Abrufdatum: 16.03.2023)