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Der Hämatokrit ist einer der Standardwerte bei der Interpretation des Blutbildes. Seine Aussagekraft und Gründe für Normabweichungen des Parameters erläutert dieser Artikel.
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Was ist Hämatokrit?
Hämatokrit ist ein Laborwert, der den Anteil der soliden Zellen am Gesamtvolumen des Blutes wiedergibt. Er wird in Prozent angegeben.
Da die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) nahezu 96 Prozent aller Blutzellen ausmachen, ist er ein guter Indikator für deren Anzahl. Abweichungen des Hämatokrits können auf eine Erkrankung der roten Blutkörperchen hinweisen.
Aufgaben und Funktion
Der Hämatokrit-Wert ermöglicht, gemeinsam mit weiteren Parametern und im Kontext der klinischen Präsentation des Patienten, eine Einschätzung des Flüssigkeitshaushaltes. Zudem kann er auf verschiedene Erkrankungen hindeuten.
Hämatokrit messen
Man bestimmt den Hämatokrit im Messgerät durch eine Multiplikation der Anzahl roter Blutkörperchen mit dem MCV (Mittleres Corpusculäres Volumen, Größe der roten Blutkörperchen). Ein Messwert innerhalb der Normwertgrenzen weist meist auf eine regelrechte Blutzusammensetzung und einen ausgeglichenen Flüssigkeitshaushalt hin.
Umgekehrt können Abweichungen sowohl Folge einer Störung der Blutbildung als auch einer Überwässerung oder eines Flüssigkeitsmangels sein. Für gewöhnlich gibt die Kombination mehrerer Laborwerte und etwaiger Krankheitsanzeichen den Ausschlag für die weitere Diagnostik.
Theoretisch können auch parallel bestehende Erkrankungen in Summe mit einem normwertigen Hämatokrit einher gehen, dies ist jedoch unwahrscheinlich.
Normalwerte
In der Regel beträgt der Hämatokrit-Wert bei Männern etwa 40 bis 52 Prozent, bei Frauen liegt er mit 37 bis 48 Prozent etwas niedriger.
Hämatokrit zu hoch
Ein erhöhter Wert kann die Folge eines Flüssigkeitsmangels sein, etwa bei fieberhaften Infekten mit Wasserverlust über den Schweiß und die beschleunigte Atmung oder bei Magen-Darm-Infektionen mit starkem Durchfall. Weitere Ursachen sind eine Enthemmung der Blutbildung im Knochenmark und andere Erkrankungen, die mit einer unverhältnismäßig hohen Produktion der roten Blutkörperchen einher gehen.
Hämatokrit zu niedrig
Der Hämatokritwert fällt ab, wenn das Blut verdünnt wird, also ein Flüssigkeitsüberschuss im Körper vorliegt. Dies ist oft die Folge von Herzschwäche und Funktionsstörungen der Niere, bei denen sich Wasseransammlungen (Ödeme) im Körper bilden.
Nach größeren Blutverlusten kommt es ebenfalls zu einer Erniedrigung des Hämatokritwertes. Während die Nachbildung der roten Blutkörperchen einige Tage dauert, zieht der Körper bei Kreislaufinstabilität durch den Blutverlust Wasser aus dem Gewebe in die Blutgefäße ab, um den Blutdruck aufrecht zu erhalten. Da jedoch der Hämatokrit wesentlich durch die roten Blutkörperchen gebildet wird, entsteht ein Verdünnungseffekt.
Bei frisch eingesetzter schwerer Blutung, etwa bei einer großflächigen Wunde, einem blutenden Magengeschwür oder einer Gefäßverletzung unter der Geburt, verliert der Körper zunächst gleichermaßen feste und flüssige Blutbestandteile. Hierdurch ist der Hämatokritwert anfänglich normal, da er ja nur das Verhältnis der Blutbestandteile zueinander, jedoch nicht die absolute Blutmenge wiedergibt.
Eine zu frühe Blutabnahme kann dann in falscher Sicherheit wiegen, während bereits kurze Zeit später durch die Wasserverschiebung im Körper der Hämatokrit dramatisch abfallen kann. Der Patient verblutet trotz regelrechter Laborwerte.
Hämatokrit – Erkrankungen
Neben Flüssigkeitsverschiebungen als indirekte Auslöser gibt es einige Erkrankungen, die unmittelbar eine Abweichung des Hämatokritwertes von der Norm verursachen.
Erhöhte Hämatokritwerte bestehen unter anderem bei der Polyglobulie, einem Überschuss an roten Blutkörperchen. Diese kann sowohl Folge einer Veränderung der Zellen im Knochenmark sein, die dann unkontrolliert Zellen produzieren, obwohl diese gar nicht benötigt werden. Auch kann sie reaktiv bei Herz- oder Lungenerkrankungen auftreten. Letztere asoziiert man in der Regel mit einer schlechten Sauerstoffversorgung des Körpers assoziiert.
Durch eine Steigerung der Produktion roter Blutkörperchen stehen mehr „Transporter“ für die Belieferung der Organe mit Sauerstoff zur Verfügung. Auch Nierenerkrankungen können zu einer Erhöhung des Hämatokrits führen. Die Nieren produzieren das Hormon Erythropoietin, kurz EPO, das die Heranreifung der Zellen im Knochenmark fördert.
Ist der Hämatokrit erniedrigt, so kann dies auf eine Anämie, Blutarmut, hinweisen. Diese ist weltweit vorrangig durch einen Eisenmangel bedingt und betrifft in diesem Fall vor allem menstruierende Frauen. Auch eine unzureichende Aufnahme von Folsäure und Vitamin B 12, deren Resorption im Körper bei einigen Formen der Magenschleimhautentzündung und bei Dünndarmerkrankungen gestört ist, können eine Blutarmut zur Folge haben.