Gegen das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG), das insbesondere in der Altenpflege eine Bezahlung nach tariflichem Vorbild bestimmt, haben Private Pflege-Anbieter Verfassungsbeschwerde eingereicht. Sie sehen darin einen “Tarifzwang” und klagen vor dem Bundesverfassungsgericht.
Altenpflege – Kern der Reform
Am gesetzlichen Pflegemindestlohn von derzeit 15 Euro für ausgebildete Pflegefachkräfte beziehungsweise 11,80 Euro für Pflegehilfskräfte hat das Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG) nicht gerüttelt. Denn direkte Erhöhung des Lohns von Altenpflegekräften sieht die Pflegereform nicht vor. Stattdessen beschlossen CDU und SPD, dass ab September 2022 nur noch Altenheime und Pflegeeinrichtungen über die gesetzlichen Pflegekassen abrechnen dürfen, wenn sie ihre Angestellten in Tarifhöhe beziehungsweise nach Tarif bezahlen.
Anbieter, die geringere Löhne zahlen, würden durch diese Tarifbindung den Versorgungsauftrag verlieren. Der Versorgungsvertrag ist die Voraussetzung für die Zulassung am Markt.
Die Neuregelung trifft private Pflegeunternehmen, die im Vergleich zu öffentlichen und kirchlichen Trägern Pflegekräfte im Durchschnitt schlechter bezahlen. Die Reform soll zu mehr Tarifverträgen und höheren Löhnen auch bei privaten Anbietern führen. Neue Tarifverträge müssen laut GVWG dafür nicht ausgehandelt werden. Die Arbeitgeber dürfen sich einen Tarifvertrag, der in ihrer Region bereits gilt, beliebig aussuchen. Dies wird von den Pflegekräften und Verdi kritisiert.
Altenpflege – Private Anbieter klagen
In der Tarifbindung sehen private Pflegeunternehmen einen faktischen Tarifzwang und haben eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Die Bindung verletze die Grundrechte auf Tarifautonomie, Berufsfreiheit und Gleichbehandlung der privaten Pflegedienste, argumentieren die Kläger. Das GVWG sei verfassungswidrig, weil es ihnen die grundgesetzlich garantierte Freiheit nehme, Tarifverträge abzuschließen oder es zu unterlassen. Basis für die Verfassungsbeschwerde sei ein von Professor Udo Di Fabio und Professor Felix Hartmann erstelltes Rechtsgutachten.
Der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), in dem rund jede dritte Pflegeeinrichtung organisiert ist, sowie der Verband Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB), unterstützen die Verfassungsbeschwerde ihrer Mitglieder.
Der bpa-Präsident und FDP-Politiker Rainer Brüderle sieht in dem Gesetz reine Willkür. Er befürchte, dass arbeitnehmerfreundliche Tarifverträge von einzelnen Einrichtungen zum Standard für eine ganze Region erklärt werden könnten. Das entbehre jeglicher demokratischen Legitimation, meint der ehemalige Bundeswirtschaftsminister.
Für den Bundesvorsitzenden des VDAB, Stephan Baumann, bedeute das Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz praktisch ein Berufsverbot, da es zum Entzug des Versorgungsauftrags führen könne. Er meint, das Gesetz entziehe privaten Pflegeunternehmen das verfassungsmäßig garantierte Recht, eigene Lohnstrukturen zu gestalten und keinem Tarifverbund anzugehören.
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