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Arbeitsunfähigkeit ist ein wichtiges Thema im Arbeitsrecht und im Gesundheitssystem, da sie viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber betrifft. Wenn eine Person aufgrund von Krankheit nicht in der Lage ist, ihrer Arbeit nachzugehen, spricht man von Arbeitsunfähigkeit. Gemeint ist also die klassische Krankmeldung. Doch was genau umfasst dieser Begriff, wie wird er festgestellt und welche Regeln gelten dabei?
Dieser Beitrag wirft einen detaillierten Blick auf die Definition, die Ursachen, die Begutachtung und die rechtlichen Rahmenbedingungen der Arbeitsunfähigkeit.
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Arbeitsunfähigkeit – Definition
Der Begriff Arbeitsunfähigkeit ist in der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie festgelegt. Diese Richtlinie definiert die Regelungen zur Feststellung und Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit. Hierzu sind vor allem Vertragsärzte verantwortlich, die bestimmen, ob eine Person aufgrund von Krankheit ihre beruflichen Tätigkeiten nicht mehr ausführen kann oder ob die Ausübung der Arbeit das Risiko einer Verschlechterung der Erkrankung birgt.
Es gibt zwei Hauptkriterien für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit:
- Wenn der Patient aufgrund einer Erkrankung seine Tätigkeit nicht mehr ausüben kann oder
- Wenn durch die Ausübung der Tätigkeit gesundheitliche Probleme entstehen würden, die die Arbeitsunfähigkeit hervorrufen könnten.
Auch bei Arbeitslosen wird Arbeitsunfähigkeit nach spezifischen Kriterien definiert. Empfänger von Arbeitslosengeld II gelten als arbeitsunfähig, wenn sie aufgrund einer Krankheit nicht in der Lage sind, mindestens drei Stunden täglich zu arbeiten oder an einer Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Bei Beziehern von Arbeitslosengeld I ist der Zustand der Arbeitsunfähigkeit erreicht, wenn sie keine leichten Arbeiten mehr ausführen können, für die sie sich bei der Arbeitsagentur zur Verfügung gestellt haben.
Unterschied Arbeitsunfähig vs. Berufsunfähig
Arbeitsunfähigkeit beschreibt eine temporäre Erkrankung, die verhindert, dass jemand seine Arbeit ausführen kann. Ist man arbeitsunfähig, handelt es sich hierbei um die klassische "Krankschreibung". Berufsunfähigkeit hingegen bedeutet, dass eine Person dauerhaft nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten kann, was oft eine Berufsunfähigkeitsrente auslöst.
Arbeitsunfähigkeit – Ursachen
Die Ursachen von Arbeitsunfähigkeit sind vielfältig und umfassen sowohl körperliche als auch psychische Belastungen. Besonders im Bereich der Pflege, aber auch in vielen anderen Berufen, sind Arbeitnehmer verschiedenen Gesundheitsrisiken ausgesetzt:
Physische Belastungen
Pflegende und andere Arbeitnehmer, die körperlich schwer arbeiten, sind häufig von Rückenproblemen und Muskel-Skelett-Erkrankungen betroffen. Das regelmäßige Heben und Bewegen von Patienten kann Rückenschmerzen verursachen und auch Gelenkprobleme, wie Arthritis oder Sehnenscheidenentzündungen, sind verbreitet. Weitere physische Risiken umfassen Verletzungen durch Stürze oder Unfälle, die insbesondere bei nassen oder glatten Böden auftreten können. Pflegende haben zudem ein erhöhtes Risiko für Infektionskrankheiten, da sie in direktem Kontakt mit Patienten und deren Körperflüssigkeiten stehen. Es kann also immer wieder passieren, dass Pflegekräfte ausfallen, weil sie durch eine dieser Beschwerden arbeitsunfähig sind.
Psychische Belastungen
Die psychischen Belastungen im Pflegeberuf sind erheblich. Hoher Druck durch Personalmangel, lange Arbeitszeiten und emotionale Herausforderungen können zu Stress und Burnout führen. Die Arbeit mit schwerkranken oder sterbenden Patienten kann zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen und Angstzuständen führen. In extremen Fällen kann der Kontakt mit traumatischen Ereignissen, etwa in der Notfall- oder Intensivpflege, posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) auslösen.
Atemwegserkrankungen
Pflegekräfte sind durch den häufigen Einsatz von Desinfektionsmitteln und den Kontakt mit infektiösen Patienten einem erhöhten Risiko für Atemwegserkrankungen ausgesetzt. Dies kann zu allergischen Reaktionen oder sogar zu Asthma führen. In einigen Pflegeeinrichtungen, in denen die Luftqualität schlecht ist oder es an Belüftung mangelt, steigt das Risiko für Atemwegserkrankungen weiter.
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Hauterkrankungen
Auch Hauterkrankungen sind bei Pflegekräften weit verbreitet. Der häufige Gebrauch von Desinfektionsmitteln und Latexhandschuhen kann zu Hautreizungen und allergischen Reaktionen führen. In schwereren Fällen kann der langfristige Kontakt mit chemischen Stoffen chronische Hauterkrankungen wie Kontaktdermatitis verursachen.
Kardiovaskuläre Erkrankungen
Langfristiger Stress und hohe körperliche Belastungen erhöhen das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Bluthochdruck und Herzerkrankungen. Gerade bei Pflegekräften, die sowohl körperlichen als auch emotionalen Belastungen ausgesetzt sind, können sich diese Erkrankungen negativ auf die Arbeitsfähigkeit auswirken.
Insgesamt hängt das Risiko der Arbeitsunfähigkeit stark von den individuellen Arbeitsbedingungen und den persönlichen Gesundheitsfaktoren ab. Durch präventive Maßnahmen, wie Ergonomie-Schulungen, Stressbewältigungsprogramme und Gesundheitsschulungen, können Arbeitnehmer geschützt und unterstützt werden.
Arbeitsunfähigkeit – Begutachtung
Jährlich werden in Deutschland rund 60 Millionen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) ausgestellt. Diese Bescheinigungen sind notwendig, um die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sicherzustellen. Arbeitnehmer, die länger als drei Tage arbeitsunfähig sind, müssen eine solche ärztliche Bescheinigung vorlegen.
Mittlerweile gibt es die Möglichkeit, diese Bescheinigung elektronisch, als sogenannte „eAU“, zu übermitteln. Diese wird direkt von der Arztpraxis an die Krankenkasse gesendet und der Arbeitgeber kann den Nachweis direkt bei der Krankenkasse abrufen. Wichtig ist hierbei, dass die elektronische Übermittlung derzeit nicht für privatversicherte Beschäftigte vorgesehen ist. Diese müssen ihre Krankmeldung weiterhin in Papierform vorlegen.
Eine weitere Möglichkeit zur Krankschreibung besteht per Videosprechstunde. Diese ist für maximal sieben Tage möglich, jedoch nur dann, wenn der Arzt oder die Ärztin den Patienten persönlich kennt und sich ein ausreichendes Bild vom Gesundheitszustand machen kann. Alternativ kann auch eine telefonische Krankschreibung für maximal fünf Tage ausgestellt werden, wenn die Symptome leicht sind und der Patient bekannt ist.
Entgeltfortzahlung
In den ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit zahlt der Arbeitgeber den Lohn weiter. Ab der siebten Woche übernimmt die gesetzliche Krankenkasse die Zahlung eines Krankengeldes, welches 70 Prozent des letzten Bruttoeinkommens beträgt, jedoch gedeckelt ist. Maximal gibt es aktuell 120,75 € pro Tag und 3.622,50€ pro Monat.
Arbeitsunfähigkeit – Rechtliche Lage
Der Bereich der rechtlichen Bestimmungen zur Arbeitsunfähigkeit umfasst verschiedene Verpflichtungen und Regelungen, die sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber betreffen. Hierzu zählen insbesondere die Meldepflichten bei Arbeitsunfähigkeit, die Möglichkeiten zur Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) sowie das Recht des Arbeitgebers, bei Zweifeln an der Krankschreibung entsprechende Kontrollen einzuleiten. Diese rechtlichen Rahmenbedingungen sorgen für Klarheit und Transparenz im Krankheitsfall und tragen dazu bei, Missbrauch zu verhindern und die Arbeitsfähigkeit der Arbeitnehmer zu fördern.
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Meldepflicht
Arbeitnehmer sind gesetzlich dazu verpflichtet, ihre Arbeitsunfähigkeit frühzeitig anzuzeigen und nachzuweisen. In der Regel sollte man die Arbeitsunfähigkeit bei Betriebsbeginn oder vor Beginn der persönlichen Arbeitszeit melden. Die Meldung sollte so schnell wie möglich erfolgen und kann mündlich, telefonisch oder per E-Mail beim Arbeitgeber oder der Personalabteilung erfolgen. Auch die Krankenkasse muss über die Arbeitsunfähigkeit informiert werden, was durch die eAU automatisch geschieht.
MDK Begutachtung
In bestimmten Fällen beauftragt die Krankenkasse den Medizinischen Dienst (MDK) mit einer sozialmedizinischen Begutachtung. Dies geschieht zum Beispiel, wenn eine Arbeitsunfähigkeit über einen längeren Zeitraum besteht und die Krankenkasse den Behandlungserfolg überprüfen möchte. Der MDK kann dabei Befundberichte von Ärzten und Krankenhäusern anfordern und gegebenenfalls den Patienten selbst befragen oder untersuchen (was in der Realität selten passiert).
Kontrolle durch den Arbeitgeber
Auch der Arbeitgeber hat das Recht, bei Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit den MDK einzuschalten. Zweifel können beispielsweise dann bestehen, wenn ein Arbeitnehmer häufig und auffällig an bestimmten Tagen, wie etwa Montag oder Freitag, oder über einen außerordentlich langen Zeitraum hinweg fehlt. Gleiches gilt für den Fall, wenn Arbeitnehmer Krankheit als Reaktion auf abgelehnten Urlaub ankündigen. Der Arbeitgeber darf seine Zweifel dann der Krankenkasse melden, wenn Verdachtsmomente bestehen, dass die AU nicht gerechtfertigt ist. In diesem Fall erfolgt ebenfalls ein Gutachten durch den Medizinischen Dienst.
Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit
Wenn Arbeitslose arbeitsunfähig werden, haben sie Anspruch auf Arbeitslosengeld für bis zu sechs Wochen. Dabei ist es jedoch entscheidend, dass die Krankheit nach dem Beginn des Arbeitslosengeldbezugs eintritt. Die AU muss bei der Bundesagentur für Arbeit sofort angezeigt werden. Die ärztliche Bescheinigung wird auf elektronischem Wege von der gesetzlichen Krankenkasse übermittelt. Privatversicherte Arbeitslose müssen hingegen der Agentur für Arbeit eine AU-Bescheinigung in Papierform vorlegen, während gesetzlich Versicherte dies elektronisch übermittelt bekommen.
Eine Papierform ist auch dann notwendig, wenn das Kind erkrankt ist oder die Krankschreibung durch einen ausländischen Arzt beziehungsweise nach einer privatärztlichen Behandlung durch einen Arzt ohne Kassenzulassung erfolgt.
Arbeitsunfähigkeitsversicherung
Die Arbeitsunfähigkeitsversicherung ist kein eigenständiges Produkt, sondern ein Zusatzbaustein zur Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Dieser Zusatz, auch „AU-Klausel“ genannt, sichert eine finanzielle Unterstützung bei längerer Arbeitsunfähigkeit. Diese Option macht die BU zwar teurer (circa fünf bis zehn Prozent mehr BU-Beitrag), jedoch greift sie bereits nach einer Arbeitsunfähigkeit von sechs Monaten und zahlt rückwirkend eine Überbrückungsleistung, die bis zur Feststellung der Berufsunfähigkeit dient.
Die AU-Klausel ist besonders dann sinnvoll, wenn eine Person vorübergehend arbeitsunfähig wird, aber noch keine Berufsunfähigkeitsrente beziehen kann. Die Leistungshöhe entspricht der vereinbarten BU-Rente im Versicherungsvertrag.
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Häufige Fragen
- Wie prüft der MDK die Arbeitsunfähigkeit?
- Wann muss ich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen?
- Was ist der Unterschied zwischen Berufsunfähigkeitsversicherung und Arbeitsunfähigkeitsversicherung?
- Wie lange wird Arbeitslosengeld bei Arbeitsunfähigkeit gezahlt?
Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) wird von der Krankenkasse beauftragt, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten bestehen oder bei längerer Krankheitsdauer eine Begutachtung erforderlich ist. Der MDK prüft die medizinischen Unterlagen und kann zusätzliche Befundberichte von behandelnden Ärzten oder Krankenhäusern anfordern. In seltenen Fällen führt der MDK auch eigene Untersuchungen durch oder befragt den Versicherten persönlich, um die Arbeitsfähigkeit zu beurteilen. Ziel ist es, Empfehlungen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit zu geben.
Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) muss spätestens nach dem dritten Krankheitstag beim Arbeitgeber eingereicht werden, um die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu sichern. Bei länger andauernden Erkrankungen ist eine lückenlose Folgebescheinigung notwendig. Die AU kann heutzutage auch elektronisch übermittelt werden, außer bei privat Versicherten, die weiterhin eine Papierbescheinigung vorlegen müssen. Der Arbeitgeber kann dann die eAU direkt bei der Krankenkasse abrufen.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) bietet Schutz, wenn eine Person dauerhaft nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten kann und zahlt eine Rente bei langfristiger Berufsunfähigkeit. Die Arbeitsunfähigkeitsversicherung hingegen ist ein zusätzlicher Baustein zur BU und bietet finanzielle Unterstützung, wenn eine Person vorübergehend, für mehr als sechs Monate, arbeitsunfähig ist. Während die BU in der Regel bei einer dauerhaften Beeinträchtigung greift, deckt die Arbeitsunfähigkeitsversicherung kürzere Zeiträume der Arbeitsunfähigkeit ab und ist zudem mit weniger Antragsaufwand verbunden.
Bei Arbeitsunfähigkeit wird Arbeitslosengeld für bis zu sechs Wochen weitergezahlt, sofern die Krankheit nach dem Beginn des Arbeitslosengeldbezugs auftritt. Ist der Arbeitnehmer privat versichert, muss er der Agentur für Arbeit eine Papierbescheinigung einreichen, während die Übermittlung bei gesetzlich Versicherten elektronisch erfolgt. Nach den sechs Wochen endet der Anspruch auf Arbeitslosengeld, und es greift gegebenenfalls die Krankengeldzahlung der Krankenkasse. Tritt die Erkrankung vor Beginn des Arbeitslosengeldbezugs ein, besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld.
- Wie ist das Verfahren, wenn erkrankte Beschäftigte privat versichert sind oder bei einem Privatarzt waren? https://www.tk.de/... (Abrufdatum: 15.10.2024)
- Krankschreibung, https://www.aok.de/... (Abrufdatum: 15.10.2024)