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Mit der Entdeckung von Biologika haben sich in der Medizin unzählige neue Türen für Pharmaka und Impfstoffe geöffnet. Proteine, die vorher nicht oder kaum vorhanden waren, kann man nun in Zellkulturen in beliebiger Menge herstellen. Auch in der Behandlung von Immun- oder Krebserkrankungen eröffnen sie neue Möglichkeiten. Einen Überblick dazu, was Biologika sind, wie sie wirken und welche Rolle die ihnen ähnelnden Biosimilars dabei spielen, gibt dieser Artikel.
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Biologika – Definition
Biologika sind Wirkstoffe, die von lebenden Organismen hergestellt werden. Sie sind hochmolekular, bestehen also aus vielen gleichen Molekülen, die ein Netzwerk bilden, und werden mit gentechnischen Methoden produziert. Dabei gewinnt man aus der RNA, die Informationen für das entsprechende Protein enthält, neue DNA, die sogenannte cDNA. Diese setzt man dann in Bakterien (Escherichia Coli), Hefe oder CHOs („chinese hamster ovary cells“, also in Zellen aus den Eierstöcken eines Hamsters) ein. Die jeweiligen Organismen produzieren dann Proteine, die denen eines Menschen gleichen.
Biologika – Anwendung und Wirkung
Die Anwendung von Biologika ist vielfältig und findet in immer mehr Bereichen der Medizin statt. So kann man heutzutage beispielsweise Humaninsulin, statt zuvor verwendetem Insulin aus Schweinen, verabreichen. Auch das Wachstumshormon Somatotropin bei Kleinwuchs bei Kindern oder Blutgerinnungsfaktoren bei Hämophilie, auch als Bluterkrankheit bekannt, kann man heutzutage als Biologikum herstellen.
Die Wirkung der biologischen Medikamente hängt dabei vom entsprechenden Protein ab, das sie simulieren. Oftmals werden sie verwendet, um in Stoffwechsel- oder Hormonwege im Körper einzugreifen und beispielsweise an einen Rezeptor nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip anzudocken. Dadurch können sie den Rezeptor blockieren, sodass sich sein eigentliches Zielprotein nicht mehr an ihn binden und die entsprechende Wirkung im Körper auslösen kann. Als stimulierendes Protein können bestimmte Biologika auch zu einer erhöhten Wirkung führen.
Das Schlüssel-Schloss-Prinzip
Biosimilars – Definition
Biosimilars gelten als Nachahmerprodukte für Biologika. Dabei handelt es sich nicht um bioäquivalente, also dem menschlichen Organismus entsprechende Proteine, sondern um Proteine mit Biosimilarität, dh. sie sind dem menschlichen Organismus nur ähnlich. Vor einem Zulassungsverfahren muss man also die große Ähnlichkeit in Struktur, chemischen und biologischen Eigenschaften, Aktivität, Wirksamkeit und Sicherheit nachweisen.
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Biosimilars – Anwendung und Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Biosimilars wird streng von der Europäischen Arzneimittel-Kommission (EMA) überwacht und muss mindestens der Wirkung von Biologika entsprechen, also die Wirkung des menschlichen Proteins ersetzen können. Entsprechen die Arzneimittel dieser Voraussetzung, werden sie „Me-too-Biologicals“ genannt. Manchmal haben Biosimilars sogar signifikante klinische Vorteile. Diese nennt man auch „Biobetter“.
Biologika und Biosimilars – Austauschbarkeit
Da die EMA Biosimilars nur nach den vom Hersteller angegeben Indikationen beurteilt, kann ihre Anwendung von der ihrer Referenzpräparate abweichen. In zahlreichen Studien wurde zwar die Umstellung (Switch) oder der Austausch durch den/die Apotheker/in (Substitution) bei laufender Therapie (wenn der/die Patient/in vorher bereits Biologika erhalten hat) als unbedenklich beschrieben, dennoch kann es zu signifikanten Wirkungsunterschieden (auch im positiven Sinne) kommen. Das ist abhängig vom Präparat und auch individuell vom/von dem/der Patienten/-in. Ein mehrfacher Wechsel ist nach der aktuellen Studienlage ebenfalls unbedenklich. Ohne entsprechende Indikation wird jedoch davon abgeraten.
Bedenken gegen Biosimilars
Biologika entsprechen in ihrem Metabolismus demjenigen des zu ersetzenden Proteins. Der resultierende Vorteil ist, dass man keine oder kaum unvorhergesehene Nebenwirkungen erwarten muss. Gilt das gleiche für Biosimilars? Diese dürfen in ihrer Wirkweise und bei den Nebenwirkungen nicht signifikant vom Biologikum, das sie ersetzen sollen, abweichen. Sie sind also meist recht unbedenklich, beziehungsweise können teilweise sogar besser wirken.
In einigen Studien fielen dennoch diffuse unerwünschte Nebenwirkungen auf. In diesem Zusammenhang vermutet man den Nocebo-Effekt, also eine negative Auswirkung aufgrund einer bestimmten Erwartungshaltung der Patienten/-innen.
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Biologika und Biosimilars – Unterschiede zu Generika
Wie Biosimilars sind auch Generika Nachahmpräparate zu dem äquivalenten Biologikum. Der Unterschied liegt hier in der Herstellung: Nach Ablauf des Patents können Pharmaunternehmen die entsprechenden Produkte auch als Pharmakon, also aus Pflanzen, Pilzen oder durch chemische Synthese, gewinnen. Die niedermolekulare Substanz ist dann identisch zum Biosimilar und man kann sie nach Prüfung auf Bioäquivalenz auf den Markt bringen.
Proteine werden nach der Herstellung im Körper jedoch posttranslationell (nach der Übersetzung der mRNA in eine Aminosäurensequenz) modifiziert: Das Protein faltet sich nach einem sehr speziellen Prinzip, Enzyme hängen Seitenketten an oder spalten andere ab. Erst so entsteht das wirksame Protein und keines mit Fehlfunktion, das sogar Krankheiten auslösen könnte. Pflanzen oder Pilze haben nicht die gleichen Enzyme wie tierische Zellen.
Entsprechend ist die Herstellung von Generika auf Basis von Biologika gar nicht so einfach, selbst wenn man die gleiche cDNA verwendet. Posttranslationell modifizierte Biologika haben also als Nachahmpräparate keine Generika, sondern nur Biosimilars.
Biologika und Biosimilars – Fazit
Biologika bieten durch ihre Ähnlichkeit zu endogenen Proteinen Möglichkeiten, die herkömmliche Pharmaka nicht erreichen können. Dabei sind ihre Nebenwirkungen meist absehbarer, es kann aber dennoch zu unerwünschten Folgen, wie einem Immunüberschuss kommen.
Biosimilars bieten eine erschwinglichere Alternative dazu und können sogar in der Wirkung ihre Referenzpräparate noch übertreffen. Es lässt sich also durchaus sagen, dass sich durch solch biologisch wirksame Präparate neue Möglichkeiten in der Medizin aufgetan haben, die auch weiterführende Forschung, vor allem in der Onkologie und Immuntherapie, prägen könnten.
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Häufige Fragen
- Was sind biologische Arzneimittel?
- Was ist ein Biosimilar?
- Sind Biologika gefährlich?
- Welche Nebenwirkungen haben Biologika?
Biologische Arzneimittel, auch Biologika genannt, sind Pharmaka, die aus cDNA hergestellt werden. Sie werden in tierischen oder bakteriellen Zellen gebildet und sind identisch zu den humanen Proteinen. Dadurch verursachen sie wenig Nebenwirkungen und greifen genau an der Stelle an, an der das menschliche Protein auch ansetzen würde. Die Arzneimittel können in Stoffwechselwege eingreifen und Reaktionen im Körper hemmen oder fördern. Sie werden in vielen Bereichen in der Medizin eingesetzt, vor allem aber in der Krebs- und Immuntherapie.
Ein Biosimilar ist ein Nachahmprodukt zu einem Biologikum. Dabei hat es nicht unbedingt die exakt gleiche Struktur wie das Äquivalenzprodukt. Dafür ähneln sie sich in strukturellen, chemischen und biologischen Eigenschaften, in ihrer Wirkung und in der Sicherheit bezüglich Nebenwirkungen oder Immunreaktionen. All diese Kriterien werden vor der Zulassung sehr streng überprüft. Manche Biosimilars sind in ihrer Wirkung sogar besser als die entsprechenden Biologika. Meist sind sie finanziell erschwinglicher als die Äquivalenzprodukte.
Meist haben Biologika eine geringere Wahrscheinlichkeit auf unerwartete Nebenwirkungen als andere Arzneimittel, weil sie den menschlichen Proteinen so ähnlich (beziehungsweise identisch dazu) sind. Dennoch kann es bei der Anwendung dieser Medikamente zu unerwünschten Reaktionen kommen. Hierbei handelt es sich meist um Immunreaktionen des Körpers.
Bei Biologika ist meist keine unerwartete Reaktion zu erwarten, die durch ungewollte Hemmung oder Induktion (Anregung) der falschen Enzyme entsteht. Dennoch können Nebenwirkungen in Form von Immunreaktionen auftreten. Diese entstehen meist durch Überschussreaktionen, also weil minimale Unterschiede in der Struktur zu einer sehr viel stärkeren Wirkung am Rezeptor führen. Die resultierende Immunreaktionen kann in schlimmen Fällen zu Fieber, Schmerzen und Übelkeit bis hin zum Übergeben führen. In extremen Fällen kann es zu einem Multiorganversagen kommen. Meistens werden solche Nebenwirkungen aber schon bei den ersten Patientenversuchen entdeckt.
- Aktories, Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie, Springer (Verlag), 21. Auflage, 2022
- Löffler, Biochemie und Pathobiochemie, Springer (Verlag), 10. Auflage, 2022
- Arzneikommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ), Leitfaden Biosimilars, 2. Auflage, 2021
- Freissmuth, Pharmakoligie und Toxikologie, Springer (Verlag), 2. Auflage, 2020
- Hein, Taschenatlas Pharmakologie, Thieme (Verlag), 8. Auflage, 2019
- Thalhammer, Biologika und Infektionen, rheuma plus, Springer (Verlag), 15. Ausgabe, 2016