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Eine Bürgerversicherung soll die zukünftige Finanzierung der Pflegeversicherung absichern. Steigende Kosten, eine alternde Gesellschaft und hohe Eigenanteile für Pflegebedürftige belasten das System zunehmend. Eine mögliche Lösung ist die Einführung eines Systems, das eine solidarische Finanzierung für alle vorsieht. Ein Gutachten des Paritätischen Gesamtverbands untersucht die Machbarkeit einer solchen Pflegevollversicherung und zeigt ihre potenziellen Vorteile auf. Wie realistisch eine Umsetzung ist, behandelt dieser Artikel.
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Bürgerversicherung – Definition
Die Bürgerversicherung ist ein Modell, bei dem alle Bürgerinnen und Bürger – unabhängig von ihrem beruflichen Status – in ein einheitliches Sozialversicherungssystem einzahlen. Im Gegensatz zur aktuellen dualen Kranken- und Pflegeversicherung, würde eine Bürgerversicherung Selbstständige, Beamte und gutverdienende Angestellte in die solidarische Finanzierung einbeziehen. Die Beiträge würden einkommensabhängig berechnet, wodurch höhere Einkommen stärker zur Finanzierung beitragen würden.
Struktur der Versicherungen
Das deutsche Krankenversicherungssystem besteht aus zwei Säulen: der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der privaten Krankenversicherung (PKV). Die Pflegeversicherung ist als eigenständiger Zweig in beiden Systemen integriert. Es gibt die soziale Pflegeversicherung (SPV) für gesetzlich Versicherte und die private Pflegeversicherung (PPV) für Privatversicherte.
Die Bürgerversicherung würde dieses duale System aufheben und eine einheitliche Kranken- und Pflegeversicherung für alle schaffen. Eine Strukturierung der Pflegeversicherung als Pflegebürgervollversicherung wäre möglich. Sie würde alle pflegebedingten Kosten übernehmen, sodass Pflegebedürftige keine hohen Eigenanteile mehr zahlen müssten.
Bürgerversicherung – Historische Entwicklung und Vergleich
Die gesetzliche Pflegeversicherung wurde 1995 eingeführt, um pflegebedürftige Menschen finanziell zu unterstützen. Ursprünglich als Teilleistungsversicherung konzipiert, deckt sie jedoch nur einen Teil der tatsächlichen Pflegekosten ab. Die steigenden Eigenanteile führen dazu, dass viele Betroffene finanzielle Probleme haben.
Immer wieder gab es Vorschläge, das System gerechter zu gestalten, etwa durch die Einbeziehung weiterer Einkommensgruppen in die Finanzierung. Politische Widerstände – insbesondere von Interessenverbänden der Privatversicherungen – verhinderten jedoch eine grundlegende Reform.
Gutachten zur Pflegevollversicherung
Die Finanzierung der Pflegeversicherung muss reformiert werden. Das Bündnis für eine solidarische Pflegevollversicherung beauftragte dazu ein Gutachten unter Prof. Dr. Heinz Rothgang. Dieses Gutachten schlägt eine Pflegevollversicherung auf Basis der Bürgerversicherung vor. Dabei orientiert es sich an Berechnungen, welche das IGES-Institut (Institut für Gesundheits- und Sozialforschung) im Auftrag des Bundesministeriums durchführte.
Wichtige Punkte sind neben der solidarischen Finanzierung die Abschaffung der privaten Pflegeversicherung, die Entlastung von Pflegebedürftigen sowie Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit.
Solidarischen Finanzierung für alle
Statt eines festen Beitragssatzes, der sich nur auf das Arbeitseinkommen bezieht, schlägt das Gutachten eine Ausweitung der Bemessungsgrundlage vor. Neben Löhnen und Gehältern sollen auch Kapitaleinkünfte sowie Mieteinnahmen für die Beitragsberechnung berücksichtigt werden. Dies würde dazu führen, dass hohe Einkommen stärker zur Finanzierung der Pflege beitragen.
Abschaffung der privaten Pflegeversicherung
Ein wesentliches Element der vorgeschlagenen Reform ist die Abschaffung der privaten Pflegeversicherung. Das Gutachten argumentiert, dass eine Zusammenführung beider Systeme nicht nur für mehr Gerechtigkeit sorgen, sondern auch die Finanzierungsgrundlage stabilisieren würde. Privatversicherte würden in das gemeinsame System integriert und müssten einkommensabhängige Beiträge zahlen. Die dadurch entstehenden Mehreinnahmen könnten dazu beitragen, die Eigenanteile für Pflegebedürftige zu senken.
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Entlastung der Pflegebedürftigen
Die aktuelle Pflegeversicherung übernimmt nur einen Teil der tatsächlichen Kosten. Pflegebedürftige müssen oft hohe Eigenanteile zahlen, die in den letzten Jahren stark gestiegen sind. Viele Menschen sind dadurch gezwungen, ihr Erspartes aufzubrauchen oder Sozialhilfe in Anspruch zu nehmen.
Das Gutachten schlägt vor, die Pflegeversicherung zu einer echten Vollversicherung auszubauen. Das bedeutet, dass die Pflegekasse künftig sämtliche pflegebedingten Kosten übernimmt – ähnlich wie es bei der Krankenversicherung der Fall ist. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen würden dadurch finanziell deutlich entlastet.
Langfristige Finanzierbarkeit
Die Autoren des Gutachtens argumentieren, dass eine Pflegevollversicherung mit einer Bürgerversicherung langfristig finanzierbar wäre. Durch die Einbeziehung aller Einkommensarten und die Abschaffung der privaten Pflegeversicherung würde das System stabilisiert und die Einnahmen der Pflegeversicherung deutlich steigen.
Allerdings weist das Gutachten auch darauf hin, dass die Umstellung auf eine Bürgerversicherung einen erheblichen politischen Kraftaufwand erfordert. Insbesondere die Privatversicherungen würden sich gegen eine Abschaffung ihres Geschäftsmodells wehren. Zudem müsste eine Übergangsregelung geschaffen werden, um bestehende private Pflegeversicherungen nicht abrupt zu beenden.
Bürgerversicherung – Zukunftsaussichten
Die Einführung einer Bürgerversicherung würde die Pflegefinanzierung stabilisieren und sozial gerechter gestalten. Dennoch gibt es Hürden, denn große Teile der Politik, insbesondere wirtschaftsliberale Akteure, lehnen die Bürgerversicherung ab. Zudem würde eine Abschaffung der privaten Pflegeversicherung starke wirtschaftliche Einbußen für private Anbieter bedeuten. Auch die praktische Umsetzung birgt Herausforderungen. Eine Umstellung des Systems wäre komplex und erfordert eine Übergangsphase.
Andere Länder, wie etwa die Niederlande, haben bereits ähnliche Modelle erfolgreich eingeführt. Dort zeigt sich, dass eine solidarische Finanzierung zu einer besseren Absicherung der Pflegebedürftigen führen kann.
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- Gutachten Pflegevollversicherung, https://www.der-.paritaetische.de/... , (Abrufdatum: 08.02.2025)