Dass es mit Personalausstattung, Arbeitsbedingungen und Entlohnung in der Pflege nicht zum Besten steht, war schon vor der Corona-Krise klar. In der Pandemie ist der Pflegenotstand aber erst richtig offensichtlich geworden. Pflegekräfte waren und sind hier besonders gefordert und auch gefährdet. Vielfach spricht man von den “Corona-Helden” – der gesellschaftlichen Anerkennung folgten bislang aber nur wenige Verbesserungen. Grund genug für die Bundespflegekammer (BPK), im Vorfeld der Bundestagswahl mit fünf Kernforderungen an die Öffentlichkeit zu treten und entschlosseneres Handeln zu fordern.
Die Forderungen sind eine Art Kondensat aus einem umfangreichen zwölfseitigen Forderungskatalog, den die Interessenvertretung der Pflegefachkräfte mit Blick auf die Wahl im September vorgelegt hat. Der “Internationale Tag der Pflegenden” am 12. Mai bildete in diesem Jahr den willkommenen Anlass, um die fünf Kernpostulate öffentlichkeitswirksam zu präsentieren. Der “Internationale Tag der Pflegenden” oder “International Nurses Day” wird jedes Jahr begangen. Er erinnert an Florence Nightingale, die Begründerin der modernen Krankenpflege, und wird zugleich für Aktionen im Pflegekontext genutzt.
Pandemie traf auf eine ohnehin desolate Situation
Der Forderungskatalog der BPK stellt zu Beginn fest, die Corona-Pandemie habe die unzureichende Personalausstattung in den verschiedenen Pflegesettings schonungslos offengelegt. Fehlendes qualifiziertes Personal sei neben zu wenig Betten oder einem Mangel an Beatmungsgeräten ein wesentlicher Grund gewesen, warum viele Intensivstationen an ihre Grenzen gekommen seien. In der Langzeitpflege habe die Pandemie ein System mit schon vorher desolater Personalsituation getroffen. Vor dem Hintergrund des aktuellen Geschehens, aber auch angesichts bestehender struktureller Defizite, werden in folgenden Bereichen Verbesserungen angemahnt:
Verbesserung der Personalausstattung
Die Personalausstattung und die Personalsituation in der Pflege müsse entscheidend verbessert werden. Wege dahin seien u.a.:
- konsequentes Vorantreiben der Digitalisierung in Krankenhäusern, Einrichtungen und in anderen Bereichen des Gesundheitswesens
- Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildung: bundeseinheitliche Gestaltung der Ausbildung zum Pflegehelfer, mehr Ausbildungs- und Studienplätze für künftige Pflegekräfte
- Einführung eines bundeseinheitlichen Personalbemessungsverfahrens in Pflegeheimen
- Implementierung von Integrationsprogrammen für ausländische Pflegefachkräfte, Sicherstellung einer entsprechenden Finanzierung
- Aufbau einer Personalreserve für Pandemie- und Katastrophenfälle
Mehr Mitspracherechte für Pflegekräfte
Die Bundespflegekammer macht sich für mehr Mitsprache von Pflegeverantwortlichen in relevanten Gremien der Politik und des Gesundheitswesens stark. Gefordert wird u.a. die Einrichtung einer “Chief Government Nurse” bei der Bundesregierung – eine Vertretung mit Stimmrecht im Gemeinsamen Bundesausschuss und im Gemeinsamen Qualitätsausschuss sowie die Einbeziehung in alle Gremien, die Entscheidungen mit Pflege-Auswirkungen treffen. Für sich selbst fordert die BPK eine angemessene Anschubfinanzierung durch den Bund.
Neue Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen
Pflegefachkräfte sollten mehr Kompetenzen bei der Gestaltung der Pflege und der Leistungsverordnung erhalten. Entsprechende rechtliche Hürden seien abzubauen. Bestehende Modellprojekte zur Übernahme heilkundlicher Tätigkeiten durch Pflegefachkräfte sollten flächendeckend ausgeweitet werden. Gefordert wird auch eine Strategie, um Pflegeangebote über die bisherigen Bereiche hinaus im Gesundheitswesen zu etablieren. Vorbild sind dabei Konzepte wie Community Health Nursing und Advanced Practice Nursing aus dem angelsächsischen Raum.
Adäquate Bezahlung
Gefordert wird die schrittweise Einführung eines monatlichen Brutto-Einstiegsgehalts von 4.000 Euro für Pflegefachkräfte, außerdem die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. In der Langzeitpflege müsse ein bundesweit einheitlicher Tarifvertrag gelten, der sich an die Tarifregelungen im öffentlichen Dienst und im kirchlichen Bereich anlehne. Die Gehälter in der Langzeit- und Reha-Pflege sollten denen in der Krankenhauspflege entsprechen und es sei eine bessere Absicherung bei Erwerbsunfähigkeit nötig.
Angemessene und gerechte Pflegefinanzierung
Die Pflegeversicherung müsse die Finanzierung von Pflegekosten solidarisch regeln. Vor allem die Eigenanteile seien sozial gerecht zu deckeln. Die dadurch bedingten Mehrkosten für die Pflegeversicherung sollten über höhere Beiträge und Zuschüsse aus Steuermitteln finanziert werden. Der Staat müsse außerdem eine ausreichende Investitionsfinanzierung in Krankenhäusern und in der stationären Pflege sicherstellen. Darüber hinaus wird eine Reform der Krankenhausfinanzierung angemahnt. Eine Forderung dabei: ein nachhaltiges, nach oben nicht begrenztes und Legislaturperioden-übergreifendes Krankenhaus-Pflegebudget.
Bundespflegekammer – Mehr Arbeitsgemeinschaft als Institution
Die BPK ist noch eine relativ junge Einrichtung. Sie wurde 2019 als “Pflegekammerkonferenz (Arbeitsgemeinschaft der Pflegekammern – Bundespflegekammer)” ins Leben gerufen. Träger sind der Deutsche Pflegerat und die Pflegekammern in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein. Es handelt sich bisher mehr um eine gemeinsame Plattform, um auf Bundesebene sichtbar aufzutreten als um eine institutionalisierte Organisation. Die BPK will die Interessen der rund 1,3 Mio. Pflegefachkräfte in Deutschland vertreten.
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