Im Care Klima Index des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Ipsos werden seit 2017 jährlich 1.000 Personen aus bis zu 13 Ziel- bzw. Berufsgruppen am deutschen Pflegemarkt befragt, die entweder selbst Pflege benötigen oder einen Pflegeberuf ausüben. Im Fokus dieser jährlich durchgeführten Studie stehen professionell Pflegende, Pflegehaushalte, Haus-, Fach- und Zahnärzte/-innen, Apotheker/innen, Kostenträger/innen mit Pflegestützpunkten, Arbeitgeber/innen in der Pflege, Wirtschaftsunternehmen, Kommunen und Verbände.
Der Care Klima Index ist ein wichtiger Anhaltspunkt, um zu ermitteln, wie es um die aktuelle Lage in der Pflegebranche steht. Hier werden die wichtigsten Aussagen aus dieser Befragung zusammengefasst.
Care Klima Index – Allgemeines Stimmungsbarometer
Der Care Klima Index malt ein düsteres Bild von der aktuellen Situation auf dem deutschen Pflegemarkt. Bei dieser Ermittlung ist die 100er-Grenze zentral. Diese kann mit der Nulltemperatur eines Thermometers verglichen werden: Werte darüber sind positiv, Werte darunter negativ. Somit wird ein allgemeines Stimmungsbarometer von der Lage in der deutschen Pflegelandschaft gezeichnet und aufgezeigt, wie zufrieden bzw. unzufrieden die in diesem Bereich Arbeitenden sind.
Die letzten fünf Jahre zeigten einen Trend dieses allgemeinen Stimmungsbarometers unterhalb der bedeutsamen 100er-Grenze, wenn auch im oberen 90er-Bereich. Wie bereits in den vorherigen Jahren rangiert das allgemeine Pflege-Klima daher auch in diesem Jahr unterhalb dieser 100er-Grenze. Der Wert fällt im Jahr 2022 aber nun sogar von 94.7 Punkten im Jahr 2021 auf nur noch 93.2 Punkte. Das bedeutet einen starken Stimmungsabfall in der deutschen Pflegebranche.
Mögliche Erklärungen
Natürlich muss man bei diesem Negativtrend des Care Klima Index die letzten Covid-Jahre mit einbeziehen. Pflegekräfte mussten in dieser Zeit nicht nur unter Doppelbelastung und enormem Stress leiden, sondern hatten mit zahlreichen gesundheitspolitischen Auflagen zu kämpfen. Viele Patienten/-innen starben in Isolation an den Folgen eines Virus, dem sich die Medizin lange hilflos gegenüberstehen sah. Maskenpflicht, Isolationsmaßnahmen und Zugangsbeschränkungen in Pflegeinrichtungen sogar für Fachärzte/-innen setzten examinierten Pflegefachkräften wie auch Pflegehelfern/-innen deutlich zu.
Manche Senioren/-innen durften während der Corona-Lockdowns nicht einmal Besuche von Hausärzten/-innen oder Zahnärzten/-innen erhalten, was sich ebenfalls negativ auf das Gesamtstimmungsbild auswirkte. Zuletzt kam noch die Debatte um eine eventuelle Impfpflicht für medizinisches Fachpersonal in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern hinzu, was viele Pflegekräfte als zusätzlichen Affront nach ihrer Arbeit in den letzten Krisenmonaten empfanden. Diese Geschehnisse haben also mit dafür gesorgt, dass sich die Stimmung in der Pflegebranche insgesamt verschlechtert hat.
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Care Klima Index – Wie sich das Pflegepersonal von der Politik vertreten sieht
Das Pflegepersonal und der Pflegemarkt nehmen nun nach allen Forderungen der Politik an sie mit dem Care Klima Index auch im Umkehrschluss die Politik in die Pflicht. Viele monieren, dass die Bedürfnisse der Pflege weit unten auf der Prioritätenliste der Politik rangieren.
Betrachtet man die Zahlenlage hierzu, sieht dies so aus:
- 80 Prozent aller Befragten stufen den politischen Stellenwert der Pflege im Vergleich zu anderen Themen als deutlich niedriger ein. Dies ist ein noch nie dagewesener Negativrekord seit Beginn der Ermittlung des Care Klima Index 2017.
- 90 Prozent der Berufsgruppe Pflege toppen diesen Zustimmungsanteil sogar noch um 10 Prozentpunkte.
- 89 Prozent der Berufsgruppe Pflege- und Sozialberater/-innen sehen dies genauso.
- Auch die Kostenträger fallen im Jahr 2022 mit äußerst negativer Stimmung auf und geben den höchsten Negativwert seit 2017 ab: 2021 gaben nur 39 Prozent einen negativen Stellenwert der Pflege an. In der aktuellen Befragung von 2022 sind es hingegen satte 72 Prozent, was mit 33 zusätzlichen Prozentpunkten fast einer Verdopplung entspricht.
Fachkräftemangel in Deutschland
Der Fachkräftemangel befeuert die Unzufriedenheit in den Pflegeberufen zusätzlich. Denn zu den Anspruchsvollen Aufgaben im Alltag kommt eine ständige Personalknappheit hinzu, die Pflegekräfte belastet und in der Folge wenig optimistisch stimmt. Deswegen wünschen sich viele von der Politik der Bundesregierung, dass die Umstände für diese Berufsgruppe signifikant verbessert werden.
Care Klima Index – Arbeitsbedingungen und Qualität der Pflegeversorgung
Der oben beschriebene Abwärtstrend setzt sich auch bei den Ergebnissen des Care Klima Index zu Arbeitsbedingungen und Qualität der Pflegeversorgung fort. Die Qualitätsbewertung der Pflegeversorgung bleibt hingegen für alle Sektoren der Pflege (d.h. sowohl ambulant als auch stationär im Krankenhaus) unverändert im Mittelfeld. Betrachtet man hier die Zahlenlage, stellt sich dies wie folgt dar:
- 55 Prozent der Berufsgruppe Pflege drücken eine negative Wahrnehmung ihrer eigenen Arbeitsbedingungen aus.
- 59 Prozent der außenstehenden Personen teilen diese Ansicht und erteilen den Arbeitsbedingungen das Urteil „schlecht“.
- Nur 10 Prozent aus der Berufsgruppe Pflege attestieren der eigenen Pflegeprofession das Attribut „hochwertige Pflege“. Diese harsche Selbstkritik der eigenen Pflegequalität ist auffällig und so im Care Klima Index bisher noch nicht dagewesen.
- 56 Prozent der zu Hause Pflegenden bzw. Angehörigen loben hingegen die eigene bzw. die häusliche Pflege von Pflegediensten und -einrichtungen. Die Schere der Wahrnehmung der Qualität in der Pflegeversorgung geht also enorm auseinander.
Pflegende fordern Erweiterung ihrer Kompetenzen
Überraschend fordern Pflegende jedoch nicht etwa weniger Aufgaben bei den Befragungen des Care Klima Index, sondern genau das Gegenteil: 72 Prozent der Berufsgruppe Pflege sprechen sich für eine Kompetenzerweiterung aus. Damit sind sie die Spitzenreiter/innen in ihrer Forderung nach mehr beruflicher Selbständigkeit und fachlicher Eigenverantwortung. 58 Prozent der Hebammen, Therapeuten/-innen und Notfallsanitäter/innen möchten hingegen mehr Kompetenzspielräume.
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Care Klima Index – Ausblick und Fazit
Der vom Care Klima Index ermittelte Ausblick auf die zukünftige Pflegeversorgung ist alarmierend: 51 Prozent aller Studienteilnehmer/innen glauben nicht, dass die Pflegeversorgung in den kommenden zehn Jahren sichergestellt werden kann. Dies ist der negativste Wert seit Beginn der Erhebungen des Care Klima Index’. Sogar 70 Prozent aus der Berufsgruppe Pflege glauben nicht daran, dass die Pflegeversorgung im nächsten Jahrzehnt gewährleistet werden kann. Auch dies ist der schlechteste Wert seit Beginn der Care-Klima-Index-Erhebungen.
Das Fazit zum Care Klima Index zieht Stephanie Hollaus, Pflegeforschungsexpertin beim Meinungsforschungsinstitut Ipsos, wie folgt: „Diese Ergebnisse zeigen einmal mehr, wie wichtig es ist, Stimmungen gerade in einem so bedeutenden Markt wie der Pflege zu messen. Der Care Klima Index kann als jährlicher Indikator oder eine Art Frühwarnsystem gesehen werden, um pflegerelevante Strategien ggf. nachzujustieren und auf aktuelle Bedürfnisse anzupassen. Denn was bringen die besten Gesetzesänderungen und Maßnahmen, wenn sie auf Seiten der Betroffenen keine spürbaren Veränderungen nach sich ziehen? Die Ergebnisse zeigen die Dringlichkeit auf, mit der das Fundament für eine gesicherte Pflege in Deutschland zeitnah gegossen werden muss.“
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- Care Klima Index, https://www.deutscher-pflegetag.de/... (Abrufdatum: 25.01.2023)
- Care Klima Index, https://www.care-klima-index.de/... (Abrufdatum: 25.01.2023)
- Care Klima Index: Gerine Wertschätzung für die Pflege, https://www.deutschlandfunk.de/... (Abrufdatum: 26.01.2023)