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Das Corbin-Strauss Modell hilft Pflegenden, Angehörigen und dem Umfeld chronisch Kranker, die Auswirkungen der Erkrankung auf die Betroffenen zu begreifen und ihre Versorgung zu optimieren. Dieser Artikel erläutert das Modell und stellt seine Umsetzung an einem Beispiel vor.
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Corbin-Strauss Modell – Definition
Das Corbin-Strauss Modell wurde von der Pflegewissenschaftlerin Juliet Corbin und dem Soziologen Anselm Strauss mit der Absicht entwickelt, die Pflege chronisch kranker Menschen durch Anpassungen an den individuellen Krankheitsverlauf zu optimieren.
Es basiert auf der Theorie, dass chronische Krankheiten in Phasen verlaufen, die jeweils eigene Herausforderungen mit sich bringen und eine individuelle Herangehensweise erfordern. Kernelemente dieses Pflegemodells sind die Krankheits- und Pflegeverlaufskurve, die Biographie der Betroffenen und die Krankheitsbewältigung.
Zielsetzung
Ziel des Modells ist es, die Versorgung der Kranken in jedem Abschnitt der Krankheit bestmöglich zu unterstützen. Die Pflegenden und das Umfeld richten hierzu ihre Handlungen an der aktuellen Situation der Betroffenen aus.
Corbin-Strauss Modell – Kennzeichen chronischer Erkrankungen
Der im Corbin-Strauss Modell genutzte Begriff der chronischen Erkrankung definiert diese als langdauernden Prozess, dessen verschiedene Phasen mit jeweils eigenen medizinischen, psychologischen und sozialen Problemen einher gehen. Häufig sind dies Schmerzen, Angst und soziale Isolation. Auch die Einnahme vieler Medikamente, belastende Pflegesituationen und akute Krisen gehören zum Verlauf einer chronischen Erkrankung. Sie bringen Folgeprobleme und Komplikationen mit sich.
Prävalenz chronischer Erkrankungen in Deutschland
Chronische Erkrankungen betreffen vor allem ältere Menschen. Durch die demographische Entwicklung sieht sich der Pflegesektor entsprechend zunehmend mit der Versorgung chronisch Kranker und Mehrfacherkrankter konfrontiert.
Eine Erhebung aus den Jahren 2019 bis 2020 im Rahmen der GEDA-Studie (Gesundheit in Deutschland aktuell) zeigte bereits damals für chronische Erkrankungen eine Prävalenz von mehr als 60 % nach dem 65. Lebensjahr. Es ist unumgänglich, dass sich Pflegende und Betreuende mit Versorgungsstrategien dieser hochkomplexen Zielgruppe auseinandersetzen.
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Einflussfaktoren
Der Zustand des Patienten und das Erleben der Erkrankung werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Hierzu zählen therapiebedingte Aspekte wie die Symptomkontrolle und die Zahl der verordneten Medikamente. Auch deren teils unerwünschte Wirkungen und Belastungen durch Eingriffe und Maßnahmen zählen dazu. Weiterhin wirken sich personelle, zeitliche und finanzielle Ressourcen auf die Betroffenen aus.
Das Wissen über diese Einflussfaktoren können sich Pflegende zu Nutzen machen, indem sie eine möglichst schonende, die Selbstständigkeit der Betroffenen fördernde Pflege anstreben und vorhandenen Ressourcen optimal einbinden. Dies fördert die Selbstwahrnehmung der Betroffenen und erleichtert Bewältigung der Entwicklungen. Im Idealfall können Pflegende eine langzeitliche Stabilisierung des Gesundheitszustandes unterstützen und den Übergang in die Verschlechterungs- und Sterbephase herauszögern.
Corbin-Strauss Modell – Phasen
Die Krankheits- und Pflegeverlaufskurve im Corbin-Strauss Modell enthält acht Krankheitsphasen. Während einige davon bei allen Betroffenen auftreten, gibt es bei anderen Unterschiede in der Häufigkeit, Reihenfolge und Intensität. Auf- und Abwärtsbewegungen der Kurve werden durch individuelle Ressourcen und das Betreuungs- und Pflegekonzept beeinflusst.
Die erste Phase ist die präklinische oder Vorphase. In dieser bestehen noch keine Anzeichen der Erkrankung, somit besteht meist auch noch keine Pflegesituation. Der Mensch kann in dieser Phase präventive Maßnahmen durchführen, um das Auftreten von Krankheiten zu verhindern oder zu verzögern.
Die zweite, diagnostische Phase kennzeichnet den Beginn der Krankheits- und Pflegeverlaufskurve, wenn erste Symptome der Erkrankung auftreten und zur Diagnose führen.
Die akute Phase erfordert aufgrund ihrer Intensität einen Krankenhausaufenthalt. Ist sie überwunden, erfolgt die Entlassung in die Pflegesituation. Es folgt für einen unbestimmten Zeitraum eine stabilen Phase der Erkrankung, die es möglichst lange zu erhalten gilt. Verschlechtert sich die Situation, so setzt eine instabile Phase ein, die unter Umständen durch aktives Gegensteuern abgefangen werden kann.
Eine Krise im Hinblick auf die körperliche oder psychische Situation tritt akut auf, kann sich lebensbedrohend auswirken und erfordert ein sofortiges Handeln. Am Ende der Erkrankung stehen die Verschlechterungsphase, in der auch eine bestmögliche Versorgung den Verlauf der Krankheit nicht mehr aufhalten kann, und die abschließende Sterbephase.
Corbin-Strauss Modell – Vorgehen und Behandlung
Bei der Betreuung und Begleitung chronisch Kranker nach dem Corbin-Strauss Modell sollten sich alle an der Versorgung beteiligten. Es sollten sich also auch die Familie und das enge Umfeld der Betroffenen mit der Situation vertraut machen. Dies bedeutet, den Kranken in seinem Krankheitsempfinden und die Auswirkungen der Erkrankung auf körperlicher, psychischer und sozialer Ebene zu verstehen und anzuerkennen.
Die Pflege verschafft sich einen Überblick über die Lebensumstände und Ressourcen der Kranken und formuliert Handlungsziele und Maßnahmen, die zu deren Erreichen erforderlich sind. Die Pflegesituation und Effekte der Pflegemaßnahmen müssen regelmäßig evaluiert werden, um Anpassungen vorzunehmen und auf die aktuelle Krankheitsphase eingehen zu können.
Beispiel
Demenz als chronische Erkrankung bietet viele Ansätze für eine Pflegeplanung nach dem Corbin-Strauss Modell.
Nachdem meist schon länger Anzeichen für Vergesslichkeit bestehen, kommt es durch einen akuten Auslöser (Flüssigkeitsmangel, Infekt oder andere) zur Krise, meist in Form eines Delirs. Ist dieses erfolgreich behandelt, so muss die weitere Pflege und Betreuung eingerichtet und angepasst werden. Betroffene sollten soweit möglich, in der Selbstständigkeit unterstützt werden. Kognitive Verschlechterungen durch zu geringe Flüssigkeitsaufnahme, mangelnde Aktivierung oder eine akute Krankheit sollte man verhindern oder bei Eintreten zumindest amildern. Der Hilfebedarf bei der Pflege ist tagesformabhängig und kann wechseln.
Keinesfalls darf der Übergang zur definitiven Verschlechterung mit zunehmendem Einstellen der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme übersehen werden. In dieser Phase geht es um Akzeptanz des nahenden Sterbens und eine angemessene Unterstützung und Begleitung der Betroffenen.
Corbin-Strauss Modell – Fazit
Richtig umgesetzt trägt das Corbin-Strauss Modell zu einem besseren Verständnis des Krankheitserlebens chronisch kranker Menschen bei und bietet Pflegenden und Betreuenden eine Orientierung, wie die Kranken in jeder Krankheitsphase optimal versorgt und unterstützt werden können.
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Häufige Fragen
- Was ist das Corbin-Strauss Modell?
- Wie viele Phasen hat das Corbin-Strauss Modell?
- Was beschreibt das Corbin-Strauss Modell?
- Wann wurde das Corbin-Strauss Modell entwickelt?
Das Corbin-Strauss Modell ist ein Pflegemodell, das zur Optimierung der Pflege und Versorgung chronisch Kranker im Verlauf ihrer Erkrankung genutzt werden kann. Es untergliedert hierzu die Erkrankung in verschiedene Phasen und zeigt Möglichkeiten auf, diesen individuell zu begegnen.
Das Corbin-Strauss Modell weist insgesamt acht verschiedene Phasen auf. Deren Reihenfolge und Verlauf hängen vom zugrunde liegenden Krankheitsbild, den Ressourcen der Kranken und der Herangehensweise seitens der Betroffenen, ärztlichen Behandler und der Pflege ab.
Das Corbin-Strauss Modell beschreibt chronische Krankheiten mithilfe von Verlaufskurven, die durch eine situativ angepasste Pflege und Betreuung der Betroffenen beeinflusst werden können.
Das Corbin-Strauss Modell wurde 1998 entwickelt.
- Das Corbin-Strauss-Modell als Handlungsgrundlage für die Pflege Chronisch Kranker. (Februar 2004). Schauplatz Spitex : Zeitschrift der kantonalen Spitex Verbände Zürich, Aargau, Glarus, Graubünden, Luzern, Schaffhausen, St. Gallen, Thurgau, S. 6-7.
- Gesundheitliche Lage der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland – Ergebnisse der Studie GEDA 2019/2020-EHIS. (September 2021). Journal of Health Monitoring.