
Inhaltsverzeichnis
Depressionen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und den am meisten unterschätzten Erkrankungen. Vor allem in Pflegeberufen scheinen psychische Erkrankungen keine Seltenheit zu sein: So fallen Pflegekräfte im Vergleich zu anderen Berufen häufiger wegen psychischer Probleme aus. Die massive tägliche Arbeitsbelastung im Pflegeberuf führt immer stärker zu gesundheitlichen Problemen, die auch die Psyche betreffen.
Mehr zum Thema Depression bei Pflegekräften, zur Entstehung von Depressionen und dem Ausweg durch professionelle Hilfe im folgenden Artikel.
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Depression – Definition und Diagnosestellung
Der Begriff “Depression” stammt aus dem Lateinischen. Der Ausdruck „deprimere“ bedeutet übersetzt „niederdrücken“. Bei fast jedem Menschen kommt es im Laufe des Lebens ein- oder mehrmals vor, dass es nichts gibt, worauf man sich freuen kann und man „deprimiert“ ist. Alles erscheint grau in grau: Sei es das Wetter oder die berufliche Tätigkeit. Möglicherweise hat man auch gerade eine private Enttäuschung erlebt, die man noch nicht überwunden hat.
Eine Depression im medizinischen Sinne ist allerdings mehr als eine Phase der Niedergeschlagenheit oder ein Stimmungstief, welche nur vorübergehend sind. Aus medizinischer Sicht wird die Diagnose Depression gestellt, wenn über zwei Wochen oder länger mindestens fünf Krankheitszeichen, darunter mindestens ein sogenanntes Hauptsymptom, in Erscheinung treten.
Hauptsymptome
Zu den Hauptsymptomen/Leitsymptomen gehören:
- Gedrückte, depressive Stimmung: Die depressive Verstimmung ist unbeeinflusst von den äußeren Umständen und liegt in einem ungewöhnlichen Ausmaß vor, sprich die meiste Zeit des Tages und fast jeden Tag
- Interessenverlust
- Antriebsverlust
- Abkapselung
Zusatzsymptome
Zu den Zusatzsymptomen zählen:
- verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
- Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit
- vermindertes Selbstwertgefühl
- Hoffnungslosigkeit in Bezug auf die Zukunft/ negative Einstellung und pessimistische Zukunftsaussichten
- Suizidgedanken/-handlungen
- Schlafstörungen
- veränderter Appetit: verminderter Appetit und Gewichtsverlust oder atypisch erhöhter Appetit und Gewichtszunahme
- psychomotorische Unruhe oder Verlangsamung
In Abhängigkeit von der Intensität der Symptome klassifiziert man eine depressive Episode als leicht, mittelgradig oder schwer.
Andere Erkrankungen ausschließen
Wichtig zu erwähnen ist, dass auch andere Erkrankungen bzw. Ursachen zu einer Verwechslung mit einer depressiven Erkrankung führen können. Deshalb sollte man eine organische psychische Störung oder die Einnahme von psychotropen Substanzen für die Diagnosestellung Depression zuerst ausschließen.
Beispiele hierfür sind unter anderem:
- Störungen der Schilddrüsenfunktion (insbesondere Schilddrüsenunterfunktion)
- Störungen des Calcium-, Vitamin B12- und Folsäurehaushalts
- Anämie
- Demenzen
- Morbus Parkinson
- Tumorerkrankungen/Malignome (z.B. Pankreasmalignome)
- Medikamentöse Neben- oder Wechselwirkungen
- Fatigue bei immunologischen oder entzündlichen Reaktionen oder Erkrankungen
Aus diesem Grund ist eine ärztliche Untersuchung unverzichtbar.
Depression – Ursache der Entstehung
Eine Depression kann viele verschiedene Gründe haben. Folgende wichtige Faktoren können zur Entstehung beitragen:
- genetische Faktoren
- strukturell-morphologische Gehirnveränderungen
- hormonelle Umstellungen
- belastende Lebensereignisse
Aus neurobiologischer Sicht erklärt man die Depression mit einem Serotonin-/Noradrenalinmangel, weshalb als entscheidender Therapieansatz die Einnahme von Antidepressiva zu nennen ist. Antidepressiva erhöhen die Wirkung von Serotonin und/oder Noradrenalin im Gehirn. Manche Präparate können aber Abhängig machen, weshalb man zunächst mit dem/der Psychologen/-in und dem/der behandelnden Arzt/Ärztin Rücksprache halten sollte.
Entstehung von Depressionen unter den Arbeitsbedingungen als Pflegekraft
Depressionen betreffen nicht nur Pflegebedürftige, sondern auch Pflegefachkräfte und Pflegehilfskräfte. Studien zeigen: Zunehmend sind Pflegekräfte von psychischen Erkrankungen betroffen, sodass von einem Zusammenhang zwischen Pflege und Depression auszugehen ist. Arbeitsbedingte Stressoren können zwar eine Depressionsneigung verstärken, allerdings entwickelt nicht jede „gestresste Pflegekraft“ eine Depression.
Risikofaktoren bzw. stressauslösende Faktoren, die immer stärker zu gesundheitlichen Problemen bei Pflegerinnen und Pflegern führen, sind unter anderem:
- Mehr- und Schichtarbeit
- keine Pausen
- keine planbare Freizeit mit damit verbundenen Beeinträchtigungen des Privatlebens/Familienlebens
- Fremdsteuerung – wenig Handlungsspielräume
- fehlende Abgrenzung von der eigenen Arbeit
- extreme mentale Beanspruchung
- erschwerte Rahmenbedingungen/Arbeitsbedingungen (z.B. Zeitdruck durch Personalmangel)
- wenig soziale Unterstützung durch Vorgesetzte
- mangelnde Anerkennung und Wertschätzung der erbrachten Leistungen
Pflegekräfte überdurchschnittlich häufig psychisch belastet
Aus dem TK-Gesundheitsreport 2019 – dem Zeitraum noch vor der Pandemie – geht hervor, dass Pflegekräfte im Jahr durchschnittlich 4,63 Tage wegen psychischer Probleme ausfallen. In anderen Berufen liegt der durchschnittliche Ausfall bei nur 2,47 Tagen. Welche Spuren die Corona-Krise bei Pflegefachkräften hinterlassen hat, zeigt eine Studie der PFH Private Hochschule Göttingen: Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sind diese fast doppelt so häufig von Symptomen einer Depression betroffen. Im Hinblick auf die Einnahme von Antidepressiva erhalten Pflegekräfte durchschnittlich 60 Prozent mehr Antidepressiva als andere Arbeitnehmer/innen.
Die Arbeit in Pflegeberufen ist nicht nur mit hohen körperlichen Belastungen, sondern auch mit psychischen Belastungen verbunden: Der Wunsch, kranken und pflegebedürftigen Menschen zu helfen, bedeutet auch tagtäglich Menschen mit schweren Krankheiten, Schmerzen und Angst zu begegnen. Das kann auf Dauer an die eigene Substanz gehen. Die Mehr- und Schichtarbeit und die erschwerten Arbeitsbedingungen aufgrund des demographischen Wandels billigen kein Kürzertreten.
Darüber hinaus ist es zunehmend schwieriger, die Arbeit reflektieren zu können, da die Pflegepraxis – auch aufgrund des Mangels an Pflegekräften – immer mehr darauf ausgerichtet ist, einfach nur die Arbeit zu erledigen. Die Folge: Keine Energie mehr für ein Privatleben und chronische Erschöpfung, die man zu verstecken versucht. Nicht immer gelingt dies und die erlebte Überlastung auf der Arbeit endet beispielsweise in einem Gefühlsausbruch vor einem/-r Patienten/-in. Für viele Pflegekräfte scheint daher der Weg raus aus der Pflege die einzig denkbare Konsequenz zu sein.
Auswege aus der Depression – Professionelle Hilfe
Kommt eine psychische Erkrankung zum Ausbruch, benötigt der/die betroffene Pflegekraft professionelle Hilfe und sollte ermutigt werden, diese auch anzunehmen. Die zwei zentralen Säulen der Behandlung sind die medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva in Kombination mit einer geeigneten Psychotherapie. Aus Studien geht hervor, dass auch psychotherapeutische Verfahren wie die kognitive Verhaltenstherapie ihren festen Platz bei der Behandlung einer Depression haben. Auch können zusätzlich andere therapeutische Ansätze, die zur Verbesserung der Symptomatik und Alltagsbewältigung beitragen, hinzugezogen werden.
Bedeutsam für die Pflegebranche ist zudem ein leistungsfähiges betriebliches Gesundheitsmanagement mit dem Fokus auf das psychische Befinden der Arbeitnehmer/innen. Eine wesentliche Rolle spielt auch die Stärkung des beruflichen Selbstbewusstseins.
Die Ursachen für eine depressive Erkrankung sind, wie bereits erwähnt, nicht nur vielfältig, sondern vor allem auch individuell und von Persönlichkeitsfaktoren abhängig: Was für die eine Person belastend ist, ist womöglich für eine andere Person nicht belastend. Im Rahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) können seelische Belastungen gelindert und innerhalb eines gut funktionierenden Teams ein positiver Beitrag geleistet werden, um mit Stress umzugehen und diesen zu bewältigen.
Tipps für mehr Gesundheit im Pflegeberuf
Folgende Tipps können hilfreich sein, um den Arbeitsalltag als Pflegekraft zu bewältigen und ein seelisches Gleichgewicht zu bewahren:
- „Nein“ sagen lernen: Um sich nicht der ständigen Überforderung auszusetzen und zu versuchen, es allen recht machen zu müssen, ist es wichtig, lernen zu können, Aufgaben abzulehnen oder abzugeben
- als Ausgleich zum Berufsleben: in der Freizeit für Entlastung sorgen
- anstehende Aufgaben nacheinander erledigen, um rasende Gedanken und innere Überforderung zu vermeiden
- auf eine gesunde Ernährung achten und den Konsum von Genussmittel vermeiden/reduzieren
- sportliche Betätigung, Gymnastik und Entspannungsübungen, um Stress zu reduzieren und den Kopf freizubekommen
- auf den eigenen Körper achten und Warnsignale ernst nehmen (unter anderem zum Beispiel Muskelverspannungen, Rückenschmerzen, Unruhe, Herzrasen und Gereiztheit, Magenschmerzen, Ohrensausen, Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Müdigkeit etc.)
- Hilfe annehmen und sich mit anderen auszutauschen
Wer trotzdem Anzeichen einer Depression bei sich spürt oder nicht mehr weiter weiß, sollte sich professionelle Hilfe suchen. Auch Hilfs-Hotlines bieten die Möglichkeit, kurzfristig über Sorgen und Nöte zu sprechen.
Passende Stellenangebote für Pflegekräfte
Wer aktuell noch nach passenden Stellenangeboten im Bereich Pflege sucht, findet bei Medi-Karriere eine große Auswahl, beispielsweise Jobs für Krankenpfleger/innen, Stellenangebote für Altenpfleger/innen und Kinderkrankenpflege-Jobs.
1. Diagnose der Depression, www.deutsche-depressionshilfe.de (Abrufdatum: 10.06.2022)
2. next.amboss.com/de/article/PP0WUT?q=depression#Z992ea889338baceb63e016ee83bfc473 (Abrufdatum: 10.06.2022)
3. www.gesundheitsinformation.de/depression.html (Abrufdatum: 11.06.2022)