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Inhaltsverzeichnis
Bei einem Entzug wichtiger Reize und Interaktionen spricht man von einer Deprivation. Um diese und ihre Folgen zu vermeiden, gibt es die Deprivationsprophylaxe. Was alles mit einer Deprivation gemeint ist und welche Möglichkeiten der Prophylaxe es diesbezüglich gibt, verrät der folgende Beitrag.
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Deprivation – Definition
Ganz allgemein bezeichnet der vom lateinischen Wort für „Beraubung“ stammende Begriff Deprivation einen Zustand der Reizverarmung. Dies bezieht sich dabei auf das Fehlen grundlegender Bedürfnisse und Ressourcen, welche für ein gesundes und produktives Leben notwendig sind. Die Deprivation kann dabei ganz verschiedene Bereiche betreffen, wobei man in der Pflege vor allem zwischen der sensorischen und der sozialen sowie der kognitiven Deprivation unterscheidet. Im Folgenden werden diese grob erläutert.
Sensorische Deprivation
Eine sensorische Deprivation bezieht sich primär auf den Entzug von sensorischen Reizen von außen. Gemeint sind hiermit alle Wahrnehmungen der Sinne wie beispielsweise Licht und Ton, eine Berührung oder auch ein Geruch. Dieser Zustand kann zu verschiedenen Zwecken herbei geführt werden. So kann der bewusste sensorische Reizentzug eine tiefe Entspannung bewirken. Durch spezielle Kammer- oder Tank-Systeme, die als „sensory deprivation tanks“ oder „isolation tanks“ bezeichnet werden, kann eine Person in eine schwebende Position gebracht und von allen äußeren Eindrücken abgeschirmt werden. Dies dient zum Teil auch als therapeutisches Mittel zur Behandlung von Stress, Angstzuständen oder Schlafstörungen.
Werden der menschliche Körper und Geist jedoch zu lange von jeglichen Reizen der Außenwelt getrennt, kommt es zu Halluzination und psychischen Störungen. Eine sensorische Deprivation kann für neurologische und psychologische Experimente beziehungsweise für Therapieverfahren sinnvoll sein, sollte allerdings nur unter der Aufsicht einer Fachperson durchgeführt werden.
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Soziale Deprivation
Diese Form der Reizverarmung bezieht sich auf das Entfallen sozialer Interaktionen und Kontakte über einen längeren Zeitraum hinweg. Die Ursache einer solchen sozialen Deprivation kann ganz vielfältig sein. Häufig führt sie jedoch zu einer dauerhaften Isolation der betroffenen Person, welche mit Gefühlen der Einsamkeit und psychischen Problemen wie Depressionen oder Angstzuständen einhergehen kann.
Besonders gefährdet sind hierbei unter anderem ältere Menschen, die alleine leben. Auch Menschen mit schweren Behinderungen haben es häufig schwerer soziale Kontakte zu knüpfen und am Gesellschaftsleben teilzuhaben. Oftmals wäre dies prinzipiell jedoch gut möglich, wodurch die Frustration noch stärker ausfallen kann. Bei der Suche nach den Hintergründen einer sozialen Deprivation darf auch das Thema Armut nicht vergessen werden. Denn durch fehlende Ressourcen ist es häufig schwierig, gleichermaßen am sozialen Leben teilzunehmen und die Kosten für beispielsweise Theater-, Restaurant- oder Kinobesuche aufzubringen.
Kognitive Deprivation
Bei einer kognitiven Deprivation fehlt die intellektuelle Herausforderung beziehungsweise die Stimulation des Geistes, um die vollen kognitiven Leistungen des Körpers nutzen und entwickeln zu können. Zu einem derartigen Entzug kann es unter anderem durch einen Mangel an Bildung, den fehlenden Zugang zu Büchern oder anderen Informationsquellen sowie das Fehlen der intellektuellen Interaktion und Diskussion kommen.
Infolge einer kognitiven Deprivation fühlen sich betroffene Personen in der Regel gelangweilt, unzufrieden oder unproduktiv. Dies kann wiederum zu einer grundsätzlichen Antriebslosigkeit und Depression führen. Der soziale Kontext wie der Zugang zu Bildung oder anderen Ressourcen spielt hierbei eine große Rolle und bestimmt die Möglichkeiten diesbezüglich.
Deprivationsprophylaxe – Ziele
Der Zweck einer Deprivationsprophylaxe ist das Vermeiden beziehungsweise Minimieren einer Deprivation mithilfe von verschiedenen Maßnahmen und Strategien. Ziel ist dabei in erster Linie die Förderung einer gesunden Entwicklung des menschlichen Körpers und Geistes. Dies ist insbesondere in der frühkindlichen Erziehung, aber auch im Alter wichtig. Es geht darum, die benötigten Erfahrungen, Interaktionen und Ressourcen bereitzustellen, die für ein langfristiges Wohlbefinden entscheidend sind.
Physische und psychische Effekte von Prophylaxen
Prophylaxen in der Pflege haben zusätzlich zur Vorbeugung von Erkrankungen auch noch hilfreiche Nebeneffekte. Bei Bettlägerigkeit durch eine lange Krankheit verschaffen prophylaktische Maßnahmen auch Linderung bei schmerzhaften Druckstellen und verstärken so das Wohlbefinden der Patienten/-innen. Somit hat die Prophylaxe in der Pflege auch eine psychologische Komponente. Denn eine Person, die weiß, dass sie gut versorgt wird und nicht den ganzen Tag auf derselben Stelle liegen muss, entwickelt weniger schnell eine Depression.
Deprivationsprophylaxe – Ursachen und Risiken
Wie bereits erwähnt, können die Ursachen und Risiken für eine Deprivation ganz verschieden sein. Ganz besonders gefährdet sind hierbei jedoch Kinder und ältere Menschen. Eine Reizverarmung in der frühkindlichen Entwicklung kann oftmals zu fehlenden Kompetenzen und psychischen Problemen im späteren Leben führen, wohingegen dies im Alter zu einem schnelleren geistigen und körperlichen Abbau führt.
Neben den zuvor erläuterten sozialen Ursachen sind auch der Verlust oder die Störung der Hör- und Sehfähigkeit typische Katalysatoren für eine Deprivation. Auch der Verlust geliebter Personen, die Trennung von der Familie oder eine räumliche Abgeschiedenheit resultieren nicht selten in einem Zustand der Reizverarmung.
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Deprivationsrisiko einschätzen
Um das Deprivationsrisiko richtig einschätzen zu können, müssen außenstehende Personen sich ein gründliches Bild der Situation verschaffen. Dies ist beispielsweise bei Kindern im Falle eines Umzuges oder bei Senioren/-innen, die ins Pflegeheim umziehen, notwendig. Dabei ist es wichtig zu ermitteln, ob die jeweilige Person genügend kognitive, soziale und sensomotorische Ansprachen erhält. Die folgenden Fragen können hierbei hilfreich sein:
• Werden alle Gelenke täglich bewegt?
• Gibt es genügend kognitive Herausforderungen und ein entsprechendes Bildungsangebot?
• Gibt es ein soziales Umfeld und ausreichend Interaktion mit anderen Menschen?
• Reagiert man auf Berührungsreize am ganzen Körper?
Lassen sich eine oder mehrere Fragen mit Nein beantworten, besteht ein Deprivationsrisiko.
Deprivation – Symptome
Zu welchen Symptomen eine Deprivation führt, hängt ganz von der jeweiligen Art der Reizverarmung ab. Typischerweise kommt es jedoch zu psychischen Störungen und dem körperlichen sowie geistigen Verfall. Welche Symptome allerdings konkret mit welcher Form der Deprivation in Verbindung stehen, zeigt die folgende Tabelle.
Sensorische Deprivation | Soziale Deprivation | Kognitive Deprivation |
Halluzinationen | Einsamkeit | Langeweile und Desinteresse |
Verzerrte Wahrnehmungen von Zeit, Raum und Körper | Depressionen oder Angstzustände | Fehlendes Selbstvertrauen in Bezug auf kognitive Fähigkeiten |
Veränderungen der Körperempfindungen | Soziale Isolation | Schwierigkeiten bei der Problemlösung und kreativen Denkprozessen |
Angstzustände oder Panikattacken | Schwierigkeiten bei der Entwicklung sozialer Fähigkeiten | Geringe Motivation und Produktivität |
Schlafstörungen | Geringes Selbstwertgefühl | Schwierigkeiten beim Lernen und bei der Anpassung an neue Situationen |
Deprivationsprophylaxe – Allgemeine Maßnahmen
Bei den Maßnahmen der Deprivationsprophylaxe geht es im Allgemeinen darum, eine möglichst reizvolle Umgebung zu schaffen, die Abwechslung und Routine verbindet. Bei einer bereits vorhandenen Deprivation ist es hingegen wichtig, die betroffene Person langsam wieder an ein möglichst normales Leben zu gewöhnen.
Deprivationsprophylaxe – Gezielte Maßnahmen
Ganz gezielt können Angehörige oder Pflegefachkräfte beispielswiese regelmäßige Besuche einplanen, um den sozialen Bezug aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus ist es sinnvoll, den Kontakt zu Wasser durch ein Fuß-, Hand- oder Ganzkörperbad, herzustellen. Auch eine beruhigende Massage mit ätherischen Ölen reizt sowohl den Köper als auch den Geist wirksam.
5 Tipps zum Vermeiden einer Deprivation
Im folgenden Abschnitten werden fünf Tipps zum Vermeiden einer Deprivation genannt. Diese sind individuell von Vorteil, führen jedoch insbesondere in Kombination zu einer wirksamen Deprivationsprophylaxe. Was genau im individuellen Fall angewendet werden sollte, hängt von den Bedürfnissen des/der Patient/in ab.
Menschliche Zuwendung
Der Mensch braucht über das gesamte Leben hinweg immer wieder liebevolle Zuwendung. Um eine Deprivation zu vermeiden, ist ein gutes Verhältnis mit der Familie sowie ein intakter Freundeskreis wichtig.
Bewegung und Aktivitäten
Das körperliche Wohlbefinden und die Möglichkeit zur Bewegung stehen in einem starken Bezug zueinander. Körperliche Aktivitäten im Haushalt und besonders in der Natur fördern den Körper und stimulieren gleichzeitig oftmals den Geist. Die Freude an der jeweiligen Bewegung sollte dabei immer im Vordergrund stehen und kann oft auch mit Freunden geteilt werden. Auch Haustiere können, soweit möglich, ein hilfreicher Antrieb für mehr Aktivität im Alltag sein.
Soziale Kontakte pflegen
Um eine soziale Deprivation zu vermeiden, ist der Kontakt zu anderen Menschen essentiell. Besonders bei älteren Menschen ist das soziale Leben oft ein wichtiger Mittelpunkt, welcher ein Gefühl von Sinn und gebraucht werden bietet. Ein regelmäßiger Kontakt zu den Verwandten und Freunden ist aus diesem Grund ein hilfreiches Mittel der Deprivationsprophylaxe. Denn durch Gespräche und Spaziergänge oder gemeinsame Unternehmungen hält das Pflegen sozialer Kontakte sowohl den Geist als auch den Körper fit.
Gemeinsame Mahlzeiten
Gemeinsame Mahlzeiten bieten ein Gefühl von Gemeinschaft und stellen einen Raum zum Austausch dar. Dieser Tipp verbindet auf simple und praktische Weise verschiedene Faktoren der Deprivationsprophylaxe.
Strukturierter Tagesablauf
Egal ob jung oder alt, ein strukturierter Tagesablauf ist eine der wichtigsten Grundlagen der Zufriedenheit. Durch einen routinierten Alltag fällt es den meisten Menschen deutlich leichter, Termine einzuhalten, Erledigungen auszuführen und für Ordnung zu sorgen. Fällt dieser Aspekt weg, erscheinen oft die kleinsten Herausforderungen schon zu anstrengend.
Allerdings sollte ein strukturierte Tagesablauf keinesfalls zu stupide und einfältig sein, sondern den verschiedenen Aktivitäten und Gewohnheiten vielmehr einen festen Platz geben.
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Häufige Fragen
- Was ist Deprivationsprophylaxe?
- Welche Maßnahmen gibt es zur Deprivationsprophylaxe?
- Was bedeutet soziale Deprivation?
- Wie äußert sich eine Deprivation?
Eine Deprivationsprophylaxe ist der Versuch, mithilfe von verschiedenen Maßnahmen und Strategien den Entzug von Reizen und Erfahrungen bei einer Person zu vermeiden. Man möchte hiermit einer sogenannten Deprivation, also einer Reizverarmung, zuvorkommen.
Es gibt ganz verschiedene Maßnahmen zur Deprivationsprophylaxe. So ist es möglich, durch gemeinsame Spaziergänge den Körper in Schwung zu bringen und gleichzeitig für den notwendigen sozialen Kontakt zu sorgen. Auch körperliche Berührungen wie Massagen helfen dabei, einen Reizverlust zu vermeiden. In Kombination beispielsweise mit ätherischen Ölen sind diese besonders wirksam.
Der Begriff soziale Deprivation bezieht sich auf den Zustand fehlender sozialer Interaktionen und Kontakte über einen längeren Zeitraum hinweg. Dies führt zur Isolation und Vereinsamung der betroffenen Person und kann starke psychische Probleme zur Folge haben.
Eine Deprivation äußert sich typischerweise in einem Rückzug „in die eigenen vier Wände“, einer Antriebslosigkeit, schlechter Laune und einer depressiven Verstimmung. Ganz grundsätzlich sind die meisten deprivierten Personen unzufrieden mit ihrem Leben und ihrer Situation.
- Deprivation, https://www.thieme-connect.com/... (Abrufdatum: 02.05.2023)
- Soziale Deprivation, https://www.spektrum.de/... (Abrufdatum: 02.05.2023)
- Sensorische Deprivation, https://www.biologie-seite.de/... (Abrufdatum: 02.05.2023)