Seit dem 1. Januar soll die Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) theoretisch in allen Praxen Anwendung finden. Mit ihr können Ärzte/-innen in Deutschland seither die rund 77 Millionen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) pro Jahr ausstellen. Bislang war hierfür der sog. „gelbe Schein“ in vierfacher Ausführung notwendig: für den/die Arbeitgeber/in, für die Krankenkasse, für den/die Versicherte/n und für die Arztpraxis. Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) hat dies nun mit der Erschaffung der digitalisierten eAU vereinfacht.
Dieser Text behandelt den neuesten Stand bei der eAU, erklärt alle wichtigen Funktionen, was das sowohl für Medizinische Fachangestellte (MFA) als auch für Patienten/-innen bedeutet und gibt einen Rückblick über die Zeit der Entwicklung und Planung bis jetzt.
eAU – Definition
Seit Januar profitieren Patienten/-innen von den Vorteilen der eAU. Bisher war es üblich, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform (umgangssprachlich „gelber Schein“; bei Krankenkassen und in Arztpraxen „Muster 1“ genannt) an den/die Patienten/-in auszuhändigen. Diese/r musste die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dann entweder binnen drei Tagen nach Ausstellung persönlich bei seinem/-r Arbeitgeber/in und bei der Krankenkasse abgeben oder per Post schicken.
Nach dem Terminservice- und Versorgungsgesetz wird diese Ausstellung in Papierform von nun an verpflichtend elektronisch in Form der eAU übermittelt. Für Versicherte bedeutet dies, dass sie ab sofort nicht mehr selbst ihre Krankenkasse und ihre/n Arbeitgeber/in über ihre Arbeitsunfähigkeit informieren müssen. Dies wird vom/von der Hausarzt/-ärztin in elektronischer Form direkt von der Praxis aus gemacht.
eAU – Funktionen
Das Übermitteln der eAU an die Krankenkassen erfolgt über die Praxissoftware der Telematikinfrastruktur (TI) des Dienstes für Kommunikation in der Medizin (KIM) und hat die folgenden Funktionen:
- Ausfüllen: Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird wie gewohnt in der Praxissoftware ausgefüllt.
- Signierung per eHBA (elektronischer Heilberufeausweis): Sowohl die Papier-Bescheinigung als auch die eAU benötigen i.d.R. beide eine Unterschrift. Vor allem muss aber die digitale eAU in jedem Fall elektronisch rechtssicher per Stapelsignatur oder Komfortsignatur signiert werden. Ist das nicht möglich, kann die eAU ersatzweise mit dem Praxisausweis signiert werden.
- Versand: Nach erfolgter Signatur erfolgt die elektronische Übermittlung über den KIM-Dienst an die Krankenkasse.
- Ausdruck: Exemplare für den/die Patienten/-in und Arbeitgeber/in können anschließend ausgedruckt und per Hand vom/von der Arzt/Ärztin unterschrieben werden.
Technische Voraussetzungen in der Praxis zur Erstellung der eAU
Neben einem Anschluss an die Telematikinfrastruktur (TI), dem Dienst für Kommunikation in der Medizin (KIM), benötigt jede Arztpraxis zur Erstellung der eAU folgende Komponenten:
- Update der Praxissoftware zur Integration eines eAU-Moduls
- einen eingerichteten KIM-Dienst
- den elektronischen Heilberufsausweis (eHBA) der 2. Generation für die qualifizierte elektronische Signatur
- E-Health-Kartenterminal
- Update des E-Health-Konnektors (abhängig von gewünschter Signaturmethode)
- Drucker
Vorteile für MFA
Die eAU bringt zahlreiche Vorteile für MFA. Durch den schnelleren und unkomplizierteren Ablauf entfällt ein langes Warten auf den/die Arzt/Ärztin zur persönlichen Unterschrift. Außerdem bedeutet die neue eAU deutlich weniger Papierkram, was wiederum weniger Ablagearbeiten in der Praxis nach sich zieht. Somit bleibt den MFA künftig deutlich mehr Zeit für die direkte Patientenversorgung.
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Vorteile für Patienten/-innen
Die eAU bringt auch zahlreiche Vorteile für Patienten/-innen. Zum einen entfällt die persönliche Abgabe oder Postzusendung der AU beim/bei der Arbeitgeber/in und Krankenkasse. Es entsteht künftig auch keine Zeitverzögerung mehr durch die sofortige Übermittlung an Arbeitgeber/in und Krankenkasse. Dadurch wird es deutlich seltener, dass es unter Umständen zu finanziellen Einbußen beim Krankengeld durch verspätete Abgabe der Krankmeldung bei der Krankenkasse kommen kann. Und nicht zuletzt entsteht so auch für Patienten/-innen deutlich weniger Arbeit bei der heimischen Ablage im Krankenkassenordner.
eAU – Alle wichtigen Fakten für Arbeitnehmer/innen
Für Arbeitnehmer/innen entfällt dank der eAU seit 1. Januar 2023 die Verpflichtung zur Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform. Arbeitnehmer/innen sind ab sofort aber nicht generell von der Pflicht einer Krankmeldung befreit: Gesetzlich Versicherte müssen weiterhin rechtzeitig zum/-r Arzt/Ärztin gehen, um die Erstellung einer eAU zu gewährleisten. Tun sie dies nicht, verstoßen sie gegen ihre gesetzlichen Arbeitnehmerpflichten. Außerdem müssen Arbeitnehmer/innen im Krankheitsfall auch künftig noch beim/bei der Arbeitgeber/in anrufen oder ihm/ihr anderweitig persönlich morgens bekanntgeben, dass man erkrankt ist und für wie lange man voraussichtlich ausfällt. Einfach wegbleiben geht also auch jetzt nicht.
Ab wann man überhaupt eine Krankschreibung braucht, kommt auf den eigenen Arbeits- oder Tarifvertrag an. Gesetzlich sind Arbeitnehmer/innen gemäß § 5 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) lediglich dazu verpflichtet, ihrem/-r Arbeitgeber/in am vierten Fehltag eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit vorzulegen. Diese Regelung kann vertraglich jedoch ausgehebelt werden.
Wer trotz eAU als Arbeitnehmer/in nicht ganz auf den “gelben Papierschein” verzichten möchte, kann sich außerdem nach wie vor restlos dadurch absichern, indem man die Krankmeldung auch weiterhin bei den eigenen Unterlagen entweder digital oder in Papierform selbst ablegt. Die AOK schreibt hierzu in ihrem Online-Servicebereich, dass gesetzlich Versicherte von ihrer Arztpraxis auch 2023 einen Ausdruck für ihre Unterlagen bekommen können, wenn sie dies wünschen.
Digitalisierung in Arztpraxen
Neben der eAU gibt es gibt es auch digitale Funktionen wie das E-Rezept oder die Elektronische Patientenakte (ePA), die die Praxisabläufe vereinfachen und die medizinische Versorgung für Patienten/-innen verbessern sollen. All diese Funktionen laufen in der Telematikinfrastruktur (TI) zusammen. Doch bei der Umsetzung haben Praxen in der Vergangenheit immer wieder von Problemen berichtet, weil nicht alle über die nötigen technischen Voraussetzungen verfügten.
eAU – Alle wichtigen Fakten für Arbeitgeber/innen
Arbeitgeber/innen verlangen nicht immer eine eAU von ihren Arbeitnehmern/-innen. Je nachdem, wie viel Karenzzeit (d.h. vom/von der Arbeitgeber/in erlaubte Krankheitstage ohne Nachweis einer ärztlichen Krankmeldung) Arbeitgeber/innen vertraglich gestatten, kann eine eAU sogar völlig überflüssig sein. Wenn man z.B. nur einen Tag krank ist, aber erst ab dem dritten Fehltag eine Krankmeldung vorlegen muss, rufen Arbeitgeber/innen die eAU oft nicht ab.
Auch künftig erhalten Arbeitgeber/innen keine Informationen über ärztliche Diagnosen, sondern lediglich Stammdaten, d.h. Name, Datum, Beginn und Ende der Arbeitsunfähigkeit, Erst- bzw. Folgebescheinigung und ob es sich um einen Arbeitsunfall handelt. Die eAU ändert also nichts am bestehenden Datenschutz. Außerdem ist die Datenübertragung sehr sicher: Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) teilt hierzu offiziell mit, dass Patientendaten auch beim neuen eAU-Verfahren gesondert geschützt sind. Durch die Verwendung der Telematikinfrastruktur (TI), die eigens hierfür entwickelt worden sei, seien alle Informationen besonders verschlüsselt.
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eAU – Sonderfall Privatversicherte
Das eAU-Verfahren gilt nur für Kassenärzte/-innen und Vertragspraxen, d.h. Privatärzte/-innen, Physiotherapeuten/-innen und Psychotherapeuten/-innen oder Rehabilitationseinrichtungen können (noch) nicht teilnehmen. Für Privatversicherte ändert sich daher nichts, d.h. bei Krankheit versenden sie ihre Krankmeldung weiterhin selbst in Papierform an den/die Arbeitgeber/in und ihre Private Krankenversicherung (PKV).
eAU – Sonderregelungen für Corona
Bezüglich der Corona-Pandemie gibt es auch bei der eAU noch eine Sonderregelung: Noch kann man sich bei Verdacht auf Corona auch per Telefon vom/von der Arzt/Ärztin bis zu sieben Tage krankschreiben lassen. Das hat die Bundesregierung in einer Corona-Sonderregelung so festgelegt. Bei Bedarf kann diese erste Krankschreibung telefonisch auch einmalig um weitere sieben Tage verlängert werden. Aber Achtung: Diese Sonderregelung gilt aktuell nur noch bis zum 31. März 2023.
Die eAU von der Entwicklung bis heute
Bei der Entwicklung der Elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wurde zur erleichterten Einführung eine Übergangsregelung in zwei Phasen angesetzt. Der geplante Start wurde immer wieder nach hinten verschoben, da es in vielen Praxen an den technischen Voraussetzungen fehlte. Bei fehlender notwendiger Technik galt für Praxen daher eine stufenweise Übergangsregelung bis 31. Dezember 2022, die in den folgenden Abschnitten genauer dargestellt wird.
Phase 1 – Elektronischer Versand der eAU an Krankenkassen
Seit 1. Oktober 2021 übersandten Praxen die Krankmeldung für ihre Patienten/-innen per eAU an die Krankenkassen. Die Praxen erhielten hierfür Zugang zu einem eigens eingerichteten E-Mail-Dienst innerhalb der Telematikinfrastruktur (TI), dem Dienst für Kommunikation in der Medizin (KIM). Die Patienten/-innen hatten jedoch weiterhin die Aufgabe, ihrem/-r Arbeitgeber/in eine schriftliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auszuhändigen. Diese erhielten sie in zweifacher Form; einen für den/die Arbeitgeber/in und einen für die eigene Ablage. Diese wurde zuvor vom/von der Arzt/Ärztin über das Praxisverwaltungssystem (PVS) erstellt und unterschrieben.
Phase 2 – Elektronischer Versand der eAU an Arbeitgeber/innen
Seit dem 1. Juli 2022 erfolgte die Weiterleitung der eAU an Arbeitgeber/innen von einigen Praxen aus ebenfalls digital. Vertragsärzte/-innen wurden jedoch weiterhin dazu verpflichtet, ihren Patienten/-innen eine AU-Bescheinigung in Papierform auszuhändigen.
Stellenangebote für MFA
Auf der Suche nach einem Job als MFA? Bei Medi-Karriere gibt es eine große Auswahl an Stellenangeboten im medizinischen Bereich. Es gibt beispielsweise zahlreiche Jobs für Medizinische Fachangestellte, Stellenangebote in der Altenpflege sowie Stellen für Praxismanager/innen.
- So funktioniert die digitale Krankschreibung ab Januar 2023, https://www.tagesspiegel.de/... (Abrufdatum: 18.01.2023)
- Telefonische Krankschreibung, https://www.bundesregierung.de/... (Abrufdatum: 18.01.2023)
- Online-Datenabruf der eAU seit 2023, https://www.tk.de/... (Abrufdatum: 18.01.2023)