Die Mehrheit der Pflegekräfte empfindet ihren Beruf als sinnstiftend und erfüllend. Mehr als drei Viertel geben jedoch an, beruflich stark bis sehr stark belastet zu sein. Das geht aus einer Umfrage der Landespflegekammer Rheinland-Pfalz unter rund 2.660 Pflegefachpersonen hervor. Neben Zeitdruck und Verwaltungsaufwand sind häufig auch schlecht planbare Arbeitszeiten für die Belastung verantwortlich: Für viele Pflegekräfte gehört das Einspringen aus dem Frei zum Alltag. Darunter leidet das Privatleben.
Wie zufrieden sind Pflegekräfte mit ihrer Arbeitssituation?
Mit ihrer Studie wollte die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz herausfinden, wie zufrieden die Pflegefachkräfte im Bundesland sind und welche Aspekte ihres Berufs sie als besonders kraftraubend empfinden. Durchgeführt wurde die Umfrage vom Institut für Demoskopie Allensbach noch vor Ausbruch der Corona-Krise in Deutschland.
Drei Viertel der Befragten geben dabei an, ihren Beruf als sinnstiftend, relevant und erfüllend zu empfinden. Die große Mehrheit (78 Prozent) sagt außerdem, dass der Pflegeberuf ihnen Freude bereitet. Das bedeutet jedoch noch lange nicht, dass Pflegekräfte mit ihren Arbeitsbedingungen glücklich sind. Darum gebeten, die Zufriedenheit mit ihrer beruflichen Lage auf einer Skala von 1 (überhaupt nicht zufrieden) bis 10 (sehr zufrieden) zu bewerten, erreichen Pflegekräfte einen Wert von 5,3. Das liegt deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt aller Berufe von 7,0.
Was belastet Pflegekräfte am meisten?
Wie die Ergebnisse zeigen, besteht also ein großer Widerspruch zwischen der Freude am Beruf und der Zufriedenheit mit den konkreten Arbeitsbedingungen. Das liegt vor allem in der hohen Arbeitsbelastung begründet. 78 Prozent der Befragten geben an, beruflich stark bis sehr stark belastet zu sein.
Als besonders belastend empfinden Pflegekräfte:
1. Zeitdruck, zu wenig Zeit für Patienten (73 Prozent)
2. Hoher Verwaltungsaufwand (72 Prozent)
3. Organisatorische Mängel (52 Prozent)
4. Mangelnde Wertschätzung durch Vorgesetzte (49 Prozent)
5. Schlechte Bezahlung (48 Prozent)
6. Körperliche Belastung (45 Prozent)
7. Aggressive Klienten, Patienten und Angehörige (34 Prozent)
8. Fehlende Wertschätzung durch Klienten, Patienten und Angehörige (33 Prozent)
9. Den eigenen Ansprüchen nicht gerecht zu werden (28 Prozent)
10. Mangelnde oder fehlende technische Ausstattung (28 Prozent)
Weitere Belastungsfaktoren sind die hohe Verantwortung, die Pflegekräfte in ihrem Beruf tragen (27 Prozent) und Konflikte mit Kollegen (22 Prozent). Sechs Prozent empfinden es als belastend, während der Arbeit so viel Leid erleben zu müssen. Drei Prozent empfinden bei der Arbeit Ekel.
Mehrheit der Pflegekräfte muss ungeplant aus dem Frei einspringen
Die hohe Arbeitsbelastung macht sich auch durch eine große Zahl an Überstunden bemerkbar. Fast alle befragten Pflegekräfte (97 Prozent) haben Überstunden angehäuft. Bei einem Fünftel sind zum Zeitpunkt der Befragung 50 bis 100 Überstunden zusammengekommen, ein weiteres Fünftel hat sogar mehr als 100 Überstunden auf dem Konto.
Als belastend wird auch der Schichtdienst empfunden, vor allem, da das ungeplante Einspringen aus dem Frei für zahlreiche Befragte nach wie vor zum Arbeitsalltag gehört. 65 Prozent der Pflegekräfte, die im Schichtdienst arbeiten, werden häufig bis sehr häufig aus dem Frei zur Arbeit geholt. Außerhalb des Schichtdiensts ist dies bei 57 Prozent der Befragten der Fall. Eine verlässliche Planung des Freizeitlebens ist so kaum möglich. Auch Entspannung fällt schwer, wenn man nie genau weiß, ob nicht doch noch ein Arbeitseinsatz ansteht. Ihrem Ärger über die durch das Einspringen bedingte Arbeitszeitverdichtung und über die ständige Rufbereitschaft machten die Umfrageteilnehmer auch im offen gelassenen Kommentarfeld Luft.
Das Privatleben leidet unter dem Beruf
Mehr als die Hälfte der Befragten (56 Prozent) gibt an, dass sie die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben als eingeschränkt empfinden. Unter den Pflegefachkräften, die im Schichtdienst arbeiten, bestätigen dies sogar zwei Drittel der Studienteilnehmer.
Unzufriedenheit und hohe Arbeitsbelastung führen dazu, dass viele Vollzeitbeschäftigte überlegen, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Einige tragen sich sogar mit dem Gedanken, ihre Tätigkeit in der Pflege komplett aufzugeben. 71 Prozent der Vollzeitbeschäftigten würden ihre Arbeitszeit gerne verkürzen. Unter den stationär in Kliniken angestellten Pflegekräften sagen dies sogar 76 Prozent. Vor allem Vollzeitbeschäftigte im Schichtdienst tragen sich mit diesem Gedanken. Drei Viertel von ihnen könnten sich vorstellen, ihre Arbeitszeit zu verkürzen. Unter den Vollzeitbeschäftigten, die nicht im Schichtdienst arbeiten, sind es nur 65 Prozent. 42 Prozent der Befragten denken zumindest manchmal daran, aufgrund der hohen Belastung mit ihrem Beruf aufzuhören. 30 Prozent erwägen sogar öfter, den Pflegeberuf an den Nagel zu hängen.
Die Landespflegekammer Rheinland-Pfalz sieht dies als deutliches Zeichen dafür, dass sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern müssen. Ändert sich nichts, so die Befürchtung, gehen den Pflegeberufen sowohl erfahrene Kräfte als auch der Nachwuchs verloren. Unter anderem ein höheres Mindesteinstiegsgehalt von 4.000 Euro für alle Pflegefachkräfte soll dem entgegenwirken. Mit mehr Geld ist es der Landespflegekammer zufolge jedoch nicht getan. Sie fordert zudem neue Arbeitszeitmodelle, die eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen. Darüber hinaus soll eine Personalausstattung nach pflegewissenschaftlichen Standards eingeführt werden. Für notwendig hält die Landespflegekammer zudem eine Überarbeitung der Organisationskultur. Überstunden und das heute übliche Einspringen aus dem Frei sollen ein Ende haben.
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