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Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) in der Pflege sind ein komplexes und sensibles Thema, das die Abwägung zwischen der Sicherheit von Patienten/-innen oder Bewohnern/-innen und ihrer individuellen Freiheit und Würde erfordert. Diese Maßnahmen werden oft in Pflegeeinrichtungen oder im häuslichen Umfeld angewendet, um Verletzungen oder unerwünschtes Verhalten zu verhindern, sind jedoch aufgrund ihrer ethischen und rechtlichen Implikationen umstritten.
Hier werden die verschiedenen Aspekte von FEM in der Pflege beleuchtet, einschließlich ihrer Anwendung, Alternativen und rechtlichen Rahmenbedingungen.
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Was sind freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) in der Pflege?
Freiheitsentziehende Maßnahmen sind Interventionen oder Vorkehrungen, die in der Pflege eingesetzt werden, um das Risiko von Verletzungen oder Schäden bei Patienten/-innen oder Bewohnern/-innen in Pflegeeinrichtungen zu reduzieren, aber gleichzeitig die individuelle Freiheit und Autonomie der betroffenen Person einschränken. Diese Maßnahmen werden angewendet, wenn andere weniger restriktive Ansätze nicht ausreichen, um die Sicherheit des/-r Patienten/-in oder Bewohners/-in zu gewährleisten.
Unterschied zu freiheitseinschränkenden Maßnahmen
Freiheitsentziehende Maßnahmen sind restriktive Interventionen, die Bewegungsfreiheit oder Autonomie einer Person einschränken. Sie werden in Situationen angewendet, in denen eine Person als eine unmittelbare Gefahr für sich selbst oder andere angesehen wird und drastische Maßnahmen erforderlich sind. Beispiele für freiheitsentziehende Maßnahmen sind die Verwendung von Bettgittern, Fixierungen, Isolationsräumen und starken Medikamentenbeschränkungen.
Freiheitseinschränkende Maßnahmen sind weniger restriktive Eingriffe, die dazu dienen, Wohlbefinden oder Sicherheit einer Person zu gewährleisten, ohne die Bewegungsfreiheit in demselben Maße zu beschränken. Sie werden in Situationen eingesetzt, in denen eine Person ein mögliches Risiko für sich selbst ist, dieses aber nicht lebensbedrohlich ist.
Beispiele für freiheitseinschränkende Maßnahmen sind das Anbringen von Rutschmatten, das Entfernen potenziell gefährlicher Gegenstände aus der Reichweite einer Person und das Überwachen von Patienten/-innen mittels Kameras oder Alarmsystemen.
FEM Pflege – Maßnahmen und Formen
Freiheitsentziehende Maßnahmen gibt es in mehreren Formen. Am häufigsten sind Bettgitter, die verhindern sollen, dass Patienten/-innen aus dem Bett fallen. Fixierungen (=Festbinden von Armen oder Beinen) können eingesetzt werden, um unkontrollierte Bewegungen zu verhindern. Schutzgurte werden wiederum sollen Patienten/-innen in Rollstühlen oder Stühlen sichern, um Stürze zu verhindern.
Weniger invasive Maßnahmen sind z.B. Isolationszimmer. Diese werden primär eingesetzt, um die Verbreitung von Infektionen zu verhindern, schützen aber auch vor Handgreiflichkeiten. Auch Medikamentengaben (z.B. Beruhigungsmittel, Schlafmittel) gehören dazu.
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Warum sind freiheitsentziehende Maßnahmen umstritten?
Freiheitsentziehende Maßnahmen sind umstritten, da sie die persönliche Freiheit und Autonomie von Menschen erheblich einschränken. Dies steht im Konflikt mit den grundlegenden Menschenrechten und der Wahrung der Würde jedes/-r Einzelnen. Der Einsatz von freiheitsentziehenden Maßnahmen kann zu physischen und psychischen Auswirkungen führen. Physische Beschränkungen wie Bettgitter oder Fixierungen können Unwohlsein, Schmerzen und Muskelatrophie verursachen. Psychische Auswirkungen können Isolation, Angst, Depression und Verwirrung sein.
In der Pflegepraxis sind die Wahrung der Menschenwürde, der Respekt vor der Selbstbestimmung und die Förderung von Sicherheit und Wohlbefinden grundlegende ethische Prinzipien. Freiheitsentziehende Maßnahmen stehen im Widerspruch zu diesen Prinzipien und können das Vertrauensverhältnis zwischen Pflegepersonal und Patienten/-innen oder Bewohnern/-innen beeinträchtigen.
FEM Pflege – Rechtlicher Rahmen
Der rechtliche Rahmen für freiheitsentziehende Maßnahmen in Deutschland ist in mehreren gesetzlichen Vorschriften und Verordnungen festgelegt.
Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt das allgemeine Recht auf körperliche Unversehrtheit und persönliche Freiheit. Jede Form der FEM muss die Grundrechte und individuellen Freiheiten der betroffenen Person respektieren. In Pflegeheimen und Altenheimen gilt außerdem das Heimgesetz, das den Einsatz von FEM regelt. Im Betreuungsrecht sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von FEM geregelt.
In Bezug auf psychiatrische Einrichtungen regelt das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz die Anwendung von FEM bei Patienten/-innen mit psychischen Erkrankungen. Und das Q&TG-Gesetz (Qualitätssicherung und Transparenz in der Pflege) legt Qualitätsanforderungen in der Pflege fest und enthält Regelungen zur Anwendung von FEM.
Antrag auf FEM stellen
Der Bedarf an FEM wird normalerweise von qualifizierten Fachkräften im Gesundheits- oder Pflegebereich festgestellt. Vor der Anwendung von FEM muss die betroffene Person oder ihr/e rechtliche/r Vertreter/in ausführlich über die geplanten Maßnahmen informiert werden. In einigen Fällen, insbesondere bei Personen, die unter rechtlicher Betreuung stehen oder sich in psychiatrischen Einrichtungen befinden, kann eine gerichtliche Anordnung erforderlich sein.
FEM als letzte Maßnahme
Menschen, die in der Obhut von Pflegekräften sind, haben oft ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihnen. Deswegen sollten zuerst alle Alternativen ausgeschöpft werden, bevor man freiheitsentziehende Maßnahmen in Betracht zieht. Auch vorbeugende Tätigkeiten sollte man dabei fördern, beispielsweise Körper und Geist durch Spaziergänge oder gemeinsame Spiele so lange es geht möglichst fit halten.
Alternativen zu FEM in der Pflege
Es gibt anerkannte Alternativen zu freiheitsentziehenden Maßnahmen, die Sicherheit und Wohlbefinden von Patienten/-innen oder Bewohnern/-innen gewährleisten. Diese Alternativen erfordern eine ganzheitliche Herangehensweise und Zusammenarbeit der Pflegefachkräfte, um individuelle Lösungen zu finden und die Bedürfnisse der Patienten/-innen oder Bewohner/innen zu respektieren.
Sie beinhalten:
- Risikobewertung und individuelle Pflegepläne
- Sturzprävention
- Schulung des Personals zur Risikominderung, Verhaltensdeeskalation und Kommunikation
- Überwachung durch Bewegungssensoren, Alarme und Videokameras
- Angehörigenintegration
- Kommunikation und psychosoziale Unterstützung wie Gespräche, Sozialarbeit und psychologische Unterstützung zur emotionalen Gesundheit
- Umgebungsanpassung, um Ablenkungen und Stressfaktoren zu minimieren
- Patientenalarmsysteme
- Nachtbereitschaft für Notfälle und besondere Bedürfnisse
- Medikationsmanagement
Vorkehrungen für die Nacht
Für die Pflege in der Nacht sind besondere Vorkehrungen erforderlich, um die Sicherheit und das Wohlbefinden der Patienten/-innen oder Bewohner/innen zu gewährleisten. Am wichtigsten ist Sturzprävention. Die Betten sollten gesichert werden, um Stürze zu verhindern. Dies kann durch das Anbringen von Bettgittern oder das Platzieren von rutschfesten Matten neben dem Bett erreicht werden. Medikamentengaben sind ebenfalls möglich. Schlafmittel oder Beruhigungsmittel verringern die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten/-innen „herumirren“. Nicht zuletzt sind Beruhigung und Schlafhygiene als minimalinvasive Varianten wichtig.
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Hilfsmittel
Es gibt einige Hilfsmittel und Technologien, die bei FEM eingesetzt werden können. Die häufigsten sind:
- Bettgitter
- Gurt- oder Fixierungssysteme
- Sitzgurte
- spezielle Kleidung wie Fixierhosen oder Fixierjacken
- Patientenalarmsysteme, die durch Bewegungssensoren oder Druckmatten das Pflegepersonal alarmieren, wenn ein/e Patient/in oder Bewohner/in das Bett verlässt
Physische und Psychische Maßnahmen
Physische Maßnahmen sind körperliche Einschränkungen oder Fixierungen, während psychische Maßnahmen den Einsatz von Medikamenten oder die Manipulation der Umgebung zur Beeinflussung des Verhaltens umfassen.
Psychische Maßnahmen sind v.a. die Verabreichung von Medikamenten, die Aufregung oder aggressives Verhalten eines/-r Patienten/in reduzieren. So bekommt z.B. ein/e Patient/in mit psychotischen Symptomen, der/die sich oder andere gefährdet, Antipsychotika. Auch das Schaffen einer Umgebung mit weniger Reizen, um Reizüberflutung und damit verbundenes unruhiges Verhalten zu minimieren, kann helfen. So kann z.B. ein/e Patient/in mit Autismus-Spektrum-Störung von der Entfernung von starken visuellen oder akustischen Reizen profitieren.
Physische Maßnahmen sind z.B. Bettgitter für ältere Patienten/-innen mit Demenz, die dazu neigen, herumzuirren. Das Fixieren von Armen oder Beinen mit Riemen oder Gurten kann z.B. bei Patienten/-innen mit schweren Psychosen helfen, der/die das Pflegepersonal oder andere Patienten/-innen angreift.
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Häufige Fragen
- Was ist FEM in der Pflege?
- Sind Bettgitter freiheitsentziehende Maßnahmen?
- Was gehört zu FEM in der häuslichen Pflege?
- Welche Folgen können FEM in der Pflege haben?
Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) in der Pflege sind restriktive Interventionen, die eingesetzt werden, um die Bewegungsfreiheit oder Autonomie von Patienten/-innen oder Bewohnern/-innen in Pflegeeinrichtungen einzuschränken. Diese Maßnahmen werden angewendet, wenn das Pflegepersonal das Risiko von Verletzungen oder unerwünschtem Verhalten minimieren muss. Ihr Einsatz sollte auf das unbedingt notwendige Minimum beschränkt werden, um die individuellen Rechte und die Würde der betroffenen Person zu wahren.
Ja, Bettgitter werden als freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) in der Pflege betrachtet. Sie werden an den Seiten eines Bettes angebracht, um das Herausfallen des/-r Patienten/-in oder Bewohners/-in zu verhindern. Obwohl sie dazu dienen, Verletzungen oder Stürze zu verhindern, beschränken sie gleichzeitig die Bewegungsfreiheit und Autonomie der Person im Bett erheblich.
Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) in der häuslichen Pflege umfassen restriktive Interventionen, die in einem häuslichen Umfeld angewendet werden, um die Bewegungsfreiheit oder Autonomie einer Person einzuschränken. Beispiele für FEM in der häuslichen Pflege können das Anbringen von Bettgittern sein, um Stürze aus dem Bett zu verhindern, das Verwenden von Fixierungen (z.B. Sitzgurte), um unkontrollierte Bewegungen zu begrenzen, oder beruhigende oder schlaffördernde Medikamente.
Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) in der Pflege können schwerwiegende physische und psychische Folgen für die betroffenen Personen haben. Physische Folgen können Druckgeschwüre, Muskelatrophie, Gelenksteifigkeit und Sturzgefahr aufgrund von Immobilität oder Fixierung sein. Psychische Folgen können Angst, Depression, soziale Isolation, Verwirrung und Aggression aufgrund des Verlusts persönlicher Freiheit und Autonomie sein.
- Freiheitsentziehende Maßnahmen in der Pflege, https://www.anwalt.de/... (Abrufdatum: 26.09.2023)
- Freiheitsbeschränkende Maßnahmen bei Pflegebedürftigen in häuslicher Pflegehttps://www.bundestag.de/... (Abrufdatum: 26.09.2023)