In den vergangenen Monaten beherrschte in Sachen Gesundheitspolitik nur ein Thema die Berichterstattung: der Kampf gegen die Corona-Pandemie. Daran hat sich bis jetzt – kurz vor Weihnachten – nichts geändert, auch wenn Impfstoff-Hoffnungen Aussichten auf ein besseres Jahr 2021 verheißen. Andere Gesundheitsthemen rücken da in den Hintergrund, zum Beispiel das Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG).
Auch das Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG) enthält Regelungen, die im Zusammenhang mit Corona von Bedeutung sind – aber nicht nur. Es geht um eine Reihe weiterer Reformvorhaben und -verbesserungen, die wegen der Pandemie-Bekämpfung zunächst liegen geblieben waren. Das Gesetz will diese jetzt gesammelt angehen. Dennoch wäre es böswillig, von “Jens Spahn’s Resterampe” zu sprechen. Der Bundesgesundheitsminister möchte noch möglichst viel von seiner Reformliste in dieser Legislaturperiode umsetzen.
Die wichtigsten Regelungen des Gesetzes im Überblick
Die Chancen dafür stehen gut, der Bundestag hat das Gesetz bereits am 26. November in zweiter und dritter Lesung beschlossen. Es bedarf keiner Zustimmung durch den Bundesrat und läuft alles plangemäß, können die Regelungen bereits wie vorgesehen zum 1. Januar 2021 in Kraft treten. Welche Maßnahmen sieht das Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG) vor?
Das Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG) hat fünf wesentliche Regelungsbereiche:
- Stabilisierung der GKV-Finanzen angesichts der Corona-Pandemie
- Zusätzliche Hilfspflegestellen in der Altenpflege
- Verbesserungen für Pflegebedürftige und Angehörige
- Mehr Hebammen in Kliniken
- Sonstige Neuregelungen
1. Stabilisierung der GKV-Finanzen angesichts der Corona-Pandemie
Dieser Regelungsbereich dürfte finanziell wohl die größte Bedeutung haben und steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Pandemie-Geschehen. Durch die Corona-Krise entstehen für die gesetzlichen Krankenkassen erhebliche zusätzliche finanzielle Belastungen – durch Behandlungskosten und durch verpflichtende Kostenübernahmen bei Tests, zum Teil auch über den Bereich der eigenen Mitglieder hinaus. Diese Zusatzkosten treffen die Krankenkassen in einer sich ohnehin verschlechternden Kassenlage, die bereits vor Corona zu Einnahme-Ausgaben-Defiziten geführt hatte.
Um die Finanzlage der Krankenkassen zu stabilisieren, sieht das GPVG finanzielle Entlastungen vor. So zahlt der Bund nächstes Jahr einen einmaligen zusätzlichen Zuschuss aus Steuermitteln von fünf Milliarden Euro an das GKV-System. Außerdem sieht das Gesetz verschiedene weitere Maßnahmen vor, um einem Anstieg der Zusatzbeiträge entgegenzuwirken. Der Gesundheitsfonds erhält einmalig acht Milliarden Euro aus den Finanzreserven der Krankenkassen zugewiesen. Die Verpflichtung der Krankenkassen, “zu hohe” Rücklagenpolster schrittweise aufzulösen wird ausgeweitet, die Latte für die Anhebung von Zusatzbeiträgen damit gleichzeitig höher gelegt.
Dass bei den Bemühungen zur Stabilhaltung der Beiträge auch das Bundestags-Wahljahr 2021 eine Rolle gespielt haben mag, würde von den Koalitions-Akteuren sicher niemand zugeben, einschließlich des Bundesgesundheitsministers. Wie es nach 2021 aussieht, ist eine ganz andere Frage. Hier wird von Krankenkassen ohne weitere staatliche Hilfen bereits vor einem drohenden Sprung bei den Zusatzbeiträgen gewarnt.
2. Zusätzliche Hilfspflegestellen in der Altenpflege
Das Gesetz schafft die Voraussetzungen zur Finanzierung von 20.000 zusätzlichen Stellen in der stationären Altenpflege. Ziel ist die Aufstockung des Personalbestands an Pflegehilfskräften, weil wissenschaftliche Untersuchungen hier besonderen Bedarf festgestellt haben. Die Personalaufstockung soll über die Pflegeversicherung finanziert werden, weil man eine Erhöhung der ohnehin schon beträchtlichen Eigenanteile bei der stationären Pflege vermeiden möchte.
3. Verbesserungen für Pflegebedürftige und Angehörige
Für Pflegebedürftige zu Hause und deren pflegende Angehörige sieht das Gesetz einige Verbesserungen vor. So wird jetzt generell für von der Pflegebegutachtung empfohlene Hilfsmittel keine ärztliche Verordnung mehr benötigt. Das wegen Corona ausgeweitete Pflegeunterstützungsgeld für aushelfende Angehörige bei der häuslichen Pflege wird bis März 2021 verlängert. Die digitale und telefonische Beratung für Pflegegeldempfänger wird ausgeweitet.
4. Mehr Hebammen in Kliniken
In Krankenhäusern sollen zusätzliche Stellen für Hebammen geschaffen werden. Dazu wird der Bund im kommenden Jahr ein bis 2023 laufendes Hebammenstellen-Förderprogramm auflegen. Das Programm soll mit 100 Millionen Euro pro Jahr ausgestattet sein. Ziel ist die Einstellung von bis zu 600 Hebammen und bis zu 1.750 weiteren Kräften zur Unterstützung der Hebammen-Arbeit.
5. Sonstige Neuregelungen
Das Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz (GPVG) sieht darüber hinaus einige weitere Neuregelungen in unterschiedlichen Bereichen vor. Hier stichwortartig die wichtigsten Punkte:
- bessere Finanzierungsbedingungen für Kinderkrankenhäuser und Fachabteilungen für Kinder- und Jugendmedizin;
- den Krankenkassen werden größere Spielräume bei Selektivverträgen zugestanden;
- einige bisher bis zum Jahresende befristete Regelungen zur finanziellen Entlastung in der Pflege werden bis zum 31. März 2021 verlängert.