Integration ist oft schwierig – auch im Bereich der Pflege stellt die Integration ausländischer Pflegekräfte eine Herausforderung für alle Beteiligten dar. Dies belegt eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Darin wurden Statistiken und Interviews von rund 60 unterschiedlichen Akteuren aus dem Bereich der Pflegefachkraftmigration ausgewertet. Grund ist meist die Unwissenheit der Betroffenen über Rahmenbedingungen der Ausbildung und die beruflichen Hintergründe der ausländischen Pflegekräfte sowie mangelndes oder mangelhaftes Integrationsmanagement.
Das IMAP-Projekt „Leuchttürme der Pflege“ begleitet und berät 20 Pflegeeinrichtungen als Pilotstandorte im Bereich Integration und Interkulturelle Öffnung über einen Zeitraum von drei Jahren und gewann durch eine Umfrage ähnliche Erkenntnisse. Doch die Integration ausländischer Pflegekräfte kann gelingen, wenn man sich der Probleme bewusst ist und Strategien zur Integration entwickelt. Dabei müssen sich alle Beteiligten – Management und Mitarbeiter – in der Verantwortung sehen, ihren Beitrag zur betrieblichen, kulturellen und sozialen Integration zu leisten.
Fehlende Transparenz und Gleichberechtigung erschweren die Integration
Nicht erst seit der Pandemie ist klar, dass es an Pflegepersonal mangelt. Pflegeeinrichtungen setzen daher verstärkt auf ausländische Pflegekräfte. Laut der Studie „Betriebliche Integration von Pflegekräften aus dem Ausland“ der Hans-Böckler-Stiftung entstehen jedoch zwischen neuen Pflegefachkräften aus dem Ausland und etablierten Mitarbeitern oft fachliche Konflikte. Meist wird dies mit kulturellen Unterschieden oder sprachlichen Barrieren begründet, doch diese Erklärung greift zur kurz. Es bestehen auf beiden Seiten Missverständnisse und Wissenslücken.
Die Ausbildungen und Pflegesysteme in den verschiedenen Ländern unterscheiden sich teilweise erheblich. Die fehlende Transparenz sorgt für einen Mangel an Anerkennung und Verständnis füreinander und erschwert so die Integration ausländischer Pflegekräfte.
Oft trägt auch das Management – wenn auch ungewollt – einen Teil dazu bei, dass die Integration ausländischer Pflegekräfte erschwert wird. Wenn ausländische Fachkräfte im Gegensatz zu einheimischen Kolleginnen und Kollegen Unterstützung bei der Wohnungssuche erhalten, führt dies unweigerlich zu Missgunst und dem Gefühl von Ungerechtigkeit auf Seiten des Stammpersonals.
Ungleiches berufliches Selbstverständnis
In vielen Herkunftsländern werden Pflegefachkräfte an Hochschulen ausgebildet und führen somit andere Tätigkeiten aus als ihre Kollegen in Deutschland. Pflegefachkräfte in Südeuropa übernehmen z.B. mehr Management- und Behandlungsaufgaben, die in Deutschland den Ärzten vorbehalten sind. Dadurch ist es für ausländische Pflegekräfte auch oft befremdlich, wenn sie in ihrer Schicht überwiegend Patienten beim Essen oder der Körperpflege unterstützen. In ihren Herkunftsländern übernehmen dies spezielle Servicekräfte oder auch Angehörige der Patienten.
So wird die Integration ausländischer Pflegekräfte dadurch erschwert, dass viele Zugewanderten sich „unter Wert“ eingesetzt fühlen. Die Wahrnehmung der deutschen Sprache als „Hierarchisierungsmittel“ tut ihr Übriges, damit sich ausländische Pflegekräften in ein Außenseiterrolle gedrängt fühlen. Auf der anderen Seite bemängeln die in Deutschland ausgebildeten Pflegefachkräfte, dass die akademische Ausbildung der neu zugewanderten Kollegen „praxisfern“ sei. Es mangele ihnen an Kompetenzen etwa bei Körperpflege von Patienten und im „Sozialverhalten“ mangele. Neben den Verständigungsproblemen schränke das die volle Einsetzbarkeit im stressigen Arbeitsalltag ein.
Integration als Managementaufgabe
Die Studie der Hans-Böckler-Stiftung kommt zu dem Schluss, dass die Integration ausländischer Pflegekräfte nur mit einem kompetenten Integrationsmanagement gelingen kann. Es sei für Kliniken und Pflegeeinrichtungen unerlässlich, ihr Personal dabei nicht allein zu lassen. Bereits in der Ausbildung sollten Pflegefachkräfte für Unterschiede in den Pflegesystemen sensibilisiert werden. Wichtig sind mehr Informationen über die unterschiedlichen Ausbildungssysteme und Karrierewege als auch über die unterschiedlichen Formen der Arbeitsorganisation.
Die Kombination unterschiedlicher Erfahrungen kann einen Rahmen bilden für innovative Lösungen bezüglich Arbeitsorganisation und -teilung. Das Management sollte daher Orte und Gelegenheiten schaffen, wo sich einheimische und zugewanderte Pflegekräfte gleichberechtigt begegnen können – und diese Gleichberechtigung selbst vorleben.
Dabei könnten spezielle Integrationsbeauftragte und unabhängige Coaches helfen, Kommunikationsbarrieren zwischen den Stammkräften und den ausländischen Pflegekräften zu überwinden. Hierzu bietet sich an, Mitarbeiter mit Migrationshintergrund einzubeziehen, die schon lange in Deutschland arbeiten. Sie können neben dem Betriebsrat als Mentoren bei Konflikten vermitteln, vor allem wenn sie die gleiche Muttersprache haben.
Integrationserfolg nur mit ausreichend Ressourcen
Laut Sylvia Bühler (Mitglied im Bundesvorstand der Gewerkschaft Verdi) bedarf es besserer Arbeitsbedingungen in Form von ausreichendem Personal und fairer Bezahlung, um bei gutem Arbeitsklima zu einer erfolgreichen und nachhaltigen Integration ausländischer Pflegefachkräfte zu gelangen. Beschäftigte, die aus ihren Heimatländern andere fachliche Erfahrungen mitbringen, müssten systematisch und mit ausreichend Zeit eingearbeitet werden.
Die Notwendigkeit genügender Ressourcen für eine erfolgreiche Integration betont auch die Hans-Böckler-Stiftung, da bei permanenter personeller Unterbesetzung die Bereitschaft für zusätzliche zeitaufwändige Aufgaben wenig ausgeprägt sei.
Integration im Privaten als wichtigste Grundlage
Zur Integration gehören aber neben betrieblichen Faktoren vor allem soziale und kulturelle Aspekte. Über 70 % der Befragten der IMAP-Studie „Leuchttürme der Pflege“ werten das Fehlen des bekannten und kulturellen Umfelds als eher starke bis sehr starke Herausforderung. Sechzig Prozent bewerten die damit verbundene Anpassung an eine neue Kultur und Lebensweise sowie eine mangelnde Integration in Freizeit und Privatleben gleich belastend.
Laut Maja Roedenbeck-Schäfer, Leiterin Strategisches Recruitment bei den DRK Kliniken Berlin, müssen Personalverantwortliche erkennen, dass Integration nicht nur das Arbeitsleben der Mitarbeitenden betrifft, sondern auch in der Freizeit gelingen muss: „Erst wenn die internationalen Mitarbeitenden Hobbies und Freunde gefunden haben, sich in ihrer Wohnsituation wohlfühlen, mit der deutschen Sprache klarkommen, die deutsche Kultur verstehen, ihre Karriereziele erreicht haben, fachlich für ihre Aufgaben gewappnet sind, sich unter den Kollegen nicht mehr als Außenseiter fühlen, ihre Familie gut versorgt wissen, sind sie wirklich integriert.“
Integration braucht offene Willkommenskultur
Neben einem guten Integrations- und Einarbeitungskonzept spielt daher eine gelebte Willkommenskultur eine wichtige Rolle bei der erfolgreichen Integration neuer Pflegekräfte. Hier bieten sich Schulungen für die Sensibilisierung hinsichtlich der Unterschiede in Mentalität und Kultur an. Interkulturelle Team-Themen-Abende, bei denen die jeweiligen Nationalitäten die Kolleginnen und Kollegen bekochen, dienen als gesellige Grundlage für die stressfreie Beschäftigung mit dem Thema Kultur.
So kann man erkennen, wie diese Faktoren das Verhalten und die Bedürfnisse beeinflussen und wo Konfliktherde liegen bzw. entstehen können. Es muss den Mitarbeitenden vermittelt werden, dass Integration von zwei Seiten ausgeht. Einheimische und ausländische Fachkräfte müssen sich aufeinander zu bewegen. Nur so können sie ihre Stärken bündeln und gemeinsam im Beruf besser werden.
Passende Stellenangebote für Pflegekräfte
Wer auf der Suche nach einem passenden Stellenangebot für Pflegekräfte ist, findet bei Medi-Karriere eine breite Auswahl – zum Beispiel Jobs für Gesundheits- und Krankenpfleger/innen sowie Altenpfleger/innen-Stellenangebote.
1. www.sozialbank.de/news-events/publikationen/bfs-trendinfo/04-19/bfs-trendinfo-04-19-01 (Abrufdatum 18.11.2021)
2. www.healthcare-personal.de/wie-die-integration-auslaendischer-pflegekraefte-gelingt/ (Abrufdatum 18.11.2021)
3. www.boeckler.de/pdf/p_study_hbs_416.pdf (Abrufdatum 18.11.2021)
4. Neue Wege in der Pflege – Integration ausländsicher Pflegekräfte, www.asklepios.com (Abrufdatum 18.11.2021)
5. Studie zur betrieblichen Integration ausländischer Pflegekräfte, www.medizinischerdienst.de (Abrufdatum 18.11.2021)
6. Wie die Integration ausländischer Pflegekräfte gelingen kann, www.walhalla.de (Abrufdatum 18.11.2021)
7. Die Integration ausländischer Pflegekräfte vorantreiben, www.imap-institut.de (Abrufdatum 18.11.2021)
8. www.imap-institut.de/sites/default/files/Brosch%C3%BCre_Pflegekr%C3%A4fte%20aus%20dem%20Ausland.pdf (Abrufdatum 18.11.2021)